VfGH G347/2016

VfGHG347/201626.9.2017

Abweisung des Individualantrags eines Fiakerunternehmens auf Aufhebung von Bestimmungen des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes betreffend Ausübungsbeschränkungen beim Betrieb des Fiakergewerbes; kein Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes; zulässige Beschränkung des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung durch die - den Betrieb von Fiakerunternehmen in zeitlicher Hinsicht bzw im Hinblick auf bestimmte Wetterverhältnisse einschränkenden - Regelungen angesichts des öffentlichen Interesses am Tierschutz und an der Hintanhaltung von Gefahren und Beeinträchtigungen im Straßenverkehr; kein Verstoß gegen das Eigentumsrecht; Regelungen zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sachlich begründbar

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1 Z8, Art11 Abs1 Z8, Art15, Art151 Abs30
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Wr Fiaker- und PferdemietwagenG §3 Abs2, Abs4
GelVerkG §1 Abs3
TierschutzG §13, §23 ff, §31
StGG Art5, Art6 Abs1 / Erwerbsausübung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:G347.2016

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten (Haupt‑)Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge §3 Abs2 letzter Satz und Abs4 des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes, LGBl 57/2000 idF LGBl 34/2016, als verfassungswidrig aufheben sowie gemäß Art140 Abs6 B‑VG aussprechen, dass frühere gesetzliche Regelungen nicht wieder in Kraft treten.

Hinsichtlich der Bestimmung des §3 Abs4 Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz werden ferner folgende Eventualanträge gestellt: Der Verfassungsgerichtshof möge den ersten und den vierten (gemeint: den fünften) sowie die beiden letzten Sätze, in eventu die letzten beiden Sätze, in eventu den ersten und den vierten (gemeint: den fünften) Satz aufheben.

II. Rechtslage

1. §3 des Gesetzes über den Betrieb von Fiakerunternehmen und mit Pferden betriebenen Mietwagenunternehmen (Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz), LGBl 57/2000 idF LGBl 34/2016, lautet (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Bewilligung

 

§3. (1) Der Betrieb von Fiakerunternehmen und mit Pferden betriebenen Mietwagenunternehmen ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) gemäß §7 zulässig.

 

(2) Im Rahmen eines Fiakerunternehmens oder Pferdemietwagenunternehmens dürfen nur gut genährte Pferde, die keine erkennbaren Verletzungen oder Abweichungen vom physiologischen Gesundheitszustand aufweisen und aufgrund ihres Wesens sowie ihres Ausbildungs- und Trainingszustandes für die Personenbeförderung geeignet sind, im Fahrdienst verwendet werden. Der Einsatz eines Zugpferds ist nur an 18 Tagen im Monat zulässig.

 

(3) Für alle Fahrzeuge im Fiaker- und Pferdemietwagenfahrdienst muss eine ausreichende Haftpflichtversicherung vorliegen.

 

(4) Der Betrieb von Fiakerunternehmen und mit Pferden betriebenen Mietwagenunternehmen – darunter sind die Tätigkeiten Anspannen, Anfahrt zum Standplatz, Rundfahrten, Heimfahrt vom Standplatz und Abschirren zu verstehen – ist nur in der Zeit von 10.00 Uhr bis 23.00 Uhr gestattet. Ausgenommen sind bestellte Fahrten auf Grund besonderer Beförderungsaufträge. Die bestellte Fahrt ist der Behörde vor Fahrtantritt unter Nennung des vollständigen Namens und der Anschrift des Auftraggebers anzuzeigen. Zwischen Anschirren und Anspannen dürfen nicht mehr als 60 Minuten vergehen. Das Auffahren auf Standplätze ist nur in der Zeit von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr gestattet. Bei Großveranstaltungen, die eine Zufahrt für die Fiakerkutschen zu den Fiakerstandplätzen zu den gesetzlich festgelegten Zeiten nicht ermöglichen, gelten die genannten zeitlichen Einschränkungen nicht. Erreicht die von der Wetterstation Wien Innere Stadt (TAWES) der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gemessene Temperatur an einzelnen Tagen einen Wert von mindestens 35,00 ° Celsius, so sind an diesem Tag weitere Rundfahrten und bestellte Fahrten unzulässig. Der Betrieb ist für diesen Tag einzustellen und die Standplätze sind unverzüglich zu räumen."

 

 

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG), BGBl I 118/2004 idF BGBl I 61/2017, lauten:

"1. AbschnittAllgemeine Bestimmungen

 

[…]

 

Grundsätze der Tierhaltung

 

§13.(1) Tiere dürfen nur gehalten werden, wenn auf Grund ihres Genotyps und Phänotyps und nach Maßgabe der folgenden Grundsätze davon ausgegangen werden kann, dass die Haltung nach dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ihr Wohlbefinden nicht beeinträchtigt.

 

(2) Wer ein Tier hält, hat dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

 

(3) Tiere sind so zu halten, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört werden und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert wird.

 

[…]

 

Bewilligungen

 

§23. (1) Für Bewilligungen gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, die folgenden Bestimmungen:

 

1. Die Behörde hat Bewilligungen nur auf Antrag zu erteilen. Örtlich zuständig für die Bewilligung ist die Behörde, in deren Sprengel die bewilligungspflichtige Haltung, Mitwirkung oder Verwendung von Tieren stattfindet oder stattfinden soll.

2. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die beantragte Tierhaltung den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen sowie dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht und kein Tierhaltungsverbot entgegensteht.

3. Bewilligungen können erforderlichenfalls befristet oder unter Auflagen oder unter Bedingungen erteilt werden.

4. Eine befristete Bewilligung ist auf Antrag des Bewilligungsinhabers zu verlängern, wenn der Antrag vor Ablauf der Frist eingebracht wird und die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung weiterhin gegeben sind. Erforderlichenfalls sind die Bedingungen oder Auflagen (Z3) abzuändern.

 

(2) Stellt die Behörde fest, dass die Tierhaltung nicht mehr den Bewilligungsvoraussetzungen entspricht oder die vorgeschriebenen Auflagen oder Bedingungen nicht eingehalten werden, hat sie mit Bescheid die zur Erreichung des rechtmäßigen Zustandes notwendigen Maßnahmen vorzuschreiben und dem Bewilligungsinhaber den Entzug der Bewilligung anzudrohen. Kommt der Bewilligungsinhaber innerhalb der im Bescheid festgesetzten Frist den Vorschreibungen nicht nach, hat die Behörde die Bewilligung zu entziehen. Bei bewilligungspflichtigen Tierhaltungen ohne Genehmigung kann die Behörde mittels Bescheid die Einstellung der Haltung und die zur Sicherung der Einstellung erforderlichen Maßnahmen verfügen oder eine Frist zur Erlangung der Genehmigung festlegen, bei deren Nichteinhaltung die Einstellung der Tierhaltung zu erfolgen hat. Die betroffenen Tiere sind abzunehmen und solchen Vereinigungen, Institutionen oder Personen zu übergeben, die Gewähr für eine diesem Bundesgesetz entsprechende Haltung bieten.

 

(3) Sind innerhalb von sechs Monaten nach Abnahme von Tieren gemäß Abs2 die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung geschaffen oder die erforderliche Genehmigung erwirkt, so sind sie zurückzustellen. Ist dies nicht der Fall oder ist bereits vor Ablauf dieser Frist – frühestens aber zwei Monate nach der Abnahme – erkennbar, dass die Voraussetzungen bis dahin nicht vorliegen werden, so sind die Tiere als verfallen anzusehen.

 

2. Abschnitt

Besondere Bestimmungen

Tierhaltungsverordnung

 

§24. (1) Unter Berücksichtigung der Zielsetzung und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie unter Bedachtnahme auf den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und die ökonomischen Auswirkungen hat die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen, in Bezug auf Tiere gemäß Z1 im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, für die Haltung

 

1. von Pferden und Pferdeartigen, Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen, Schalenwild, Lamas, Kaninchen, Hausgeflügel, Straußen und Nutzfischen sowie

2. anderer Wirbeltiere

 

durch Verordnung die Mindestanforderungen für die in §13 Abs2 genannten Haltungsbedingungen und erforderlichenfalls Bestimmungen hinsichtlich zulässiger Eingriffe sowie sonstiger zusätzlicher Haltungsanforderungen zu erlassen.

 

(2) Für Tierarten, deren Haltung einer Bewilligung bedarf, jedoch nicht durch Verordnung geregelt ist, hat die Behörde aus Anlass eines Antrages (§23 Z1) eine Stellungnahme des Tierschutzrates (§42) über die nach dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse einzuhaltenden Mindestanforderungen einzuholen. Die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat die Stellungnahme des Tierschutzrates nach Anhörung des Vollzugsbeirates (§42a) in den Amtlichen Veterinärnachrichten (AVN) zu verlautbaren. Liegt eine solche Verlautbarung vor, so hat die Behörde keine Stellungnahme des Tierschutzrates einzuholen.

 

(3) Durch Verordnung kann die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen – unter Berücksichtigung der Zielsetzungen und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie unter Bedachtnahme auf den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse – nähere Bestimmungen über die Ausbildung und das Verhaltenstraining von Hunden festlegen.

 

[…]

 

Wildtiere

 

§25.(1) Wildtiere, die – etwa im Hinblick auf Klima, Ernährung, Bewegungsbedürfnis oder Sozialverhalten – besondere Ansprüche an die Haltung stellen, dürfen bei Erfüllung der vorgeschriebenen Voraussetzungen nur auf Grund einer binnen zwei Wochen vorzunehmenden Anzeige der Wildtierhaltung bei der Behörde gehalten werden. In Gehegen, in denen Schalenwild (§24 Abs1 Z1) gehalten wird, darf dieses bei Erfüllung der vorgeschriebenen Voraussetzungen ebenfalls nur auf Grund einer Anzeige der Wildtierhaltung bei der Behörde gehalten werden. Die Anzeige hat den Namen und die Anschrift des Halters, die Art und Höchstzahl der gehaltenen Tiere, den Ort der Haltung und weitere Angaben zu enthalten, die zur Beurteilung durch die Behörde erforderlich sind; das Nähere ist durch Verordnung der Bundesministerin/des Bundesministers für Gesundheit und Frauen, in Bezug auf Gehege, in denen Schalenwild ausschließlich zur Fleischgewinnung gehalten wird, im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, zu regeln.

 

(2) Einer Anzeige nach Abs1 bedürfen nicht:

 

1. Einrichtungen, die dem Tierversuchsgesetz 2012, BGBl I Nr 114/2012, unterliegen,

2. Zoos,

3. Tierheime,

4. die Haltung von Tieren im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten.

 

(3) Die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung und die sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse

 

1. jene Wildtiere zu bezeichnen, die besondere Anforderungen an die Haltung stellen und

2. die Haltung bestimmter Wildtierarten aus Gründen des Tierschutzes zu verbieten. Ein solches Verbot gilt nicht für Zoos, die über eine Bewilligung gemäß §26 verfügen, sowie für wissenschaftliche Einrichtungen, die ihre Wildtierhaltung gemäß Abs1 angezeigt haben.

 

(4) Für die Haltung von Wildtieren, die keine besonderen Anforderungen an Haltung und Pflege stellen, in gewerbsmäßig betriebenen Einrichtungen gilt Abs1 entsprechend.

 

(5) Die Haltung von Pelztieren zur Pelzgewinnung ist verboten.

 

Haltung von Tieren in Zoos

 

§26. (1) Die Haltung von Tieren in Zoos bedarf einer Bewilligung nach §23.

 

(2) Nähere Bestimmungen über Mindestanforderungen für Zoos in Bezug auf die Ausstattung, Betreuung von Tieren, Betriebsführung, über die von den mit der Tierhaltung beschäftigten Personen nachzuweisende Ausbildung sowie über von Zoos, mit Ausnahme von Einrichtungen, in denen keine bedeutende Anzahl von Tieren oder Arten zur Schau gestellt werden und die nicht für den Schutz wildlebender Tiere oder die Erhaltung der biologischen Vielfalt bedeutend sind, zu erbringende Leistungen (Arterhaltung, Aufklärung der Öffentlichkeit, wissenschaftliche Forschung) hat die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung und die sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Ansprüche der gehaltenen Tierarten durch Verordnung festzulegen.

 

(3) Wird der Zoo gänzlich oder teilweise geschlossen, so hat die Behörde für den Fall, dass der Eigentümer der Tiere nicht in der Lage ist, für eine diesem Bundesgesetz entsprechende Haltung zu sorgen, zu verfügen, dass die betroffenen Tiere solchen Vereinigungen, Institutionen oder Personen übergeben werden, die Gewähr für eine diesem Bundesgesetz entsprechende oder, sofern die Haltung im Ausland erfolgen soll, gleichwertige Haltung bieten. Ist all dies nicht möglich, kann das Tier schmerzlos getötet werden.

 

 

Haltung von Tieren in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen

 

§27. (1) In Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen dürfen keine Arten von Wildtieren gehalten oder zur Mitwirkung verwendet werden.

 

(2) Die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung und die sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie nach dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch Verordnung die Voraussetzungen und Mindestanforderungen für die Haltung und die Mitwirkung von Tieren in Zirkussen und ähnlichen Einrichtungen sowie für die erforderliche Sachkunde der Betreuungspersonen näher zu regeln.

 

(3) Die Haltung und Mitwirkung von Tieren in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen, insbesondere auch die Erhöhung der Zahl der Tiere oder die Haltung anderer als der bewilligten Tiere, bedarf einer behördlichen Bewilligung. Die Bewilligung gilt für das gesamte Bundesgebiet. Die Zuständigkeit für Maßnahmen nach §23 Z5 richtet sich nach dem jeweiligen Standort.

 

(4) Die Bewilligung ist nach Maßgabe des §23 und nur dann zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass

 

1. die Haltung der Tiere den Anforderungen dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Verordnungen entspricht,

2. eine ausreichende tierärztliche Betreuung sichergestellt ist und

3. der Bewilligungswerber nachweislich über ein geeignetes Winterquartier verfügt, das den Anforderungen an die Tierhaltung im Sinne dieses Gesetzes entspricht. Ausländische Unternehmer haben eine vergleichbare Bestätigung ihres Heimatlandes beizubringen.

 

(5) Der Wechsel des Standortes ist der Behörde des nächsten Standortes rechtzeitig, jedenfalls aber vor Bezug des neuen Standortes, anzuzeigen. In der Anzeige sind neben dem Standort auch die Art und die Zeit einer Veranstaltung und die dabei gehaltenen Tiere anzugeben. Die Bewilligung ist der Anzeige im Original oder in Kopie anzuschließen.

 

(6) §26 Abs3 gilt sinngemäß.

 

[…]

 

Haltung von Tieren im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeiten

oder zur Zucht oder zum Verkauf

 

§31. (1) Die Haltung von Tieren im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit (§1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994) oder im Rahmen einer sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit, ausgenommen die Haltung von in §24 Abs1 Z1 genannten Tieren sowie von anderen Haustieren im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft, bedarf einer Bewilligung nach §23.

 

(2) In jeder Betriebsstätte, in der Tiere im Rahmen einer gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen – ausgenommen land- und forstwirtschaftlichen – Tätigkeit gehalten werden, muss eine ausreichende Anzahl von Personen mit Kenntnissen über artgemäße Tierhaltung regelmäßig und dauernd tätig sein. In Tierhandlungen sind diese Personen verpflichtet, Kunden über die tiergerechte Haltung und die erforderlichen Impfungen der zum Verkauf angebotenen Tiere zu beraten sowie über allfällige Bewilligungspflichten zu informieren. Die Erfüllung dieser Verpflichtung muss der Behörde, etwa in Form der Bereithaltung entsprechender Informationsangebote, glaubhaft gemacht werden können. Bei der Abgabe von Hunden oder Katzen ist eine solche Information auch vom Züchter durchzuführen.

 

(3) Die Bundesministerin/der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat im Einvernehmen mit der Bundesminsterin/dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung und die sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch Verordnung Vorschriften über die Haltung von Tieren im Rahmen wirtschaftlicher oder gewerblicher, ausgenommen land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeiten, insbesondere auch über die von den mit der Tierhaltung beschäftigten Personen nachzuweisende Ausbildung, zu erlassen.

 

(4) Sofern die Haltung von Tieren zum Zwecke der Zucht oder des Verkaufs, ausgenommen von in §24 Abs1 Z1 genannten Tieren im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft oder Tieren in Zoos oder Tieren in Zoofachhandlungen, nicht bereits einer Genehmigung nach Abs1 bedarf, ist sie vom Halter der Behörde vor Aufnahme der Tätigkeit zu melden. Die Anzeige hat den Namen und die Anschrift des Halters, die Art und Höchstzahl der gehaltenen Tiere sowie den Ort der Haltung zu enthalten. Nähere Bestimmungen sowie Ausnahmen von der Meldepflicht sind durch Verordnung der Bundesministerin/des Bundesministers für Gesundheit und Frauen zu regeln. Wird anlässlich einer Kontrolle festgestellt, dass die Haltungsbedingungen nicht den Anforderungen dieses Gesetzes oder einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung entsprechen, hat die Behörde die Setzung entsprechender Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist vorzuschreiben. Kommt der Halter dem innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist nicht nach, hat die Behörde §23 Abs2 und 3 sinngemäß anzuwenden.

 

(5) Hunde und Katzen dürfen im Rahmen von Tätigkeiten gemäß Abs1 in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen oder wirtschaftlichen Einrichtungen, in denen Tiere angeboten werden, zum Zwecke des Verkaufes nicht ausgestellt werden. In Zoofachgeschäften dürfen Hunde und Katzen zum Zwecke des Verkaufes nur dann gehalten werden, wenn dafür eine behördliche Bewilligung vorliegt. Voraussetzung für die Erteilung dieser Bewilligung ist, dass für diese Zoofachhandlungen ein Betreuungsvertrag mit einem Tierarzt besteht. Dieser Tierarzt ist im Rahmen des Bewilligungsverfahrens der Behörde namhaft zu machen und hat den in der Verordnung angeführten Kriterien zu entsprechen. Nähere Anforderungen, die diese Zoofachhandlungen hinsichtlich der Haltung von Hunden und Katzen zu erfüllen haben, besondere Aufzeichnungspflichten sowie die Aufgaben und Pflichten des Betreuungstierarztes sind durch Verordnung der Bundesministerin/des Bundesministers für Gesundheit und Frauen nach Einholung der Stellungnahme des Tierschutzrates zu regeln."

 

3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Anlage 1 der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Mindestanforderungen für die Haltung von Pferden und Pferdeartigen, Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen, Schalenwild, Lamas, Kaninchen, Hausgeflügel, Straußen und Nutzfischen (1. Tierhaltungsverordnung), BGBl II 485/2004 idF BGBl II 61/2012, lauten:

"MINDESTANFORDERUNGEN FÜR DIE HALTUNG VON PFERDEN UND PFERDEARTIGEN (EQUIDEN)

 

1. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

 

[…]

 

2. ALLGEMEINE HALTUNGSVORSCHRIFTEN

 

[…]

 

2.7. BETREUUNG

 

Bei Verwendung von Tieren als Zugtiere oder Lasttiere oder zu sonstiger Arbeit unter dem Sattel, an der Hand oder im Geschirr ist sicherzustellen, dass die Tiere ausreichende Ruhepausen haben und nicht überfordert werden. Innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden ist jedenfalls eine durchgängige Ruhepause von mindestens acht Stunden zu gewähren. Bei rationierter Fütterung muss im Anschluss an die Fütterung eine Ruhepause von mindestens einer Stunde eingehalten werden.

 

Werden Pferde regelmäßig mehr als sechs Stunden pro Tag zur Personenbeförderung in einem Gespann eingesetzt, sind ihnen innerhalb einer Woche an mindestens zwei nicht aufeinander folgenden Tagen Ruhetage mit freiem Auslauf zu gewähren. Weiters muss sichergestellt werden, dass das Gesamtgewicht des voll beladenen Gespannes bei ebener Strecke und glattem Untergrund das Dreifache der Summe der Körpergewichte aller vorgespannten Pferde nicht überschreitet.

 

Dabei sollte die Arbeitsbelastung in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Tieres stehen. Kranke oder sonst beeinträchtigte Tiere dürfen zur Arbeit nicht herangezogen werden

 

Verboten sind alle medikamentösen und nicht pferdegerechten Einwirkungen des Menschen, die beim Sportpferd gesetzt werden mit dem Ziel einer Beeinflussung über die natürliche Veranlagung, das Leistungsvermögen und die Leistungsbereitschaft des Pferdes hinaus.

Es ist sicherzustellen, dass die Anbindevorrichtungen und Ausrüstungsgegenstände, wie zB Geschirre, Zaumzeuge, Zügel, Gebisse oder Sattel, die Tiere nicht verletzen können und ein ungehindertes Fressen und Misten ermöglichen. Diese Einrichtungen sind regelmäßig auf ihren Sitz zu überprüfen und den Körpermaßen der Tiere anzupassen.

 

Eine regelmäßige und fachgerechte Hufpflege ist sicherzustellen.

 

Das Clippen der Tasthaare (Fibrissen) um Augen, Nüstern und Maul ist verboten.

 

[…]"

 

4. §1 des Bundesgesetzes über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG), BGBl 112/1996 idF BGBl I 32/2013, lautet:

"Geltungsbereich

 

§1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für

 

1. die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen sowie

2. die Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen mit Omnibussen.

 

Dieses Bundesgesetz gilt nicht für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999.

 

(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als reglementierte Gewerbe gelten, auf die §95 Abs2 der GewO 1994 anzuwenden ist.

 

(3) (Verfassungsbestimmung) Zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Artikels 10 Abs1 Z8 B‑VG gehören nicht die Angelegenheiten der Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden."

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Gesellschaft behauptet einen Verstoß der angefochtenen Bestimmungen gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und bringt zunächst zum Sachverhalt bzw. zu ihrer Antragslegitimation Folgendes vor:

1.1. Die antragstellende Gesellschaft betreibe ein Fiakerunternehmen in Wien und sei auf Grund einer aufrechten Konzession, die insgesamt vier Gespanne mit je zwei Pferden umfasse, zur Ausübung des Fiakergewerbes berechtigt. Sie übe dieses Gewerbe auch aktuell aus; zuletzt seien ihr fünf Platzkarten für das Auffahren von Fiakerkutschen auf Standplätze in Wien Innere Stadt zugewiesen worden.

1.2. Die mit LGBl 34/2016 vorgenommenen Änderungen des §3 Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes hätten für die antragstellende Gesellschaft folgende Nachteile bzw. Verschlechterungen gebracht: Der Einsatz eines Zugpferdes sei seither nur noch an achtzehn Tagen im Monat zulässig, die Möglichkeit des zeitlichen Betriebes des Fiakerunternehmens ("Anschirren", Anfahrt zum Standplatz, Rundfahrten, Heimfahrt vom Standplatz und "Abschirren") sei – ebenso wie die Möglichkeit des Auffahrens auf Standplätze – um eine Stunde am Morgen reduziert worden und unter bestimmten Umständen, nämlich für den Fall, dass die von der Wetterstation Wien Innere Stadt der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik gemessene Temperatur an einem Tag einen Wert von mindestens 35 Grad Celsius erreiche, sei der Betrieb – für diesen Tag – einzustellen; durch letztgenannte Bestimmung werde der Betrieb des Fiakerunternehmens daher zur Gänze untersagt.

1.3. Die antragstellende Gesellschaft werde durch die angefochtenen Bestimmungen unmittelbar in ihren Rechten verletzt, weil ihr dadurch in bestimmter Hinsicht verboten werde, ihre Gewerbeberechtigung auszuüben. Der Eingriff sei angesichts der aufrechten Konzessionen, die von der antragstellenden Gesellschaft ausgeübt würden, sowie der zugewiesenen Platzkarten für Standplätze auch aktuell. Der antragstellenden Gesellschaft stehe kein zumutbarer anderer Weg offen, ihre Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, weil ein Zuwiderhandeln gegen diese Bestimmungen ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß §14 Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz nach sich ziehen würde und zudem jeder Verstoß gegen die Bestimmungen des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes die aufrechte Konzession der antragstellenden Gesellschaft gefährden würde.

2. In der Folge legt die antragstellende Gesellschaft ihre Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen dar:

2.1. Zu §3 Abs2 letzter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz idF LGBl 34/2016:

2.1.1. Die antragstellende Gesellschaft werde durch diese Bestimmung in der Ausübung ihres Gewerbes eingeschränkt, weil sie ein der betrieblichen Nutzung dienendes und zu ihrem Betrieb gehöriges Zugpferd nur an achtzehn Tagen im Monat einsetzen könne. Diese Bestimmung greife daher in ihre verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ein.

2.1.2. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes seien gesetzliche Einschränkungen des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen seien. Exzessive Erweiterungen der Ausübungsschranken, wie sie durch die angefochtene Be-stimmung vom Landesgesetzgeber normiert worden seien, müssten daher jedenfalls durch gewichtige öffentliche Interessen gerechtfertigt sein. Die umfassende Beschränkung der Tage, an denen ein Zugpferd eingesetzt werden dürfe, sei nicht verhältnismäßig und durch nichts gerechtfertigt. Angesichts dessen, dass eine derartige Regelung in der Stammfassung des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes noch nicht enthalten gewesen sei, sei davon auszugehen, dass kein öffentliches Interesse an der Beschränkung des Einsatzes eines Fiakerzugpferdes gegeben gewesen sei. Das "plötzlich […] verstärkte Interesse" an einer eigenen landesgesetzlichen Regelung (in Ergänzung zu den entsprechenden bundesgesetzlichen tierschutzrechtlichen Regelungen) sei nicht nachvollziehbar.

Ferner seien keine besonders schwerwiegenden Gründe erkennbar, die den nachträglichen Eingriff in eine befugter Weise ausgeübte Berufstätigkeit rechtfertigen würden. Vielmehr entstehe der Eindruck, dass über den Umweg dieser Beschränkung der Erwerbsfreiheit die Ausübung des Fiakergewerbes möglichst erschwert bzw. unmöglich gemacht werden solle. Das "Auslöschen der Fiaker in Wien" stelle jedoch kein anerkanntes öffentliches Interesse dar. Das einzige öffentliche Interesse, das denkbar einen Rechtfertigungsgrund für die Beschränkung bieten könne, sei der Tierschutz.

Die antragstellende Gesellschaft zititert sodann einen Bericht des Kontrollamtes für Wien aus dem Jahr 2010 (KA II‑65‑1/10), aus dem hervorgehe, dass das Fiakergewerbe ohnehin schon einer großen Anzahl von Beschränkungen unterliege. Angesichts der seit dem Jahr 2010 gesetzlich festgelegten weiteren Erschwernisse für den Betrieb eines Fiakerunternehmens, wie etwa kürzere Betriebszeiten, höhere Anforderungen an die Büroräumlichkeiten des Fiakerbetriebes, höhere Anforderungen im Hinblick auf den Inhalt des zwingend zu führenden Fahrtenbuches, eine Verschärfung der Strafbestimmungen etc., sei jede weitere Einschränkung besonders streng zu prüfen.

Die antragstellende Gesellschaft müsse schließlich im Hinblick auf die Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit möglichst umfassend über ihre Betriebsmittel, zu denen Zugpferde zweifellos gehören würden, verfügen können. Dem vom Gesetzgeber behaupteten öffentlichen Interesse könnten jedenfalls einerseits das "öffentliche Interesse an der Erhaltung der traditionellen Fiaker als Wahrzeichen von Wien und Tourismusmagnet und andererseits das Interesse [der antragstellenden Gesellschaft] an der Aufrechterhaltung eines gewinnbringenden Betriebes" gegenübergestellt werden.

2.1.3. Dazu komme, dass der Bundesgesetzgeber im Einklang mit Art11 Abs1 B‑VG ohnehin bereits die 1. Tierhaltungsverordnung (BGBl II 483/2004) erlassen habe, die in ihrer Anlage 1 genau definiere, wie der Einsatz von Zugpferden beschränkt sei. Bei den Bestimmungen betreffend die Verwendung von Zugpferden handle es sich inhaltlich zweifellos um tierschutzrechtliche Bestimmungen, die gemäß Art11 Abs1 B‑VG in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen würden.

Der Gesetzgeber habe im Jahr 2004 mit dem Ziel der "Vereinheitlichung der Tierschutzbestimmungen" die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für tierschutzrechtliche Bestimmungen an den Bund übertragen. An den grundsätzlichen Gegebenheiten habe sich seit dem Jahr 2004 nichts geändert, auch in diesem Jahr habe es in Wien bereits Fiakerbetriebe gegeben. Die antragstellende Gesellschaft vertrete grundsätzlich die Ansicht, dass der Wiener Landesgesetzgeber mit Erlassung der angefochtenen Bestimmung in verfassungswidriger Weise in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Tierschutzangelegenheiten eingegriffen habe. Da zudem eine ausreichende Regelung im Verordnungsrang vorhanden sei, bedürfe es auch nicht der Erlassung eines Landesgesetzes, da das Ziel des Tierschutzes ohnehin schon erreicht sei. Die angefochtene Bestimmung sei daher auch im Hinblick auf das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bestehende Rücksichtnahmegebot nicht verfassungskonform.

Die Festlegung von zwei Ruhetagen pro Woche an mindestens zwei nicht aufeinanderfolgenden Tagen, wenn das Zugpferd regelmäßig mehr als sechs Stunden pro Tag zur Personenbeförderung in einem Gespann eingesetzt werde, in Anlage 1 der 1. Tierhaltungsverordnung sei ausreichend definiert, zur Zielerreichung geeignet, adäquat bzw. verhältnismäßig und daher sachlich zu rechtfertigen. Die "willkürliche Verschärfung dieser Verordnung des Bundes durch ein Landesgesetz" sei dies nicht und daher auch aus diesem Grund verfassungswidrig. Durch die angefochtene Bestimmung komme es im Ergebnis zu einer zusätzlichen Einschränkung der Nutzbarkeit der Zugpferde um 44 Tage pro Jahr.

Letztendlich sei darauf hinzuweisen, dass mit der starren Regelung der Einsetzbarkeit von Zugpferden für einen Zeitraum von achtzehn Tagen im Monat auch für den Tierschutz nichts gewonnen sei, da rein nach dem Wortlaut der angefochtenen Bestimmung theoretisch auch der ununterbrochene Einsatz über achtzehn Tage hinweg in Frage komme. Die Regelung verhindere aber auch, dass Zugpferde nur für den halben Arbeitstag eingesetzt werden könnten, weil die tageweise Beschränkung bewirken würde, dass sich ein derartiger regelmäßiger Tausch nicht ausgehen würde.

2.1.4. Zum behaupteten Verstoß der angefochtenen Bestimmung gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verweist die antragstellende Gesellschaft zunächst auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach eine Beschränkung dieses Grundrechts nur dann zulässig sei, wenn sie gesetzlich vorgesehen sei, die gesetzliche Regelung nicht den Wesensgehalt des Grundrechts berühre oder in anderer Weise gegen einen bindenden Verfassungsgrundsatz verstoße, im öffentlichen Interesse liege, und weder unverhältnismäßig noch unsachlich sei.

Eine über die bereits bestehende Einschränkung der Nutzbarkeit von Zugpferden auf Grund der 1. Tierhaltungsverordnung hinausgehende Einschränkung der Einsatzmöglichkeit der Zugpferde sei weder im öffentlichen Interesse gelegen noch eine geeignete Maßnahme zur Erreichung dieses Zieles. Es handle sich jedoch um einen erheblichen, existenzbedrohenden Eingriff in das Eigentumsrecht der antragstellenden Gesellschaft.

Die antragstellende Gesellschaft habe vier Konzessionen nach dem Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz erworben, die ein vermögenswertes Privatrecht darstellen würden. Die Kutschen und Pferde seien im Hinblick auf die Erteilung dieser Konzessionen erworben und erhalten worden, wodurch auch ein "Dispositions- und Vertrauensschutz" auf das geltende Recht gegeben sein müsse. Durch die angefochtene Bestimmung komme es jedoch zu einer weitergehenden Einschränkung der Nutzbarkeit des Betriebsvermögens, als es bisher in den einschlägigen tierschutzrechtlichen Bestimmungen vorgesehen gewesen sei, und daher zu einer "wirtschaftlichen Entwertung" des Eigentums der antragstellenden Gesellschaft und seiner Nutzung. Dafür gebe es nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft keine sachliche Rechtfertigung.

2.1.5. Die zu der Frage der Einschränkung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und Unversehrtheit des Eigentums dargelegten Bedenken würden auch einen Verstoß der angefochtenen Bestimmung gegen den Gleichheitssatz bewirken.

2.2. Zu §3 Abs4 Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz idF LGBl 34/2016 bringt die antragstellende Gesellschaft u.a. vor, dass sie durch diese Bestimmung in der Ausübung ihres Gewerbes "rechtlich dahingehend beschnitten" werde, dass der Betrieb ihres Fiakerunternehmens nur in der Zeit von 10.00 Uhr bis 23.00 Uhr und das Auffahren auf Standplätze nur in der Zeit von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr gestattet werde, und schließlich dadurch, dass eine bisher nicht vorhandene "Hitzeregelung" eingeführt werde, die ab einer Temperatur von 35 Grad Celsius de facto eine Betriebssperre anordne. Insbesondere §3 Abs4 erster und fünfter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz würden dazu führen, dass die antragstellende Gesellschaft die der betrieblichen Nutzung dienende und zu ihrem Betrieb gehörige Ausstattung (insbesondere Zugpferde und Kutschen) nicht nach Bedarf nutzen könne; die Bestimmungen würden sie in der Ausübung ihres Gewerbes einschränken und daher in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzen. Eine verfassungskonforme Rechtslage könne nur durch die Aufhebung des gesamten Abs4 leg. cit. erreicht werden.

Die umfassende Beschränkung der Betriebszeiten sei nicht verhältnismäßig bzw. gerechtfertigt im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung. Die Stammfassung des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes, LGBl 57/2000, habe den Betrieb von Fiakerunternehmen – ohne gesonderte zeitliche Einschränkung für das Auffahren auf Standplätze – in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr gestattet. Mit dem Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz sei das Fiakergewerbe umfassend geregelt worden und im Zeitpunkt der Erlassung seiner Stammfassung sei der Tierschutz noch nicht "zur Bundessache" erklärt worden; trotzdem habe der Wiener Landesgesetzgeber keinen "so engen Regelungsbedarf" gesehen und Betriebszeiten von fünfzehn Stunden täglich vorgesehen. Die Betriebszeiten seien daher seit dem Jahr 2000 um rund 27 % gekürzt worden. Die antragstellende Gesellschaft müsse durch die fehlenden Einsatzzeiten hohe Umsatzeinbußen hinnehmen, obwohl die Erhaltung der Pferde und der Kutschen von ihr finanziert werden müsse. Die angefochtene Bestimmung würde die mögliche zeitliche Einsatzzeit der Betriebsmittel daher unzulässig einschränken. Aus objektiver Sicht bestehe kein Bedarf an einer Regelung der Betriebs- und Auffahrtszeiten, weil es "keinen Sinn macht, dass alle Fiaker gleichzeitig auffahren". Könnten Fiakerunternehmen innerhalb der Grenzen der 1. Tierhaltungsverordnung frei wählen, wann sie mit ihren Kutschen auf die Standplätze auffahren, würde dies zu einer besseren Verteilung der auffahrenden Kutschen über den Tag führen.

Die antragstellende Gesellschaft führt sodann zu §3 Abs4 siebenter und achter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz ergänzend Folgendes aus:

Die Frage, ob Pferden "hitzefrei" zu geben sei, sei eindeutig eine tierschutzrechtliche. Es habe bisher keinen einzigen Fall gegeben, bei dem ein Fiakerpferd in Wien hitzebedingt zu Schaden gekommen oder auf Grund einer hitzebedingten Stressbelastung "durchgegangen" wäre. Die Fiakerstandplätze würden über einen Wasseranschluss und über Schläuche verfügen, die Pferde würden getränkt und im Bedarfsfall auch abgespritzt werden; die Kosten dafür seien von den Fiakerunternehmen zu tragen. In der Folge zitiert die antragstellende Gesellschaft eine von der Tierschutzombudsstelle in Auftrag gegebene "Hitzestressmessung", welche zusammengefasst das Ergebnis gebracht habe, dass in keinem Fall ein hitzestressrelevantes Verhalten von Fiakerpferden beobachtet worden sei.

Durch die angefochtene Regelung werde die Erwerbsmöglichkeit der antragstellenden Gesellschaft "ohne jeden sachlichen Grund für den Fall, dass die Temperaturen nach Meinung des Gesetzgebers hoch genug sind, für diesen Tag 'auf null' gesetzt". Für eine derartige Einschränkung gebe es kein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel, die Temperaturgrenze von 35 Grad Celsius sei völlig willkürlich gewählt. Es sei insbesondere nicht einzusehen, warum ein Fiakerbetrieb an den betroffenen Tagen nicht erst in den kühleren Abendstunden auffahren bzw. nach einer Pause wieder auffahren können soll. Weder das Tierschutzgesetz noch die 1. Tierhaltungsverordnung würden eine vergleichbare "Hitzesperre" vorsehen. Aus objektiver Sicht würde daher kein Bedarf an einer "Hitzeregelung" wie jener des §3 Abs4 siebenter und achter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz bestehen.

3. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages mangels aktueller Betroffenheit der antragstellenden Gesellschaft bestreitet und deren Bedenken in der Sache entgegentritt:

3.1. Der Behauptung der Kompetenzwidrigkeit hält die Wiener Landesregierung der antragstellenden Gesellschaft entgegen, dass die Kompetenz betreffend den Tierschutz durch das Bundesgesetz, mit dem ein Tierschutzgesetz erlassen sowie das Bundes-Verfassungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert werden, BGBl I 118/2004, beim Bund konzentriert worden sei. Den Gesetzesmaterialien zufolge sollte dies zu einer "Verbundlichung" der Zuständigkeiten zur Gesetzgebung und somit zu einer "Entannexierung" aller nicht schon ausdrücklich dem Bund vorbehaltenen Tierschutzkompetenzen führen, die vom Bund in Art2 dieses Gesetzes (Tierschutzgesetz) geregelt würden. Die in diesem Gesetz unter anderem enthaltene Bestimmung über die Haltung von Tieren im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten (§31) normiere nur eine allgemeine Pflicht zur artgerechten Haltung und beziehe sich ihrem weiteren Inhalt nach auf die Haltung von Tieren in Tierhandlungen. Daher bestehe kein Anlass für die Annahme, dass die Kompetenz zur Regelung des Schutzes von Fiakerpferden im Rahmen der Landeskompetenz gemäß §1 Abs3 Bundesgesetz über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG) zum Versteinerungszeitpunkt auf den Bund übergegangen wäre. Vielmehr würden die spezifisch auf den urbanen Bereich zugeschnittenen Sachverhalte mit (auch) tierschutzrechtlichem Inhalt auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes BGBl I 118/2004 zulässige Regelungsgesichtspunkte im Rahmen der bestehenden Landeskompetenz bilden.

Die Zuständigkeit der Länder zur Regelung des Gelegenheitsverkehrs mit Pferden bestehe auf Grund der Verfassungsbestimmung in §1 Abs3 GelverkG, der mit der Novelle BGBl 129/1993 in das Gesetz eingefügt worden sei. Nach den Gesetzesmaterialien sollte damit klargestellt werden, dass alle Angelegenheiten der Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt würden (zB Fiaker), nach Art15 B‑VG in Gesetzgebung und Vollziehung den Ländern zukommen. Die in den angefochtenen Bestimmungen enthaltenen Ordnungsvorschriften würden der Aufrechterhaltung der Sicherheit beim Betrieb des Gewerbes und somit der Abwehr spezifischer Gefahren, die in diesem Verwaltungsbereich typischerweise auftreten können, dienen, und daher zur Verwaltungspolizei zählen. Aus kompetenzrechtlicher Sicht würden sie einen Annex zur Hauptmaterie bilden, weshalb ihre Erlassung bzw. Änderung durch den Landesgesetzgeber gedeckt sei.

Soweit die angefochtenen Regelungen der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs dienen würden, hätten sie eine "gleichartige Stoßrichtung" wie die Straßenpolizei, vorliegend würde aber als Zielrichtung die Regelung von Rahmenbedingungen bei der Ausübung des Gewerbes im Vordergrund stehen. Die Regelung dieser Lebenssachverhalte erfolge somit hier unter anderen Gesichtspunkten als jene, die vom Bund im Rahmen der Straßenpolizei wahrzunehmen seien, und sei daher aus kompetenzrechtlicher Sicht zulässig.

3.2. Den Bedenken der antragstellenden Gesellschaft im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung hält die Wiener Landesregierung Folgendes entgegen:

3.2.1. Die angefochtenen Bestimmungen würden im öffentlichen Interesse gelegene Ziele, nämlich eine Reduktion der sehr hohen Stressbelastung der Fiakerpferde in der Wiener Innenstadt, und damit eine Erhöhung der Betriebssicherheit der Gespanne verfolgen. Stress führe bei Arbeits- und Zugtieren zu unberechenbarem Verhalten und könne damit eine Gefahrenquelle im öffentlichen Verkehr darstellen. Da das Gewerbe auf Grund seiner Konzentration im innerstädtischen Bereich und des dort stetig steigenden Verkehrsaufkommens bzw. der neu oder in größerer Zahl als bisher hinzukommenden Verkehrsteilnehmer (zB Skater, Segwayfahrer uvm.) vor allem auch durch den Einsatz lebender Tiere "überaus problematisch und komplex" sei, müsse die Qualität der gebotenen Leistung und die Abwehr spezifischer, betriebstypischer Gefahren durch stressreduzierende Einsatzbedingungen der Zugpferde gesichert werden. Die angefochtenen Regelungen würden auch den öffentlichen Interessen der Gewährleistung der Qualität der gebotenen Leistung der Personenbeförderung durch Fiaker- und Pferdemietwagen als Fremdenverkehrsattraktion sowie der Sicherheit der beförderten Personen, der eingesetzten Pferde und der übrigen Verkehrsteilnehmer dienen.

Die angefochtenen Bestimmungen seien zur Erreichung der im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele erforderlich und geeignet: Fiakerpferde seien auf ihren Standplätzen und Routen in der Wiener Innenstadt etlichen belastenden äußeren Einflüssen ausgesetzt; so komme es etwa zu lauten und meist unvorhergesehenen Lärmeinwirkungen durch schnell und/oder knapp vorbeifahrende andere Verkehrsteilnehmer. Fiakerpferde würden dadurch sowie durch die großen Menschenmengen und "den allgemeinen Trubel in der Wiener Innenstadt" an die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit gebracht. Weitere Belastungen, wie witterungsbedingte Einflüsse oder wenig Ruhe- und Erholungsmöglichkeiten würden daher umso schwerer wiegen. Die damit einhergehende Verminderung der Leistungsfähigkeit der Pferde stelle ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. In diesem Zusammenhang sei auf dokumentierte Fälle aus den letzten Jahren zu verweisen, in denen Pferde auf Grund von Kreislaufproblemen auf der Straße zusammengebrochen oder aber durch äußere Einwirkungen derart erschreckt worden seien, dass sie für die Kutscher nicht mehr kontrollierbar gewesen seien, was wiederum zu schweren Unfällen mit erheblichen Schäden an Personen und Tieren sowie zu Sachschäden geführt hätte. Es sei daher zur Abwehr gewerbespezifischer Gefahren (Schutz von Fahrgästen, Kutschern, anderen Verkehrsteilnehmern) erforderlich gewesen, die Stressbelastung der Fiakerpferde durch Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen zu reduzieren und das Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz entsprechend zu adaptieren.

Zur Erreichung des Ziels, die Betriebssicherheit der eingesetzten Gespanne weiterhin zu gewährleisten bzw. zu sichern, sei eine Regelung der zulässigen Einsatzzeiten von Gespannen, welche auch auf (selten auftretende) außergewöhnliche Hitzebelastungen abstelle, die wirkungsvollste Maßnahme und auch das gelindeste Mittel. Gerade im innerstädtischen Bereich seien aus Gründen des Denkmalschutzes und des Stadtbildes kaum bauliche Maßnahmen möglich, um die Betriebssicherheit der Gespanne zu sichern. Abgesehen davon könne durch den Bau von Sonnendächern allenfalls eine erhöhte Sicherheit am Standplatz selbst erreicht werden.

3.2.2. Die angefochtenen Bestimmungen seien zudem zur Erreichung der genannten Ziele adäquat. Sie würden ein angemessenes Verhältnis zwischen den öffentlichen Interessen und der Position der antragstellenden Gesellschaft herstellen und seien auch sonst in keiner Weise unsachlich. Da die einschränkenden Regelungen "maßvoll getroffen" worden seien und unterschiedslos für alle Fiakerunternehmer gelten würden, seien sie auch nicht geeignet, den Wettbewerb zu verzerren.

3.2.3. Die Ausführungen im Hinblick auf die behauptete Verletzung der angefochtenen Bestimmungen gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung seien auch der Behauptung eines Verstoßes der angefochtenen Bestimmungen gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums entgegenzuhalten.

3.2.4. Nach Ansicht der Wiener Landesregierung seien die angefochtenen Be-stimmungen auch nicht unsachlich: Entgegen den Ausführungen der antragstellenden Gesellschaft seien keine "unvernünftigen" Regelungen getroffen worden, sondern Regelungen zur Gewährleistung der Betriebssicherheit, welche zweifellos im öffentlichen Interesse liegen würden. Dass diese ein taugliches Mittel zur Erreichung der Ziele seien und zu keiner unsachlichen Differenzierung führen würden, sei bereits dargelegt worden.

Dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft, dass die Betriebssicherheit bereits vor Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmungen in ausreichendem Maße gewährleistet gewesen sei, sei entgegenzuhalten, dass sich die Beurteilung dessen, was im öffentlichen Interesse liege, im Laufe der Zeit ändern könne. Im vorliegenden Zusammenhang sei etwa an veränderte äußere Gegebenheiten, wie die Zunahme des Straßenverkehrs über die Jahrzehnte oder die in der Gesellschaft verankerten (Wert-)Vorstellungen und Erwartungen an Sicherheitsvorkehrungen bzw. Sicherheitsstandards, zu denken.

3.2.5. Die Wiener Landesregierung stellt daher den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge den Antrag als unzulässig zurückweisen, in eventu als unbegründet abweisen.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Be-stimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, durch die seine (rechtlich geschützten) Interessen aktuell beeinträchtigt sind und die mit diesen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua.; vgl. auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua.). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua.).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, durch die die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht aktuell beeinträchtigt sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden, die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen offensichtlich trennbar, führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (vgl. VfGH 2.12.2016, G105/2015). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua.).

1.3. Das Vorbringen der Wiener Landesregierung, wonach der Antrag mangels Legitimation der antragstellenden Gesellschaft und mangels Konkretisierung eines Rechtsnachteiles unzulässig sei, trifft nicht zu: Der antragstellenden Gesellschaft wird durch die angefochtenen Bestimmungen des §3 Abs2 letzter Satz sowie des §3 Abs4 erster, zweiter und vierter bis achter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz in bestimmter (insbesondere in zeitlicher) Hinsicht verboten, ihre Berechtigung nach dem Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz auszuüben. Angesichts der aufrechten Konzession, die die antragstellende Gesellschaft zur Ausübung des Fiakerunternehmens berechtigt, ist der durch diese angefochtenen Bestimmungen bewirkte Eingriff auch aktuell. Es besteht kein zumutbarer anderer Weg für die antragstellende Gesellschaft, ihre Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Vorschriften an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es einem Normunterworfenen, mithin auch der antragstellenden Gesellschaft, nicht zumutbar ist, ein verwaltungsbehördliches Strafverfahren zu provozieren und in diesem die Rechtswidrigkeit der Verbotsnorm einzuwenden (vgl. VfSlg 19.954/2015 mwN).

1.4. Soweit sich der Antrag (auch) gegen §3 Abs4 dritter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz richtet, ist er deshalb zulässig, weil er in einem Regelungszusammenhang (siehe oben Pkt. IV.1.2.) mit den übrigen Sätzen des Abs4 steht.

Der Antrag erweist sich daher als zulässig.

1.5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich angesichts des engeren Anfechtungsumfanges der Eventualanträge gegenüber dem Hauptantrag ein Eingehen auf die von der antragstellenden Gesellschaft hinsichtlich einzelner Sätze des §3 Abs4 Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz gestellten Eventualanträge.

2. In der Sache

2.1. Die antragstellende Gesellschaft macht geltend, dass der Wiener Landesgesetzgeber durch die Erlassung der angefochtenen Bestimmungen in verfassungswidriger Weise in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eingegriffen habe, weil es sich um tierschutzrechtliche Bestimmungen handle, die zudem bereits ausreichend durch das Tierschutzgesetz bzw. durch die 1. Tierhaltungsverordnung geregelt worden seien.

Dazu ist Folgendes festzuhalten:

2.1.1. Gemäß Art11 Abs1 Z8 B‑VG idF BGBl I 118/2004 ist der Tierschutz, soweit er nicht nach anderen Bestimmungen in Gesetzgebung Bundessache ist, jedoch mit Ausnahme der Ausübung der Jagd oder der Fischerei, in Gesetzgebung Bundessache und in Vollziehung Landessache. Mit BGBl I 118/2004 wurde ferner in Art151 Abs30 B‑VG verfügt, dass in den Angelegenheiten des Art11 Abs1 Z8 B‑VG bestehende landesrechtliche Vorschriften außer Kraft treten, soweit die Bundesgesetzgebung nichts anderes bestimmt. Nach den Gesetzesmaterialien sollte es durch den neu geschaffenen Kompetenztatbestand zu einer "Verbundlichung der Zuständigkeit zur Gesetzgebung in den vom Tierschutzgesetz des Bundes geregelten Angelegenheiten, also zu einer 'Entannexierung' kommen" (vgl. Erläut. zur RV 446 BlgNR 22. GP , 4). Gleichzeitig wurde das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG), BGBl 118/2004, erlassen. Diese Bestimmungen traten mit 1. Jänner 2005 in Kraft.

2.1.2. Der Begriff "Tierschutz" war im B‑VG bis zum 1. Jänner 2005 nicht enthalten, er ist im Bundesverfassungsrecht auch nicht näher umschrieben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind verfassungsrechtliche Begriffe, die in der Verfassung selbst nicht näher umschrieben sind, in dem Sinn zu verstehen, der ihnen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der die entsprechenden Begriffe enthaltenden Verfassungsbestimmungen zugekommen ist (sog. "Versteinerungstheorie", vgl. VfSlg 19.954/2015 mwN).

2.1.3. Es stellt sich sohin die Frage, welche Regelungsbereiche zum Zwecke des Schutzes von Tieren vom Kompetenztatbestand des Art11 Abs1 Z8 B‑VG im Zeitpunkt des Inkrafttretens (hier: 1. Jänner 2005) erfasst sein sollten. Dazu ist der Verfassungsbegriff "Tierschutz" zunächst in Verbindung mit der gleichzeitig vom Nationalrat beschlossenen und in Kraft getretenen Stammfassung des Tierschutzgesetzes auszulegen. Es verbietet sich nämlich die Annahme, der Nationalrat habe eine einfachgesetzliche Regelung ohne Bedachtnahme auf die am selben Tag – sogar unter einem – beschlossene Kompetenzbestimmung erlassen (vgl. VfSlg 9280/1981, 17.786/2006, 19.954/2015).

2.1.3.1. Nach den Gesetzesmaterialien zum Tierschutzgesetz bildet "insbesondere das geltende Tierschutzrecht der Bundesländer" die "Ausgangsbasis für das vorgeschlagene Bundesgesetz" (vgl. Erläut. zur RV 446 BlgNR 22. GP , 2). Das Tierschutzgesetz ersetzt die tierschutzrechtlichen Vorschriften der Länder. Angesichts des Regelungsinhaltes "Tierschutz" sollten "die in Landesgesetzen zum Schutz des Menschen enthaltenen Bestimmungen über die Haltung gefährlicher Tiere […] sowie sonstige sicherheitspolizeiliche Regelungen im Rahmen der örtlichen Sicherheitspolizei (zB betreffend Maulkorbzwang, Leinenzwang) unberührt" bleiben (vgl. Erläut. zur RV 446 BlgNR 22. GP , 3).

2.1.3.2. Das Tierschutzgesetz enthält in seinem 2. Abschnitt Regelungen über die Haltung von Tieren; so sieht etwa §24 TSchG eine Ermächtigung der Bundesministerin/des Bundesministers für Gesundheit und Frauen vor, für die Haltung von näher genannten Tieren durch Verordnung die Mindestanforderungen für Haltungsbedingungen und erforderlichenfalls Bestimmungen hinsichtlich zulässiger Eingriffe sowie sonstiger zusätzlicher Haltungsanforderungen (im Hinblick auf die in Z1 genannten Tiere im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) zu erlassen; §26 leg. cit. enthält besondere Bestimmungen über die Haltung von Tieren in Zoos, §27 leg. cit. über die Haltung von Tieren in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen.

2.1.3.3. §31 TSchG enthält ferner Regelungen über die Haltung von Tieren im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeiten oder zur Zucht und des Verkaufs und normiert, dass die Haltung von Tieren im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne von §1 GewO 1994 oder einer sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit, ausgenommen der Haltung von in §24 Abs1 Z1 leg. cit. genannten Tieren sowie von anderen Haustieren im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft, einer Bewilligung nach §23 TSchG bedarf. §31 Abs3 leg. cit. enthält eine Ermächtigung der Bundesministerin/des Bundesministers für Gesundheit und Frauen, im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung und die sonstigen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes sowie den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch Verordnung Vorschriften über die Haltung von Tieren im Rahmen wirtschaftlicher oder gewerblicher, ausgenommen land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeiten, insbesondere auch über die von den mit der Tierhaltung beschäftigten Personen nachzuweisende Ausbildung, zu erlassen.

2.1.3.4. Daraus lässt sich zunächst ableiten, dass die Haltung von Tieren im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt. Ob und inwieweit diese Lebenssachverhalte jedoch vom Kompetenztatbestand des Tierschutzes und inwieweit sie vom Kompetenztatbestand der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie erfasst sind, lässt sich aus dieser Rechtslage nicht ableiten.

2.1.4. Für die Abgrenzung zwischen dem Kompetenztatbestand der Angelegenheiten des Gewerbes von den Gesetzgebungskompetenzen der Länder nach der Verfassungsrechtslage vor dem 1. Jänner 2005 ist die Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 GelverkG von Bedeutung. Gemäß §1 Abs3 GelverkG gehören Angelegenheiten der Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden, nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Art10 Abs1 Z8 B‑VG. Diese Bestimmung steht im Verfassungsrang. Den Gesetzesmaterialien zufolge "soll [mit dieser Bestimmung] klargestellt werden, daß alle Angelegenheiten der Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden (zB Fiaker), nach Art15 B‑VG in Gesetzgebung und Vollziehung den Ländern zukommen" (vgl. AB 827 BlgNR 18. GP , 1). Der Inhalt des Kompetenztatbestandes in §1 Abs3 GelverkG ergibt sich vor allem aus dem Stand und der Systematik der Regelungen im Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996.

2.1.4.1. Die angefochtenen Bestimmungen dienen der Aufrechterhaltung der Sicherheit beim Betrieb von Fiakerunternehmen und somit der Abwehr spezifischer Gefahren, die in diesem Verwaltungsbereich typischerweise auftreten können. Aus kompetenzrechtlicher Sicht bilden diese Bestimmungen einen Annex zur Hauptmaterie, weshalb ihre Erlassung bzw. Änderung von der Landeskompetenz gedeckt ist. Die angefochtenen Bestimmungen dienen zwar auch der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs und weisen insofern einen Zusammenhang zu der in die Gesetzgebung des Bundes fallenden Straßenpolizei (Art11 Abs1 Z4 B‑VG) auf, vorliegend steht jedoch als Zielrichtung die Regelung von Rahmenbedingungen beim Betrieb von Fiakerunternehmen im Vordergrund. Die Regelung dieser Lebenssachverhalte ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt kompetenzrechtlich zulässig. Es lässt sich weder dem Wortlaut des Tierschutzgesetzes, das – wie bereits dargelegt – Regelungen über die Haltung von Tieren im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten enthält, noch den bezughabenden Gesetzesmaterialien ein Hinweis darauf entnehmen, dass die Kompetenz zur Regelung auch der "Angelegenheiten der Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden (zB Fiaker)" durch die Einfügung des Kompetenztatbestandes "Tierschutz" in Art11 Abs1 Z8 B‑VG mit 1. Jänner 2005 auf den Bund übergegangen wäre.

2.1.5. Daraus folgt, dass Regelungen, die dem Einsatz von Tieren im Rahmen von Fahrzeugen, die mit der Kraft von Tieren bewegt werden, nicht von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Angelegenheiten des Tierschutzes umfasst sind.

2.1.6. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg 8831/1980 dargetan hat, wohnt der Bundesverfassung eine gegenseitige Rücksichtnahmepflicht inne (vgl. auch VfSlg 10.292/1984, 19.568/2011).

Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass dem Wiener Landesgesetzgeber im Hinblick auf die angefochtenen Bestimmungen des Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes ein Verstoß gegen dieses Verbot vorzuwerfen ist: Die bundesgesetzlichen Vorschriften über die Haltung von Tieren im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten und die Regelungen des Tierschutzgesetzes hindern den Wiener Landesgesetzgeber nicht, Regelungen der angefochtenen Art über sonstige Rahmenbedingungen betreffend die Ausübung des Fiakergewerbes zu treffen.

2.1.7. Die angefochtenen Bestimmungen wurden daher nicht im Widerspruch zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung erlassen.

2.2. Die antragstellende Gesellschaft behauptet darüber hinaus einen Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, weil sie durch die angefochtene Bestimmung des §3 Abs2 letzter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz in der Ausübung ihres Gewerbes eingeschränkt werde, indem sie die zu ihrem Betrieb gehörigen Zugpferde nur an achtzehn Tagen im Monat einsetzen könne, und weil ihr durch die Regelungen des §3 Abs4 leg. cit. der Betrieb ihres Fiakerunternehmens und das Auffahren auf Standplätze nur zu gewissen Zeiten gestattet und durch eine neu eingeführte "Hitzeregelung" an bestimmten Tagen zur Gänze untersagt werde.

2.2.1. Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG (s. zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

Auch gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s. etwa VfSlg 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.024/2000 und 16.734/2002).

2.2.2. Zu §3 Abs2 letzter Satz und Abs4 siebenter und achter Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz:

2.2.2.1. Die Regelungen bewirken einen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung. Sie bilden jeweils eine Ausübungsbeschränkung, indem sie zum einen den Einsatz eines Zugpferdes auf achtzehn Tage pro Monat beschränken und zum anderen Rundfahrten und bestellte Fahrten und damit den Einsatz von Zugpferden an Tagen ausschließen, an denen die von der Wetterstation Wien Innere Stadt (TAWES) der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gemessene Temperatur einen Wert von mindestens 35 Grad Celsius erreicht. Die angefochtenen Bestimmungen beschränken daher den Betrieb von Fiakerunternehmen und von mit pferdebetriebenen Mietwagenunternehmen in zeitlicher Hinsicht bzw. im Hinblick auf bestimmte Wetterverhältnisse.

Diese Beschränkungen verfolgen u.a. das – im öffentlichen Interesse gelegene – Ziel des Schutzes von Tieren (vgl. §2 Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser‑ und Lebensmittelversorgung und die Forschung, BGBl I 111/2013 – in der Folge: BVG Nachhaltigkeit), die von Fiakerunternehmen eingesetzt werden, vor Nachteilen, die aus der Dauer des Einsatzes bzw. aus dem Einsatz bei bestimmten Wetter- bzw. Temperaturverhältnissen resultieren. Die angefochtenen Bestimmungen dienen letztlich auch dem Ziel der Hintanhaltung von Gefahren im Straßenverkehr und der Beeinträchtigung von Rechten und Interessen anderer Verkehrsteilnehmer, die mit dem Einsatz von Fiakerpferden im Stadtverkehr einhergehen, und zwar insoweit, als sie Gefahrensituationen im Straßenverkehr, die durch den Einsatz von übermüdeten oder geschwächten Tieren auftreten können, vermeiden.

2.2.2.2. Regelungen dieser Art sind geeignet, dem Ziel des Schutzes der von Fiakerunternehmen eingesetzten Pferde insoweit zu dienen, als sie die Belastung von diesen Pferden durch den Einsatz als Zugtiere im städtischen Bereich begrenzen. Sie stellen sicher, dass Pferde eine hinreichende Zahl von Tagen zur Regeneration haben und nicht einer dauerhaften Belastung durch Hitze ausgesetzt sind. Der Wiener Landesregierung kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, dass durch bauliche Maßnahmen wie Sonnenschutzdächer ein vergleichbarer Schutz der Tiere vor Hitze nicht erreicht werden kann. Die angefochtenen Bestimmungen sind auch geeignet, die Betriebssicherheit der von Fiakerunternehmen eingesetzten Gespanne zu gewährleisten, indem sie ausreichende Ruhezeiten für Fiakerpferde und die Vermeidung von außergewöhnlichen Hitzebelastungen festschreiben.

2.2.2.3. Die Regelungen sind ferner auch adäquat: Die Nachteile von Fiakerunternehmen durch die zeitliche Beschränkung des Einsatzes von Pferden wiegen weniger schwer als die durch diese Beschränkungen erreichten Vorteile für die Gesundheit der zum Einsatz kommenden Tiere und für die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer.

2.2.2.4. Die Beschränkungen der Erwerbsfreiheit durch §3 Abs2 letzter Satz und Abs4 siebenter und achter Satz Wiener Fiaker‑ und Pferdemietwagengesetz erweisen sich daher als zulässige Beschränkungen des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung.

2.2.3. Zu §3 Abs4 erster bis sechster Satz Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz:

2.2.3.1. Auch diese Regelungen bilden einen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung in Gestalt einer Ausübungsbeschränkung, weil sie den Betrieb von Fiakerunternehmen in zeitlicher Hinsicht beschränken.

2.2.3.2. Die Regelungen verfolgen im öffentlichen Interesse gelegene Ziele, weil sie Gefahren und die Beeinträchtigung der Rechte und Interessen von Dritten hintanhalten, die mit dem Betrieb von Fiakerunternehmen außerhalb der zulässigen Zeiten einhergehen. Hiezu zählen jedenfalls das Interesse an der Leichtigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs und der Schutz vor Lärm hinsichtlich des von der Regelung ausgeschlossenen Betriebs von Fiakerunternehmen während der Nachtstunden.

2.2.3.3. Die Bestimmungen sind zur Erreichung dieser Ziele geeignet. Mit ihnen wird erreicht, dass in der Regel keine Fiaker‑ und Pferdemietwagengespanne außerhalb der zulässigen Zeiten bzw. über die Höchstdauer hinaus unterwegs sind.

2.2.3.4. Die Regelungen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Sie lassen die Erwerbsbetätigung von Fiakerunternehmen über einen Zeitraum von dreizehn Stunden pro Tag zu, das Auffahren auf Standplätze ist während elf Stunden zulässig (11.00 Uhr bis 22.00 Uhr). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass diese zeitliche Einschränkung nicht für bestellte Fahrten gilt. Hinsichtlich des Ausschlusses in den Morgenstunden ist im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu veranschlagen, dass in dieser Zeit der Eingriff deshalb weniger schwer wiegt, weil in der Zeit vor 10.00 Uhr bzw. 11.00 Uhr die Nachfrage nach Fiaker‑ und Mietwagenfahrten nach der Lebenserfahrung insbesondere im Tourismus (aus dem sich jedenfalls in Wien der Großteil der Nachfrage ergibt) gering ist.

2.2.3.5. Auch die Beschränkungen der Erwerbsfreiheit durch §3 Abs4 erster bis sechster Satz Wiener Fiaker‑ und Pferdemietwagengesetz erweisen sich daher als zulässige Beschränkung des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung.

2.2.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die angefochtenen Bestimmungen des §3 Abs2 und 4 Wiener Fiaker‑ und Pferdemietwagengesetz keine Verletzung des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung darstellen.

2.3. Die antragstellende Gesellschaft macht ferner einen Verstoß der angefochtenen Bestimmungen gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums geltend, weil es durch die angefochtenen Bestimmungen zu einer weitergehenden Einschränkung der Nutzbarkeit ihres Betriebsvermögens komme, als dies bisher in den einschlägigen tierschutzrechtlichen Bestimmungen vorgesehen gewesen sei; dies führe im Ergebnis zu einer "wirtschaftlichen Entwertung" des Eigentums der antragstellenden Gesellschaft. Durch die Beschränkung der Einsatzzeiten müsse die antragstellende Gesellschaft hohe Umsatzeinbußen hinnehmen, obwohl sie die Erhaltung der Pferde und Kutschen finanzieren müsse.

2.3.1. Hinsichtlich dieser Bedenken der antragstellenden Gesellschaft zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums ist – einen Eingriff vorausgesetzt – auf das zur Erwerbsausübungsfreiheit Gesagte (Pkt. IV.2.2.) zu verweisen.

2.4. Die antragstellende Gesellschaft macht schließlich geltend, dass die angefochtenen Bestimmungen aus den bereits zur Erwerbsausübungsfreiheit und der Eigentumsfreiheit dargelegten Gründen auch gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verstoßen würden.

2.4.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Diese Schranken sind im vorliegenden Fall nicht überschritten. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).

2.4.2. Da die antragstellende Gesellschaft hinsichtlich ihrer auf den Gleichheitsgrundsatz gestützten Bedenken ausschließlich auf ihre Ausführungen zur Freiheit der Erwerbsbetätigung und zur Unversehrtheit des Eigentums verweist, genügt der Hinweis, dass sich die angefochtenen Bestimmungen aus den unter Pkt. IV.2.2. genannten Gründen als sachlich begründbare Regelungen erweisen.

V. Ergebnis

1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen des §3 Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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