Haftung, mehrere Geschäftsführer
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2014/16/0004 eingebracht. Zurückweisung mit Beschluss vom 28.2.2014.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des H.F., (Bw.) vertreten durch Dr. Leopold Boyer, RA, 2225 Zistersdorf, Haupstr. 25, vom 23. Juli 2012 gegen den Haftungsbescheid gemäß § 9 iVm § 80 BAO des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom 20. Juni 2012 im Beisein der Schriftführerin Michaela Faulhammer nach der am 29. August 2013 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, sowie der am 22. November 2013 im Beisein der Schriftführerin Mag. Anna- Katharina Radschek in 1030 Wien, Hintere Zollamtstraße 2b durchgeführten Berufungsverhandlungen entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Haftung auf folgende Beträge eingeschränkt:
Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeitstag | Betrag |
Umsatzsteuer | 12/2006 | 15.2.2007 | 17.906,46 |
Lohnsteuer | 1/2007 | 15.2.2007 | 167,65 |
Lohnsteuer | 2/2007 | 15.3.2007 | 167,65 |
Umsatzsteuer | 1/2007 | 15.3.2007 | 24.373,66 |
Lohnsteuer | 3/2007 | 16.4.2007 | 167,65 |
Säumniszuschlag 1 zur U 12/2006 | 2007 | 16.4.2007 | 1.096,90 |
In Summe € 43.879,97
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach hat am 20. Juni 2012 einen Haftungsbescheid erlassen und den Bw. für folgende offene Abgabenschuldigkeiten der Firma S.GmbH zur Haftung herangezogen:
Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeitstag | Betrag |
Umsatzsteuer | 12/2006 | 15.2.2007 | 17.906,46 |
Lohnsteuer | 1/2007 | 15.2.2007 | 167,65 |
Lohnsteuer | 2/2007 | 15.3.2007 | 167,65 |
Umsatzsteuer | 1/2007 | 15.3.2007 | 24.373,66 |
Lohnsteuer | 3/2007 | 16.4.2007 | 167,65 |
Kammerumlage | 1-3/2007 | 15.5.2007 | 242,96 |
Säumniszuschlag 1 zur U 12/2006 | 2007 | 16.4.2007 | 1.096,90 |
Verspätungszuschlag | 1/2007 | 14.5.2007 | 487,47 |
Säumniszuschlag 1 zur U 1/2007 | 2007 | 18.5.2007 | 487,47 |
Stundungszinsen | 2007 | 18.6.2007 | 705,45 |
Umsatzsteuer | 4/2007 | 15.6.2007 | 26.247,86 |
Umsatzsteuer | 5/2007 | 16.7.2007 | 2.424,71 |
Säumniszuschlag 2 zur U 12/2006 | 2007 | 18.7.2007 | 537,26 |
Umsatzsteuer | 8-9/2005 | 15.11.2005 | 69.909,09 |
Umsatzsteuer | 1-5/2006 | 17.7.2006 | 94.275,99 |
Aussetzungszinsen | 2007 | 9.8.2007 | 5.426,43 |
Säumniszuschlag 2 zur U 1/2007 | 2007 | 16.8.2007 | 243,74 |
Körperschaftsteuer | 7-9/2007 | 16.8.2007 | 437,00 |
Umsatzsteuer | 2005 | 15.11.2005 | 29.173,41 |
Verspätungszuschlag | 4/2007 | 27.8.2007 | 1.312,39 |
Säumniszuschlag 1 zur U 4/2007 | 2007 | 17.9.2007 | 524,96 |
Säumniszuschlag 1 zur U 2005 | 2005 | 17.9.2007 | 583,47 |
Säumniszuschlag 3 zur U 12/2006 | 2007 | 17.10.2007 | 328,09 |
Stundungszinsen | 2007 | 16.11.2007 | 4.407,46 |
Verspätungszuschlag | 8-9/2005 | 2.1.2007 | 1.398,18 |
Verspätungszuschlag | 1-5/2006 | 2.1.2007 | 2.018,07 |
Säumniszuschlag 1 | 2005 | 18.1.2007 | 1.398,18 |
Säumniszuschlag 1 | 2006 | 18.1.2007 | 2.018,07 |
Aussetzungszinsen | 2007 | 21.1.2008 | 421,90 |
Säumniszuschlag 3 zur U 1/2007 | 2007 | 17.11.2008 | 243,74 |
Säumniszuschlag 2 zur U 4/2007 | 2007 | 17.11.2008 | 262,48 |
Säumniszuschlag 2 zur U 2005 | 2005 | 17.11.2008 | 291,73 |
Säumniszuschlag 3 zur U 4/2007 | 2007 | 17.12.2008 | 262,48 |
Säumniszuschlag 3 zur U 2005 | 2005 | 17.12.2008 | 291,73 |
Säumniszuschlag 1 zur U 2007 | 2007 | 17.9.2009 | 134,67 |
Lohnsteuer | 2007 | 15.1.2008 | 184,80 |
Umsatzsteuer | 2007 | 15.11.2007 | 6.733,33 |
Körperschaftsteuer | 2007 | 27.8.2009 | 3.045,36 |
Anspruchszinsen | 2007 | 27.8.2009 | 85,76 |
Säumniszuschlag 2 zur U 2007 | 2007 | 18.5.2011 | 67,33 |
Säumniszuschlag 3 zur U 2007 | 2007 | 18.8.2011 | 67,33 |
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin uneinbringlich seien, da das Konkursverfahren über ihr Vermögen mit einer Quote von Null Prozent abgeschlossen worden sei.
Der Bw. habe zwischen 9. November 2002 und 11. September 2003 und dann wieder ab 10. März 2005 bis 8. Jänner 2008 als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert, daher hafte er wegen der in der Nichtentrichtung der verfahrensgegenständlichen Abgaben liegenden schuldhaften Pflichtverletzung.
Dagegen richtet sich die vom Vertreter am 23. Juli 2012 fristgerecht beim zuständigen Finanzamt eingebrachte Berufung.
Der Bescheid werde seinem gesamten Inhalt nach wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger und unvollständiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.
Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens sei festzustellen, dass der Bw. im Jahr 2002 in die S.GmbH eingetreten sei. Gesellschafter seien A.K. und V.N. gewesen, als Geschäftsführerin habe Z.S. fungiert. Der Bw. sei 2003 als Geschäftsführer ausgeschieden und am 10. Februar 2005 wieder bestellt worden.
Da die Berufungsschrift eine Punktation enthält, wird diese in der Folge im Original wiedergegeben:
"6. Informationen über bestehende Buchhaltung und Vorschläge an M.S., wie die Buchhaltung durchgeführt werden soll; Gespräch mit Herrn R., der für die S.GmbH bei I. zuständig war. Ablauf und Ausschluss von Fehlerquellen wurde auch besprochen
7. Erstellung der Bilanzen, Bilanz zum 31. Dezember 2005 (Entwurf) ein Wirtschaftstreuhänder-Honorar mit € 3.675,00 für 2005 bzw. € 3.675,00 für 2004 wurde vorgeschlagen.
8. Bei den Gesprächen mit Herrn V.N. bezüglich des Honorars WT wurde immer ein Preis von max. € 4.000,00 besprochen.
9. Nach dem Ausscheiden des Herrn R. aus der I., Angebot des R., Kosten von € 1.000,00 pro Quartal für die gesamte Buchhaltung; Die Unterlagen (Vorschläge) wurden an Frau O.M. und M.S. als Vertreter des Alleingesellschafters weitergeleitet.
10. Nach dem Ausscheiden des R. im August 2006 von I.. Urgenz von mir über die Fortsetzung der Buchhaltung und Nennung eines verantwortlichen Sachbearbeiters.
11 Nach meiner Intervention und mehreren Telefonaten hat Herr P. die Buchhaltung und die Bilanzen fertiggestellt und diese nach meinem Wissen am 3. Oktober 2007 beim Finanzamt eingereicht. Aufgrund dieser Aufzeichnungen sollte Umsatzsteuer/Vorsteuer der S.T. - Vorsteuer der ausländischen Firma vom "Ausland" Finanzamt Graz von € 290.000,00 an das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach umgebucht werden, wodurch eine Überzahlung von ca. € 72.740,00 - sohin Guthaben auf dem Abgabenkonto der S.GmbH in dieser Höhe von € 72.740,00 erreicht werden.
12. Hiezu wurde eine schriftliche Bestätigung des Direktors der S.T. und finanzverantwortlichen Geschäftsführers der S.GmbH an I., namentlich Herrn P. am 7.12.2006 gesendet, damit das Vorsteuerguthaben (MWSt Guthaben) vom Finanzamt Graz-Stadt zum Finanzamt Gänserndorf-Mistelbach überwiesen wird.
13. Am 28.9.2007 (sohin nach meinem Ausscheiden und mehr als ein Jahr nach der Einbringung dieser Überrechnungsanträge) bekam ich vom Finanzamt Gänserndorf-Mistelbach eine Vorladung des Herrn Z um Auskunftserteilung wegen Nichtentrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen. Nach Aufklärung des Sachverhaltes, dass alles von mir vor meinem Ausscheiden im Rahmen meiner Möglichkeiten getan wurde, (Überweisung Finanzamt Graz nach Gänserndorf), hörte ich bis zum August 2010 nichts mehr. Sämtliche Firmengeschäfte und Firmenunterlagen wurden mit 30.4.2007 ordnungsgemäß an die Firma, Herrn W.F., übergeben. Herr W.F. hat zu diesem Zeitpunkt bereits die Interessen der S.GmbH vertreten. Auch nach meinem Ausscheiden aus der Firma S.GmbH habe ich W.F. und O.M. unterstützt.
14. Telefonate mit dem Finanzamt Graz-Stadt brachten kein Ergebnis, nach Wochen wurde mir mitgeteilt, dass der "ganze Vorgang in Wien gelandet" ist und eine Betriebsprüfung anberaumt wurde,
15. Über das Ergebnis der Betriebsprüfung mit I. habe ich keine Informationen, weder vom Finanzamt Graz-Stadt noch jemals einen Bescheid oder Vorschreibung erhalten.
16. Ich habe an das Finanzamt Gänserndorf-Mistelbach am 2.9.2010 eine Eingabe bzw. einen Antrag über die Rechtsanwaltskanzlei B. gesendet und Beweise angeboten, welche eine Haftung von mir ausschließen,
17. Die Aufbewahrungsfrist der Buchhaltung und buchhalterischen Unterlagen bzw. Bilanzen endet mit Ende 2012, speziell die Aufbewahrung der Buchhaltung 2005 und 2006.
18. Es waren daher sämtliche Unterlagen bei I. als Steuerberater und W.F. als Geschäftsführer zu sichern, weil ich sämtliche Unterlagen nach meinem Ausscheiden ordnungsgemäß übergeben habe.
19. Ich habe mehrfach beim Finanzamt Gänserndorf- Mistelbach beantragt, in der Zeit vom 2.1. bis März, in welchem Zeitraum Frau O.M. mit allen verantwortlichen Personen in M aufhältig ist, sie als Zeugin zu laden bzw. einen Besprechungstermin zur Sachverhaltsaufklärung anzustreben.
20. Mein Ausscheiden aus der Firma mit 30.4.2007 war auch das Datum der Beendigung meiner Tätigkeit. Obwohl ich mehrfach interveniert habe, wurde ich aus dem Firmenbuch erst mit Datum 9.1.2008 gelöscht.
Mit meiner schriftlichen Stellungnahme vom 10.12.2009 habe ich aufgrund des Vorhaltes der Abgabenbehörde den Sachverhalt dargelegt und entsprechende Beweise angeboten.
Beweisanträge: Vernehmung von P., p.A I. Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Beischaffung des Aktes des Finanzamtes Graz Stadt, StNr1, insbesondere Feststellung des Steuerguthabens der S.T. und Beischaffung der Abtretungserklärung, Vernehmung von O.M., geb. x.y., durch die russischen Behörden in R, Vernehmung von A.K., geb. y.x., p.A. Türkei, Vernehmung von W.F., geb. y.z., M1.
Aufgrund weiterer Recherchen von mir wurden mit Eingabe vom 1.2.2010 weitere Beweise, insbesondere Vernehmung von W.F. als Zeuge, beantragt.
Mit Schreiben vom 2.9.2010 habe ich eine weitere Eingabe erstattet und dabei ersucht, die "Zustellbevollmächtigung" auf den Liquidator, Herrn W.F., abzuändern, weil dies bis dato nicht geschehen ist. In einer weiteren Eingabe (Urkundenvorlage) vom 12.3.2012 habe ich wesentliche Urkunden vorgelegt und auch den Nachweis erbracht, dass mich keine Haftung für die Abgabenverbindlichkeiten der S.GmbH trifft.
Beweis: E-mail von W.Fe, Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder der I. vom 7.3.2012, Schreiben I. an Herrn A.K. (S.T.) vom 13.10.2003 (Angebot für steuerliche Vertretung), Vereinbarung I. mit Herrn A.K. über die Vertretung in steuerlichen Belangen, Schreiben S.GmbH an mich vom 14.3.2004 (Beendigung der Geschäftsführertätigkeit), Schreiben I. an M.S., S.GmbH vom 25.4.2005 (Verrechnungsmodalitäten), Schreiben S.T., unterzeichnet M.S., an I. zu Handen Herrn R., Schreiben Bank vom 9.3.2012
All die von mir beantragten Beweise wurden von der Abgabenbehörde I. Instanz nicht durchgeführt. Der Haftungsbescheid gründet sich lediglich auf eine Firmenbuchabfrage in der Zeit vom 10.2.2005 bis 8.1.2008.
Die Frage der handelsrechtlichen Geschäftsführung ist nicht - wie die Behörde vermeint - unbestritten, sondern wurde klar und eindeutig bereits in der Stellungnahme vom 10.12.2009 dargelegt, dass die S.GmbH mit der Organisation von Reisen russischer Staatsbürger nach Österreich, insbesondere Tirol, beschäftigt war. Im Jahr 2005 war die Vergabe von Visa bzw. die Erbringung von Visa-Anträgen der Botschaft meine Aufgabe. Per 31.3.2007 bin ich aus der Firma ausgetreten. Die mit der Steuerberatung beauftragte und von mir auch immer geprüfte Steuerberatungskanzlei "I.", namentlich als verantwortlicher Steuerberater, P., hat die gesamte Gebarung gegenüber der Abgabenbehörde vorgenommen. Als Geschäftsführer ist es ausreichende Tätigkeit mit Überprüfungsfunktion, wenn ich für die S.GmbH eine namhafte und renommierte Steuerberatungskanzlei beauftrage und diese die Abwicklung der Direktverrechnung einer im Ausland situierten Firma, welche der S.GmbH Rechnungen gelegt hat, überprüfe und sämtliche Urkunden und Eingaben zur Verrechnung und Direktverrechnung liefere und dies auch überwache. Erstmals im Jahr 2007, und zwar am 19.10.2007 - lange nach meinem Ausscheiden aus der S.GmbH wurde ich durch die Strafabteilung des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach kontaktiert. Dieser wurde der Sachverhalt erläutert. Das gesamte Vorsteuerguthaben des Finanzamtes Graz-Stadt zur Steuernummer StNr1 wurde zur Verrechnung der Steuerschulden an die S.GmbH nach den mir vorliegenden und überprüften Informationen - abgetreten. Bei Überweisung dieses Vorsteuerguthabens war ein Guthaben auf dem Abgabenkonto von mehr als € 72.000,00.
Die Bilanzen wurden ausschließlich von I. erstellt und mir - zufolge meines Ausscheidens - nicht zugängig gemacht. Wenn nunmehr im Haftungsbescheid im Anhang ein "Rückstandsausweis" per 20.6.12 mit einem Zeitraum der Umsatzsteuer für 12/2006 in der Höhe von € 17.906,46 und Lohnsteuerabgaben sowie Umsatzsteuer für 1/2007 von € 24.373,66 und dergleichen geltend gemacht wird, ergibt sich daraus, dass dies alles lange nach meinem Ausscheiden erfolgt ist.
Die Beschäftigung einer renommierten Steuerberatungskanzlei enthebt bei entsprechender Prüfung der Tätigkeiten des Steuerberaters den handelsrechtlichen Geschäftsführer mit Sicherheit von einem Verschulden an der Verpflichtung zur Zahlung allfälliger Abgaben und begründet eine Schuldlosigkeit eines firmenverantwortlichen Mitarbeiters. Der Text des Gesetzes lautet: Als die Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könne. Die Pflicht, einen Steuerberater zu beschäftigen, besteht grundsätzlich nicht. Es enthebt mich aber von einer weitergehenden Verpflichtung, Tätigkeiten zu entfalten, wenn ich einen berufsmäßigen Vertreter, namentlich die Wirtschaftstreuhänder- und Steuerberatungskanzlei I. beschäftige, mit dieser laufend kommuniziere und deren Tätigkeiten überprüfe.
Ich habe auch dargelegt, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen der S.GmbH für die Zeiträume des Vorhaltes ausschließlich und im Auftrag der Gesellschaft mit meiner Überprüfung von der I. Wirtschaftprüfungs- und Steuerberatungskanzlei durchgeführt wurden.
Ich habe auch vorgetragen, dass ich auf den Firmenkonten keine Zeichnungsberechtigung hatte. Die von mir wiederholt gestellten Beweisanträge wurden nicht durchgeführt. Die Vernehmung der Zeugen wurde nicht einmal ansatzweise in Erwägung gezogen, weil die Behörde offensichtlich von unrichtigen Tatsachen infolge unrichtiger Rechtsbeurteilung über die "Haftung des Geschäftsführers" ausgeht. Ein von mir angetretener Beweis zur Entlastung konnte somit gar nicht erfolgen, (Zitat aus der Bescheidbegründung: Zur Frage des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen) und konnte ich mich gar nicht "freibeweisen", weil ich infolge des mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens keine Tätigkeit von mir für mein die Haftung ausschließendes Verhalten darlegen konnte. Bei Vernehmung dieser von mir geführten Zeugen, insbesondere des Steuerberaters, wäre zutage getreten, dass aufgrund der vorgenommenen Kommunikation mit dem Steuerberater, die damit verbundene Überwachung und insbesondere das jeweils beim Finanzamt Graz-Stadt bestehende (Vorsteuer-) Steuerguthaben dazu geführt haben, dass keine Abgabenverbindlichkeiten entstehen konnten und dies auch durch die Direktverrechnung bezahlt worden wäre.
Aus dem angefochtenen Haftungsbescheid ist nicht mit der für die Sicherheit der Haftung hervorgehenden Präzision festgestellt worden, von welchem Sachverhalt tatsächlich in dem die Haftung scheinbar begründenden Bescheid ausgegangen wird. Lediglich der erste Satz der Begründung "Sie waren It. Firmenbuch in der Zeit vom 10.2.2005 bis 8.1.2008 unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma S.GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GesmbHG zur Vertretung berufen" ist festgehalten worden. Ebenso, dass über die S.GmbH 2010 das Konkursverfahren eröffnet wurde.
Über die Forderungsanmeldungen bzw. die Konkursdurchführung fehlen jegliche Sachverhaltsfeststellungen.
Ich bekämpfe diese Tatsachenfeststellung als nur teilweise richtig, jedenfalls aber unvollständig. Wie bereits dargelegt, ist es so, dass ich auf den Konten der Gesellschaft nicht zeichnungsberechtigt war. Meine Aufgabe war, dass ich die Visa für die in Osterreich tätigen russischen Staatsbürger besorge, dass vom Reisebüro die Reiseleiter Aufenthaltsgenehmigungen erlangen und entsprechende Berechtigung zur Ausübung der Reisebegleitung erfordert wird. In der Geschäftsverteilung war es tatsächlich so, dass ausschließlich O.M. in Vertretung des A.K. die Zahlungsgeschäfte durchgeführt hat. Meine Aufgabe wurde insofern auch überprüfend als weiterer Geschäftsführer wahrgenommen, dass ich ständig mit der bestellten Steuerberatungskanzlei Kontakt hielt und insbesondere die Rechnung des ausländischen Unternehmens über das Finanzamt Graz-Stadt, welche von I. im Auftrag der S.GmbH eingereicht worden sind, überwacht habe. Dieser Aufgabe bin ich dauernd und vollständig nachgekommen. Festzustellen war weiters, dass ich per 1.3.2007 aus der S.GmbH ausgeschieden war und lediglich durch den nachfolgenden Geschäftsführer wesentlich verspätet ein Gesellschafterbeschluss über die Liquidation durchgeführt wurde. Meine Tätigkeit für die S.GmbH war per 30. April 2007 endgültig beendet.
Folgende entscheidungswesentliche Feststellungen fehlen:
Mit 31.3.2007 bin ich aus der S.GmbH ausgetreten. Die gesamte Steuerberatung wurde von I. Wirtschaftsprüfungs-und SteuerberatungsgmbH vorgenommen. Insbesondere wurde von H.F. die Tätigkeit der Steuerberatungskanzlei überwacht und überprüft. Bei einer konkreten Einvernahme der Strafabteilung des Finanzamtes Gänserndorf-Mistelbach hat er konkret zu jedem einzelnen zum Vorwurf gemachten Sachverhalt Stellung bezogen.
Das Finanzamt Graz-Stadt hat zur Steuernummer StNr1 die gesamte Vorsteuer und Guthaben der russischen Firma S.T. mit Sitz in Moskau an die S.GmbH abgetreten, um die Abgabeverbindlichkeiten zu bezahlen.
Nach dem Ausscheiden des H.F. als Geschäftsführer der S.GmbH waren die Gesellschafter mehr als zehn Monate bis zum Jahr 2008 gegenüber dem Firmenbuch untätig und haben keine Änderung der Geschäftsführertätigkeit vorgenommen.
W.F. wurde als Liquidator eingesetzt. O.M. hat das gesamte Rechnungswesen für die S.GmbH geführt. Sie war bei der Hausbank der Firma allein zeichnungsberechtigt und hat mittels "Telebanking" die Finanztransaktionen vorgenommen.
Die Bilanzen 2007 wurden nicht mehr von mir erstellt und fallen nicht in den Zeitraum meiner Verantwortung.
Ergänzend lege ich - nochmals - ein E-mail der I. Wirtschaftprüfungs- und SteuerberatungsgmbH, gezeichnet W.Fe, vor, welcher mir bestätigt, dass ich zwar Geschäftsführer war, da die Gesellschaft aber im Eigentum von Russen war, auch immer ein Russe Gesellschafter war (100 % Hr. A.K.). Herr A.K. hat allein die Weisungen erteilt und im Wesentlichen sämtliche finanziellen Entscheidungen selbständig getroffen.
Die steuerliche Tätigkeit, welche hier entscheidungswesentlich ist, wurde von der I. ausgeführt. In diesem Schreiben wird auch bestätigt, dass Frau O.M. zuständig war. Dies deckt sich auch mit der Vereinbarung I. und der S.T. sowie der Bestätigung der Steuerberatungskanzlei.
Ergänzend wird noch einmal darauf hingewiesen, dass infolge eines mangelhaften Verfahrens diese von mir angebotenen Beweise überhaupt keine Berücksichtigung fanden.
Hätte die Abgabenbehörde I. Instanz die angebotenen Beweise durchgeführt, wären die oben genannten Tatsachenfeststellungen getroffen und kein Haftungsbescheid erlassen worden.
Unrichtige rechtliche Beurteilung:
Sofern aus dem unvollständigen, unrichtigen und mangelhaft festgestellten Sachverhalt überhaupt Rechtsfragen abzuleiten sind, ist auf folgenden Umstand zu verweisen:
Die Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers ist nicht "von sich aus" vorhanden, sondern müssen entsprechende Tatbestandsmerkmale zutreffen.
Dass die Abgabenerklärungen durch die Steuerberatungskanzlei gegenüber dem Finanzamt Graz-Stadt durchgeführt wurden, ist augenscheinlich dokumentiert. Durch die Nichtbeischaffung des Abgabenverfahrens erkennt die Abgabenbehörde I. Instanz die nicht fehlende Zahlungsunfähigkeit der S.GmbH in der Zeit April 2007 als Primärschuldnerin selbst, weil im letzten Satz des angefochtenen Haltungsbescheides ausgeführt wird: "Der Nachweis, dass die Primärschuldnerin völlig vermögenslos war, ist bis dato nicht erfolgt".
Das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden, weil es einerseits die Wiener Abgabenordnung zugrunde legt und andererseits den Überrechnungsantrag des Vorsteuerguthabens völlig außer Acht lässt. Im konkreten Fall geht es - bezogen auf den Zeitpunkt meines Ausscheidens April 2007 - darum, ob für die Abgabenverbindlichkeiten ausreichend Mittel vorhanden waren, nicht aber um anteilige Zahlungen an Gläubiger.
Der Überrechnungsantrag und das mir vom Steuerberater dargestellte Vorsteuerguthaben war ausreichend, um die Verbindlichkeiten zu erfüllen und zusätzlich noch ein Guthaben von rund € 72.000,00 dem Konto der S.GmbH zuzuführen.
In der Bescheidbegründung zur Rechtsbeurteilung handelt es sich um allgemeine, nicht auf den konkreten Sachverhalt bezogene Wertungen. Ich habe ausgesagt, dass mit der steuerlichen Pflichtenwahrnehmung der S.GmbH immer eine namhafte und renommierte Steuerberatungskanzlei befasst war.
Auch eine Geschäftsverteilung und eine ausschließliche Zahlungskompetenz beim Gesellschafter, dem russischen Staatsbürger, A.K., sind geeignet, mich von einer Mithaftung zu befreien, weil für die Abgabenverbindlichkeiten eine Steuerberatungskanzlei tätig ist. Die zwingenden Pflichten wurden von mir eingehalten. Eine "Supervision einer Steuerberatungskanzlei" ist nicht erforderlich und stimmt mit dem Gesetz und der darauf aufbauenden Judikatur nicht überein. Dass ich für die ordnungsgemäße Führung der Bücher die Steuerberatung herangezogen habe, kann mir nicht zum Vorwurf gemacht werden. Eine Nichterfüllung von Kontroll- und Überwachungsverpflichtungen wurde im konkreten Fall überhaupt nicht dargestellt. Nochmals muss betont werden, dass infolge eines besonders mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht einmal die zugrunde liegenden Bescheide der S.GmbH und die Abgabenverbindlichkeiten dargestellt werden, obgleich diese für die Mithaftung unbedingt notwendig sind.
Allein der (angeschlossene) Rückstandsausweis kann eine derartig notwendige Tatsachenfeststellung nicht ersetzen. Aus dem Sachverhalt ergibt sich auch überhaupt kein Tatbestand über die in der - offenkundig unrichtigen - Rechtsbeurteilung mehrfach genannte Pflichtenverletzung. Eine Pflicht wird dann verletzt, wenn sie besteht, wenn vorwerfbar schuldhaft nicht danach gehandelt wird und diese zu einem Ergebnis führt. Ich habe bereits dargestellt, dass ich zum Zeitpunkt des Liquidationsbeschlusses und der Konkurseröffnung im Jahr 2010, sohin mehr als drei Jahre nach meinem Ausscheiden, keinen wie immer gearteten Einfluss auf die Geschäftsgebarung hatte. Allein daraus ergibt sich, dass ich vollkommen zu Unrecht mit dem gegenständlichen Bescheid in Anspruch genommen werde. Zutreffend wurden zuvor die (auf andere Rechtsnormen und veraltete) Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert, allerdings sind die hier vorliegenden Sachverhaltsermittlungen damit nicht vergleichbar. Bei richtiger Rechtsbeurteilung und den notwendig gewesenen Tatsachenfeststellungen (welche die Abgabenbehörde I. Instanz unterlassen hat), ergibt sich dadurch, dass ich laufend die Rechnungen und Vorsteuerguthaben der mit Sitz in Moskau etablierten Geschäftspartnerin gesehen und auch den Geldfluss in Auftrag geben habe. die steuerlichen Belange von der I. über das Finanzamt Graz-Stadt eingereicht und durchgeführt waren, sowie die Abtretung unstrittig ist, ergibt sich, dass mir kein Verschulden an der Uneinbringlichkeit angelastet werden kann. Insbesondere deswegen, weil die anlassbezogenen Rechnungen nach meinem Ausscheiden als Geschäftsführer ausgestellt wurden.
Die Frage, ob und in welcher Höhe ein Abgabenanspruch objektiv gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren zu beantworten (VwGH vom 27.1.2010 ZI2009/16/0309).
Ich stelle daher nachstehende Anträge: 1. der Berufung Folge zu geben, 2. den angefochtenen Haftungsbescheid des Finanzamtes Gänserndorf- Mistelbach vom 20.6.2012, ersatzlos aufzuheben, 3. eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, 4. die beantragten Beweise durchzuführen, 5. nach Beweisdurchführung den angefochtenen Haftungsbescheid des Finanzamtes Gänserndorf-Mistelbach vom 20.6.2012, ersatzlos aufzuheben."
Am 4. April 2013 wurde ein Vorhalt mit folgendem Text erlassen:
"Sie bringen vor, bereits mit März/April 2007 ihre Geschäftsführerbefugnisse bei der S.GmbH zurückgelegt zu haben.
In den von der Abgabenbehörde erster Instanz vorgelegten Steuerakten erliegt nur das Protokoll über die außerordentliche Generalversammlung vom 8. Jänner 2008, bei der ihr Rücktritt angenommen wurde. Sie werden daher gebeten, Unterlagen zu dem von Ihnen behaupteten früheren Rücktritt vorzulegen. Haben Sie schriftlich den Rücktritt erklärt, einen Nachweis für die Zustellung an den Gesellschafter?
Seit Ende November 2006 hat das Abgabenkonto einen Rückstand ausgewiesen, daher stellt sich die Frage, was Sie unternommen haben, um die Entrichtung der weiteren Umsatzsteuervorauszahlungen, der Lohnsteuer zu sichern?
Dazu darf vorweg die Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Mehrheit von handelsrechtlichen Geschäftsführern bekannt gegeben werden:
"Ein Vertreter darf sich bei der Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht behindern lassen. Sieht er sich bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse konfrontiert oder wird er im Laufe seiner Vertretertätigkeit an der Erfüllung seiner Verpflichtungen gehindert, hat er sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der unbeschränkten Ausübung der Funktion zu erzwingen oder die Funktion zurückzulegen.
Eine Agendenverteilung zwischen mehreren Vertretern ist grundsätzlich zu beachten. Gibt es jedoch konkrete Anhaltspunkte, die Anlass zur Annahme geben, der für abgabenrechtliche Belange zuständige Vertreter erfülle seine Aufgaben nicht, ist auch der nicht mit steuerlichen Aufgaben befasste Vertreter verpflichtet Abhilfe zu schaffen."
Demnach trifft auch einen nicht regelmäßig mit steuerlichen Belangen befassten Geschäftsführer eine Kontrollverpflichtung gegenüber dem weiteren Geschäftsführer."
Nach Fristverlängerung wurde mit Schreiben vom 11. Juni 2013 (eingelangt am 17. Juni 2013) der Vorhalt wie folgt beantwortet:
"Richtig ist, dass mit Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung vom 8. Jänner 2008 die Annahme meines Rücktrittes erst zu einem viel späteren Zeitpunkt durchgeführt wurde.
Die Gesellschafter und maßgeblichen Personen haben sich nur während der Wintermonate in Österreich aufgehalten. Ich bin als handelsrechtlicher Geschäftsführer am 10.2.2005 eingetreten, nachdem ich vorher Ende 2003 ausgeschieden bin.
Ich habe mit R. - ehemaliger Mitarbeiter bei I. - für die Sonnenwelt, welcher früher bei der Steuerberatungskanzlei I. angestellt war, den Ablauf und den Ausschluss von Fehlerquellen laufend erörtert.
Die Bilanz zum 31.12.2005 und zum 31.12.2006 wurde über meine Veranlassung von diesem Wirtschaftstreuhänder erstellt.
R. ist meiner Erinnerung nach bereits 2004 oder 2005 aus dem Dienst bei I. ausgeschieden.
Ich habe bei I. laufend (vor allem telefonisch) interveniert und immer die laufende Erstellung der Buchhaltung begehrt und verlangt, einen verantwortlichen Sacharbeiter namhaft zu machen. Dies war in der Folge P.. Mit diesem habe ich regelmäßig Kontakt gehalten, damit die Buchhaltung laufend bewerkstelligt wird und die Bilanzen fertig gestellt werden. Tatsächlich habe ich als Mitgeschäftsführer die entsprechenden Abgabenerklärungen gemacht. Es ist darauf hinzuweisen, dass ich seit Mai 2007 und auch danach, seit dem gegen mich anhängigen Haftungsverfahren, kein Einsichtsrecht in die Abgabenkonten und in die Steuerakten der Sonnenwelt gehabt habe und auch derzeit nicht habe.
P. kann und wird meine Angaben bestätigen.
W.F., mein Nachfolger in der Funktion als Geschäftsführer der S.GmbH, hat die Bilanzen 2005 und 2006 von mir erhalten und war verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zu setzen.
Meines Erachtens hat W.F. als Geschäftsführer nach meinem Ausscheiden die notwendigen Zahlungen, insbesondere durch Überweisung des Vorsteuerguthabens vom Finanzamt Graz, unterlassen und durch die Liquidation wissentlich die Abgabenzahlungen unmöglich gemacht. Ich kann mich an eine sinngemäße Äußerung wie folgt erinnern:
W.F. sagte einmal: "Dann lass ich die Firma einfach den Bach runter."
Er hat auch bewusst die Änderung im Firmenbuch hintangehalten. Erst über wiederholte und mit Nachdruck betriebene Intervention wurde am 20.9.2007 auf meinen Namen eine Spezialvollmacht ausgestellt, um mich firmenmäßig als Geschäftsführer abzuberufen.
Diese Maßnahme war nicht erfolgreich, weil das Firmenbuchgericht diese Vorgangsweise beanstandete.
Aus dem in Kopie angeschlossenen Lohnzettel für das Jahr 2007 ergibt sich, dass ich per 30.4.2007 aus dem Unternehmen ausgeschieden bin. Die Meldung an die Gebietskrankenkasse erfolgte im elektronischen Weg.
Beweis: Schreiben Notar M.L. vom 13.3.2012, meine Einvernahme, weitere Beweise vorbehalten.
Sämtliche Zustellungen des Finanzamtes wurden an I. vorgenommen. I. hat mich mit Schreiben vom 11.8.2006 darüber informiert, dass eine Umsatzsteuernachschau erfolgt ist und eine Betriebsprüfung durchgeführt wird.
Wie schon dargestellt, ist R. von I. ausgeschieden und zur A. Steuerberatungskanzlei gewechselt. Mit Schreiben vom 13.10.2006 wurde von ihm ein Angebot über die weitere Betreuung gelegt.
Ich habe bei I. laufend interveniert und bin insbesondere den Beanstandungen nachgegangen. I. hat dann mit Schreiben vom 7.12.2006 eine Vollmacht in englischer Sprache von S.T. erlangt, um die beim Finanzamt Graz- Stadt geltend gemachte Vorsteuer "überrechnen" zu können.
Mein Nachfolger W.F. hat es jedenfalls im Zeitraum ab Mai 2007 wissentlich verabsäumt, das Vorsteuerguthaben des Finanzamtes Graz geltend zu machen und die Abgabenverbindlichkeiten zu bezahlen.
Mit Schreiben vom 23.5.2007 - nach meinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung - wurden die Buchhaltungsunterlagen für März inklusive der Umsatzsteuervoranmeldung mit einem Guthaben von € 5.596,72 samt Saldenliste übersendet, welche ich an den neu bestellten Geschäftsführer W.F. weitergegeben habe.
I. hat auch eine Zahlungsübersicht erstellt.
Mit Schreiben vom 16.7.2007 wurde mir glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt, dass die StNr. für S.T. vergeben wurde, die StNr. StNr1 lautet und die Rückerstattung der Vorsteuerguthaben durch das Finanzamt Graz- Stadt zu erwarten ist.
Die Entrichtung der Umsatzsteuer und der Lohnsteuer war durch Überrechnung des Vorsteuerguthabens vorzunehmen. Die entsprechende Kontrollverpflichtung wurde von mir laufend wahrgenommen, die Überrechnung und Zahlung konnte von mir zufolge meines Ausscheidens nicht mehr durchgeführt werden.
Beweis: Lohnzettel und Beitragsgrundlagennachweis vom 1.1. bis 30.4.2007, Meldung über die einvernehmliche Auflösung an die GKK, Schreiben Notar M.L. vom 13.3.2012, Schreiben I. vom 16.7.2007, bereits vorgelegte Urkunden - insbesondere Mitgliederausdruck WKO vom 24.4.2007 (vorgelegt mit Antrag vom 6.3.2012), meine Einvernahme, weitere Beweise vorbehalten;
Der nach mir bestellte Geschäftsführer W.F. und der durchgehend bestellte Geschäftsführer und Gesellschafter A.K. haben nach Äußerung des W.F. keine Abgabenzahlungen vorgenommen, die Überrechnung des Vorsteuerguthabens beim Finanzamt Graz nicht betrieben, vorsätzlich und wissentlich mich nicht als Geschäftsführer aus dem Firmenbuch gelöscht, die Liquidation nur zum Schein eingeleitet und dadurch den unberechtigten Haftungsbescheid gegen mich bewirkt und veranlasst, zumal mir noch das Original des Schreibens des neuen Steuerberaters K. vom 25.2.2010 zugesendet wurde, obgleich unbestritten mein Ausscheiden im Jänner 2008 im Firmenbuch eingetragen wurde, (Kopie angeschlossen), am identen Standort neue Firmen gegründet, FRM und S.T. (FN w).
Ich wiederhole den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheides, hilfsweise die Einvernahme des W.F. und A.K. zum Beweis dafür, dass ich per 30. April 2007 vollständig aus dem Unternehmen ausgeschieden bin und seit 1.5.2007 keine wie immer geartete Information oder Befugnisse hatte.
Ausdrücklich halte ich fest, dass - sofern überhaupt eine Geschäftsführerhaftung zum Tragen kommt - diese Haftungen an W.F. und A.K. zu richten sind.
Beweis: offenes Firmenbuch, Auszug WKO Firmen A-Z, Schreiben Steuerberater K. vom 25. Oktober 2010, Anfrage F. Reisen vom 25.2.2008 (Telefax), Internetausdruck F. Reisen M, meine Einvernahme, weitere Beweise vorbehalten."
Der Stellungnahme wurde ein Lohnzettel des Bw. vom 1.1. bis 30.4.2007, ein Schreiben des Notars M.L. vom 13. März 2012, ein Schreiben der Steuerberatungskanzlei I. vom 16. Juli 2007, eine Kartenansicht von M mit Firmenverzeichnis A-Z, eine Gutschrift der Steuerberatungskanzlei K. vom 25. Februar 2010, ein Fax von F. Reisen vom 25. Februar 2008 und ein Ausdruck deren Homepageseite beigelegt.
In der am 29. August 2013 abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde zunächst bekannt gegeben, dass der geladene Zeuge, P., am vorhergehenden Tag am Nachmittag telefonisch bekannt gegeben habe, dass er nicht erscheinen werde, da er nicht von der Verschwiegenheit entbunden worden sei. Wegen dienstlicher Verhinderung der Referentin habe er nur Kontakt mit der Senatssachbearbeiterin gehabt, die ihm auf das Tonband gesprochen habe, dass er zu erscheinen habe.
Am Verhandlungstag habe er sich wiederum telefonisch und dies erst zu einem Zeitpunkt gemeldet, als die Referentin bereits im Verhandlungssaal gewesen sei und wiederum keine Gelegenheit mehr gehabt habe, persönlich mit ihm zu sprechen.
Festgehalten wurde, dass der Zeuge trotz Ladung nicht erschienen ist.
In der Sache hat der Vertreter zunächst auf das bisherige Vorbringen im Berufungsverfahren verwiesen.
Mitgeteilt wurde, dass die Referentin aufgrund der Aktenlage zu dem Schluss gekommen sei, dem Bw. dahingehend zu folgen, dass er bereits mit 30. April 2007 seine Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer beendet habe und er daher für nachfolgende Zeiträume nicht zur Haftung heranzuziehen sei.
Die Amtsbeauftragte hat dieses Vorbringen zur Kenntnis genommen und sich dieser Ansicht, dass die Verantwortung des Bw. mit 30. April 2007 als beendet angesehen wird, angeschlossen.
Ergänzend hat der Bw. angegeben, niemals auf einem Firmenkonto zeichnungsberechtigt gewesen zu sein und auch nicht über Gelder der Gesellschaft verfügt zu haben. Er sei ausschließlich auf Wunsch des Konsuls Geschäftsführer geworden, tatsächlich habe die Geschäfte Herr A.K. geführt. Er habe keinen Zugriff auf Geldmittel der Gesellschaft gehabt, sei aber kurzfristig auf einem nicht mit Geld dotierten Bankkonto der BankD zeichnungsberechtigt gewesen. Er habe sich gleich nach seiner Wiederbestellung am 10. Februar 2005, demnach im Frühjahr 2005 an die Steuerberatungskanzlei I. gerichtet und gefragt, ob es Bilanzen zu den Vorjahren gäbe. Dazu sei ihm gesagt worden, dass die Steuerberatungskanzlei die Vollmacht zurückgelegt habe. Nach mehreren Gesprächen mit dieser Steuerberatungskanzlei sei die Vertretung doch fortgesetzt worden und P. sei sein Ansprechpartner bei der Steuerberatungskanzlei geworden.
Er habe um alle nötigen Unterlagen zu bekommen den Firmensitz im Jahr 2006 auch an seine Wohnadresse in Dorf verlegt.
Die Gesellschaft habe ein Saisongeschäft gehabt, daher sei der Bw. auch jeweils immer nur zwischen Oktober und März eines Jahres angestellt gewesen. Im Zeitraum Oktober 2006 bis März 2007 sei er bei der Gesellschaft sowohl handelsrechtlicher Geschäftsführer als auch Angestellter gewesen. Dennoch habe er von der Abhaltung der Betriebsprüfung damals keine Kenntnis erlangt.
Seitens der Referentin wurde festgehalten, dass auf der Niederschrift über die Betriebsprüfung als Teilnehmer für die S.GmbH P. und A.F. aufscheinen.
Auch von der Berufungserhebung am 21. Dezember 2006 und dem durchgeführten Mängelbehebungsverfahren habe der Bw. keine Kenntnis erlangt.
Auf Befragen, wann der Bw. von der Betriebsprüfung Kenntnis erhalten habe, hat er zunächst bekannt gegeben, dass ihm P. telefonisch mitgeteilt habe, dass der S.M. ein Vorsteuerguthaben beim Finanzamt Graz zustehe. Auf weiteres Befragen, wann dieses Gespräch stattgefunden habe, wurde in den Akten des steuerlichen Vertreters festgestellt, dass es dazu ein Schreiben vom 7. Dezember 2006 von der Steuerberatungskanzlei I. gibt, das in Kopie zum Akt genommen und der Amtsbeauftragten ausgehändigt wurde.
Nach dem Vorbringen des Bw. enthalte dieses Schreiben ausschließlich eine Information über ein zu erlangendes Guthaben beim Finanzamt Graz/Stadt.
Auf weiteres Befragen, ob dem Bw. nicht auch mitgeteilt worden sei, dass die Betriebsprüfung zu einer Abgabennachforderung im November 2006 und einem Außenstand am Konto in der Höhe von € 230.000,00 geführt habe, hat der Bw. angegeben, dass er davon nichts von der I. gehört habe.
Zur S.T. wurde von der Referentin aus der Aktenlage berichtet, dass im Insolvenzakt der S.GmbH ein Ausdruck von Anmerkungen aus der Datenbank über ein Gespräch der Einbringungsstelle mit der Steuerberatungskanzlei I. vom 27. Juli 2007 erliegt, in dem festgehalten werde, dass ein Überrechnungsantrag beim Finanzamt Graz/Stadt zur S.T. eingebracht worden sei und dazu vom Finanzamt Graz/Stadt eine Betriebsprüfung abgehalten werde.
Dazu sei am 27. November 2008 ein Bescheid über die Erstattung von Vorsteuern für 01 bis 12 2006 ergangen und die Vorsteuern für die S.T. mit Null festgesetzt worden. Die Gesellschaft sei zwischenzeitig steuerlich gelöscht.
Der Bw. hat dazu vorgebracht, dass er bisher keine Kenntnis davon gehabt habe.
Auf weiteres Befragen hat der Bw. bekannt gegeben, dass er telefonisch, mündlich von P. anlässlich des Schreibens vom 7. Dezember 2012 darüber informiert worden sei, dass Abgabenrückstände am Konto bestünden.
Den Vorhalt, dass für Dezember 2006 am 26. Februar 2007 eine Umsatzsteuervoranmeldung eingereicht, die Vorauszahlung jedoch nicht entrichtet worden sei, hat der Bw. so beantwortet, dass er Anfang Dezember mit Frau O.M. bei der Steuerberatungskanzlei gewesen sei und sich darum gekümmert habe, dass Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt werden.
Auf die Befragung, warum die Abgaben nicht bei Fälligkeit entrichtet worden seien, hat sich der Bw. so verantwortet, dass dies Frau O.M. hätte tun sollen. Es wäre seiner Ansicht nach sicher Geld für die Bezahlung vorhanden gewesen.
Auf Befragung, wieso die Umsatzsteuervorauszahlung für Jänner 2007 nicht am 15. 3. 2007 entrichtet worden sei, hat der Bw. geantwortet, dass er dem Steuerberater stets gesagt habe, dass Abgaben zu melden und zu entrichten seien. Er selber habe keine Entrichtungen vorgenommen.
Die Lohnsteuer für Jänner, Februar und März 2007 sei ebenfalls von der Steuerberatungskanzlei errechnet worden. Er sei davon ausgegangen, dass Frau O.M. die Abgaben entrichten werde, sie habe auch seine Löhne bezahlt (durch Überweisung vom Girokonto bei der Bank). Frau O.M. habe dazu auch eine Aufstellung der Firma I. bekommen. Der Bw. habe sich stets bemüht für Ordnung zu sorgen und sei dann, als er gesehen habe, dass er mit seinen Bemühungen nicht durchkomme, ausgetreten.
Der Bw. sei vorher Geschäftsführer einer deutsch/österreichischen Firma gewesen und habe sich in dieser Firma mit der technischen Entwicklung von Coronavorbehandlung beschäftigt.
Er sei auch in einer österreichischen Firma handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen und habe dann bis 2007 selbständig gearbeitet, bis er in Pension gegangen sei. Er habe einen russischen Freund gehabt, der Biathlon gewesen sei. Mit ihm habe er ein Jointventure gegründet, Tours und habe Abenteuerreisen dorthin organisiert, so habe er die späteren Gründer der S.GmbH kennengelernt, die ihn gebeten hätten, zunächst die gewerberechtliche Geschäftsführung zu übernehmen. Später sei er dann wegen Visaausstellungen in Moskau auch handelsrechtlicher Geschäftsführer geworden.
O.P. wurde von der Verschwiegenheit entbunden.
Die weiteren Beweisanträge blieben offen, Frau O.M. sollte über M zu laden sein.
Auf Vorhalt der Amtsbeauftragten, dass der Bw. sich darauf berufe, dazu gezwungen worden zu sein, Geschäftsführer zu werden, es dazu aber einer freien Willensentscheidung bedürfe, gab der Bw. an, die Tätigkeit aus Freundschaft übernommen zu haben und ergänzte, dass er davor gestanden sei, dass 3000 Gäste am Flughafen gestanden seien und die 24 Betreuer noch kein Visum gehabt hätten, daher habe er sich intensiv um die Beschaffung der benötigten Unterlagen angenommen.
Auf Befragung durch die Amtsbeauftragte zu den Problemen mit der I. bei Wiederübernahme der handelsrechtlichen Geschäftsführung durch den Bw., sagte der Bw. aus, dass es zu der Zeit als er gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen sei, Probleme im Gesprächsklima zwischen Frau O.M. und R. von der I. gegeben habe. Als er handelsrechtlicher Geschäftsführer geworden sei, sei P. der neue Ansprechpartner für die Belangen der Gesellschaft geworden.
Auf Vorhalt, dass Frau O.M. Entscheidungen für die Gesellschaft getroffen habe, ohne handelsrechtlicher Geschäftsführer zu sein und dem Bw. dies 2006 schon bekannt gewesen sei, entgegnete er: "Was hätte ich machen sollen? Sie hatte dazu den Auftrag von Herrn A.K.. Ich habe sie nicht von ihren Tätigkeiten für die Gesellschaft abgehalten, bzw. abhalten können."
Auf Befragen durch die Amtsbeauftragte, welche Unterlagen bei Zurücklegung der Geschäftsführertätigkeit an den neuen Geschäftsführer weitergegeben worden seien, wurde bekannt gegeben, dass dies Rechnungen und Kontoauszüge der Bank, keine Kontoauszüge des Abgabenkontos gewesen seien. Dazu habe der Bw., wie er bei Nachsicht festgestellt habe, in seinen Unterlagen nur Auszüge ab Juli 2007.
Der Bw. hat weiters bekannt gegeben, dass er alle Unterlagen eingescannt und an Frau O.M. weitergeschickt habe.
Festgehalten wurde, dass Frau O.M. nicht Angestellte des Unternehmens gewesen sei und auch keine handelsrechtlich relevante Funktion im Unternehmen bekleidet habe. Sie habe ausschließlich aufgrund von Spezialvollmachten von Herrn A.K. gehandelt.
Die Bezahlung der Rechnungen sei stets über das Konto der Bank, veranlasst von Frau O.M. gegangen. Der Steuerberater hätte auch von ihr bezahlt werden sollen, habe aber das Honorar nach dem Wissen des Bw. nicht bezahlt bekommen.
Mit dem Vorhaben der Referentin, nach den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung eine schriftliche Einvernahme des nicht erschienenen Zeugen O.P. vorzunehmen, haben sich die Parteien einverstanden erklärt.
Mit Übersendung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung an den Bw. wurde zu dem von seiner Seite im Verfahren vorgelegten Schreiben vom 7. Dezember 2006 ergänzend festgestellt, dass der Bw. nach der Textierung dieses Schreibens sehr wohl die Bescheide nach der abgabenbehördlichen Prüfung und die Buchungsmitteilung dazu erhalten habe und damit schriftlich und nicht mündlich im Dezember 2006 über den Prüfungsausgang informiert worden sei.
Mit Schreiben vom 29. August 2013 wurde der Zeuge zu einer schriftlichen Zeugenaussage angehalten und ihm folgende Fragen gestellt:
Trifft es zu, dass Sie ab Frühjahr 2005 seitens der I. Steuerberatung der Ansprechpartner von Herrn F.W als Gf. der S.GmbH waren?
Schildern Sie die Vorgänge zur abgabenbehördlichen Prüfung der S.GmbH im November 2006.
Aus dem Prüfbericht scheint auf, dass Sie an der Schlussbesprechung teilgenommen haben.
Hat Herr F.W von der Abhaltung der Prüfung gewusst?
Haben Sie ihn über das Ergebnis der Prüfung informiert? Trifft es zu, dass diese Information nur mündlich erfolgt ist?
Wer hat die Berufung gegen die Prüfungsbescheide in Auftrag gegeben? Waren Sie bis zur Prüfung der Ansicht, dass die Umsätze bei der S.GmbH nicht zu versteuern sind? (Der Berufung war letztlich nach fehlgeschlagener Mängelbehebung ein Erfolg versagt.)
Haben Sie die Umsatzsteuervorauszahlungen für 12/2006 und 1, 2/2007 errechnet und die Lohnverrechnung gemacht sowie die Lohnsteuer für das Gehalt von Herrn F.W errechnet?
Von wem haben Sie die Unterlagen zur Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate 12/2006 und 1, 2/2007 erhalten? Wem haben Sie die Zahllasten bekannt gegeben?
Es wird davon ausgegangen, dass die Verantwortung des Bw. mit 30. April 2007 endet, für den Zeitraum seiner handelsrechtlichen Geschäftsführung ab 10. Februar 2005 bis zum 30. April 2007 hat er sie von der Verschwiegenheit entbunden.
Der nachfolgende Liquidator der S.GmbH ist 2012 verstorben, daher kommt nur eine Entbindung durch den Bw. in Frage."
Nach telefonischer Urgenz beim Zeugen, der sich dahingehend verantwortete, die Stellungnahme längst verschickt zu haben, wurden die Fragen mit Schreiben vom 22. September 2013 (eingelangt am 28. Oktober 2013) wie folgt beantwortet:
"Nach Mitteilung, dass der Liquidator verstorben ist und dadurch eine Entbindung durch den Bw. möglich ist, gebe ich wie folgt Antwort:
Ich war ab 9. Februar 2006 bis zum 17. September 2008 Geschäftsführer der I. WirtschaftsprüfungsgmbH. Bereits vorher, nämlich ab 15. Februar 2002 war ich Geschäftsführer der A.I.GmbH, einer Gesellschaft im gleichen Gebäude wie die I. WirtschaftsprüfungsgmbH, die mit dieser Firma auch zusammengearbeitet hat,
In meiner Erinnerung - dies ist aber bereits über 7 Jahre her und ich hatte in der Zwischenzeit einen leichten Schlaganfall - habe ich die Beratung der Gesellschaft erst mit dem Ausscheiden von R. übernommen. Die Geschäftsführungsfunktion hat R. per 20. September 2006 zurückgelegt.
Kurze Zeit vorher ist er auch aus der I. WirtschaftsprüfungsgmbH ausgeschieden. Ich glaube, dass ich die Betreuung erst im August/September 2006 übernommen habe. Ich kann aber nicht ausschließen, dass ich auch schon früher tätig war.
In meiner Erinnerung war kurz nachdem ich (mit Team) die Betreuung der Gesellschaft übernommen habe eine abgabenbehördliche Prüfung. Im Zuge dieser Prüfung, so erinnere ich mich, ergab sich die Problematik, dass die meisten Hotelrechnungen ohne Ausweis der Mehrwertsteuer ausgestellt waren. Wir haben daher mit sehr viel Aufwand (vor allem zwei Personen im Sekretariat) fast alle Lieferanten angeschrieben um korrekt ausgestellte Rechnungen zu erhalten. Diese Arbeiten wurden vor allem in Abstimmung mit Frau O.M. durchgeführt, da nur Sie Informationen betreffend Bank und Belege hatte, Die Zusammenarbeit war extrem schwierig, da Informationen und Unterlagen extrem schwierig zu erhalten waren. Es war für A.F. und mich klar, dass insgesamt gesehen Vorsteuer und Umsatzsteuer für den von uns beiden nicht bearbeiteten Zeitraum richtig ausgerechnet waren. Es ergab sich aber im Zuge der Prüfung die Problematik, dass zwei Finanzämter zuständig waren. Diese Problematik war uns vorher nicht bewusst. Ich bin überzeugt, dass ich an der Schlussbesprechung teilgenommen habe.
Da die gesamte Arbeit betreffend fehlender Unterlagen und zu korrigierender Belege ausschließlich über Frau O.M. lief, ist es durchaus möglich, dass der Bw. nur kurz telefonisch über die Prüfung informiert wurde.
Die Berufung haben wir in der I. WirtschaftsprüfungsgmbH dem Kunden (primär Frau O.M., da diese für uns der wichtigste Ansprechpartner gewesen ist; wahrscheinlich auch telefonisch dem Bw.) geraten und auch erstellt. Die Entscheidung zur Berufung wurde mit einem oder zwei weiteren Geschäftsführern abgestimmt, da der Aufwand für die Berufung hoch war. Aber der Aufwand erschien uns in Relation zum offenen Betrag und der als sehr sicher eingeschätzten Chance diese Berufung zu gewinnen unbedingt geboten.
Die Umsatzsteuervoranmeldungen 12/2006, 1/2007 und 2/2007 wurden sicherlich von der Buchhaltungsabteilung der I. WirtschaftstreuhandgmbH gemacht und von A.F. und mir zur Versendung freigegeben. Die Lohnverrechnung wurde von der Lohnverrechnungsabteilung durchgeführt und von A.F. und mir zur Versendung freigegeben. Die Unterlagen kamen sicherlich von Frau O.M. (bzw. aus dem Büro in M). Wir haben auch dorthin die Auswertungen samt Belegen zurückgeschickt. Die Überweisung der Gehälter und der Abgaben wurden auch aus dem Büro in M gemacht.
Ich kann ergänzend angeben, dass die Zusammenarbeit extrem schwierig war und versprochene Belege von Frau O.M. sehr schleppend übermittelt wurden. Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung, ersuche aber um Verständnis, dass ich seit 2008 aus der I. WirtschaftstreuhandgmbH ausgeschieden bin und keinen Zugriff auf Unterlagen habe."
Die schriftliche Zeugenaussage wurde dem Bw. und der Amtsbeauftragten mit der Ladung zur fortgesetzten mündlichen Verhandlung für 22. November 2013 mitgeschickt.
Der Vertreter des Bw. hat in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung zur Zeugenaussage von O.P. bekannt gegeben, dass er die Ansicht vertrete, dass sich daraus ergebe, dass der Bw. sich vor Abhaltung der Betriebsprüfung nicht um die Zahlung von Umsatzsteuervorauszahlungen annehmen musste, da die wirtschaftlichen Belange der GesmbH von dem anderen handelsrechtlichen Geschäftsführer wahrgenommen worden seien und die Steuerberatungskanzlei laufend beauftragt gewesen sei. Im Zuge der Prüfung sei auch beauftragt gewesen, die Prüfungsergebnisse mittels Berufung zu bekämpfen.
Die Steuerberatungskanzlei I. sei auch beauftragt gewesen, die Berechnung der nachfolgenden Selbstberechnungsabgaben USt 12/2006 und 01/2007 sowie der Lohnabgaben für 01 - 03/ 2007 vorzunehmen.
Die Amtsbeauftragte stellte zur schriftlichen Aussage des Zeugen fest, dass sich die Sachlage aus ihrer Warte anders darstelle. Der Zeuge habe nicht festgehalten, dass für die steuerlichen Belange seitens der Firma nur Frau O.M. zuständig gewesen sei. Er habe auch den Bw. über die Prüfung informiert und festgehalten, dass Unterlagen nur schleppend gekommen seien. Ein Geschäftsführer sei auch verpflichtet, Kontrollmaßnahmen zu setzen. Wenn ein Steuerberater mangels Bezahlung des Honorars nicht mehr tätig werde, so sei dies dem Geschäftsführer ebenfalls als schuldhafte Pflichtverletzung anzurechnen.
Der Bw. ergänzte, dass er im September 2006 davon ausgegangen sei, dass der Gesellschaft ein Guthaben in der Höhe von ca. EUR 285.000,00 zukommen werde. Tätig geworden sei in diesem Zusammenhang für die Gesellschaft Herr A.K. als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Er selbst sei verpflichtet für seine Firma 7 Jahre Unterlagen aufzuheben und verstehe daher nicht, wieso das FA Graz-Stadt den Akt bereits gelöscht habe. Er habe zu dem nachfolgenden Geschäftsführer, W.F., ermittelt, dass sein Sohn Erbe sei. Der Sohn wäre verpflichtet, die Unterlagen herauszugeben.
Die Anträge auf Einvernahme von Frau O.M. und Herrn A.K. wurden aufrechterhalten. Nach Angaben des Bw. haben beide Personen keine österr. Meldeadresse. Die beiden Personen sollen allenfalls über den Winter in Österreich aufhältig sein. Die Adresse der Firma S.T. lautet Mx.
Abschließend ergänzte der Bw., dass seine Vermutung sei, dass Frau O.M. in der Folge nach der Prüfung einfach nicht mehr bezahlt habe. Er habe bei seinem Ausscheiden noch keinen negativen Bescheid zu den Ergebnissen der Betriebsprüfung gehabt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der Ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnten.
Nach § 9 Abs.1 BAO liegt demnach eine Ausfallshaftung vor, somit ist zunächst festzustellen, dass die Außenstände bei der Primärschuldnerin, S.GmbH, nicht mehr eingebracht werden können.
Der über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkurs wurde mangels Kostendeckung am 12. November 2010 aufgehoben und die Gesellschaft am 22. März 2011 gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Ein Zugriff auf Geldmittel der Gesellschaft ist somit nicht möglich, die Einbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin nicht gegeben.
Der Bw. fungierte ab 9. November 2002 bis 17. September 2003 und von 10. Februar 2005 bis 9. Jänner 2008 als handelsrechtlicher Geschäftsführer und war daher grundsätzlich verpflichtet, für die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften im Zeitraum seiner Geschäftsführung Sorge zu tragen.
Neben dem Bw. fungierte ab 10. Oktober 2003 bis 9. Jänner 2008 auch A.K. als handelsrechtlicher Geschäftsführer und ab 7. Jänner 2008 bis zur Konkurseröffnung im Juni 2010 W.F. als Liquidator.
Zur Frage einer schuldhaften Pflichtverletzung und der dadurch bewirkten Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten ist generell auszuführen:
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist jedoch nicht gefordert (z. B. VwGH 18.10.1995, 91/13/0037, 31.10.2000, 95/15/0137).
Zu den Abgaben, für die der Bw. zur Haftung herangezogen wurde und seiner diesbezüglichen schuldhaften Pflichtverletzung wegen deren Nichtentrichtung werden folgende Feststellungen getroffen:
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15.Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen. in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2006 wurde am 26. Februar 2007 zwar gemeldet, jedoch nicht entrichtet. Ein anteiliger Betrag von € 17.906,46 haftet noch aus.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für Jänner 2007 in der Höhe von € 34.373,66 wurde ebenfalls lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Dies gilt auch für die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate April und Mai 2007 in der Höhe von € 26.247,86 und € 2.424,71.
Nach der Niederschrift über die Schlussbesprechung hat am 21. November 2006 bei der S.GmbH u.a. für die Zeiträume August und September 2005 sowie Jänner bis Mai 2006 eine Umsatzsteuernachschau stattgefunden. Unter TZ 1 wird ausgeführt, dass die Gesellschaft im Prüfungszeitraum Vermittlungsleistungen für die S.M. erbracht habe, wobei bisher keine Ausgangsrechnungen an den Leistungsempfänger gelegt worden seien. Die Zahlungen stellten somit einen Bruttobetrag, inkl. 20 % Umsatzsteuer dar, woraus sich für 8 und 9/2005 steuerpflichtige Entgelte in der Höhe von € 404.036,93 und für 10/2005 bis 5/2006 in der Höhe von € 599.916,67 ergäben. An abziehbaren Vorsteuern wurde für 8 und 9/2005 ein Betrag von € 10.898,30 anerkannt und für 10/2005 bis 5/2006 ein Betrag von € 19.079,69 und dem steuerlichen Vertreter eine Liste übergeben, aus der ersichtlich gewesen sei, für welche Rechnungen mangels Ausstellung auf die S.GmbH der Vorsteuerabzug nicht anerkannt worden sei.
Für den gesamten Prüfungszeitraum sind zuvor keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden.
Am 21. Dezember 2006 wurde gegen die Prüfungsfeststellungen Berufung eingebracht und eingewendet, dass die Zahlungen der S.M. als Durchlaufposten anzusehen seien und gemäß § 4 Abs. 3 UStG nicht Teil des Entgelts darstellten und nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen seien.
Da der Mängelbehebung nicht nachgekommen wurde, wurde die Berufung am 22. Juni 2007 für zurückgenommen erklärt. Nach Verfügung des Ablaufs der Aussetzung der Einhebung wurden die Nachforderungsbeträge von € 69.909,09 für 8 und 9/2005 und € 100.903,64 für 1-5/2006 am 2. Juli 2007 wieder am Abgabenkonto vorgeschrieben.
Die berichtigte Umsatzsteuerjahreserklärung 2005 weist eine Restschuld von € 29.173,41 aus, die ebenfalls weder bei Fälligkeit, noch bei Buchung am 17. Juli 2007, noch bis dato entrichtet wurde.
Wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2007 wurden die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt, womit sich eine am 20. Juli 2009 verbuchte Nachforderung von € 6.733,33 ergibt, wobei dieser Betrag bereits am 15. November 2007 fällig war (abweichendes Wirtschaftsjahr bis 9/2007).
Gegen den Bescheid wurde Berufung erhoben, jedoch hat der Masseverwalter der Mängelbehebung nicht entsprochen, weswegen die Berufung am 14. Juni 2010 für zurückgenommen erklärt wurde.
Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.
Die Lohnsteuer für die Monate Jänner, Februar und März 2007 in der Höhe von jeweils € 167,65 wurde lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Im Zuge der bei Konkurseröffnung abgehaltenen Lohnsteuerprüfung wurde eine Abfuhrdifferenz hinsichtlich der Lohnsteuer des Bw. für 1 bis 4 /2007 in der Höhe von € 184,80 festgestellt und mit Bescheid vom 21. Juni 2010 vorgeschrieben.
Die Körperschaftsteuervorauszahlungen 7-9/2007 in der Höhe von € 437,00, fällig am 16. August 2007, wurden nicht entrichtet.
Die Körperschaftsteuer 2007 wurde ebenso wie die Umsatzsteuer 2007 im Schätzungsweg ermittelt und ein Nachforderungsbetrag von € 3.045,36 vorgeschrieben.
Die Kammerumlage 1-3/2007 in der Höhe von € 242,96 wurde am 23. Mai 2007 lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche.
Diese Nebenansprüche umfassen Säumniszuschläge wegen Nichtentrichtung der Abgabenschuldigkeiten, Aussetzungszinsen, Stundungszinsen, Verspätungszuschläge und Anspruchszinsen.
Dem Parteienvorbringen und den vorgelegten Unterlagen folgend ist der Unabhängige Finanzsenat in freier Beweiswürdigung zu dem Schluss gekommen, dass der Bw. mit 30. April 2007 die Tätigkeit als angestellter Geschäftsführer für das Unternehmen eingestellt hat und ihn keine Verantwortlichkeit für die Nichtabfuhr der nach diesem Termin fällig gewordenen Abgaben trifft. Es verbleiben demnach folgende Abgabenschuldigkeiten zur weiteren Prüfung einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bw.
Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeitstag | Betrag |
Umsatzsteuer | 12/2006 | 15.2.2007 | 17.906,46 |
Lohnsteuer | 1/2007 | 15.2.2007 | 167,65 |
Lohnsteuer | 2/2007 | 15.3.2007 | 167,65 |
Umsatzsteuer | 1/2007 | 15.3.2007 | 24.373,66 |
Lohnsteuer | 3/2007 | 16.4.2007 | 167,65 |
Säumniszuschlag 1 zur U 12/2006 | 2007 | 16.4.2007 | 1.096,90 |
Umsatzsteuer | 8-9/2005 | 15.11.2005 | 69.909,09 |
Umsatzsteuer | 1-5/2006 | 17.7.2006 | 94.275,99 |
Umsatzsteuer | 2005 | 15.11.2005 | 29.173,41 |
Verspätungszuschlag | 8-9/2005 | 2.1.2007 | 1.398,18 |
Verspätungszuschlag | 1-5/2006 | 2.1.2007 | 2.018,07 |
Säumniszuschlag 1 zur U 8, 9/2005 | 2005 | 18.1.2007 | 1.398,18 |
Säumniszuschlag 1 zur U 1-5/2006 | 2006 | 18.1.2007 | 2.018,07 |
Zu den Feststellungen der Umsatzsteuernachschau hat der Zeuge auf Befragung im Rechtsmittelverfahren bekannt gegeben, dass sein Ansprechpartner für buchhalterische Belange und Belegwesen vorrangig Frau O.M. gewesen ist, aber auch eingeräumt, die Ergebnisse der Prüfung dem Bw. mitgeteilt zu haben, was durch den im Zuge der ersten mündlichen Verhandlung vorgelegten Beleg bestätigt wird.
Unter Würdigung des vor dem UFS abgehaltenen Beweisverfahrens ist der Unabhängige Finanzsenat zu dem Schluss gekommen, dass der Bw. bis zum Abschluss der abgabenbehördlichen Prüfung der Ansicht sein konnte, dass die steuerlichen Agenden ordnungsgemäß durchgeführt werden, keine Vorauszahlungen angefallen sind und damit keine Verletzung einer Umsatzsteuerzahlungsverpflichtung für vor der Prüfung liegende Zeiträume vorliegt. Er war nicht alleiniger Geschäftsführer und es wird seinem Vorbringen Glauben geschenkt, dass bis zum Prüfungsabschluss die Wahrnehmung der steuerlichen Agenden der Gesellschaft in den Händen des Steuerberaters, von Frau O.M. und dem zweiten Geschäftsführer A.K. lag.
Eine Verpflichtung diesbezügliche Kontrollfunktionen wahrzunehmen bestand für den Bw. erst ab Kenntnis des Umstandes, dass eine Abgabennachforderung vorgeschrieben wurde und das Konto Außenstände aufwies, für die danach fälligen Selbstberechnungsabgaben.
Dass die Eigentümer und der zweite Geschäftsführer Frau O.M. intern dazu eingesetzt haben Zahlungen zu leisten, konnte den Bw. von seiner Verpflichtung für die Einhaltung steuerlicher Belange Sorge zu tragen nicht entbinden, da sie handelsrechtlich keine Funktion in der Gesellschaft bekleidet hat.
Die Richtigkeit des Vorbringens, dass sie faktisch Zahlungsverpflichtungen wahrgenommen hat, wird außer Streit gestellt, daher konnte der Beweisantrag, sie dazu persönlich zu befragen, wegen ausreichender Klärung des Sachverhaltes abgewiesen werden. Es wäre am Bw. gelegen, den Umstand zu ändern, dass nur sie über Geldmittel verfügen konnte und ihm auf diesem einzigen mit Geld dotierten Bankkonto kein Zeichnungsrecht eingeräumt worden war.
Ein Vertreter darf sich bei der Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht behindern lassen. Sieht er sich bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse konfrontiert oder wird er im Laufe seiner Vertretertätigkeit an der Erfüllung seiner Verpflichtungen gehindert, hat er sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der unbeschränkten Ausübung der Funktion zu erzwingen oder die Funktion zurückzulegen.
Eine Agendenverteilung zwischen mehreren Vertretern ist grundsätzlich zu beachten. Gibt es jedoch konkrete Anhaltspunkte, die Anlass zur Annahme geben, der für abgabenrechtliche Belange zuständige Vertreter erfülle seine Aufgaben nicht, ist auch der nicht mit steuerlichen Aufgaben befasste Vertreter verpflichtet Abhilfe zu schaffen.
Es sind entsprechende organisatorische und personelle Maßnahmen zu setzen, welche die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen sicherstellen. Zudem hat der Vertreter die Pflicht, die Tätigkeit der mit steuerlichen Agenden befassten Person zumindest in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass ihm Abgabenrückstände verborgen bleiben (VwGH 26.5.1998, 97/14/0080).
Demnach trifft auch einen nicht regelmäßig mit steuerlichen Belangen befassten Geschäftsführer eine Kontrollverpflichtung gegenüber dem weiteren Geschäftsführer, sobald anzunehmen ist, dass Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, was im Falle des Bw. eben nach Abschluss der Betriebsprüfung bei Weiterleitung der Nachforderungsbescheide durch den Steuerberater an ihn ersichtlich war. Ab dem Erhalt der Mitteilung vom 7. Dezember 2006 war der Bw. verpflichtet, die Einhaltung der Melde- und Zahlungsverpflichtungen für die danach fällig werdenden Selbstberechnungsabgaben, unabhängig von einer Aufgabenwahrnehmung von O.M. und A.K., sicher zu stellen und zu kontrollieren. Die Beweisanträge auf Einvernahme der beiden Personen waren somit mangels Entscheidungsrelevanz abzuweisen.
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, inwieweit den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, Abgaben zu entrichten bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. (UFS 7.1.08, RV/0759-W/06)
Der Bw. wär demnach verpflichtet gewesen an den Fälligkeitstagen der Umsatzsteuervorauszahlungen für deren Entrichtung Sorge zu tragen.
Die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze abzuführen. Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er nach § 78 Abs. 3 EStG die Lohnsteuer vom tatsächlich zur Auszahlung gelangenden Betrag zu entrichten.
Für die Lohnabgaben gilt demnach der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, daher wären sie bei Fälligkeit zur Gänze abzuführen gewesen.
Im Rahmen der Gleichbehandlung der Gläubiger ist unter folgenden Gesichtspunkten eine Prüfung vorzunehmen:
Dem Vertreter obliegt der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (VwGH 16.9.2003, 2003/14/0040).
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Schulden nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Schulden verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten zur Gänze (z.B. VwGH 27.9.2000, 95/14/0056). Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.
Der Bw. wurde bereits mit Vorhalt zu einer geplanten Haftungsinanspruchnahme am 6. November 2009 (ab diesem Zeitpunkt war der Bw. auch angehalten, sich um eine Beweissicherung hinsichtlich verfahrensrelevanter Unterlagen zu kümmern) auf die Voraussetzungen zum Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger bei Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten aufmerksam gemacht, er hat aber in keiner Phase des Haftungsverfahrens behauptet, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben nicht ausreichende Geldmittel zu deren Begleichung vorhanden gewesen wären.
Abgestellt wird auf die tatsächliche Begleichung, die Hoffnung auf eine zu erwartende (in der Folge jedoch dauerhaft ausgebliebene) Gutschrift bei einem anderen Steuersubjekt konnte nicht von einer bestehenden Zahlungsverpflichtung bei der S.GmbH befreien.
Prüfungszeitpunkt für das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung ist die Fälligkeit der geschuldeten Abgabe, dass die Gesellschaft in der Folge unter der Führung eines nachfolgenden handelsrechtlichen Geschäftsführers in Konkurs gekommen ist, ist demnach irrelevant.
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.5.1989, 89/14/0044) auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden (VwGH 16.12.1999, 97/16/0006).
Eine Haftungsinanspruchnahme des zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführers war mangels Möglichkeit rechtswirksam an ihn zuzustellen, nicht vornehmbar.
Die Berufung war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 25. November 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |