Normen
B-VG Art83 Abs2, Art94 Abs2
MietrechtsG §8, §37, §39, §40
AußStrG §25
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:E404.2017
Spruch:
I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Beschluss wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Justiz) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft in 1060 Wien und beabsichtigt auf dieser Liegenschaft die Errichtung von neuen Wohnungen durch Aufstockung des Gebäudes, einen Dachbodenausbau sowie die Sanierung von Bestandswohnungen, die Erneuerung von Haustechnik-Leitungen und den Einbau eines Personenaufzuges. Im Zuge dieser Ausbau- bzw. Umbauarbeiten ergibt sich die Notwendigkeit von Eingriffen in das Mietrecht betreffend das Bestandsobjekt Top Nr 6. Der Nutzer des betreffenden Bestandsobjektes weigert sich, diese Eingriffe zu dulden.
2. Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte daher am 12. Juli 2016 bei der Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Schlichtungsstelle) einen Antrag auf Duldung von Eingriffen in das Mietrecht gemäß §37 Abs1 iVm §8 Abs2 MRG ein. Der Antrag ist auf Duldung des Betretens des Mietgegenstandes durch die beschwerdeführende Gesellschaft oder die von ihr beauftragten Personen zur Durchführung von Arbeiten zur Herstellung eines Schachtes im Eingangsbereich sowie auf Duldung der Abänderung der Nutzfläche des Mietgegenstandes durch eine Verkleinerung des Vorraumbereiches um ca. einen Quadratmeter durch Abmauerung eines Schachtes gerichtet. Die beschwerdeführende Gesellschaft wies im Zuge der Einbringung dieses Antrages auf ein zwischen ihr und dem bisherigen Mieter des Bestandsobjektes Top Nr 6 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zZ 61 C 73/2014h anhängiges Aufkündigungsverfahren hin, in dem die beschwerdeführende Gesellschaft den Rechtsstandpunkt vertrete, dass der derzeitige Nutzer des Bestandsobjektes nicht rechtmäßiger Hauptmieter des Bestandsobjektes sei, sondern dieses in unzulässiger Weise iSd §30 Abs2 Z4 MRG vom bisherigen Mieter übernommen habe.
3. Mit Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 8. August 2016 wurde das Verfahren gemäß §25 Abs2 Z1 AußStrG unterbrochen. Die Unterbrechung des Verfahrens wurde damit begründet, dass der Ausgang des Verfahrens vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien für die Beantwortung der Frage, ob der Antragsgegner im Verfahren vor der Schlichtungsstelle (der derzeitige Nutzer des verfahrensgegenständlichen Bestandsobjektes) tatsächlich passivlegitimiert sei, essentiell sei. Das Nichtabwarten der Beendigung des bezirksgerichtlichen Verfahrens würde zu einem erheblichen Verfahrensaufwand für die Schlichtungsstelle führen.
4. Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte gegen diese Entscheidung entsprechend der Rechtsmittelbelehrung der Schlichtungsstelle einen Antrag auf Entscheidung gemäß §40 Abs1 MRG beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein, der mit Beschluss vom 4. Oktober 2016, Z 48 MSch 30/16v, mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass eine Anrufung des Gerichtes gegen verfahrensrechtliche Entscheidungen der Schlichtungsstelle nicht zulässig sei.
5. "Aus prozessualer Vorsicht" erhob die beschwerdeführende Gesellschaft darüber hinaus gegen die Entscheidung auch eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Sie brachte dazu im Wesentlichen Folgendes vor:
5.1. Bei der Frage der Passivlegitimation des Antragsgegners handle es sich nicht um eine strittige Vorfrage, weil das Vorliegen dieser von der beschwerdeführenden Gesellschaft – im Verfahren vor der Schlichtungsstelle – behauptet und vom Antragsgegner (dem bisherigen Mieter der Liegenschaft) nicht bestritten werde. Im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vom 28. November 2012, Z 4 Ob 187/12x, stehe dem die Tatsache, dass die beschwerdeführende Gesellschaft im Aufkündigungsverfahren einen anderen Rechtsstandpunkt vertrete, nicht entgegen. Ein zwischen den Parteien außer Streit stehender Umstand könne im Verfahren vor der Schlichtungsstelle nicht Gegenstand einer Vorfrage sein.
5.2. Die Unterbrechung des Verfahrens auf Grund einer vor einem anderen Gericht zu klärenden Vorfrage sei ferner nur dann zulässig, wenn es sich um eine Vorfrage handle, von deren Lösung die Entscheidung im unterbrochenen Verfahren abhängig sei. Präjudizialität in diesem Sinne könne aber nur dann angenommen werden, wenn der Entscheidung über die Vorfrage Bindungswirkung zwischen den Parteien des unterbrochenen Verfahrens zukomme, was wiederum nur dann der Fall sei, wenn die beiden Verfahren zwischen den gleichen Parteien geführt würden. Dies sei hier nicht zutreffend: Das Aufkündigungsverfahren werde zwischen der beschwerdeführenden Gesellschaft und einem Dritten, nämlich dem bisherigen Mieter der Liegenschaft, geführt. Die Entscheidung im Aufkündigungsverfahren könne daher keine Bindungswirkung zwischen den Parteien im Verfahren vor der Schlichtungsstelle entfalten.
5.3. Die beschwerdeführende Gesellschaft verwies schließlich auf die mit der Verfahrensunterbrechung einhergehende unzumutbare Verzögerung des Bauvorhabens sowie darauf, dass der Beschluss auf Unterbrechung des Verfahrens ohne Anhörung der Parteien, außerhalb einer mündlichen Verhandlung, getroffen worden sei.
6. Das Verwaltungsgericht Wien wies die Beschwerde mit Beschluss vom 27. Dezember 2016 als unzulässig zurück und begründete dies wie folgt:
6.1. §39 Abs1 MRG normiere, dass ein Verfahren gemäß §37 Abs1 MRG bei Gericht hinsichtlich der in einer die Voraussetzungen des §39 Abs1 MRG erfüllenden Gemeinde gelegenen Mietgegenstände nur dann eingeleitet werden könne, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde (Schlichtungsstelle) anhängig gemacht worden sei. Die Entscheidung der Gemeinde könne nicht durch ein Rechtsmittel angefochten werden und bilde nach Ablauf der Frist zur Anrufung des Gerichtes nach §40 Abs1 MRG einen Exekutionstitel im Sinne des §1 EO.
Als Folge einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 2778/1954) sei in §40 MRG eine sukzessive Zuständigkeit konstruiert: Die Entscheidung der Schlichtungsstelle trete mit der rechtzeitigen Anrufung des Gerichtes außer Kraft, weshalb die Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in diesen Fällen ausgeschlossen sei (vgl. OGH 25.6.2002, 5 Ob 122/02f). Hinsichtlich selbständiger verfahrensrechtlicher Entscheidungen der Gemeinde seien die Höchstgerichte jedoch bis zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 auf Grund der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg 7273/1974 übereinstimmend davon ausgegangen, dass diese nicht durch eine Anrufung des örtlich zuständigen Bezirksgerichtes nach §40 Abs1 MRG, sondern bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu bekämpfen seien (vgl. OGH 30.5.2000, 5 Ob 134/00t; VwGH 17.12.1998, 98/06/0160; 31.5.2012, 2010/06/0207).
Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 hätten sich die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen jedoch grundlegend geändert: Neben der nunmehr gemäß Art130 Abs1 Z1 B‑VG gegebenen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, über die Rechtmäßigkeit von Bescheiden einer Verwaltungsbehörde zu erkennen, habe die neu geschaffene Möglichkeit der Schaffung von Instanzenzügen in Art94 Abs2 B‑VG den Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung inhaltlich wesentlich modifiziert, wobei sich den Gesetzesmaterialien zufolge nichts an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit schon bisher bestehender sukzessiver Kompetenzen geändert habe.
6.2. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen lasse sich die bisherige Auslegung von §40 MRG nicht mehr aufrechterhalten. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien gebe es angesichts der Möglichkeit des (einfachen) Gesetzgebers, in einzelnen Angelegenheiten gemäß Art94 Abs2 B‑VG einen Instanzenzug von der Verwaltungsbehörde an das Gericht vorzusehen, keine verfassungsrechtlichen Gründe dafür, dass im Gesetz hinsichtlich selbständiger verfahrens-rechtlicher Entscheidungen keine sukzessive Zuständigkeit des Gerichtes bestehen könne. Daher sei auch für selbständige verfahrensrechtliche Entscheidungen der Gemeinde anzunehmen, dass diese zwar gemäß §39 Abs4 MRG durch kein Rechtsmittel mehr angefochten werden können, dass aber die Partei, die sich mit der Entscheidung der Gemeinde über den Antrag nach §37 Abs1 MRG nicht zufrieden gebe, die Sache gemäß §40 Abs1 MRG innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung bei Gericht anhängig machen könne.
Für den vorliegenden Fall sei zudem darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter verfahrensrechtlichen Entscheidungen, bei denen die sukzessive Zuständigkeit des Gerichtes nicht gelte, Bescheide zu verstehen seien, die ihre Grundlage in verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes haben (VwGH 31.5.2012, 2010/06/0207). Gegenstand der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien angefochtenen Entscheidung der Gemeinde sei jedoch eine Unterbrechung des Verfahrens gemäß §25 Abs2 Z1 AußStrG.
6.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe schon angesichts dessen, dass die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei, unterbleiben können.
6.4. Das Verwaltungsgericht Wien erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig, weil zu der Frage, ob seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 gegen verfahrensrechtliche Entscheidungen der Gemeinde gemäß §39 MRG eine Beschwerde gemäß Art130 Abs1 Z1 B‑VG an das Verwaltungsgericht erhoben werden könne, – soweit ersicht-lich – noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege und dieser Frage grundsätzliche Bedeutung zukomme.
7. In der gegen den Beschluss erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie ein Verstoß gegen Art18 Abs1 B‑VG behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt. Die beschwerdeführende Gesellschaft begründet dies folgendermaßen:
7.1. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter führt die beschwerdeführende Gesellschaft aus:
7.1.1. Das Verwaltungsgericht Wien habe zu Unrecht seine Zuständigkeit zur Entscheidung über ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 8. August 2016 verneint. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien sei gesetzlos ergangen bzw. die anzuwendenden Bestimmungen (§§39 und 40 MRG) seien verfassungswidrig ausgelegt worden.
7.1.2. Die in Art94 Abs2 B‑VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vorgesehene Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber, einen Instanzenzug von Verwaltungsbehörden an ordentliche Gerichte vorzusehen, lasse in einzelnen Angelegenheiten Ausnahmen vom Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung zu. Art94 Abs2 B‑VG bestätige damit als Ausnahme die Regel des Abs1 und damit die grundsätzliche Unzulässigkeit solcher Rechtsmittelwege von der Verwaltung an die ordentliche Gerichtsbarkeit. Der Verfassungsgesetzgeber habe durch diese Regelung folgende Klarstellungen getroffen: Zunächst ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien, dass die Neuregelung grundsätzlich nichts an dem vorherrschenden prinzipiellen Verständnis des Trennungsgrundsatzes ändern solle; Art94 Abs1 B‑VG seien daher jene "Verbotsgehalte" beizumessen, die die Rechtsprechung dieser Bestimmung schon bisher entnommen habe. Art94 Abs2 B‑VG regle nicht, in welchen Rechtssachen ein Instanzenzug von einer Verwaltungsbehörde an die ordentlichen Gerichte vorgesehen werden könne; die Begründung eines solchen Instanzenzuges müsse durch Bundes- oder Landesgesetz erfolgen, woraus sich die Zuständigkeit der Materiengesetzgebung ergebe.
7.1.3. Das Verwaltungsgericht Wien nehme zu Unrecht an, dass Art94 Abs2 B‑VG eine Gesamtänderung der Bundesverfassung mit sich bringe. Durch die Beschränkung des Art94 Abs2 B‑VG auf "einzelne Angelegenheiten" solle den Gesetzesmaterialien zufolge zum Ausdruck gebracht werden, dass eine flächendeckende Kompetenzverschiebung ausgeschlossen sei. Dass durch Art94 Abs2 B‑VG in der vom Verwaltungsgericht Wien unterstellten Weise in das Regelungssystem der §§39 und 40 MRG eingegriffen werden sollte, entbehre daher jeder Grundlage, es sei vielmehr vom Gegenteil auszugehen:
7.1.3.1. Ein Instanzenzug von einer Verwaltungsbehörde an die ordentlichen Gerichte sei von einer sukzessiven Zuständigkeit zu unterscheiden. Letztere sei eine gesetzliche Konstruktion, die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für mit dem Trennungsgrundsatz kompatibel und damit für verfassungskonform befunden worden sei und die durch Art94 Abs2 B‑VG nicht berührt werde.
7.1.3.2. Bei den Regelungen der §§39 und 40 MRG handle es sich um solch eine – durch Art94 Abs2 B‑VG nicht berührte – sukzessive Zuständigkeit. Zweck der zwingenden Vorschaltung der Gemeinde und der sukzessiven Zuständigkeit in außerstreitigen Mietrechtsangelegenheiten in Gemeinden, in denen Schlichtungsstellen eingerichtet seien, sei die Entlastung der Gerichte. Die Gemeinde sei daher zur Fällung einer Sachentscheidung verpflichtet, sobald ein Antrag gemäß §37 MRG bei ihr eingebracht werde und keine gütliche Einigung zustande komme. Die Regelung des §40 Abs2 MRG, wonach das Gericht von jeder Partei angerufen werden könne, wenn das Verfahren vor der Gemeinde nicht binnen drei Monaten zum Abschluss gebracht werde, eröffne den Parteien die Möglichkeit, das ordentliche Gericht anzurufen. Mache jedoch keine der Parteien von dieser Möglichkeit Gebrauch, dürfe sich die Gemeinde nicht ihrer Verpflichtung zur Sachentscheidung entziehen. Aus diesem Grund müsse es die Möglichkeit geben, selbständige verfahrensrechtliche Entscheidungen der Gemeinde im Wege der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu bekämpfen.
7.1.3.3. Die Rechtsprechung halte gesetzliche Regelungen, nach denen ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde mit Anrufung des ordentlichen Gerichtes außer Kraft trete und das Gericht in der Rechtssache neu entscheide, für mit dem Trennungsgrundsatz vereinbar. Dass solche Konstruktionen im Hinblick auf die Schaffung des Art94 Abs2 B‑VG künftig nicht mehr notwendig seien, ändere nichts daran, dass sukzessive Zuständigkeiten weiterhin zulässig bleiben und – da sie keine Durchbrechung des Trennungsgrundsatzes darstellen – von der Ermächtigung des Art94 Abs2 B‑VG nicht berührt würden. Es könne nicht angenommen werden, dass bestehende Regelungen über eine sukzessive Kompetenz nun anders zu verstehen wären als vor der Schaffung des Art94 Abs2 B‑VG, ohne dass diese Regelungen durch den einfachen Gesetzgeber verändert worden wären.
7.2. Die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wird folgendermaßen begründet:
7.2.1. Gemäß §39 Abs3 MRG habe die Gemeinde nach Vornahme der erforderlichen Ermittlungen, wenn der Versuch einer gütlichen Beilegung des Streites erfolglos geblieben sei, über den Antrag nach §37 Abs1 MRG zu entscheiden. Auf das Verfahren seien näher genannte Bestimmungen des Außerstreitgesetzes anzuwenden, im Übrigen gelte für das Verfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz.
7.2.2. Die Schlichtungsstelle habe die Unterbrechung des Verfahrens auf Grund dieser ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung auf §25 Abs2 Z1 AußStrG gestützt. Dies ändere nichts daran, dass es sich um eine selbständige verfahrensrechtliche Entscheidung der Gemeinde handle. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne bei selbständigen verfahrensrechtlichen Entscheidungen der Gemeinde das (ordentliche) Gericht gemäß §40 Abs1 MRG nicht angerufen werden. Selbständige verfahrensrechtliche Entscheidungen der Schlichtungsstelle seien daher direkt bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anzufechten.
7.2.3. Die Beschränkung der Möglichkeit eines solchen Instanzenzuges auf verfahrensrechtliche Entscheidungen, die ihre Grundlage im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz haben, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der vom Verwaltungsgericht Wien gezogene Schluss aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 2012, 2010/06/0207, sei aus dieser Entscheidung nicht ableitbar: In dieser Entscheidung werde zunächst auf weitere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und darin wiederum auf die Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. November 1977, 41 R 543/77, verwiesen, in der ausgeführt werde, dass lediglich bei verfahrensrechtlichen Bescheiden, "worunter Bescheide zu verstehen seien, die formell ihre Grundlage in verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AVG hätten", eine Überprüfung durch das Gericht ausgeschlossen sei. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien habe sich in der zitierten Entscheidung deshalb nur auf Bescheide, "die formell ihre Grundlage in verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AVG" haben, bezogen, weil im Zeitpunkt dieser Entscheidung noch die Bestimmung des §36 Mietengesetz zur Anwendung gelangt sei, welcher vorgesehen habe, dass das Verfahren vor der Gemeinde sich nach den Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes richte; eine Anwendung von Bestimmungen des Außerstreitgesetzes sei zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorgesehen gewesen. Angesichts dessen, dass §39 Abs3 MRG nunmehr ausdrücklich die Anwendung näher genannter Bestimmungen des Außerstreitgesetzes festlege, könne es nicht mehr maßgeblich sein, dass die Gemeinde ihre verfahrensrechtliche Entscheidung auf die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes gestützt habe.
7.2.4. Da die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eine zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen habe, sodass eine direkte Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht mehr möglich sei, trete anstelle der – bisher möglichen – Beschwerde gegen selbständige verfahrensrechtliche Entscheidungen der Gemeinde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nunmehr die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art130 Abs1 iVm Art132 Abs1 B‑VG.
7.3. Schließlich begründet die beschwerdeführende Gesellschaft die Behauptung einer Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien auch mit einem Verstoß gegen Art18 Abs1 B‑VG. Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes Wien würde dazu führen, dass die in §§39 und 40 MRG vorgesehene zwingende Vorschaltung der Gemeinde sowie das Recht der Parteien, eine Sachentscheidung der Gemeinde über einen Antrag nach §37 Abs1 MRG zu erhalten, "ausgehebelt" würde. Das Verwaltungsgericht Wien übersehe, dass diese Bestimmungen weder einen Instanzenzug von der Verwaltungsbehörde an die ordentlichen Gerichte vorsehen würden, noch eine Änderung durch Art94 Abs2 B‑VG erfahren hätten.
8. Das Verwaltungsgericht Wien legte die Gerichtsakten vor und verwies im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses.
9. Die Schlichtungsstelle legte den bezughabenden Verwaltungsakt vor und sah von der Erstattung einer Äußerung ab.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 12. November 1981 über das Mietrecht (Mietrechtsgesetz – MRG), BGBl 520/1981 idF BGBl I 100/2014, lauten:
"Umfang des Benützungsrechts
§8.(1)Der Hauptmieter ist berechtigt, den Mietgegenstand dem Vertrag gemäß zu gebrauchen und zu benützen. Er hat den Mietgegenstand und die für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen, wie im besonderen die Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Wasserleitungs-, Beheizungs- (einschließlich von zentralen Wärmeversorgungsanlagen) und sanitären Anlagen so zu warten und, soweit es sich nicht um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses oder um die Beseitigung einer erheblichen Gesundheitsgefährdung handelt, so instand zu halten, daß dem Vermieter und den anderen Mietern des Hauses kein Nachteil erwächst. Wird die Behebung von ernsten Schäden des Hauses nötig, so ist der Hauptmieter bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, dem Vermieter ohne Verzug Anzeige zu machen.
(2) Der Hauptmieter hat das Betreten des Mietgegenstandes durch den Vermieter oder die von diesem beauftragten Personen aus wichtigen Gründen zu gestatten, wobei die berechtigten Interessen des Mieters nach Maßgabe der Wichtigkeit des Grundes angemessen zu berücksichtigen sind; er hat die vorübergehende Benützung und die Veränderung seines Mietgegenstandes bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen zuzulassen:
1. wenn und soweit ein solcher Eingriff in das Mietrecht zur Durchführung von Erhaltungs‑ oder Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Miethauses oder zur Behebung ernster Schäden des Hauses oder zur Erhaltung einer mitvermieteten Heiztherme, eines mitvermieteten Warmwasserboilers oder eines sonstigen mitvermieteten Wärmebereitungsgeräts in seinem oder in einem anderen Mietgegenstand notwendig oder zweckmäßig ist;
2. wenn und soweit ein solcher Eingriff in das Mietrecht zur Beseitigung einer von seinem oder einem anderen Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung oder zur Durchführung von Veränderungen (Verbesserungen) in einem anderen Mietgegenstand notwendig, zweckmäßig und bei billiger Abwägung aller Interessen auch zumutbar ist; die Zumutbarkeit ist im besonderen anzunehmen, wenn die Beseitigungsmaßnahme oder die Veränderung keine wesentliche oder dauernde Beeinträchtigung des Mietrechts zur Folge hat.
(3) Alle Erhaltungs-, Verbesserungs-, Änderungs- und Errichtungsarbeiten, die ein Mieter hienach zuzulassen hat, sind so durchzuführen, daß eine möglichste Schonung des Mietrechts des betroffenen Mieters gewährleistet ist; für wesentliche Beeinträchtigungen hat der Vermieter, sofern aber die Arbeiten ein Mieter durchführt, dieser Mieter den Mieter, der hiedurch in seinen Rechten beeinträchtigt wird, angemessen zu entschädigen, wobei im Fall eines zumindest grob fahrlässigen Verstoßes gegen die Pflicht zur möglichsten Schonung des Mietrechts auch auf erlittenes Ungemach Bedacht zu nehmen ist.
[…]
Entscheidungen im Verfahren außer Streitsachen
§37.(1) Über die Anträge in den im folgenden genannten Angelegenheiten entscheidet das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Miethaus gelegen ist:
1. Anerkennung als Hauptmieter (§2 Abs3);
2. Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten (§§3, 4 und 6);
3. Durchsetzung der Anbotspflicht (§5 Abs2);
4. Durchsetzung des Anspruchs auf Wiederherstellung (§7);
5. Duldung von Eingriffen in das Mietrecht zur Durchführung von Erhaltungs-, Verbesserungs-, Änderungs- und Errichtungsarbeiten einschließlich des Anspruches auf angemessene Entschädigung (§8 Abs2 und 3 und §18c Abs2);
6. Veränderung (Verbesserung) des Mietgegenstandes (§9) sowie Feststellung der Höhe und Ersatz von Aufwendungen auf eine Wohnung (§10);
7. Wohnungstausch (§13);
8. Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§§12a, 16, 43, 44, 45, 46, 46a, 46c), Untermietzinses (§26) und Anrechnung von Dienstleistungen auf den Hauptmietzins (§28);
8a. Aufgliederung eines Pauschalmietzinses (§15 Abs4);
8b. Höhe des rückforderbaren Kautionsbetrags (§16b Abs2);
9. Verteilung der Gesamtkosten und Anteil eines Mietgegenstandes an den Gesamtkosten (§17);
10. Erhöhung der Hauptmietzinse (§§18, 18a, 18b, 19) sowie Höhe und Zuordnung der Kosten von Baumaßnahmen gemäß §18c (§18c Abs4);
11. Legung der Abrechnungen (§20 Abs3 und 4, §21 Abs5, §24 Abs3, §45 Abs2) Vorlage und Kopie des Energieausweises (§20 Abs5);
12. Betriebskosten und laufende öffentliche Abgaben, Auslagen für die Verwaltung, Aufwendungen für die Hausbetreuung, besondere Aufwendungen (§§21 bis 24);
12a. Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände und sonstige Leistungen (§25);
13. Angemessenheit des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags und Rückzahlung sowie Bekanntgabe der Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten (§45);
14. Rückzahlungen von verbotenen Leistungen und Entgelten (§27).
(2) - (4) […]
Entscheidung der Gemeinde
§39.(1) Verfügt eine Gemeinde über einen in Mietangelegenheiten fachlich geschulten Beamten oder Angestellten und rechtfertigt die Anzahl der dort nach §37 Abs1 anfallenden Verfahren die Betrauung der Gemeinde zum Zwecke der Entlastung des Gerichtes, so kann ein Verfahren nach §37 Abs1 bei Gericht hinsichtlich der in der Gemeinde gelegenen Mietgegenstände nur eingeleitet werden, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde anhängig gemacht worden ist.
(2) Auf welche Gemeinden die im Abs1 genannten Voraussetzungen zutreffen, stellt der Bundesminister für Justiz gemeinsam mit dem Bundesminister für Inneres durch Kundmachung fest.
(3) Die Gemeinde hat nach Vornahme der erforderlichen Ermittlungen, wenn der Versuch einer gütlichen Beilegung des Streites erfolglos geblieben ist, über den Antrag nach §37 Abs1 zu entscheiden. Auf das Verfahren sind die Regelungen der §8 Abs1, §10 Abs2, §§17, 25 bis 28, §31 Abs1 bis 4 und §§32 bis 34 AußStrG sowie §37 Abs2, Abs2a, Abs3 Z1 bis 12 und 18 und Abs4 entsprechend anzuwenden; im Übrigen gilt für das Verfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.
(4) Die Entscheidung der Gemeinde kann durch kein Rechtsmittel angefochten werden. Sie bildet, wenn die Frist zur Anrufung des Gerichtes nach §40 Abs1 abgelaufen ist, einen Exekutionstitel im Sinn des §1 der Exekutionsordnung.
(5) Die im Verfahren vor der Gemeinde erforderlichen Schriften, die vor ihr abgeschlossenen Vergleiche sowie die von ihr ausgestellten Rechtskraftbestätigungen und Bescheinigungen gemäß §40 Abs3 sind von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.
Anrufung des Gerichtes
§40.(1) Die Partei, die sich mit der Entscheidung der Gemeinde über den Antrag nach §37 Abs1 nicht zufriedengibt, kann die Sache innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung bei Gericht anhängig machen. Durch die Anrufung des Gerichtes tritt die Entscheidung der Gemeinde außer Kraft. Sie tritt jedoch wieder in Kraft, wenn der Antrag auf Entscheidung des Gerichtes zurückgezogen wird. Die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Anrufungsfrist obliegt dem Gericht; der Wiedereinsetzungsantrag ist unmittelbar bei Gericht einzubringen.
(2) Das Gericht kann ferner von jeder Partei angerufen werden, wenn das Verfahren vor der Gemeinde nicht binnen drei Monaten zum Abschluß gelangt ist. Sobald ein solches Begehren bei Gericht eingebracht wurde, hat die Gemeinde das Verfahren einzustellen.
(3) Über den Tag, an dem das Verfahren bei der Gemeinde anhängig gemacht wurde, über den Inhalt der Entscheidung der Gemeinde oder, wenn es zu einer solchen nicht kommt, darüber, daß der Vergleichsversuch erfolglos geblieben ist, hat die Gemeinde der Partei auf Verlangen eine Bestätigung auszustellen. Begehrt die Partei die Entscheidung des Gerichtes, so hat sie diesem die Bestätigung vorzulegen. Die Gemeinde hat dem Gerichte auf Ersuchen die Akten zu übermitteln."
2. §25 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), BGBl I 111/2003 idF BGBl I 58/2010, lautet:
"Unterbrechung des Verfahrens
§25. (1)Das Verfahren wird unterbrochen, wenn
1. die unvertretene Partei stirbt oder die Fähigkeit verliert, selbständig vor Gericht als Partei zu handeln;
2. der gesetzliche Vertreter der Partei stirbt oder die Vertretungsbefugnis verliert, und die Partei weder selbständig vor Gericht handeln kann, noch durch eine mit Prozessvollmacht ausgestattete Person vertreten ist;
3. der Rechtsanwalt oder Notar stirbt oder die Fähigkeit verliert, die Vertretung der Partei fortzuführen, soweit eine solche Vertretung gesetzlich geboten ist;
4. ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Partei eröffnet wird, sofern die Bestimmungen der Insolvenzordnung dies vorsehen;
5. das Gericht infolge eines Krieges oder eines anderen vergleichbar schwerwiegenden Ereignisses seine Amtstätigkeit einstellt.
(2) Das Verfahren kann ganz oder zum Teil von Amts wegen oder auf Antrag unterbrochen werden, wenn
1. eine Vorfrage über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses den Gegenstand eines anderen anhängigen oder eines von Amts wegen einzuleitenden Verfahrens vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde bildet, die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren nicht ohne einen erheblichen Verfahrensaufwand möglich und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist,
2. sich der Verdacht einer strafbaren Handlung ergibt, deren Ermittlung und Aburteilung für die Entscheidung im anhängigen Verfahren voraussichtlich von maßgeblichem Einfluss ist, oder
3. eine Partei infolge eines Krieges oder eines anderen vergleichbar schwerwiegenden Ereignisses an einer Verfahrensbeteiligung verhindert ist und zugleich die Besorgnis besteht, dass die abwesende Partei dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde."
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch, dass das Verwaltungsgericht Wien zu Unrecht seine Zuständigkeit zur Entscheidung über ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 8. August 2016 verneint habe. Mit dieser Behauptung ist die beschwerdeführende Gesellschaft im Recht.
2.1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn das Verwaltungsgericht eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn es in gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit ablehnt, etwa indem es zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
2.2. Mit Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 8. August 2016 wurde das Verfahren über den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Duldung von Eingriffen in das Mietrecht (§37 Abs1 iVm §8 Abs2 MRG) gemäß §25 Abs2 Z1 AußStrG unterbrochen. Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte daraufhin gemäß §40 Abs1 MRG einen Antrag auf Entscheidung beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein und erhob gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Sowohl der Antrag auf Entscheidung durch das Bezirksgericht als auch die Beschwerde an das Verwaltungsgericht wurden mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.
2.3. Das Mietrechtsgesetz sieht für Anträge auf Duldung von Eingriffen in das Mietrecht zur Durchführung von Erhaltungs-, Verbesserungs-, Änderungs- und Errichtungsarbeiten, einschließlich des Anspruches auf angemessene Entschädigung, folgendes Verfahren vor:
2.3.1. Gemäß §37 Abs1 Z5 MRG entscheidet grundsätzlich das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Miethaus gelegen ist. §39 Abs1 MRG normiert jedoch, dass ein Verfahren nach §37 Abs1 leg. cit. bei Gericht hinsichtlich der in der Gemeinde gelegenen Mietgegenstände in jenen Gemeinden, die über einen in Mietangelegenheiten fachlich geschulten Beamten oder Angestellten verfügen, und in denen die Anzahl der dort nach §37 Abs1 leg. cit. anfallenden Verfahren die Betrauung der Gemeinde zur Entlastung des Gerichtes rechtfertigt, nur dann eingeleitet werden kann, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde (Schlichtungsstelle) anhängig gemacht worden ist. Nach §39 Abs2 MRG sind jene Gemeinden, in denen sogenannte Schlichtungsstellen bzw. Schlichtungsämter einzurichten sind, durch Kundmachung des Bundesministers für Justiz gemeinsam mit dem Bundesminister für Inneres festzustellen. Gemäß §50 MRG iVm der Kundmachung BGBl 299/1979 sind in Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Leoben, Linz, Mürzzuschlag, Neunkirchen, Salzburg, St. Pölten, Stockerau und Wien Schlichtungsstellen bzw. Schlichtungsämter eingerichtet.
2.3.2. Die Zuständigkeit zu Entscheidungen in Verfahren nach §37 MRG ist wie folgt geregelt: Die Gemeinde hat nach Vornahme der erforderlichen Ermittlungen, wenn der Versuch einer gütlichen Beilegung des Streites erfolglos geblieben ist, über den Antrag nach §37 Abs1 MRG zu entscheiden. Auf das Verfahren vor der Gemeinde sind die in §39 Abs3 MRG explizit genannten Bestimmungen des Außerstreitgesetzes, im Übrigen die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, anzuwenden. Gegen die Entscheidung der Gemeinde steht kein Rechtsmittel offen. Gemäß §40 Abs1 MRG kann jedoch die Partei, die sich mit der Entscheidung der Gemeinde nicht zufrieden gibt, die Sache innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung bei Gericht anhängig machen. Durch die Anrufung des Gerichtes tritt die Entscheidung der Gemeinde außer Kraft. Das Gericht kann gemäß §40 Abs2 MRG ferner von jeder Partei angerufen werden, wenn das Verfahren vor der Gemeinde nicht binnen drei Monaten zum Abschluss gelangt ist. Sobald ein solches Begehren bei Gericht eingebracht wurde, hat die Gemeinde das Verfahren einzustellen.
2.4. Diese sukzessive Kompetenz wurde wie in vergleichbaren Fällen in Reaktion auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art94 B‑VG idF vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Novelle 2012, BGBl I 51/2012, angeordnet.
2.4.1. Mit Erkenntnis VfSlg 2778/1954 hatte der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen des Mietengesetzes idF BGBl 27/1951 und BGBl 228/1951, die gegen die Entscheidungen der als Verwaltungsbehörden zu qualifizierenden Mietenkommissionen ein Rechtsmittel an die ordentlichen Gerichte vorgesehen hatten, wegen einer Verletzung von Art94 B‑VG aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass "die ordentlichen Gerichte durch einfaches (Bundes- oder Landes-)Gesetz nicht mehr als Kontrollinstanzen zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Bescheide von Verwaltungsbehörden berufen werden dürfen" und dass "[d]ie Heranziehung der Gerichte zu einer solchen Kontrolle als Berufungs- oder Beschwerdeinstanzen gegenüber den Bescheiden von Verwaltungsbehörden […] überdies auch zu dem im Art94 B.‑VG. festgelegten Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen im Widerspruch" stehe, weil "[d]urch die instanzenmäßige Zusammenfassung von Gerichten und Verwaltungsbehörden in einem und demselben Rechtsmittelzug […] die beiden Behördentypen, die nach Art94 B.‑VG. voneinander in allen Instanzen getrennt sein sollen, in Wahrheit zu einer organisatorischen Einheit verbunden" würden.
2.5. Sukzessive Zuständigkeiten, wie jene in §§39 und 40 MRG, werden – beginnend mit VfSlg 3236/1957 – vom Verfassungsgerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung im Hinblick darauf für unbedenklich erachtet, dass diese gerade nicht dazu führen, dass Gerichte und Verwaltungsbehörden durch eine instanzenmäßige Gliederung miteinander verbunden sind (vgl. Novak, Quasi-Instanzenzüge im österreichischen Recht, ZfV 1976, 54 [55 ff.]; Rath-Kathrein, Die Neufassung des §117 Abs4 Wasserrechtsgesetz – ein "Quasi-Quasi-Instanzenzug"?, ZfV 1992, 23 [24]). Die Vereinbarkeit sukzessiver Zuständigkeiten mit Art94 B‑VG wird im Allgemeinen darin gesehen, dass die Entscheidung der Verwaltungsbehörde mit der Anrufung des Gerichtes außer Kraft tritt, das Gericht sodann über den Antrag "vollkommen neu" zu entscheiden hat, und dass die Anrufung des Gerichtes nicht mit einem Rechtsmittel gleichzusetzen ist, weil die Gerichte durch die Einrichtung sukzessiver Zuständigkeiten nicht als Kontrollinstanzen zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Entscheidungen der Verwaltungsbehörden berufen sind (vgl. zB VfSlg 3424/1958, 4359/1963, 4972/1965, 6537/1971, 10.452/1985, 19.446/2011).
2.6. Für den Rechtsschutz gegen verfahrensrechtliche Bescheide im Bereich sukzessiver Zuständigkeiten lassen sich der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts folgende Leitlinien entnehmen:
2.6.1. Verfahrensrechtliche Bescheide unterliegen hinsichtlich des Instanzenzuges grundsätzlich denselben Vorschriften, die für den Instanzenzug in der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Verwaltungsangelegenheit gelten (vgl. VfSlg 7273/1974 – Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch die Gemeinde). Kann die (Sach-)Entscheidung der Gemeinde in Mietangelegenheiten durch kein Rechtsmittel angefochten werden, ist daher auch gegen einen (selbständigen) verfahrensrechtlichen Bescheid – wie zB über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – in diesem Zusammenhang kein Rechtsmittel gegeben, woraus – vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 – die Zulässigkeit der unmittelbaren Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zu §39 MRG VwGH 22.10.1992, 92/06/0199; 17.12.1998, 98/06/0160; 18.12.2007, 2006/06/0149; 31.5.2012, 2010/06/0207; VfSlg 7273/1974) folgte. Der Verfassungsgerichtshof betonte im Erkenntnis VfSlg 7273/1974, dass eine Entscheidung des (ordentlichen) Gerichtes über eine verfahrensrechtliche Frage des verwaltungsbehördlichen Verfahrens im Widerspruch zu Art94 B‑VG stehen würde (vgl. in diesem Sinne auch VfSlg 16.648/2002, worin der Verfassungsgerichtshof aber auch klar stellt, dass mit den Ausführungen in VfSlg 7273/1974 keine Aussage über die Zulässigkeit der Beschwerdeerhebung gegen verfahrensrechtliche Bescheide in Bereichen der sukzessiven Kompetenz von Gerichten "schlechthin" getroffen werden soll).
2.7. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies nun Folgendes:
2.7.1. Die Entscheidung der Schlichtungsstelle auf Unterbrechung des Verfahrens gemäß §25 Abs2 Z1 AußStrG ist eine das verwaltungsbehördliche Verfahren betreffende verfahrensrechtliche Erledigung. Es ist schon begrifflich ausgeschlossen, dass das Verfahren vor der Schlichtungsstelle damit beendet wird.
2.7.2. Das Verwaltungsgericht Wien stützt die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle auf Unterbrechung des Verfahrens darauf, dass sich die bisherige Auslegung des (unverändert gebliebenen) §40 MRG durch die Einführung des Art94 Abs2 B‑VG mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nicht mehr aufrechterhalten lasse. Nunmehr sei auch für selbständige verfahrensrechtliche Entscheidungen der Gemeinde anzunehmen, dass die Partei, die sich mit dieser Entscheidung der Gemeinde nicht zufrieden gebe, einen Antrag nach §40 Abs1 MRG stellen könne.
2.7.3. Mit dieser Ansicht ist das Verwaltungsgericht Wien nicht im Recht:
2.7.3.1. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wurde u.a. die Möglichkeit geschaffen, Ausnahmen von dem in Art94 Abs1 B‑VG festgeschriebenen Grundsatz, dass die Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt ist, vorzusehen: Gemäß Art94 Abs2 B‑VG kann der Bundes- oder Landesgesetzgeber in einzelnen Angelegenheiten anstelle der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht einen Instanzenzug von der Verwaltungsbehörde an die ordentlichen Gerichte vorsehen. Den Gesetzesmaterialien zufolge soll "[d]urch die Beschränkung […] auf 'einzelne Angelegenheiten' […] zum Ausdruck gebracht werden, dass […] eine flächendeckende Kompetenzverschiebung ausgeschlossen ist" (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP , 11). Diese verfassungsgesetzliche Ermächtigung sollte sich nicht auf schon bisher bestehende sukzessive Kompetenzen auswirken (vgl. AB 1771 BlgNR 24. GP , 8).
2.7.3.2. Die Bestimmungen der §§39 und 40 MRG haben im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 und auch danach keine inhaltliche Änderung erfahren. Insbesondere hat der Gesetzgeber keinen Instanzenzug von den Schlichtungsstellen an die ordentlichen Gerichte vorgesehen. Die Partei, die sich mit der (inhaltlichen) Entscheidung der Schlichtungsstelle über einen Antrag nach §37 Abs1 MRG nicht zufrieden gibt, kann – wie schon bisher – einen Antrag nach §40 Abs1 MRG stellen. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die Entscheidung der Gemeinde – wie bisher – außer Kraft. Die §§39 und 40 MRG sehen daher unverändert eine sukzessive Zuständigkeit vor.
2.7.3.3. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich durch Art94 Abs2 B‑VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nicht veranlasst, von der unter Pkt. 2.6. dargestellten Rechtsprechung zum Rechtsschutz bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen von Verwaltungsbehörden im Bereich sukzessiver Zuständigkeiten abzugehen. Solange der Gesetzgeber nicht von der Ermächtigung des Art94 Abs2 B‑VG Gebrauch macht, ist der Rechtszug in Fällen sukzessiver Kompetenz nach verwaltungsbehördlichen Entscheidungen jeweils ein anderer, je nachdem, ob eine Entscheidung in der Sache (mit Rechtsmittel an das ordentliche Gericht) oder in verfahrensrechtlichen Angelegenheiten (mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht) bekämpft wird.
2.7.3.4. Vor diesem Hintergrund kann der im angefochtenen Beschluss zum Ausdruck gebrachten Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien, wonach sich die bisherige Auslegung von §40 MRG nicht mehr aufrechterhalten lasse und im Hinblick auf Art94 Abs2 B‑VG auch selbständige verfahrensrechtliche Entscheidungen im Rahmen sukzessiver Zuständigkeit bei den ordentlichen Gerichten angefochten werden könnten, nicht gefolgt werden. Angesichts der mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 geschaffenen Möglichkeit, gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde an die Verwaltungsgerichte zu erheben (vgl. Art130 Abs1 Z1 iVm Art132 Abs1 Z1 B‑VG), sind selbständige verfahrensrechtliche Entscheidungen von Verwaltungsbehörden allerdings – anstelle der bisherigen Möglichkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verfassungsgerichtshofes – nunmehr mittels Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu bekämpfen.
2.7.4. Schließlich ist auch dem unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgenden Hinweis des Verwaltungsgerichtes Wien, wonach unter verfahrensrechtlichen Entscheidungen, bei denen es keine sukzessive Zuständigkeit des Gerichtes gebe, ausschließlich solche Entscheidungen zu verstehen seien, die ihre Grundlage in verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes hätten, nicht zu folgen:
2.7.4.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist lediglich für Fälle selbständiger verfahrensrechtlicher Entscheidungen, wie etwa über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, von einer Unzuständigkeit der Gerichte und demgemäß von der Möglichkeit, gegen einen Bescheid der Schlichtungsstelle unmittelbar den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof anzurufen, auszugehen.
2.7.4.2. §39 Abs3 MRG wurde mit BGBl I 113/2003 im Zuge der Änderungen im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren dahingehend geändert, dass seither explizit in dieser Bestimmung genannte Regelungen des Außerstreitgesetzes (u.a. §25) auf das Verfahren vor der Schlichtungsstelle entsprechend anzuwenden sind. Dass sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner einschlägigen Rechtsprechung zu verfahrensrechtlichen Entscheidungen nur auf Bescheide bezieht, die "formell ihre Grundlage in verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AVG" haben (vgl. VwGH 22.10.1992, 92/06/0199; 17.12.1998, 98/06/0160; 31.5.2012, 2010/06/0207), mag dem Umstand geschuldet sein, dass er sich – soweit ersichtlich – bisher nicht mit einer verfahrensrechtlichen Entscheidung einer Schlichtungsstelle, die ihre Grundlage im Außerstreitgesetz hatte, auseinanderzusetzen hatte.
2.7.4.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes führt eine Entscheidung des (ordentlichen) Gerichtes über eine verfahrensrechtliche Frage des verwaltungsbehördlichen Verfahrens zu einer Verletzung von Art94 (Abs1) B‑VG (vgl. VfSlg 7273/1974); dabei kann es im Hinblick auf §39 Abs3 zweiter Satz MRG idF BGBl I 113/2003, wonach verfahrensrechtliche Entscheidungen der Schlichtungsstellen nunmehr sowohl auf der Grundlage des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes als auch des Außerstreitgesetzes denkbar sind, nicht darauf ankommen, auf welches der beiden Verfahrensgesetze die Entscheidung gestützt wurde.
2.7.5. Das Verwaltungsgericht Wien hat daher zu Unrecht seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde der beschwerdeführenden Gesellschaft verneint.
IV. Ergebnis
1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
2. Der Beschluss ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88a Abs1 iVm §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
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