Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
UmgründungssteuerG §12, §22 Abs5
GrEStG 1987 §1, §6
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:G156.2019
Spruch:
I. §22 Abs5 des Bundesgesetzes, mit dem abgabenrechtliche Maßnahmen bei der Umgründung von Unternehmen getroffen werden (Umgründungssteuergesetz – UmgrStG), BGBl Nr 699/1991, in der Fassung BGBl I Nr 71/2003 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
III. Die Bundeskanzlerin ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E1086/2018 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Die beschwerdeführende Partei hat auf Grundlage eines zum 23. September 2014 rückwirkend auf den 31. Dezember 2013 abgeschlossenen Einbringungsvertrages im Zuge einer – ohne Gewährung einer Gegenleistung erfolgten – Einbringung gemäß ArtIII Umgründungssteuergesetz (im Folgenden: UmgrStG) Eigentum an einer näher bezeichneten Baurechtseinlage samt dazugehörigem Superädifikat (Sporthalle und Sportplätze) in der Marktgemeinde X. erworben.
1.2. Mit Kaufvertrag vom 27. Mai 2015 veräußerte die beschwerdeführende Partei das Baurecht samt Superädifikat an die Grundeigentümerin, die Marktgemeinde X., um einen Betrag in der Höhe von € 250.000,– und beantragte beim zuständigen Finanzamt am 18. Juni 2015 die "Zusendung eines aktuellen Einheitswertes" für das Superädifikat.
1.3. Mit Feststellungsbescheid vom 22. Juni 2015 stellte die Abgabenbehörde den Einheitswert zum 1. Jänner 2015 im Zuge einer Wertfortschreibung unter Anwendung des Abgabenänderungsgesetzes 1982, BGBl 570, für die Baurechtseinlage mit € 294.900,– fest.
1.4. Die für den anlässlich der Einbringung durch Erwerb des Baurechtes verwirklichten Erwerbsvorgang anfallende Grunderwerbsteuer hat die beschwerdeführende Partei am 10. September 2015, unter Zugrundelegung des von der Abgabenbehörde zum 1. Jänner 2015 festgestellten Einheitswertes in Höhe von € 294.900,–, selbst berechnet und gemäß §22 Abs5 UmgrStG mit dem zweifachen Einheitswert bemessen, sodass sich eine Grunderwerbsteuer in Höhe von € 20.643,– ergab.
1.5. Am 22. September 2015 stellte die nunmehr beschwerdeführende Partei gestützt auf §201 Abs3 BAO den Antrag, die Grunderwerbsteuer für den Erwerbsvorgang auf Grundlage des (einfachen) Einheitswertes von € 294.900,– festzusetzen, in eventu mit dem gemeinen Wert von € 250.000,– zu bemessen. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, §22 Abs5 UmgrStG sei verfassungswidrig, da diese Bestimmung keine dem §6 Abs1 litb Grunderwerbsteuergesetz (im Folgenden: GrEStG) idF BGBl I 112/2012 vergleichbare Regelung enthalte, wonach ein niedrigerer gemeiner Wert nachgewiesen werden könne.
1.6. Mit Bescheid vom 26. Jänner 2016 wies das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel den Antrag auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer ab und setzte die Grunderwerbsteuer auf Grundlage des zuvor mit Bescheid der Abgabenbehörde 22. Juni 2015 festgestellten erhöhten Einheitswertes des Baurechtes iHv € 294.900,–, unter Anwendung des Zweifachen des Einheitswertes gemäß §22 Abs5 UmgrStG fest.
1.7. Die dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 1. April 2016 als unbegründet abgewiesen.
1.8. Mit Erkenntnis vom 8. Februar 2018 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde im Kern mit der Begründung ab, dass nach dem Wortlaut des Einbringungsvertrages die Einbringung mit den rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des UmgrStG durchgeführt werden sollte und im UmgrStG ausdrücklich der zweifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bestimmt werde. Auch wenn in Einzelfällen entgegen der Intention des Gesetzgebers eine Erleichterung in Bezug auf die Grunderwerbsteuer nicht eintrete, bedinge dies nicht zwangsläufig eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung. Die Regelung sei im gesamten Kontext zu verstehen und Ziel des UmgrStG sei es – neben anderen Begünstigungen – vor allem die Buchwertfortführung zu gewähren. Wenn der Gesetzgeber im UmgrStG von der Systematik des GrEStG abweiche und hier nach wie vor den Einheitswert als Anknüpfungspunkt für die Besteuerung wähle, so nutze er nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes damit seinen Gestaltungsspielraum, da sachliche Gründe (zB einfache Bemessung) für die abweichende Regelung vorlägen.
Soweit die beschwerdeführende Partei kritisiere, der Gesetzgeber habe es im UmgrStG verabsäumt, eine im §6 Abs1 litb GrEStG idF BGBl I 112/2012 (Regelung vor dem 1. Juni 2014) verankerte Nachweismöglichkeit eines niedrigeren gemeinen Wertes vorzusehen, sei ihr entgegenzuhalten, dass diese Divergenz auch schon zu Zeiten der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Bereich bestanden habe und der Gerichtshof nie Bedenken gegen die im UmgrStG bestehende zwingende Bemessung vom zweifachen Einheitswert gehegt habe.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §22 Abs5 UmgrStG, BGBl 699/1991, in der Fassung BGBl I 71/2003 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 26. Juni 2019 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss (Pkt. III) wie folgt dar:
"3.1. Im Erkenntnis VfSlg 19.701/2012, mit dem §6 GrEStG idF BGBl I 142/2000 als verfassungswidrig aufgehoben wurde, hielt der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf seine bis dahin ergangene Rechtsprechung fest, dass gegen das System der Einheitsbewertung von Liegenschaften an sich keine Bedenken bestehen. Ist die einem solchen System inhärente periodische Aktualisierung dieser Werte allerdings so lange unterblieben, dass die historischen Einheitswerte mit den aktuellen Verkehrswerten in keinem vorhersehbaren Verhältnis mehr stehen, bestehen verfassungsrechtliche Bedenken jedenfalls bei einer Steuer, die für bestimmte Tatbestände der Steuerbemessung derartige Einheitswerte zugrunde legt, bei anderen Tatbeständen hingegen auf die aktuellen Verkehrswerte abstellt.
Ferner stellte der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis unter Verweis auf die historische Entwicklung des Grunderwerbsteuerrechts fest, dass zwischen den Tatbeständen, in denen der Wert der Gegenleistung herangezogen wird, und jenen, in denen ersatzweise auf den Wert des Grundstücks abgestellt wurde, nach den Vorstellungen des Gesetzgebers kein grundsätzlicher Unterschied bestehen sollte. Damit war aber §6 GrEStG idF BGBl I 142/2000, der den Wert des Grundstückes an den Einheitswert anknüpfte, als verfassungswidrig aufzuheben, da die annähernde Äquivalenz der Bemessungsgrundlagen wegen des Verzichts auf die Aktualisierung der Einheitswerte nicht mehr gegeben war und auch der vervielfachte Einheitswert in keinem auch nur einigermaßen vorhersehbaren Verhältnis zum Verkehrswert steht.
3.2. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Verfassungsgerichtshof veranlasst, die Regelung des §22 Abs5 UmgrStG idF BGBl I 71/2003 auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz zu prüfen:
3.2.1. Die Einbringung eines inländischen Grundstückes in eine Körperschaft im Wege einer Sacheinlage unterliegt als Erwerbsvorgang iSd §1 Abs1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist nach §4 Abs1 GrEStG allgemein der Wert der Gegenleistung. Ist eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder die Gegenleistung geringer als der gemeine Wert, ist nach der für den Anlassfall maßgeblichen Rechtslage BGBl I 36/2014 die Steuer vom gemeinen Wert zu berechnen (§4 Abs2 Z3 lita GrEStG).
Erfolgt die Sacheinlage eines inländischen Grundstückes im Rahmen einer Einbringung gemäß ArtIII UmgrStG, ist die Steuer für diesen §1 Abs1 GrEStG unterliegenden Erwerbsvorgang nach §22 Abs5 UmgrStG in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl I 71/2003 vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen. Ob anlässlich einer unter ArtIII UmgrStG fallenden Einbringung eine Gegenleistung in Form der Gewährung neuer Anteile erfolgt oder eine solche unterbleibt, ist nach dieser Regelung unbeachtlich.
3.2.2. Der Verfassungsgerichtshof geht vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung (vgl VfSlg 19.701/2012) davon aus, dass der Gesetzgeber nicht gehindert ist, im Grunderwerbsteuerrecht differenzierende Regelungen zu treffen, die der Eigenart verschiedener Erwerbsvorgänge Rechnung tragen. Somit dürfte es auch verfassungsrechtlich dem Grunde nach keinen Bedenken begegnen, Einbringungen, für die die Voraussetzungen des Umgründungssteuerrechts erfüllt sind, anders zu behandeln als Einbringungen, die nicht dem Regime des Umgründungssteuerrechts unterliegen. Der Gesetzgeber kann daher mit den Regelungen des Umgründungssteuerrechts für Umstrukturierungen, die nach allgemeinem Steuerrecht mit erheblichen Belastungen verbunden sein können, auch das Ziel verfolgen, grunderwerbsteuerliche Erleichterungen vorzusehen. Dem Erkenntnis VfSlg 19.701/2012 folgend ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass eine Differenzierung zwischen verschiedenen Fallgruppen von grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgängen – soferne sie nicht in einer gänzlichen Steuerbefreiung besteht – nur auf Basis verfassungsrechtlich unbedenklicher Bemessungsgrundlagen möglich ist (vgl VfSlg 19.701/2012, S 375).
3.2.3. Festzuhalten ist, dass eine Aktualisierung der Einheitswerte – sieht man von der zum 1. Jänner 2014 erfolgten Hauptfeststellung für im Anlassfall nicht vorliegende wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ab – bislang (noch immer) nicht erfolgt ist. Damit dürfte aber die differenzierende grunderwerbsteuerliche Behandlung von Sacheinlagen in Körperschaften nicht auf verfassungsrechtlich unbedenklichen Bemessungsgrundlagen beruhen:
Die Grunderwerbsteuerbelastung für Sacheinlagen, die die Voraussetzungen des §12 UmgrStG erfüllen, dürfte in einer bloß zufälligen Relation zur Belastung des gemeinen Wertes stehen, der für Sacheinlagen im Regelfall zur Anwendung gelangt. Derartige Diskrepanzen, die das Ausmaß der steuerlichen Begünstigung als Zufallsergebnis erscheinen lassen, dürften für sich geeignet sein, die Sachlichkeit der Regelung des §22 Abs5 UmgrStG zu beseitigen. Die unterschiedliche Behandlung von Sacheinlagen, die unter das UmgrStG fallen, und solchen Sacheinlagen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, erscheint daher nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes unsachlich. Der Gesetzgeber dürfte mit dieser Regelung zwar darauf abgezielt haben, für Umgründungen nach dem UmgrStG eine gegenüber dem Verkehrswert ermäßigte Bemessungsgrundlage zu schaffen (vgl AB 354 BlgNR 18. GP , 2). Die vor diesem Hintergrund auf eine Begünstigung abzielende Regelung dürfte aber durch Zeitablauf auf Grund der nicht erfolgten Anpassung der Einheitswerte zu einer zunehmenden "Unangemessenheit" der Rechtsfolgen (VfSlg 19.701/2012) geführt haben.
4. Diese Bedenken werden nach der vorläufigen Annahme des Verfassungs-gerichtshofes auch nicht dadurch zerstreut, dass die auf Grund der Einheitswerte sich ergebenden Steuerfolgen (nur) jene Sacheinlagen betreffen, für die die Voraussetzungen des UmgrStG vorliegen:
Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.196/2010 zur Grundsteuer ausgesprochen, dass das Anknüpfen an die historischen Einheitswerte dann unbedenklich sein kann, wenn das Unterbleiben der Hauptfeststellung im Zeitablauf bei nahezu allen betroffenen Fällen zu einer steuerlichen Entlastung führt und es (lediglich) darum geht, dass sich die Entlastung angesichts regionaler und auch individueller Unterschiede in der Wertentwicklung der Grundstücke nicht gleichmäßig auswirkt. Im betreffenden Fall gelangte der Verfassungsgerichtshof dabei zum Ergebnis, dass für die in diesem Erkenntnis in Rede stehende Grundsteuer B das Anknüpfen an die historischen Einheitswerte wegen der Art und wegen des geringen Gewichts der daran geknüpften Steuerfolgen im Hinblick auf die damit unzweifelhaft erreichte Verwaltungsentlastung (noch) verfassungsrechtlich unbedenklich ist.
Der Verfassungsgerichtshof vermag vorderhand jedoch nicht zu erkennen, welche verwaltungsökonomischen oder anderen sachlichen Aspekte für Zwecke der Bemessung der Grunderwerbsteuer eine Anknüpfung an den Einheitswert rechtfertigen könnten, stellt sich doch die Bewertungsfrage auch bei jenen Sacheinlagen, für die die Voraussetzungen des UmgrStG nicht vorliegen, ohne dass der Gesetzgeber für diese Fälle eine Anknüpfung an den Einheitswert für erforderlich erachtet und eine solche vorgesehen hätte (vgl §4 Abs2 Z3 GrEStG)."
4. Die Bundesregierung hat von der Erstattung einer meritorischen Äußerung abgesehen. Die im Anlassfall beschwerdeführende Partei als beteiligte Partei hat ebenfalls keine Äußerung erstattet.
II. Rechtslage
1. §22 Umgründungssteuergesetz, BGBl 699/1991, in der Fassung BGBl I 71/2003 lautet wie folgt (die in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben):
"Sonstige Rechtsfolgen der Einbringung
§22. (1) Weichen die Beteiligungsverhältnisse nach der Einbringung von den Wertverhältnissen ab, ist §6 Abs2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Unterschiedsbetrag mit Beginn des dem Einbringungsstichtag folgenden Tages als unentgeltlich zugewendet gilt.
(2) Entsteht auf Grund der Einbringung von Vermögen im Sinne des §12 Abs2 durch einen Arbeitnehmer einer Körperschaft in diese als Gegenleistung eine wesentliche Beteiligung im Sinne des §22 Z2 des Einkommensteuergesetzes 1988, bleiben die Bezüge und Vorteile aus dem Dienstverhältnis abweichend von §14 Abs2 bis zur Eintragung der Einbringung in das Firmenbuch, andernfalls bis zum Tag der Meldung im Sinne des §13 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie sich auf diese Zeit beziehen.
(3) Einbringungen nach §12 gelten nicht als steuerbare Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994; die übernehmende Körperschaft tritt für den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die Rechtsstellung des Einbringenden ein.
(4) Einbringungen nach §12 und dafür gewährte Gegenleistungen nach §19 sind von den Kapitalverkehrsteuern und von den Gebühren nach §33 TP 21 des Gebührengesetzes 1957 befreit, wenn das zu übertragende Vermögen am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages länger als zwei Jahre als Vermögen des Einbringenden besteht.
(5) Werden auf Grund einer Einbringung nach §12 Erwerbsvorgänge nach §1 Abs1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 verwirklicht, so ist die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen."
1.1. §12 Umgründungssteuergesetz, BGBl 699/1991, zuletzt geändert durch BGBl I 112/2012 lautet auszugsweise wie folgt:
"Artikel III
Einbringung
Anwendungsbereich
§12. (1) Eine Einbringung im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn Vermögen (Abs2) auf Grundlage eines schriftlichen Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) und einer Einbringungsbilanz (§15) nach Maßgabe des §19 einer übernehmenden Körperschaft (Abs3) tatsächlich übertragen wird. Voraussetzung ist, dass das Vermögen am Einbringungsstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages, für sich allein einen positiven Verkehrswert besitzt. Der Einbringende hat im Zweifel die Höhe des positiven Verkehrswertes durch ein begründetes Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen.
[…]"
2. §1 Abs1 und 2 Grunderwerbsteuergesetz 1987 lautet seit der Stammfassung BGBl 309 unverändert wie folgt:
"Erwerbsvorgänge
§1. (1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:
1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet,
2. der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist,
3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches begründet,
4. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot begründet. Dem Kaufanbot steht ein Anbot zum Abschluß eines anderen Vertrages gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann,
5. der Erwerb eines der in den Z3 und 4 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Erwerb der Rechte begründet.
(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten."
2.1. §4 Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl 309, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 36/2014 lautet wie folgt:
"Art der Berechnung
§4. (1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung (§5) zu berechnen.
(2) Abweichend von Abs1 gilt Folgendes:
1. Bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§6), maximal jedoch von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen:
a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in §7 Abs1 Z1 und 2 angeführten Personenkreis;
b) bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, durch den in §7 Abs1 Z1 und 2 angeführten Personenkreis;
c) wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen; das gleiche gilt bei den entsprechenden schuldrechtlichen Geschäften.
2. Bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke ist die Steuer vom Einheitswert (§6) zu berechnen:
a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in §7 Abs1 Z1 und 2 angeführten Personenkreis;
b) bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, durch den in §7 Abs1 Z1 und 2 angeführten Personenkreis;
c) wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen; das gleiche gilt bei den entsprechenden schuldrechtlichen Geschäften;
d) bei Erwerb eines Grundstückes auf Grund einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes.
3. Die Steuer ist – abgesehen von Z1 und 2 – vom gemeinen Wert zu berechnen:
a) wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes;
b) beim Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Abhandlungsverfahrens vereinbart wird.
4. Bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil den Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet, ist die Steuer sowohl vom Wert der Leistung des einen als auch vom Wert der Leistung des anderen Vertragsteiles zu berechnen."
2.2. §6 Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl 309, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 36/2014 lautet wie folgt:
"Einheitswert
§6. (1) Maßgebend ist der Einheitswert, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist.
(2) Bildet das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, einen Teil einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit), für die ein Einheitswert festgestellt ist, so ist als Wert der entsprechende Teilbetrag des Einheitswertes anzusetzen. Der Teilbetrag ist unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze, die für die Zerlegung der Einheitswerte gelten, zu ermitteln.
(3) Haben sich die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) dergestalt geändert, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung oder spätestens durch den Erwerbsvorgang die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen oder Nachfeststellungen zu ermitteln; in den Fällen des Abs2 aber nur dann, wenn sich die Wertabweichung auch auf den Teil der wirtschaftlichen Einheit erstreckt."
2.3. §6 Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl 309, in der Fassung BGBl I 142/2000 lautete vor Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg 19.701/2012 wie folgt:
"Wert des Grundstückes
§6. (1) Als Wert des Grundstückes ist
a) im Falle des §4 Abs2 Z2 der Einheitswert anzusetzen, wenn das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) bildet. Maßgebend ist der Einheitswert, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist, im Übrigen
b) das Dreifache des Einheitswertes (lita) anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.
(2) Bildet das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, einen Teil einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit), für die ein Einheitswert festgestellt ist, so ist als Wert das Dreifache des auf das Grundstück entfallenden Teilbetrages des Einheitswertes anzusetzen; im Falle des §4 Abs2 Z2 ist der entsprechende Teilbetrag des Einheitswertes anzusetzen. Der Teilbetrag ist unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze, die für die Zerlegung der Einheitswerte gelten, zu ermitteln.
(3) Haben sich in den Fällen der Abs1 und 2 die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) dergestalt geändert, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung oder spätestens durch den Erwerbsvorgang die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen oder Nachfeststellungen zu ermitteln; in den Fällen des Abs2 aber nur dann, wenn sich die Wertabweichung auch auf den Teil der wirtschaftlichen Einheit erstreckt. Wird ein besonderer Einheitswert ermittelt, ist – abgesehen vom Fall des §4 Abs2 Z2 – das Dreifache des besonderen Einheitswertes (Teilbetrages des besonderen Einheitswertes) anzusetzen."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich als zutreffend erwiesen:
2.1. §22 Abs5 UmgrStG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 71/2003 bestimmt, dass die Grunderwerbsteuer in Fällen, in denen auf Grund einer Einbringung nach §12 leg.cit. Erwerbsvorgänge nach §1 Abs1 oder Abs2 Grunderwerbsteuergesetz 1987 verwirklicht werden, vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen ist.
Voranzustellen ist, dass für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens bei allen Fortschreibungen (etwa wegen der Änderung der Art des Bewertungsgegenstandes oder seiner Zurechnung) die Wertverhältnisse vom letzten Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen sind (§23 BewG). Da für diese Einheiten die letzte Hauptfeststellung zum 1.1.1972 mit Wirksamkeit ab 1.1.1973 stattgefunden hat, ergibt sich ungeachtet zwischenzeitig erfolgter pauschaler Werterhöhungen, dass der jeweils aktuelle Einheitswert zu vollkommen willkürlichen Bewertungen führt und dieser typischerweise (zum Teil erheblich) unterhalb jenes Wertes liegt, der sich im Fall einer wertmäßigen Anpassung ergäbe (VfSlg 19.196/2010, 19.701/2012).
Für Steuertatbestände, die an den Einheitswert anknüpfen, treten diese den Steuerpflichtigen entlastenden Effekte angesichts regionaler und individueller Unterschiede in der Wertentwicklung der Grundstücke nicht gleichmäßig auf (VfSlg 19.196/2010). Vielmehr führen diese Entwicklungen im Zeitablauf zu massiven Verwerfungen und Unstimmigkeiten, die auch nicht durch eine Vervielfachung des Einheitswertes beseitigt werden können.
2.2. Derartige Verwerfungen werden somit auch durch die Regelung des §22 Abs5 UmgrStG bedingt. Der Verfassungsgerichtshof vermag dabei nicht zu erkennen, dass eine solche Regelung dem Sachlichkeitsgebot entsprechen würde:
Auch wenn der Gesetzgeber für Einbringungen von Grundstücken, auf die die Regelungen des Umgründungssteuergesetzes Anwendung finden, wie im Prüfungsbeschluss ausgeführt grunderwerbsteuerliche Erleichterungen vorsehen kann, darf eine solche Differenzierung gegenüber Umstrukturierungen, die nicht dem Umgründungssteuergesetz unterliegen und für die die Grunderwerbsteuer somit vom gemeinen Wert zu bemessen ist, nur auf Basis verfassungsrechtlich unbedenklicher Bemessungsgrundlagen erfolgen (VfSlg 19.701/2012). Die Anknüpfung an Einheitswerte vermag aber eine sachgerechte Regelung für Umgründungen im Sinne des Umgründungssteuergesetzes nicht zu gewährleisten.
Hinzu kommt, dass – anders als in VfSlg 19.196/2010 – verwaltungsökonomische Gründe die Bemessung vom Zweifachen des Einheitswertes nicht zu rechtfertigen vermögen, ist doch gemäß §6 Abs3 GrEStG nicht eine bloße Anknüpfung an den jeweiligen Einheitswertbescheid, sondern eine auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs erfolgende Ermittlung eines für die Umgründung besonderen Einheitswertes unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen oder Nachfeststellungen vorgesehen.
2.3. Die in §22 Abs5 UmgrStG, BGBl 699/1991, in der Fassung BGBl I 71/2003 normierte Anknüpfung steht somit im Widerspruch mit dem Ziel einer sachgerechten Bewertung von Grundstückseinbringungen im Rahmen des Umgründungssteuergesetzes, für die im Zuge der Prüfung auch keine sachliche Rechtfertigung gefunden werden konnte.
IV. Ergebnis
1. §22 Abs5 UmgrStG, BGBl 699/1991, in der Fassung BGBl I 71/2003 verstößt daher gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz.
Da die als verfassungswidrig erkannte Bestimmung ungeachtet ihrer zwischenzeitig erfolgten Novellierung mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich weiterhin in Geltung steht, ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe zB VfSlg 19.343/2011 mwN) mit Aufhebung nach Abs3 des Art140 B‑VG und nicht mit einem Abspruch nach Abs4 dieser Verfassungsbestimmung vorzugehen.
2. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.
3. Die Verpflichtung der Bundeskanzlerin zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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