Infolge Erkrankung der Mutter (postpartale Depression) erwachsene Aufwendungen für Kinderbetreuung als agB (Veranlagung 2009).
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 18. August 2010 gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 22. Juli 2010 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber erzielte als Bankangestellter Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit. Er ist verheiratet und lebt mit Gattin und Sohn (geb. 2009) im gemeinsamen Haushalt. Zu beurteilen ist, ob die infolge Erkrankung der Kindesmutter erwachsenen Ausgaben für Kinderbetreuung als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG berücksichtigt werden können.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 9 EStG 1988 (idF BGBl I 2009/26) gelten Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2.300 Euro pro Kind und Kalenderjahr unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
1. Die Betreuung betrifft (u.a.) ein Kind iSd § 106 Abs. 1.
2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet.
3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31 a ASVG) des Kindes an.
Aufwendungen für die Kinderbetreuung iSd Abs. 9 können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden (§ 34 Abs 6 EStG 1988).
Vor diesem Hintergrund ist folgender Sachverhalt zu beurteilen:
Der Berufungswerber erzielte im Berufungsjahr als ganztätig beschäftigter Bankangestellter Lohneinkünfte iHv. 25.865 € (KZ 245). Er lebt mit seiner Gattin und dem am 27.04.2009 geborenen Sohn im gemeinsamen Haushalt. Im bekämpften Bescheid fand ein "Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind gem. § 106 a EStG 1988" Berücksichtigung. Nach der Geburt des Sohnes im April 2009 erkrankte die Gattin an einer postpartalen Depression und steht immer noch in ärztlicher Behandlung. Für die Betreuung des Kindes musste für vier Wochen Hilfe in Anspruch genommen werden. Die Hilfestellung erfolgte anfangs (wegen Entlassung der Kindesmutter aus dem Krankenhaus bereits innerhalb von drei Tagen nach der Geburt) durch eine Hebamme, anschließend durch eine vom zuständigen Caritasverband zugewiesenen Familienhelferin. Die hiefür entstandenen Kosten (vermindert um die erhaltene Versicherungsvergütung) hat der Berufungswerber mit 1.871,58 € beziffert und unter Verwendung des Formulares L1k (Beilage zur Erklärung der Arbeitnehmerveranlagung) der Versicherungsnummer des Kindes zugeordnet. Die Zahlungen erfolgten laut den im Finanzamtsakt befindlichen Nachweisen direkt an die Hebamme bzw. an den Caritasverband.
Die Betreuungsleistungen müssen - um steuerlich berücksichtigt werden zu können - darüber hinaus durch eine " pädagogisch qualifizierte Person " erfolgen. Für dieses Erfordernis wurde teils die Absolvierung von Wochenendkursen für ausreichend erachtet (Regierungsklausur vom 10/11.2.2009), teils wurde von einer Qualifikation ausgegangen, die in etwa der einer ausgebildeten Tagesmutter entspreche (s. Jakom/ Baldauf EStG, 2009, § 34, Rz 87). Die Finanzverwaltung beurteilt als "qualifizierte Personen" jene Personen, die eine Ausbildung und Weiterbildung zur Kinderbetreuung und Kindererziehung oder Elternbildung im Mindestausmaß von 8 -bzw. (wenn das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet ist) 16 Stunden nachweisen können (BMF-010222/0220-VI/7/2009 vom 04.12.2009).
Die Betreuung wurde im vorliegenden Fall anfänglich von einer Hebamme, später von einer "qualifizierten Familienhelferin" wahrgenommen. Letztere ist laut den vorgelegten Abschlusszeugnissen einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten " Fachschule für Sozialberufe " berechtigt, " aufgrund der Absolvierung Ihrer dreijährigen Ausbildung zur Familienhelferin und der damit erworbenen Qualifikationen die Berufsbezeichnung Diplom-Sozialbetreuerin " zu führen.
Somit ergibt sich:
- Die Betreuung betraf ein Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG - Das Kind wurde 2009 geboren - Die Betreuung erfolgte durch eine "p ädagogisch qualifizierte Person " - Die Kosten wurden " unter Zuordnung zur Verischerungsnummer des Kindes " angegeben.
Die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 1.871,58 € waren daher als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs. 9 EStG 1988 ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes in Abzug zu bringen.
Beilage : 1 Berechnungsblatt
Innsbruck, am 10. November 2010
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 34 Abs. 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Kinderbetreuung, pädagogisch qualifizierte Person |