Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Gegen die Verlassenschaft nach der Liegenschaftseigentümerin ist die Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaft anhängig. Die Verlassenschaft wird durch den erbserklärten Erben vertreten. Dieser ist außerdem Verpflichteter in zwei anderen Exekutionsverfahren.
Den verpflichteten Parteien wurde in allen diesen Exekutionsverfahren im Rahmen der Verfahrenshilfe der selbe Rechtsanwalt beigegeben. Sie beantragten in den drei Exekutionssachen, gemäß § 31 JN anstelle des als Exekutionsgericht einschreitenden Bezirksgerichtes Neunkirchen das Bezirksgericht Favoriten zur Durchführung des Verfahrens zu bestimmen. Das Oberlandesgericht Wien gab den Anträgen in einem gemeinsamen Beschluß nicht Folge, wobei es in der Begründung zum Ausdruck brachte, daß die Anträge mit Rücksicht auf die Identität der Parteien und den gleichlautenden Inhalt zur gemeinsamen Entscheidung verbunden wurden.
Das Exekutionsgericht verfügte in jeder der Exekutionssachen die Zustellung einer Ausfertigung dieses Beschlusses an den für die verpflichteten Parteien bestellten Rechtsanwalt. Diese Ausfertigungen wurden ihm am 11., 17. und 24. Oktober 1990 zugestellt.
Der am 30. Oktober 1990 zur Post gegebene Rekurs der verpflichteten Parteien ist verspätet.
Entgegen der im Rekurs vertretenen Meinung hat das Oberlandesgericht Wien über die Delegierungsanträge nicht in mehreren gleichlautenden, sondern in einem Beschluß entschieden; die verpflichteten Parteien haben dem im übrigen selbst dadurch Rechnung getragen, daß sie nur eine Rekursschrift einbrachten. Das Oberlandesgericht Wien entschied hier als Gericht erster Instanz, und der Rekurs wurde zu Recht bei ihm eingebracht (EvBl. 1987/204 mwN). Bei den zugestellten Ausfertigungen des von ihm erlassenen einzigen Beschlusses handelte es sich jeweils um das gleiche Schriftstück im Sinn des § 6 ZustG (Walter-Mayer, Zustellrecht 39). Nach dieser Bestimmung ist aber die erste Zustellung maßgebend, wenn das gleiche Schriftstück mehrmals zugestellt wird. Die Frist zum Rekurs gegen den angefochtenen Beschluß begann daher schon mit der ersten Zustellung einer Ausfertigung des Beschlusses an den (gemeinsamen) Vertreter der verpflichteten Parteien zu laufen. Durch
die - überflüssige - Zustellung weiterer Ausfertigungen wurde eine neue Rekursfrist nicht in Gang gesetzt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 5 Ob 508, 509/77 (= EvBl. 1977/174) zwar für den Fall, daß in mehreren verbundenen Rechtsstreitigkeiten verschiedenen Rechtsanwälten Prozeßvollmacht erteilt wurde, ausgesprochen, daß jedem der Rechtsanwälte zugestellt werden müsse, und daraus abgeleitet, daß die Rechtsmittelfrist für jeden Rechtsstreit erst mit der Zustellung an jenen Rechtsanwalt beginnt, dem für diesen Rechtsstreit Prozeßvollmacht erteilt wurde. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die verpflichteten Parteien nur durch einen Rechtsanwalt vertreten werden. Es besteht kein Grund, und es ist in der Praxis auch nicht üblich, daß unter diesen Umständen in jeder der verbundenen Rechtssachen die Zustellung veranlaßt wird. Geschieht dies dennoch, so wird eine Frist schon durch die erste Zustellung in Lauf gesetzt, wenn der Empfänger für alle verbundenen Rechtssachen Vertretungsmacht besitzt.
Da der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien dem Vertreter der verpflichteten Parteien erstmals am 11. Oktober 1990 zugestellt wurde, endete die Frist zum Rekurs am 25. Oktober 1990, einem Donnerstag, der kein Feiertag war. Am 30. Oktober 1990, als der Rekurs zur Post gegeben wurde, war die Rekursfrist daher schon abgelaufen.
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