UFS RV/0129-I/10

UFSRV/0129-I/1019.1.2011

Berufsreifeprüfung - Zielstrebigkeit bereits in der Planung

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, Wohnort, Straße, vertreten durch Mag. Robert Lanznaster, Wirtschaftstreuhänder, 6020 Innsbruck, Defreggerstraße 22a, vom 10. September 2009 gegen die Bescheide des FA vom 26. August 2009 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden, soweit sie über die Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für den Monat Oktober 2008 absprechen, aufgehoben.

Im Übrigen bleiben sie unverändert.

Die Rückforderung beträgt an Familienbeihilfe € 1.890,60 und an Kinderabsetzbeträgen € 350,40.

Entscheidungsgründe

Im Nachhang zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe wurde vom Berufungswerber mit Bescheid vom 26. August 2009 die an ihn für den Monat Oktober 2008 und die Monate März bis August 2009 für seinen Sohn [Name] ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen zurückgefordert. Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass der Sohn seine Lehre im September 2008 vorzeitig abgebrochen habe und nach Abschluss der Berufsausbildung mit der Lehrabschlussprüfung nur mehr für drei Monate Familienbeihilfe gewährt hätte werden können.

In der Berufung führte der Vertreter des Beihilfenbeziehers aus, der in Rede stehende Sohn habe am [Datum1] eine Lehre als [Beruf] bei der Fa. [A] in (Ort) begonnen. Dieses Dienstverhältnis habe bis zum 20. Juni 2008 gedauert. Die Lehre sei sodann ab 24. Juni 2008 bei der Fa. [B] in [Ort2] fortgesetzt worden; das Dienstverhältnis wäre jedoch innerhalb der Probezeit zum 8. September 2008 wieder gekündigt worden. Dennoch habe der Sohn die Erlaubnis erhalten, die Berufsschule weiter zu besuchen und bereits vor Ablauf der dreijährigen Lehrzeit zur Lehrabschlussprüfung anzutreten, welche am 20. November 2008 positiv abgelegt worden sei. Seit Februar 2009 befinde sich [Name] in einem Dienstverhältnis bei [C] in (Ort). Sein Bruttobezug betrage € 750,00 pro Monat.

Parallel zu seinen Lehrverhältnissen habe der Sohn mit 4. Juli 2007 die Ausbildung zur Berufsreifeprüfung beim [Bildungseinrichtung] begonnen und die notwendigen Unterrichtseinheiten lückenlos besucht. Die Teilprüfungen zur Matura würden im Jänner 2010 mit dem Unterrichtsfach Deutsch beginnen und voraussichtlich im Jahr 2011 enden.

Der Sohn des Berufungswerbers befinde sich somit seit August 2006 durchgehend in einem Ausbildungsverhältnis, weshalb um Zuerkennung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages bis zum Ende der Ausbildung ersucht werde.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 19. November 2009 wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Rückforderungszeitraum auf März bis August 2009 eingeschränkt. Das Finanzamt vertrat im Zusammenhang mit der Berufsreifeprüfung die Ansicht, dass bei einer ernsthaften und zielstrebigen derartigen Ausbildung von einem erforderlichen Vorbereitungsaufwand von maximal vier Monaten pro Teilprüfung auszugehen sei. Die Familienbeihilfe könne daher nur für insgesamt 16 Monate, rückgerechnet ab dem (voraussichtlich) letzten Prüfungstermin gewährt werden, was einen Bezugszeitraum von Jänner 2010 bis April 2011 ergebe.

Daraufhin beantragte der Einschreiter die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und hielt fest, dass sich die Teilprüfungen nicht in jeweils vier Monaten absolvieren lassen würden, der Sohn "im täglichen Zeitablauf umfassend" mit seiner Ausbildung beschäftigt sei und diese nach einem vorgegebenen Stunden- und Lehrplan erfolge.

Über die Berufung wurde erwogen:

An Sachverhalt ist auf Grund der Ergebnisse des bisherigen Verwaltungsverfahrens und der vorgelegten Unterlagen davon auszugehen, dass der Sohn des Berufungswerbers eine begonnene Lehre vorzeitig abgebrochen hat, noch im gleichen Monat aber bei einem neuen Lehrherren versuchte, diese weiterzuführen. Obwohl dieses neue Lehrverhältnis noch innerhalb der Probezeit wiederum ohne die Lehrzeit abgeschlossen zu haben beendet wurde, konnte der Sohn des Berufungswerbers dennoch zur Lehrabschlussprüfung antreten.

Für den Zeitraum zwischen Beendigung des zweiten Lehrverhältnisses und dem Antritt zur Lehrabschlussprüfung (strittig war der Familienbeihilfenbezug für einen Monat) wurde der Berufung mittels Berufungsvorentscheidung durch das Finanzamt Folge gegeben und von einer Rückforderung Abstand genommen. Die in diesem Punkt stattgebende Erledigung wird auch zum Inhalt der gegenständlichen Entscheidung erhoben.

Weiters ergibt sich aus dem abgeführten Verwaltungsverfahren, dass der Sohn des Berufungswerbers bereits während seiner Lehrzeit begonnen hat, die Berufsreifeprüfung abzulegen. Dazu besuchte er ab 4. Oktober 2007 vom Berufsförderungsinstitut organisierte Vorbereitungskurse im Gegenstand "Deutsch" in einem zeitlichen Ausmaß von 2,5 Unterrichtseinheiten pro Termin jeweils am frühen Donnerstagabend. Ab dem 8. Oktober 2008 wurden zusätzlich jeweils Mittwochabends drei Unterrichtseinheiten im Fach "Englisch" absolviert (siehe dazu die vom Berufungswerber vorgelegte Bestätigung vom 2. September 2009). Weiters ergibt sich aus einer Anmeldebestätigung, dass der Sohn des Berufungswerbers beabsichtigt hat, ab der ersten Oktoberwoche des Jahres 2009 am Vorbereitungskurs im Fach "Mathematik" und ab der ersten Märzwoche des Jahres 2010 am Vorbereitungskurs "Fachbereich" teilzunehmen. Mit Feber 2009 hat der Sohn des Berufungswerbers zudem ein aktives Beschäftigungsverhältnis als Büroaushilfe begonnen.

Strittig ist nunmehr, ob dem Berufungswerber auf Grund des Besuches der Vorbereitungslehrgänge für die Berufsreifeprüfung durch seinen Sohn Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu gewähren gewesen sind oder ob der Bezug im Zeitraum März bis August 2009 (der Unabhängige Finanzsenat hat sich mit dieser Entscheidung auf den Rückforderungszeitraum zu beschränken, da nur dieser "Sache" des gegenständlichen Berufungsverfahrens ist) zu Unrecht erfolgte, was eine Rückforderung rechtfertigen würde.

Wie bereits vom Finanzamt ausgeführt, hängt der Anspruch des Berufungswerbers im gegenständlichen Fall davon ab, ob sein bereits volljähriger Sohn im genannten Zeitraum in Berufsausbildung gestanden ist und damit die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erfüllt ist. Andere einen Familienbeihilfenanspruch vermittelnde Tatbestände wurden weder seitens des Berufungswerbers vorgebracht, noch sind derartige aus dem Verwaltungsakt ersichtlich.

Eine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" (außerhalb der Sonderbestimmungen betreffend Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen) enthält § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter diesen Begriff jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist jedoch nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinne ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt jedenfalls nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt (vgl VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050). Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet (vgl. das zur Studienberechtigung ergangene Erkenntnis VwGH 1.3.2007, 2006/15/0178). Die oben angeführten, von der Judikatur geforderten Voraussetzungen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG können aber auch dann vorliegen, wenn ein Kind die Externistenreifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Reifeprüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den von der Externistenreifeprüfungskommission festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (vgl. auch hiezu das Erkenntnis VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050).

Ob die schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend, in Form von Blockveranstaltungen oder in laufenden Vorträgen organisiert ist, ist vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund nicht entscheidend.

Für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 ist aber, wie bereits oben unter Hinweis auf die Judikatur ausgeführt, auch Voraussetzung, dass - bezogen jeweils auf ein Kalendermonat als Anspruchszeitraum (§ 10 FLAG 1967) - eine entsprechende Intensität der Ausbildungsmaßnahmen gegeben ist und die Vorbereitung für die abzulegenden Prüfungen und die Ausarbeitung von Hausarbeiten im jeweiligen Kalendermonat in quantitativer Hinsicht die volle Arbeitskraft gebunden haben (VwGH 8.7.2009, 2009/15/0089). Wird daher eine Ausbildung nicht unter Einsatz der vollen (oder zumindest der überwiegenden - vgl. VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050) Arbeitskraft absolviert, kann von einer den Anspruch auf Familienbeihilfe begründenden Berufsausbildung nicht die Rede sein, zumal es entsprechend den Vorgaben der Judikatur neben der Ernsthaftigkeit auch auf die Zielstrebigkeit (im Sinne eines möglichst raschen Abschlusses der Ausbildung) ankommt.

Dass im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 nicht nur auf die Absolvierung einer Bildungsmaßnahme, welche dem Grund nach einer Beurteilung als Berufsausbildung iSd FLAG 1967 zugänglich ist, abzustellen ist, sondern in diesem Zusammenhang auch auf die zeitliche Inanspruchnahme des Auszubildenden Bedacht zu nehmen ist, ergibt sich einerseits aus der Rechtsprechung des VwGH, andererseits aber auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Neufassung des § 5 FLAG 1967 mit dem BGBl I 142/2000 (NR: GP XXI RV 311 AB 369 S. 45 .). Grundlage dieser Neufassung war, Studenten die Möglichkeit zu eröffnen, neben ihrem Studium einer "etwas erträglicheren Nebentätigkeit" nachgehen zu können. Dass dabei aber die ernsthafte und zielstrebige Durchführung der Ausbildung nicht außer Acht zu lassen ist, ergibt sich für Studenten (Personen, die eine in § 3 StudFG 1992 genannte Einrichtung besuchen) aus der Anbindung des Familienbeihilfenbezuges an die gesetzliche Studiendauer und die Erbringung der erforderlichen Leistungsnachweise. Bei der Absolvierung einer Ausbildung an anderen als den im § 3 StudFG genannten Einrichtungen sieht das Gesetz derartige Anbindungen zwar nicht konkret vor, erfolgt dieses Regulativ aber aus der Rechtsprechung.

Damit steht für den Unabhängigen Finanzsenat fest, dass Ausbildungen, für die das FLAG 1967 keine näheren Leistungsvorgaben trifft, nur dann als Berufsausbildung iSd Gesetzes anzusehen sind, wenn nicht nur hinsichtlich der Ernsthaftigkeit der Durchführung, sondern bereits bei der Planung des Ausbildungsablaufes auf einen möglichst zeitnahen Abschluss hingearbeitet wird. Daher muss im Zuge der Planung und Absolvierung einer derartigen Bildungsmaßnahme das jedenfalls (weitaus) überwiegende Augenmerk des Auszubildenden auf den (erfolgreichen) Abschluss der Bildungsmaßnahme innerhalb der zur Bewältigung des Lehrstoffes (unbedingt) notwendigen Zeit gerichtet sein. Dies umso mehr dann, wenn die Ausbildung in modularer Form und weitgehendem zeitlichen Spielraum hinsichtlich der tatsächlichen Gestaltung des Ausbildungsablaufes besteht.

Zur Thematik "Berufsreifeprüfung" darf vorweg der Ansicht des Berufungswerbers insoweit zugestimmt werden, als eine - offenbar erlassmäßige - Vorgabe, pro Teilprüfung ohne weitere Prüfung pauschal für vier Monate Familienbeihilfe zu gewähren, mit den gesetzlichen Bestimmungen und den von der Judikatur herausgearbeiteten Grundsätzen auch nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht in Einklang zu bringen ist. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, ist eine Aufteilung von geblockten Unterrichtsstunden auf einen längeren Zeitraum (zB ein Semester oder ein Jahr) bei der Intensitätsprüfung nicht zulässig (vgl VwGH 8.7.2009, 2009/15/0089). Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates gilt dies umgekehrt aber analog für eine fiktive Zusammenballung von zeitlich auf mehrere Semester verteilten Unterrichts- und Lerneinheiten auf einen kurzen Zeitraum. Somit ist auch im Falle der Absolvierung der Berufsreifeprüfung in jedem Fall das Vorliegen der oben dargestellten Voraussetzungen zu prüfen und kann dies durch eine pauschale Zuerkennung der Familienbeihilfe - wie vom Finanzamt vorgenommen - rückgerechnet vom planmäßigen Datum der Ablegung der letzten Teilprüfung nicht ersetzt werden. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse im jeweilig zu betrachtenden Anspruchszeitraum (dem Kalendermonat - § 10 Abs 2 FLAG 1967). So könnte allenfalls eine Berufsausbildung auch nur in einzelnen Monaten eines längeren Zeitraumes vorliegen (VwGH 24.9.2009, 2009/16/0088).

Fest steht, dass im Rahmen der Absolvierung der Berufsreifeprüfung Teilprüfungen in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik und einem Fachbereich abzulegen sind. Damit liegt aber offen auf der Hand, dass es sich bei dieser Bildungsmaßnahme nicht um eine, wie im Vorlageantrag ausgeführt, "normale" Schulausbildung handelt; vielmehr wird im Rahmen der Berufsreifeprüfung Personen mit entsprechender Vorbildung die Möglichkeit geboten, die Reifeprüfung in - im Vergleich zum Weg zur Matura im Rahmen der diversen "klassischen" Bildungseinrichtungen - einer (stark) verkürzten (Zusatz)Ausbildung durch Ablegung von Teilprüfungen in den vier oben genannten Unterrichtsfächern zu erlangen bzw nachzuholen. Die Vorbereitung auf diese Teilprüfungen erfolgt regelmäßig in Kursen, die von unterschiedlichen (privaten) Bildungseinrichtungen angeboten werden. Den Programmen dieser Veranstalter ist einheitlich zu entnehmen, dass die Vorbereitungskurse entweder berufsbegleitend in Abendkursen (mit Unterricht an vier Wochentagen) oder auch in Tageskursen angeboten werden. Eventuell können Unterrichtseinheiten auch an Samstagen absolviert werden. Daneben besteht auch noch die Möglichkeit, die drei allgemeinbildenden Fächer in einem einjährigen Intensivtages- oder Wochenendkurs mit Unterricht von Montag bis Donnerstag vormittags bzw Freitag nachmittag und Samstag ganztägig zu absolvieren.

Gemeinsam ist allen diesen Angeboten, dass ein Abschluss aller Teilprüfungen der Berufsreifeprüfung planmäßig in einem Zeitraum von drei Semestern erfolgt.

Daneben ist aber auch ein variabler zeitlicher Einstieg in die verschiedenen Vorbereitungskurse möglich, sodass damit persönlichen Vorstellungen entsprechend Rechnung getragen werden kann und die wöchentliche Belastung des Auszubildenden durch die Bildungsmaßnahme entsprechend reduziert ist.

Im vorliegenden Fall hat der Sohn des Berufungswerbers die letztgenannte Variante zur Erlangung der Berufsreifeprüfung gewählt und im ersten Jahr seiner Ausbildung lediglich den Donnerstagkurs im Unterrichtsfach "Deutsch" absolviert. Im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgte zudem eine Teilnahme am Mittwochkurs im Unterrichtsfach "Englisch". Insgesamt umfassten diese Kurse (ausgenommen in den unterrichtsfreien Perioden) somit eine wöchentliche zeitliche Belastung im Ausmaß von 5,5 Unterrichtseinheiten. Selbst wenn, was nach den Erfahrungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz von den Bildungseinrichtungen in der Regel bestätigt wird, nunmehr noch das Doppelte der Unterrichtszeit für Vor- und Nachbearbeitungszeiten berücksichtigt werden muss, kann bei einer zeitlichen Gesamtbelastung von insgesamt 16,5 Stunden wöchentlich wohl nicht davon gesprochen werden, dass der Sohn des Berufungswerbers im streitgegenständlichen Zeitraum seine Ausbildung unter Einsatz seiner überwiegenden und noch weniger unter Einsatz seiner vollen Arbeitskraft (wie es der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben angeführten Erkenntnis vom 18. November 2008 fordert) betrieben hat. Es trifft somit schlichtweg nicht zu, dass der Sohn des Berufungswerbers - wie im Vorlageantrag ausgeführt - "im täglichen Zeitablauf umfassend" mit seiner Ausbildung beschäftigt ist. Ist dies aber nicht der Fall, mangelt es an einer Voraussetzung für die Anerkennung einer Bildungsmaßnahme als Berufsausbildung iSd FLAG 1967, nämlich der Zielstrebigkeit in der Planung und Durchführung iS eines möglichst raschen Abschlusses.

Im vorliegenden Fall hat der Sohn des Berufungswerbers auf Grund seiner Planung der Ausbildung einen Abschluss der Ausbildung in einem Zeitrahmen von insgesamt beinahe acht Semestern beabsichtigt und neben dieser Ausbildung bereits in seinem vorher erlernten Beruf (halbtägig) gearbeitet.

Nun steht zwar unbestreitbar fest, dass die Ausübung einer beruflichen (Neben)Tätigkeit dem Vorliegen einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 nicht grundsätzlich entgegensteht. Die Intention des Gesetzgebers durch die Lockerung der Zuverdienstmöglichkeiten (Wegfall des auf den Kalendermonat bezogenen Höchstbetrages und Umstellung auf einen Jahresbetrag ab 2001) die Ausübung einer Nebentätigkeit mit entsprechenden Gestaltungsfreiheiten auch hinsichtlich deren zeitlichen Lagerung zu ermöglichen, kann nämlich nicht dazu führen, dass eine Bildungsmaßnahme im Rahmen der eigenen Planungsmöglichkeiten von vornherein bereits auf einen (wesentlich) längeren als den notwendigen zeitlichen Rahmen ausgelegt und dadurch die Ausbildungsintensität (drastisch) reduziert wird und als Folge dieser eigenen Planungen in der Ausbildung nur mehr eine Nebentätigkeit zu erblicken ist. Dies unabhängig davon, ob neben dieser Ausbildung eine berufliche Tätigkeit ausgeübt wird oder nicht.

Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 ua nur dann vorliegt, wenn die Bildungsmaßnahme die "Haupttätigkeit" des Auszubildenden darstellt, was gegenständlich zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum nicht der Fall war.

Da das Finanzamt die Familienbeihilfe für den streitgegenständlichen Zeitraum bereits ausbezahlt hat, wurde diese vom Berufungswerber zu Unrecht bezogen und ist gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 zurückzufordern.

Wurde Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen, entfällt auch der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag (für das Jahr 2008: § 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG 1988) und war dieser ebenfalls zurückzufordern.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am 19. Jänner 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050
VwGH 01.03.2007, 2006/15/0178
VwGH 08.07.2009, 2009/15/0089
VwGH 24.09.2009, 2009/16/0088

Stichworte