AfA für eine "Guarnerius-Violine" aus 1705 mit einer Nutzungsdauer von 100 Jahren
Anmerkungen:
Abweichend: LStR 2002 Rz 383
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des F.G., 1xxx Wien, M-Gase, vertreten durch Martin Unger, 1220 Wien, Hirschstettner Straße 19-21, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk vom 21. Mai 2002 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für den Zeitraum 1995 bis 1997 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen
Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (im Folgenden mit Bw. bezeichnet) ist Berufsmusiker und Lehrbeauftragter (in den Streitjahren an den Hochschulen für Musik und darstellende Kunst Wien und Graz), nunmehr Musikuniversitäten Wien und Graz.
Zur Vorgeschichte des Falles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Juli 2012, Zl. 2008/13/0082, sowie auf die seinerzeit ergangene Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 25. Februar 2008, GZ. RV/1987-W/03, verwiesen. Die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 25. Februar 2008, GZ. RV/1987-W/03 wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufgehoben.
Nach Ergehen vorläufiger Einkommensteuerveranlagungsbescheide für die Streitjahre wurde eine Prüfung der Aufzeichnungen des Bw. durchgeführt, als deren Ergebnis u.a. festgestellt wurde, dass die Guarnerius-Violine aus dem Jahre 1705 des Bw. nicht als abnutzbares Wirtschaftsgut zu behandeln sei. Die in der Folge erlassenen Bescheide ergingen entsprechend den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung.
Gegen die Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 wurde fristgerecht berufen und beantragt, die jährliche Absetzung für Abnutzung der Guarnerius-Violine aus dem Jahre 1705 in Höhe von ATS 49.280,-- anzuerkennen. Die Anschaffung dieses Instruments erfolgte im Juni 1989, der Absetzung für Abnutzung wurde eine Nutzungsdauer mit 35 Jahren zu Grunde gelegt. Diese Berufung wurde wie folgt begründet:
Die in Rede stehende Violine aus dem 18. Jahrhundert werde insbesondere für die Aufführungspraxis "Alter Musik" und hier insbesondere im Rahmen des "Concentus Musicus" sowie im Rahmen des N-Ensembles benötigt. Beide Ensembles seien vor allem für deren Interpretation von Musik auf Originalinstrumenten bekannt und der Leiter des "Concentus Musicus" Maestro M.G. habe die Verwendung von Originalinstrumenten für seine Aufführungspraxis ausdrücklich verlangt. Die Anschaffung dieser Violine sei somit unter der Notwendigkeit der Mitwirkung im Rahmen der genannten Musikensembles, wobei die Einkünfte im Bereich der selbständigen Arbeit sich überwiegend aus deren Einnahmen ergebe. Überdies verwende der Bw. das genannte Instrument auch im Rahmen seiner Mitwirkung beim Ensemble2.
Die Nutzungsdauer von 35 Jahren sei auf die voraussichtliche Nutzungsverwendung im Rahmen der Ausübung der selbständigen Tätigkeit des Bw. abgestellt worden. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung sei in Tz. 20 des BP-Berichts die Absetzung für Abnutzung mit der Begründung nicht zuerkannt worden, dass es sich lt. österr. Rspr um eine Antiquität handle und das Wirtschaftsgut somit keiner Abnutzung unterliege. Unbestritten sei jedoch, dass der Bw. die Violine "Guarnerius" als "Betriebsmittel" nutze und überwiegend sogar seine Einkünfte nur aus der Nutzung dieses Betriebsmittels erzielen könne. Der Ansatz von 35 Jahren sei ... im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen abgestellt auf die zu erwartende betriebliche Nutzung des Instruments im Rahmen der selbständigen musikalischen Berufsausübung erfolgt.
Im Rahmen der BP sei lediglich von der österr. Rechtsprechung zu Antiquitäten ausgegangen worden, wobei nicht näher die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen angeführt worden seien. Die Versagung der gegenständlichen Absetzung für Abnutzung sei unter Heranziehung eines BMF-Erlasses erfolgt. Diesem BMF-Erlass komme keine Rechtswirksamkeit zu, da es sich nur um einen Rechtsbehelf bei entsprechend ausfallenden Fragen handle. Im vorliegenden Fall liege eine deutlich anders gelagerte Situation vor, da - wie bereits ausgeführt - das Instrument ein unabdingbares "Betriebsmittel" zur Erzielung von Einnahmen darstelle. Es handle sich auch nicht um die Anschaffung im Sinne eines "musealen Instruments", das mit hohen Anschaffungswert erworben worden sei, um sicher zu stellen, dass allenfalls viele Jahre später ein entsprechender Liebhaberwert realisiert werden könne. Dagegen spreche allein die Form der betrieblichen Nutzung.
Der Bw. verwende das Instrument fast bei allen seinen Auftritten, unbeschadet, ob diese im Inland oder Ausland stattfinden, unter welchen klimatischen Verhältnissen und ohne Berücksichtigung besonderer Transportmaßnahmen. Daraus ergebe sich, dass das Instrument alleine im Verlauf der angesetzten 35 Jahre durch den ständigen Transport, den klimatischen Veränderungen und durch das ständige Bespielen selbst einer gewissen Abnutzung unterliegt. Dies ergebe sich weiters auch durch die zwangsläufig beim Spiel eintretenden Einflüsse auf die Lasur und das Holz durch Transpiration und Bewegungsablauf. Das Instrument mag zwar nach 35 Jahren ständiger Nutzung im Konzert- und Probenbetrieb aufgrund seines Namens und des Herstellungsdatums über einen gewissen "Liebhaberwert" verfügen, könne weder vorhergesehen noch in irgendeiner gültigen Form jetzt schon bemessen werden, welchen Wert es dann repräsentieren noch in welchem Zustand es sich dann befinden werde. Alle Interpreten wie auch Instrumentenbauer verfügen derzeit noch nicht über die ausreichende Erfahrung, inwieweit Streichinstrumente aus dem 17. und 18. Jahrhundert in 20 oder 30 Jahren noch geeignet seien, im Konzertbetrieb genutzt zu werden, wenn sie einer ständigen Beanspruchung im Sinne der heutigen obigen Verwendung unterliegen.
Die gegenständliche Vorgangsweise der BP verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, dies werde wie folgt begründet: Ein Unternehmen, welches ein Gebäude anschafft, welches unter Denkmalschutz steht und kulturhistorisch einen sehr hohen Wert darstellt, könne dieses Gebäude, unbeschadet dieser Tatsache, entsprechend den Anschaffungskosten ohne Nachweis der Nutzungsdauer im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG, bei einer entsprechend langfristigen Nutzung, bis auf ATS 1,00 abschreiben. Ein Unternehmen, welches ein Kraftfahrzeug anschaffe, könne dieses unter Anwendung einer 8-jährigen Nutzungsdauer ebenfalls bis auf einen Restbuchwert von ATS 1,00 abschreiben, auch wenn er das Kraftfahrzeug bei entsprechend pfleglicher Behandlung über einen Zeitraum von 25 Jahren beruflich nutze und der PKW damit zum ,Oldtimer' werde und einen entsprechenden Liebhaberwert beim Verkauf erzielen würde. In den genannten beiden Fällen gehe der Gesetzgeber davon aus, dass die Abschreibungsdauer zu einer ,stillen Reserve' führen könne, die nur bei Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes steuerlich wirksam werde.
Warum im Fall der Anschaffung eines zur beruflichen Ausübung unbedingt erforderlichen Instruments dies vom Gesetzgeber nicht zugestanden werde, entziehe sich auch der einschlägigen Rechtsprechung, auf die offensichtlich in Tz. 20 des Betriebsprüfungsberichtes hingewiesen werde. Mein Mandant fühle sich somit im Rahmen seiner Berufsausübung gegenüber anderen Berufszweigen deutlich benachteiligt. Dies führe auch zu einer Wettbewerbsverzerrung, da bei Nichtabsetzung der hohen Anschaffungskosten eine entsprechend deutlich höhere Steuerbelastung anfalle, die der Musiker im Rahmen seiner Honorargestaltung zwangsläufig berücksichtigen müsse, da er die notwendigen Anschaffungskosten nur aus den Einkünften seiner künstlerischen Berufsausübung abdecken könne. Dies widerspreche den Grundsätzen des EU-Vertrages, noch dazu, wo Musiker in den meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten in gleich gelagerten Fällen ein entsprechendes beruflich genutztes Instrument im Rahmen der Gewinnermittlung absetzen können.
Die Berufung wurde mit Berufungsentscheidung vom 25. Februar 2008, GZ. RV/1987-W/03, als unbegründet abgewiesen. Die Abweisung der Berufung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die "Guarnerius-Violine" aus dem Jahre 1705 kein Wirtschaftsgut darstelle, dessen Wert durch Benützung allmählich aufgezehrt werde. Vielmehr stelle das Bespielen der Violine eine notwendige Voraussetzung ihrer Werterhaltung dar, da ein Nichtbespielen zu Klangeinbußen führen und dem Wert des Instruments abträglich wäre. Gegenstände, die älter als 150 Jahre seien, würden stets als Antiquitäten gelten. Antiquitäten unterliegen zwar einer technischen (physikalischen) Abnutzung, jedoch sei diese Abnutzung unter Bedachtnahme auf den historischen Wert und der damit verbundenen Bereitschaft zur werterhaltenden Pflege so gering, dass sie steuerlich zu vernachlässigen sei (vgl. VwGH 24.9.1996, Zl. 94/13/0240).
Mit Erkenntnis des VwGH vom 31. Juli 2012, Zl. 2008/13/0082, wurde die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 25. Februar 2008, GZ. RV/1987-W/03, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufgehoben.
Die Aufhebung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die belangte Behörde nicht mit der Intensität der Nutzung und den damit verbundenen Behauptungen über die zeitliche Begrenztheit einer solchen Nutzung auseinander gesetzt habe. Dem Standpunkt des Bw., das Instrument sei in seinem derzeitigen Gebrauch einem "Verschleiß" ausgesetzt, der seine dauerhafte Nutzbarkeit im Konzertbetrieb in Frage stelle, sei die belangte Behörde nicht nachvollziehbar entgegen getreten.
Im weiteren Verfahren wurde in dem Telefonat vom 4. September 2012 mit dem steuerlichen Vertreter zugestimmt, der Absetzung für Abnutzung - AfA der "Guarnerius-Violine" eine Nutzungsdauer von 100 Jahren zu Grunde zu legen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob hinsichtlich einer im täglichen Konzertbetrieb verwendeten "Guarnerius-Violine" aus dem Jahre 1705 ein abnutzbares Wirtschaftsgut vorliegt. Nach Auffassung des Finanzamtes stelle - im Hinblick auf die bisherige Verwaltungspraxis - die im täglichen Konzertgebrauch verwendete Violine aus dem Jahre 1705 eine nicht abnutzbare Antiquität dar, deren technische (physikalische) Abnutzung so gering sei, dass sie steuerlich vernachlässigt werden könne. Dem entgegen stehend hat der Bw. der Absetzung für Abnutzung - AfA dieser Violine eine Nutzungsdauer von 35 Jahren zu Grunde gelegt.
Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), sind gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, müssen nach Abs. 3 leg.cit. ein Verzeichnis (Anlagekartei) der in ihrem Betrieb verwendeten Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens führen.
Die Absetzung für Abnutzung - AfA bemisst sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes, worunter die Dauer der normalen technischen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Nutzbarkeit zu verstehen ist. Maßgebend ist nicht der Zeitraum der voraussichtlichen Benutzung durch den Besitzer des Wirtschaftsgutes oder andere subjektive Erwägungen, sondern die objektive Möglichkeit der Nutzung des Wirtschaftsgutes (VwGH 7. 9. 1993, Zl. 93/14/0081).
Die Nutzungsdauer ist vom Steuerpflichtigen zu schätzen (VwGH 12. 9. 1989, 88/14/0162, VwGH 27. 1. 1994, Zl. 92/15/0127). Dabei sind alle Umstände zu beachten, die die Nutzungsdauer bestimmen, und zwar sowohl jene, die durch die Art des Wirtschaftsgutes bedingt sind, als auch jene, die sich aus der besonderen Nutzungs(Verwendungs)form im Betrieb des Steuerpflichtigen ergeben (zur möglicherweise längeren technischen Nutzungsdauer nur fallweise beruflich genutzter Wirtschaftsgüter s. Anm. 22 zu § 15). Maßgebend ist somit die objektive betriebsindividuelle Nutzungsdauer; das ist jene Zeitspanne, innerhalb derer das Wirtschaftsgut einen wirtschaftlichen Nutzen abwerfen und im Betrieb nutzbringend einsetzbar sein wird (VwGH 24. 6. 2003, Zl. 99/14/0015). Zukünftige Umstände sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie sich gegenwärtig verlässlich voraussehen lassen (VwGH 25. 4. 2002, Zl. 99/15/0255).
Beim Kauf gebrauchter Wirtschaftsgüter ist der AfA-Berechnung die noch zu erwartende tatsächliche Nutzungsdauer unabhängig von der Nutzungsdauer des Vorgängers zu Grunde zu legen.
Die Schätzung der Nutzungsdauer unterliegt der freien Beweiswürdigung der Abgabenbehörde, die die Schätzung der Nutzungsdauer daher grundsätzlich auch dann überprüfen und ändern kann, wenn sie die vom Steuerpflichtigen bisher vorgenommene Schätzung in den Vorjahren unbeanstandet gelassen hat und sich diese Schätzung als unzutreffend erweist (VwGH 30. 5. 2001, Zl. 95/13/0292).
Nach bisheriger Verwaltungspraxis und den dazu ergangenen Entscheidungen der Finanzlandesdirektion sowie des UFS wurden auch von Berufsmusikern verwendete Musikinstrumente, die den Charakter einer Antiquität aufweisen, grundsätzlich als nicht abnutzbar angesehen, weil die technische (physikalische) Abnutzung so geringfügig ist, dass sie steuerlich vernachlässigt werden kann (vgl. Doralt, EStG, § 7 Rz. 65 und die dort zitierte Judikatur).
Nach der Rspr des BFH ist hingegen auf die tatsächliche Nutzung eines historischen und als Antiquität anzusehenden Musikinstruments abzustellen: Wird eine antike Violine nur zu Demonstrationszwecken eingesetzt, wird sie als nicht abnutzbar erachtet. In diesem Fall beschränkt sich der körperliche Verschleiß des Wirtschaftsgutes (Antiquität) - wie bei einer in Räumen aufbewahrten Kunstgegenständen - im Wesentlichen auf geringe Umwelteinflüsse und vollzieht er sich deshalb in so großen Zeiträumen, die es nicht mehr erlauben, eine Nutzungsdauer annähernd zu bestimmen. Eine technische AfA kann im Hinblick auf ihre Geringfügigkeit steuerlich vernachlässigt werden. Ein solches Wirtschaftsgut - wie eine bloß museal genutzte Violine - ist nicht abnutzbar. Diese zu Kunstgegenständen ergangene Rechtsprechung gilt für Gebrauchsgegenstände, wenn sie nicht entsprechend ihrer jeweiligen Bestimmung genutzt werden, sondern - wie Kunstobjekte - in erster Linie als Sammlungs- und Ausstellungsstücke dienen (vgl. BFH 2.12.1977, Zl. III R 58/75).
Diese zu Kunstgegenständen ergangene Rspr gilt auch für Gebrauchsgegenstände, wenn sie nicht entsprechend ihrer jeweiligen Bestimmung genutzt werden, sondern - wie Kunstobjekte - in erster Linie als Sammlungs- und Ausstellungsstücke dienen (vgl. BFH in BFHE 158,312, BStBl II 1990, 50).
Werden solche Objekte hingegen in ihrer Gebrauchsfunktion verwendet, unterliegen sie bei ständigem Gebrauch in der Regel einem technischen Verschleiß, der eine AfA auch dann rechtfertigt, wenn ein wirtschaftlicher Wertverzehr nicht eintritt oder es wirtschaftlich sogar zu einem Wertzuwachs kommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 146, 76, BStBl II 1986, 355). Denn wirtschaftliche oder technische Abnutzung sind jeweils für sich zu beurteilen und berechtigen jeweils für sich gesehen zur Inanspruchnahme von AfA. Eine wirtschaftliche Abnutzung scheidet bei solchen historischen Instrumenten als Wirtschaftsgüter aus, die keinem Zeitgeschmack unterliegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 158, 312, BStBl II 1990, 50).
Eine Saldierung von technischer Abnutzung und wirtschaftlichem Wertzuwachs ist nach der Rspr des BFH ausgeschlossen, an der technischen Abnutzbarkeit ändert sich aus dadurch nichts, dass dem infolge des Gebrauchs eintretenden Verschleißes durch entsprechende Erhaltungsmaßnahmen entgegen gewirkt werden kann.
Wird im vorliegenden Fall die historische Violine des Bw. aus dem Jahre 1705 im Rahmen seines Berufes laufend gespielt und ist deshalb einer regelmäßigen Gebrauchsabnutzung ausgesetzt, unterliegt sie einem technischen Verschleiß, der nach der Judikatur des BFH nicht vernachlässigt werden kann.
Aus diesem Grund hegt der BFH-Senat keine Bedenken, einer neuen Meistergeige eine typisierende Nutzungsdauer von 50 Jahren zu Grunde zu legen. Damit wird berücksichtigt, dass es sich bei Geigen um langlebige Wirtschaftsgüter handelt, bei denen eine Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr nur begrenzt feststellbar ist (vgl. BFH 26.1.2001, VI R 26/98).
Eine Orientierung an den Zeitraum von 50 Jahren hält der BFH dann für unzulässig, wenn es sich um Instrumente handelt, die bereits über 100 Jahre alt sind und regelmäßig im Konzertalltag bespielt werden. Bei derartigen Unikaten würde eine Schätzung der Restnutzungsdauer mit 50 Jahren zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen. Bei der dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war die im Konzertalltag verwendete Violine bereits knapp 300 Jahre alt, aber in tadellosem Zustand für den täglichen Gebrauch und hervorragend für den Konzertalltag geeignet (vgl. BFH 26.1.2001, VI R 26/98).
Die im vorangegangenen Verfahren ergangene Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 25. Februar 2008, GZ. RV/1987-W/03, wurde mit VwGH-Erkenntnis vom 31.7.2012, Zl. 2008/13/0082, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufgehoben. Dies u.a. mit der Begründung, dass die belangte Behörde, den Argumenten des Bw. bezüglich negativer Einflüsse auf Lasur und Holz durch Transpiration und Bewegungsablauf bei intensiver Nutzung als Konzertinstrument und einem ausgesetzten Verschleiß als Folge der dauerhaften Nutzung im Konzertbetrieb nicht nachvollziehbar entgegen getreten sei (vgl. VwGH 31.7.2012, Zl. 2008/13/0082).
Wenn im vorliegenden Fall die in Rede stehende Violine aus dem Jahre 1705 infolge ihrer täglichen Verwendung im Konzertalltag einem gewissen und nur schwer feststellbaren Verschleiß ausgesetzt ist, wird dieser eine Restnutzungsdauer von weiteren 100 Jahren zu Grunde gelegt.
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Jahre 1995 bis 1997 werden wie folgt ermittelt:
1. Ermittlung der jährlichen Absetzung für Abnutzung:
Bezeichnung: | Betrag: |
Anschaffungskosten bzw. AfA-Basis in ATS: | 1.724.800,00 |
davon 1% AfA: | 17.248,00 |
2. Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit:
Bezeichnung (Beträge in ATS): | 1995 | 1996 | 1997 |
Einkünfte selbständiger Arbeit lt. BP: | 725.484,00 | 770.758,00 | 742.643,00 |
abzügl. AfA (=1% der AKo): | - 17.248,00 | - 17.248,00 | - 17.248,00 |
Einkünfte selbständiger Arbeit lt. BE: | 708.236,00 | 753.510,00 | 725.395,00 |
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 3 Berechnungsblätter
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 7 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | VwGH 31.07.2012, 2008/13/0082 |