UFS RV/0732-K/07

UFSRV/0732-K/0710.8.2010

Kein Vorsteuerabzug bei falscher Angabe des Namens und der Adresse des leistenden Unternehmers in der Rechnung

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Steuerberater, vom 14. Mai 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes FA, vertreten durch Amtsvertreterin, betreffend Umsatzsteuer 2003 bis 2005 sowie Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis Juli 2006 entschieden:

Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 sowie gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis Juli 2006 wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

 

 

2004

2005

1-7/2006

Zahllast lt. FA

52.590,49

62.843,14

57.840,34

+Vorsteuer lt. FA

25.814,32

52.785,32

25.303,37

-Vorsteuer lt. BE

26.349,92

53.453,65

27.076,85

Zahllast lt. BE

52.054,89

62.174,81

56.066,86

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) betreibt einen Schrotthandel.

Im Jahr 2007 fand beim Bw. eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2002 bis 2005 sowie eine Nachschau betreffend den Zeitraum Jänner 2006 bis Jänner 2007 statt. In den darüber erstellten Prüfungsberichten hielt der Prüfer Folgendes fest:

"Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmer ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Damit die Abzugsfähigkeit der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer gegeben ist, muss die Unternehmereigenschaft des Leistenden objektiv nach den Kriterien des § 2 UStG 1994 vorliegen; eine subjektive Überzeugung des Leistungsempfängers ist nicht maßgebend. Das gilt selbst dann, wenn der Leistungsempfänger alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um sich über die Unternehmereigenschaft des Partners zu vergewissern. Es gibt keinen "Schutz des guten Glaubens" an die Unternehmereigenschaft des Leistenden (vgl. VwGH 11.7.1995, 95/13/0143 ).

Es ist daher der Vorsteuerabzug stets zu korrigieren, wenn sich nachträglich die objektiv fehlende Unternehmereigenschaft herausstellt. Ein Schaden, der durch unrichtige Angaben des Leistenden verursacht wird, ist nicht auf umsatzsteuerlicher Ebene durch Zulassung des Vorsteuerabzuges zu kompensieren, sondern zivilrechtlich durch Ersatzansprüche gegen den Leistenden. Selbst eine schriftliche Versicherung des Leistenden, Unternehmereigenschaft zu besitzen, ist somit nicht von umsatzsteuerlicher Bedeutung, sondern erleichtert allenfalls zivilrechtlich den Beweis vertragswidrigen Verhaltens. Obige Grundsätze hätten selbst auch für den Gutgläubigen Geltung.

Aufgrund der abgabenbehördlichen Prüfung ergab sich, dass der Abgabepflichtige laut Belegen seit Dezember 2003 von Lieferanten mit Eisen- und Buntmetallschrott beliefert worden ist, die nur zum Zweck des Umsatzsteuerbetruges scheinhalber gegründet worden sind (so genannte "missing trader").

Fest steht jedenfalls die Tatsache, dass sämtliche seitens der Bp als "missing trader" qualifizierte Schrottlieferanten des Abgabepflichtigen, die auf den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge weder vorangemeldet noch entrichtet haben.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung hätte der Abgabepflichtige aufgrund der vorliegenden ungewöhnlichen Begleitumstände der an ihn ergangenen Lieferungen erkennen müssen, dass seine tatsächlichen Lieferanten hinsichtlich der Umsatzsteuer außerhalb des Gesetzes stehende Manipulationen vornehmen.

Der Abgabepflichtige hat jedoch aus diesen Sachverhalten, Ungereimtheiten bzw. Verdachtsgründen keine Konsequenzen gezogen und auch in keiner Weise mehr Wachsamkeit an den Tag gelegt."

Im Anhang listete der Prüfer die einzelnen Beträge der "missing trader" pro Jahr auf.

Aufstellung "missing trader" im Detail

WEK netto (€)

Vorsteuer (€)

VT (kurz VT)

  

2003

15.670,00

3.134,00

2004

13.400,00

2.680,00

2005

132.629,28

26.525,86

K-SZ (kurz K-SZ)

  

2004

226.842,26

45.368,45

MZ (kurz MZ)

  

2004

30.195,00

6.039,00

VV (kurz VV)

  

2005

67.365,03

13.473,01

Für die Jahre 2003 bis 2005 ergaben sich somit folgende Vorsteuerkürzungen "missing trader":

 

2003 (€)

2004 (€)

2005 (€)

VT

3.134,00

2.680,00

26.525,86

K-SZ

 

45.368,45

 

MZ

 

6.039,00

 

VV

  

13.473,01

Summe Vorsteuerkürzung Schrotthandel

3.134,00

54.087,45

39.998,87

Hinsichtlich des Jahres 2006 (Jänner bis Juli) nahm der Prüfer folgende Vorsteuerberichtigungen vor:

"missing trader"

WEK netto (€)

Vorsteuer (€)

VV

91.374,89

18.274,98

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2005 sowie für den Zeitraum Jänner bis Juli 2006.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Berufung. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw. jeweils vor Übernahme einer Lieferung und Auszahlung des Rechnungsbetrages mit Umsatzsteuer eine Überprüfung der UID-Nummer durchgeführt und den Gewerbeschein kontrolliert und kopiert habe. Niemand beim Finanzamt könne sagen, was noch getan hätte werden können, um die Redlichkeit eines Geschäftspartners zu prüfen. Es stelle sich die Frage, welche "ungewöhnlichen" Begleitumstände vorlägen, wenn ein Unternehmer nachweislich mit Gewerbeschein und gültiger UID-Nummer einem anderen Unternehmer Ware liefere. Auch die zwischenzeitig vom Finanzamt vorgeschlagene Vorgangsweise für eine Lösung dieser Problematik, den Vorsteuerbetrag auf das Konto des Lieferanten zu überweisen, wäre im vorliegenden Fall kein Ausweg gewesen. Denn sobald der Lieferant als "missing trader" eingestuft worden wäre, wäre zwar die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung geschuldet worden, dies hätte aber am Versagen des Vorsteuerabzuges für den Bw. nichts geändert. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 6.7.2006 in der Rechtssache C-439/04 , Kittel, entschieden, dass gutgläubigen Mehrwertsteueropfern aus Gründen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit ein Vorsteuerabzug zu gewähren sei. In einem Artikel in der SWK Nr. 31 vom 1. November 2006 stellten Univ.Prof. Dr. Michael Tumpel und Dr. Babette Prechtl fest, dass nach der Rechtsprechung des EuGH dem Leistungsempfänger ein Vorsteuerabzug für in Rechnung gestellte Umsatzsteuer auch dann zustehe, wenn die Leistung Teil einer Kette sei, an der ein Unternehmer beteiligt sei, der seinen umsatzsteuerlichen Verpflichtungen nicht nachkomme. Anderes gelte nur, wenn der Leistungsempfänger wusste oder zumindest hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteilige, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei. Der EuGH stelle dabei fest, dass das Wissen des Steuerpflichtigen um betrügerisches Handeln seines Geschäftspartners nach objektiven Kriterien zu prüfen sei und meine, dass zu diesem Zweck zu prüfen sei, ob der Unternehmer Maßnahmen getroffen habe, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden könnten, um sicher zu stellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen seien. Ob die Umsatzsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Verkäufe der betreffenden Gegenstände geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus entrichtet worden sei, sei für das Recht des Unternehmers auf Vorsteuerabzug nach Ansicht des EuGH ohne Bedeutung. Nach Ansicht des EuGH könne der Unternehmer auf die Rechtmäßigkeit der Umsätze vertrauen, wenn ihm kein Versäumnis vorgeworfen werden könne. Nur in dem Fall, wenn sich im Rahmen einer Prüfung ergebe, dass der Unternehmer vom Mehrwertsteuerbetrug wusste oder wissen hätte müssen, könne von ihm eine rückwirkende Zahlung der abgezogenen Beträge verlangt werden bzw. könne ihm der Vorsteuerabzug versagt werden. Im Zuge der Betriebsprüfung bzw. der Umsatzsteuersonderprüfung des Bw. habe eben dieses Wissen bzw. Wissen-hätte-Müssen nicht bewiesen werden können. Im Gegenteil. Der Bw. habe nachweisen können, dass er alle Schritte unternommen habe, um sicher zu gehen, dass seine Geschäftspartner Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes seien. Die Rechnungen, die von den Lieferanten an den Bw. gelegt worden seien, hätten alle Merkmale einer Rechnung enthalten, die in Österreich notwendig seien, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen. Dass sich bei Überprüfung durch den Fiskus nachträglich herausgestellt habe, dass einige den Firmensitz zwischenzeitig gewechselt hätten bzw. dass an den angegebenen Adressen nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet bzw. keine Umsatzsteuer abgeführt worden sei, sei zum Zeitpunkt der Lieferung nicht zu erkennen gewesen. Eine gültige UID-Nummer, ein vorgelegter Gewerbescheine etc., hätten das Gegenteil bewiesen. Wozu sollte die Überprüfung einer UID-Nummer gut sein, wenn nicht dazu, die Redlichkeit bzw. Unternehmereigenschaft eines Geschäftspartner zu klären. Die Autoren Tumpel und Prechtl zeigten in ihrem oben zitierten Artikel auf, dass es nach Artikel 22 Abs. 3 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten gestattet sei, über das von der Richtlinie verlangte Mindestmaß hinaus bestimmte Rechnungsmerkmale für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug zu verlangen, sie stellten aber fest, dass diese Möglichkeit nicht soweit gehen dürfe, dass das Recht auf Vorsteuer vollständig ausgeschlossen oder übermäßig erschwert werde (s. EuGH 18.12.1997, Rs.C-286/94, C-340/95 , C-401/95 und C-47/96 , Molenheide u.a., Slg. 1997, I-7281, Rn. 47). Die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten erlassen, um die genaue Erhebung der Steuer sicher zu stellen und eine Steuerhinterziehung zu verhindern, dürften nicht über das hinaus gehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sei. Sie dürften daher nicht so eingesetzt werden, dass sie systematisch das Recht auf Vorsteuerabzug in Frage stellten, das ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems sei. In der Rechtssache Kittel und ebenso in der Rechtssache Federal Technologies (EuGH 11.5.2005 Federation of Technological Industries) habe der EuGH ausdrücklich bestätigt, dass Grundprinzipien in unverändertem Umfang auch im Zusammenhang mit Mehrwertsteuerbetrugsfällen beachtet werden müssten. In Bezug auf Umsätze, die mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet seien, habe der EuGH überdies das Gebot der Rechtssicherheit und jenes der Verhältnismäßigkeit hervorgehoben. Maßnahmen der Mitgliedsstaaten zur Verhinderung von Missbräuchen des Mehrwertsteuersystems seien daher nur insoweit zulässig, als sie diesen beiden fundamentalen Grundsätzen ausreichend Rechnung trügen. Auf welche Weise diesen Grundsätzen Genüge getan werde, habe der EuGH in den Rechtssachen Kittel und Federal Technologies klar definiert. Der EuGH stelle darin fest, dass diese Prinzipien nur dann gewahrt seien, wenn gutgläubige Erwerber auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen könnten. Auf Grund dieser EuGH-Rechtsprechung sei daher das Versagen des Vorsteuerabzugs aus den in der Bescheidbegründung angeführten Gründen nicht haltbar. Für gutgläubige Erwerber wie den Bw., der alles getan habe, um die Unternehmereigenschaft seiner Geschäftspartner zu überprüfen, wäre durch das Versagen des Vorsteuerabzuges ein Wettbewerbsnachteil gegeben, weil in diesem Fall die Mehrwertsteuer nicht mehr neutral wäre. Tumpel und Prechtl hielten in ihrem Artikel auch fest, dass es auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar wäre, das Recht auf Vorsteuerabzug nur deshalb zu verwehren, weil die Rechnungen nicht alle vom anwendbaren nationalen Recht vorgeschriebenen Angaben enthielten. Bei Gutgläubigkeit des Leistungsempfängers sei daher der Vorsteuerabzug jedenfalls zu gewähren. Bei der Beurteilung, welche Maßnahmen zur Sicherstellung der Unternehmereigenschaft des Geschäftspartners zu treffen seien, müssten nach Ansicht von Tumpl und Prechtl die Usancen der Branchen berücksichtigt werden, sowie die aus der branchenüblichen Abwicklung resultierenden Verdachtsgründe. Der Bw. habe im vorliegenden Fall alles getan, um sich der Unternehmereigenschaft seiner Lieferanten zu versichern. Auch von den Finanzbehörden könnten keine weiteren Maßnahmen vorgebracht werden, die noch ergriffen hätten werden sollen, um eine noch größere Sicherheit zu erlangen. In seinem Urteil in der Rechtssache Optigen (EuGH 12.1.2006, Rs. C-354/03 , C-355/03 und C-484/03 ) habe der EuGH ebenfalls ausgesprochen, dass auch bei Umsätzen, die mit Steuerbetrug behaftet seien, Lieferungen vorlägen und die Unternehmereigenschaft gegeben sei, wenn die objektiven Kriterien erfüllt würden, auf denen diese Begriffe beruhten, wenn der Unternehmer den möglicherweise betrügerischen Zweck weder gekannte habe noch kennen habe können. Der Bw. habe nachweislich in jedem einzelnen Fall Recherchen durchgeführt und damit alle vernünftigen und zumutbaren Schritte unternommen, die Unternehmereigenschaft seiner Geschäftspartner zu überprüfen. Daher habe er also weder gewusst noch hätte er wissen können, dass die Lieferungen Teil eines Mehrwertsteuerbetruges sein würden. Der Vorsteuerabzug stehe daher zu.

Das Finanzamt erließ eine Berufungsvorentscheidung, mit der es die Berufungen als unbegründet abwies. Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge einer Außenprüfung festgestellt worden sei, dass der Bw. Vorsteuern für den Einkauf von Buntmetalllieferungen bzw. Werbeeinschaltungen geltend gemacht habe. Als "Rechnungsaussteller" seien folgende Personen bzw. Firmen aufgetreten: VV, G-H, YKEG, VT, K-SZ, MZ. Das Finanzamt habe den Vorsteuerabzug verweigert, weil die Unternehmereigenschaft der Lieferanten nicht gegeben gewesen sei. In der Berufung werde ausgeführt, dass der Bw. alles unternommen habe, um die Redlichkeit der Geschäftspartner zu dokumentieren (Prüfung der UID, Kopie des Gewerbescheins) und daher stehe unter Hinweis auf das EuGH-Urteil "Kittel" die Vorsteuer zu. Dazu werde von Seiten des Finanzamtes ausgeführt, dass der Vorsteuerabzug voraussetze, dass dem abzugsberechtigten Unternehmer der Steuerbetrag von einem anderen Unternehmer in einer bereits ausgestellten Rechnung gesondert ausgewiesen werde und zwar für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen bereits ausgeführt worden seien. Gemäß der österreichischen Verwaltungspraxis, die durch den EuGH in den Rechtssachen "Kittel" und "Recolta Recycling SPRL" bestätigt worden sei, könne eine Vorsteuer nicht abgezogen werden, wenn dem Leistungsempfänger Umstände vorlägen, aus denen er schließen müsse, dass die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer vom Leistenden bewusst nicht an das Finanzamt abgeführt werde. Wie der EuGH in seinen Urteilen klarstelle, verliere ein Unternehmer, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass sein Eingangsumsatz betrugsbehaftet sei, das Recht auf den Vorsteuerabzug. Demnach sei der Vorsteuerabzug dann zu versagen, wenn - wie der EuGH in C-439/04 und C-440/04 ausführe - "ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in einer Mehrwertsteuerhinterziehung miteinbezogen ist, und für die Zwecke der 6. Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist, unabhängig davon, ob er aus dem Weiterverkauf der Gegenstände einen Gewinn erzielt. Dies gelte auch dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genüge, auf denen der Begriff Lieferung von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt und der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit beruht". Aus dem Urteil ergebe sich demnach eine Verpflichtung aller Wirtschaftsteilnehmer ein vertretbares Maß an Sorgfalt beim Leistungsbezug anzuwenden. Dabei werde vom Steuerpflichtigen im Hinblick auf seinen unmittelbaren Vorlieferanten ein durchaus nennenswertes Maß an Sorgfalt zu erwarten sein. Dies ergebe sich aus dem Urteil des EuGH "Federation of Technological Industries" (C-384/04 ), in dem ausgeführt werde, dass "den Händlern zumutbar sei, sich über die Hintergründe der Gegenstände mit denen sie handeln, zu informieren". In der Literatur würden als hinreichende Verdachtsgründe Folgende genannt: unübliche Preisgestaltung, ungewöhnliche Geschäftsanbahnung, Ungewöhnlichkeit der Zahlungs- und Lieferbedingungen, ungewöhnliche Zahlungsabwicklung, ungewöhnliche Abwicklung der Lieferantenkette. Im Bereich der Umsatzsteuer treffe den Steuerpflichtigen bei Vorliegen von ungewöhnlichen Verhältnissen eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH Zl. 99/15/0126). Nach Ansicht des Finanzamtes seien vom Bw. nun nicht alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen worden, um auszuschließen, dass der Lieferant steuerunehrlich sei. Es wäre ihm zumutbar gewesen, die Herkunft der Ware zu erfragen (um auszuschließen, dass es sich etwa bei den Buntmetalllieferungen um gestohlene oder gehehlte Ware handle). Weiters sei es im Geschäftsverkehr ungewöhnlich, dass so hohe Summen (Rechnungssummen von € 10.000,00 seien nicht ungewöhnlich) bar bei Rechnungserhalt ausgezahlt würden. In vielen der Fälle sei nicht einmal eine Quittung übergeben worden. Offenbar sei der Abgabepflichtige nie an den angegebenen Firmenadressen gewesen, sonst hätte er erkennen müssen, dass es sich um keine Geschäftsadressen handle, sondern dass ein Großteil der auf den Rechnungen angegebenen Adressen private Domizile (bei VT, VV, MZ, K-SZ) seien. Es habe an den auf den Rechnungen angegebenen Adressen keinerlei Geschäftstätigkeit stattgefunden. Vielmehr habe in Erfahrung gebracht werden können, dass die Firmen ausschließlich zum Zweck der Abgabenverkürzung gegründet worden seien. Zwar habe der Bw. eine UID-Abfrage durchgeführt und sich den Gewerbeschein vorlegen lassen, aber den weiteren ungewöhnlichen Umständen keine Bedeutung beigemessen. Betreffend die Rechnung der Firma DBau werde ausgeführt, dass ein wesentlicher Bestandteil einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung, eine genaue Leistungsbeschreibung sei. Durch die Anführung von "Baustellenmaterial gemischt mit Buntmetallen und Schrott" sei dieses Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Der Vorsteuerabzug sei daher zu Recht verwehrt worden.

In der Folge beantragte der Bw. die Berufung der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Der Vorwurf, dass der Bw. nicht alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen habe, um auszuschließen, dass der Steuerlieferant steuerunehrlich sei, werde bestritten. Die angeführten Lieferanten seien nur kleine Zwischenhändler gewesen, die Baustellenmaterial an den Bw. verkauft hätten und sei es dem Bw. durchaus bekannt gewesen, dass die Lieferfirmen keinen eigenen Lagerplatz hätten. Die reine Vermittlung bzw. bloße Abholung von Schrott und der direkt anschließende Verkauf sei in der Branche üblich und benötige nur ein Telefon und/oder ein Fahrzeug. Das Fehlen eines Lagerplatzes sei kein Indiz dafür, dass ein Schrotthändler kein Unternehmer sei. Die angeführten Lieferanten seien unter den angegebenen Telefonnummern auch immer wieder erreichbar gewesen. Der Bw. habe alle angeführten Lieferanten bei der Firma Industriebetrieb kennen gelernt, da sie auch an die Industriebetrieb geliefert hätten. Da die Industriebetrieb nur nach Sorten getrenntes Material nehme und diese Lieferanten keinen Platz für die Trennung gehabt hätten, hätten sie gemischte Ware dem Bw. angeboten und verkauft. Da der Bw. das gekaufte Material weiter verarbeitete, (Kabelschlitzen, um an das Rohmaterial zu kommen, verschiedene Metalle trennen etc.) habe er selbst natürlich einen Lagerplatz und Maschinen und könne dann für das getrennte Material einen höheren Preis erzielen. Es habe bei den Ankäufen nie eine unübliche Preisgestaltung gegeben (die Preise entsprächen den Marktpreisen für gemischtes Baustellenmaterial je nach Zusammensetzung). Es habe keine für diese Branche unübliche Geschäftsanbahnung bzw. -abwicklung gegeben. Der Bw. sei angerufen und gefragt worden, ob er Interesse hätte, dann sei die Ware besichtigt worden, ein Preis ausverhandelt und die Ware verkauft worden. Quittungen über die bezahlten Beträgen seien sehr wohl ausgestellt worden. Dort wo keine eigenen Quittungen ausgestellt worden seien, sei der Erhalt des Rechnungsbetrages auf der Rechnung quittiert worden. Vor Eingehen der Geschäftsbeziehungen mit den angeführten Lieferanten habe sich der Bw. auch bei der Industriebetrieb über diese erkundigt, weil diese auch anderes Material direkt an die Industriebetrieb geliefert hätten. Zum Vorhalt, dass der Bw. nie die Geschäftsadressen aufgesucht habe, werde auf den Art. in der SWK vom 1.11.2006 von Uni.Prof. Dr. Michael Tumpel und Dr. Babette Prechtl verwiesen, die darin mit Hinweis auf einen Artikel von Puchinger ("Vorsteuerabzug trotz Karussellbetrug, FJ 2006, 75) ausführten, dass von einem Unternehmer vernünftigerweise nicht allgemein verlangt werden könne, dass er sich vor jedem Umsatz vergewissere, ob der leistende Unternehmer sein Unternehmen auch von der in der Rechnung angegebenen Adresse aus betreibe bzw. dort auffindbar sei. Die Autoren meinten, dass in vielen Fällen derartige verpflichtende Nachschaubesuche unmöglich wären und jeden Wirtschaftsverkehr über Gebühr erschweren würden. Sie seien der Meinung, dass in der Regel eine Firmenbuchabfrage und eine Abfrage beim Finanzamt, ob die angegebene Steuernummer mit der in der Rechnung angegebenen Adresse übereinstimme, als ausreichend angesehen werden müsse. Weiters führen die Autoren aus, dass Register und Auskünfte sinnlos wären und nur zusätzlichen Verwaltungsaufwand produzieren würden, wenn ein Unternehmer den öffentlichen Registern wie dem Firmenbuch oder der durch Abfrage der UID-Nummern erteilten Auskunft der Finanzverwaltung keinerlei Vertrauen entgegenbringen dürfe, weil davon ausgegangen werde, dass diejenigen, die Mehrwertsteuerbetrügereien begehen, die formalen Voraussetzungen erfüllen würden, um nicht ertappt zu werden. Sie wiesen mit Hinweis auf die Anträge von Österreich und Deutschland auf die Ausweitung des Reverse Charge Systems (das in Österreich in der Zwischenzeit für den Rohstoffsekundärmarkt umgesetzt wurde) auf die offenkundige Schwäche des Mehrwertsteuersystems hin, welches Steuerbetrug in dieser Form ermögliche und sie meinten, dass diese Schwäche nicht ausschließlich zu Lasten des unschuldigen Unternehmers gehen dürfe. Der Bw. habe alles in seiner Branche zumutbare gemacht, um eine Steuerunehrlichkeit der Lieferfirmen soweit wie möglich auszuschließen. Es sei in dieser Branche durchaus üblich, dass größere Beträge bar bezahlt würden. Wenn die Ware nicht gegen Bargeld gegeben werde, könne es passieren, dass der Empfänger der Ware am nächsten Tag nicht mehr auffindbar sei. Der Bw. habe bei Bedarf auch von der Industriebetrieb Lieferungen in bar bezahlt bekommen. Die UID-Nummern seien nicht nur durch Übergabe einer Kopie des Bescheides über die Erteilung einer UID-Nummer, sondern auch durch einen Anruf beim entsprechenden Finanzamt (bei jedem Ankauf) überprüft worden, wobei nachgefragt worden sei, ob die entsprechende Firma mit ihrer UID-Nummer aktuell und steuerpflichtig sei, was jeweils bejaht worden sei. Univ.Prof. Mag. Dr. Otto Taucher weise in seinem Artikel über "UID-Adresse bzw. Unternehmensadresse und Vorsteuerabzug" in der SWK vom 20.1.2007 darauf hin, dass die Sichtweise der Finanzverwaltung, ein Rechnungsempfänger dürfe sich nicht (auch nicht im guten Glauben) auf die Richtigkeit der Lieferantenadresse verlassen, als innerstaatlich überholt und überdies auch gemeinschaftsrechtlich nicht gedeckt betrachtet werden könne, da die diesbezügliche Judikatur des VwGH immer zu Sachverhaltskonstellationen ergangen sei, die vor dem 1. Jänner 2003 gelegen seien, also zu einem Zeitpunkt, in dem die UID-Nummer nur im Binnenmarkt von Bedeutung gewesen sei. Seit diesem Zeitpunkt sei für den Vorsteuerabzug obligatorisch, die UID-Nummer des Leistenden auch innerstaatlich auf der Rechnung auszuweisen, wobei die Abgabenbehörde die UID-Nummern an die im Wirtschaftsverkehr teilnehmenden Unternehmer in Bescheidform erteile. Die Verwendung der UID-Nummer habe damit eine wichtige Indizfunktion für die steuerliche Behandlung der Umsätze. Im Binnenmarkt könne ein Erwerber, der bei seinem Erwerb eine Rechnung erhalte, auf der der Lieferant seine UID verwende, nach positivem Ergebnis eines durchgeführten Bestätigungsverfahrens, zu Recht davon ausgehen, dass der Lieferant als Unternehmer handle und nicht der Kleinunternehmerregelung unterliege. Auch im Binnenmarkt bleibe die Steuerfreiheit aufrecht, wenn die Inanspruchnahme auf unrichtige Angaben des Geschäftspartners beruhe und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben trotz Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen habe können (das heiße das Bestätigungsverfahren durchgeführt habe). Wenn auch im Innerstaatlichen Verkehr eine solche Vertrauensschutzregel nicht normiert worden sei, dürfe nach Ansicht des zitierten Autors einer solchen bescheidmäßig erteilen UID nicht jede vertrauensschützende Wirkung abgesprochen werden. Wenn auch im innerstaatlichen Wirtschaftsverkehr ein Bestätigungsverfahren nicht möglich sei, so wiesen Kolacny/Caganek im Umsatzsteuerkommentar auf die Möglichkeit für Unternehmer hin, sich eine Kopie des UID-Bescheides aushändigen zu lassen. Das bedeute, dass diese beiden Autoren der Meinung seien, dass der Rechnungs- und Leistungsempfänger, der über die Kopie eines UID-Bescheides verfüge, in seinem berechtigten Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben im UID-Bescheid (Name, Adresse etc.) geschützt sei. Taucher weise darauf hin, dass in diesem Zusammenhang zu bedenken sei, dass der Bescheiderteilung (UID-Bescheid) ein finanzbehördliches Ermittlungs- und Erhebungsverfahren vorauszugehen habe, wobei der für die Erledigung der (Verwaltungs-)Sache (UID-Nummer-Erteilung) maßgebende Sachverhalt festzustellen sei und den antragstellenden Parteien dabei Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte zu geben sei. Es müsse daher nach Meinung dieses Autors in einem solchen Fall - Teile der Rechnungsmerkmale des Leistenden u.a. dessen Anschrift seien im Zuge eines speziellen Verwaltungsverfahrens behördlicherseits festgestellt und bescheidmäßig fixiert - der gute Glauben des Rechnungsempfängers an diese vollständige Anschrift des Rechnungsausstellers geschützt sein. Eine Finanzbehörde, die einer bescheidmäßig erteilten UID-Nummer innerstaatlich die Vertrauensschutzwirkung abzusprechen gedenke, gerate in Widerspruch zu dem aus dem (verfassungsrechtlich verankerten) Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da eine UID-Nummer auf dem Binnenmarkt für den Leistungs- bzw. Rechnungsempfänger eine größere Schutzwirkung entfalten würde, als auf dem innerstaatlichen Markt. Wenn das Finanzamt betreffend die Rechnung der Firma DBau anführe, dass die Bezeichnung "Bausstellenmaterial gemischt mit Buntmetallen und Schrott" nicht ausreiche für die Gewährung des Vorsteuerabzuges, dann sei dem entgegen zu halten, dass ein geübter Schrotthändler aus Bauschutt bzw. Baustellenmaterial zwar abschätzen könne, wie viel Arbeit bis zum getrennten Material noch zu investieren sei und was die Ware somit ungefähr Wert sei, doch könnten die Anteile der einzelnen Materialien weder gewichtsmäßig noch prozentmäßig genau beziffert werden. Erst seit der Bw. eine eigene Brückenwaage habe, werde alles Material, auch das, welches er pauschal einkaufe, vor dem Abladen gewogen und würden die Wiegescheine zur Rechnung geheftet. Aber auch dann sei die Aufteilung auf die einzelnen Materialien nicht gegeben. Die nicht anerkannte Vorsteuer der Firma YKEG werde in der Bescheidbegründung nicht näher behandelt. Diese Firma betreibe einen Privatsender über den Satelliten A, in dem Werbung in serbokroatischer Sprache gemacht werde. Der Bw. habe Werbezeiten für ein halbes Jahr gekauft und die Werbung sei auch ausgestrahlt worden (darüber gäbe es Tonbänder). Da er selbst im Studio in Wien gewesen sei und die Werbungen ausgestrahlt worden seien, gäbe es keinen Anlass an der Unternehmertätigkeit der Firma zu zweifeln. Als Hauptwerbender sei er auch Ehrengast bei einem von YKEG veranstalteten Event gewesen. Jede Stunde sei mit der Zeitansage die Werbung der Firma des Bw. ausgestrahlt worden. Da die Firma immer noch existiere und sowohl einen Radio- wie einen Fernsehsender betreibe, sei unverständlich, weshalb die Vorsteuer nicht anerkannt werde.

Im nach Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat fortgesetzten Verfahren wurde das Finanzamt ersucht, alle der Versagung des Vorsteuerabzuges zu Grunde liegenden Feststellungen und Ermittlungsergebnisse bzw. die im Bp-Bericht angeführten ungewöhnlichen Begleitumstände für jeden einzelnen der fraglichen Lieferanten (bzw. auch allenfalls für jede einzelne der fraglichen Rechnungen) darzustellen.

Mit Schriftsatz vom 27.8.2009 führte das Finanzamt ergänzend aus, dass die berufungsgegenständlichen Rechnungen nicht den Formalerfordernissen des § 11 UStG entsprächen und daher der Vorsteuerabzug zu versagen gewesen wäre. Im Einzelnen wurde ausgeführt:

1. VT, Adresse1; St.Nr. 1 Es läge der Finanzbehörde eine eidesstaatliche Erklärung vom 2. Feber 2007 der VT vor, wonach der eigentliche Liefernde des Schrottes ein (namentlich genannter) Dritter gewesen sei. VT habe niemals Lieferungen und Leistungen von Schrott durchgeführt. Es seien daher bei den berufungsgegenständlichen Rechnungen Name und Geschäftsadresse des liefernden Unternehmers falsch. Auch seien die Lieferungen nicht von VT vorgenommen worden, sondern - wie oben erwähnt - von diesem Dritten. Die Rechnungen würden daher formelle Mängel aufweisen und somit nicht den steuerlichen Vorschriften des § 11 UStG entsprechen. Daher würden sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.

2. VV, Adresse2; St.Nr. 2 Es läge der Finanzbehörde eine eidesstatliche Erklärung der oben Genannten vor, wonach unter dem Namen und der Anschrift des auf den Rechnungen als Lieferer aufscheinenden Unternehmers niemals Geschäfte durchgeführt worden seien bzw. Lieferungen von Schrott niemals von dieser "Firma" getätigt worden seien. Die Geschäftsadresse sei somit falsch. Es habe niemals eine Firma gegeben, die von dieser Adresse aus Schrotthandel betrieben habe. Die Rechnungen würden daher formelle Mängel aufweisen, da die Lieferadresse falsch sei. Es lägen daher keine Rechnungen vor, die den Grundsätzen des § 11 UStG entsprächen. Daher sei gemäß § 12 UStG der Vorsteuerabzug zu versagen gewesen.

3. K-SZ, Adresse3: Im Rahmen einer vom Finanzamt Wels durchgeführten Betriebsprüfung bei der Firma GM sei festgestellt worden, dass an obiger Adresse im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung eine Firma mit diesem Namen nicht existent gewesen sei. Wenn in einer Rechnung als leistender Unternehmer eine Firma aufscheine, die unter dieser Adresse nicht existent sei, dann fehle es an der Angabe des leistenden Unternehmers (s. VwGH 24.4.1996, 94/13/0133). Es lägen daher keine Rechnungen vor, die den Grundsätzen des § 11 UStG entsprächen. Daher sei gemäß § 12 UStG der Vorsteuerabzug zu versagen gewesen.

4. MZ, Adresse4; St.Nr. 3: Die in den Rechnungen angegebene Adresse sei keine Betriebsadresse, sondern nur ein Briefkasten. Die Verwendung eines Scheinnamens (einer Scheinfirma) entspräche nicht den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Rechnung - siehe dazu RZ 1506 UStR. Es seien daher die Rechnungen formal mangelhaft, weshalb der Vorsteuerabzug zu versagen gewesen sei.

Die steuerliche Vertreterin sei mit diesen Feststellungen während der Betriebsprüfung konfrontiert worden.

Dazu legte das Finanzamt eine Niederschrift mit VT vom 2. Feber 2007, eine Erklärung vom 30. Jänner 2007 des von VT genannten Dritten, eine Niederschrift mit VV vom 21. Feber 2007, eine weitere Niederschrift mit VV vom 22. Feber 2007, einen Auszug aus dem BP-Bericht betreffend die Firma GM betreffend Umsatzsteuer 2002 bis 2004, einen Bericht des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom 7. Oktober 2004 betreffend MZ sowie eine Niederschrift mit MZ vom 6. Oktober 2004 vor.

Diese Stellungnahme des Finanzamtes samt den vorgelegten Unterlagen wurden dem Bw. mit Vorhalt vom 26. März 2010 übermittelt.

In der Folge fand ein Erörterungsgespräch statt, bei dem die Details der Geschäftsabwicklung zwischen dem Bw. und den fraglichen Rechnungsausstellern wie folgt erörtert wurde:

Betreffend VT: Der Bw. habe VT im Jahr 2002 auf dem Gelände der Industriebetrieb kennen gelernt. Sie sei damals in Begleitung eines Mannes gewesen, dessen Identität dem Bw. nicht bekannt sei. Dieser Mann sei aber ein gebürtiger Ex-Jugoslawe gewesen. VT habe dem Bw. unsortierten Schrott angeboten. Sie sei dann jeweils ohne Vorankündigung mit einem PKW beim Schrottplatz des Bw. vorgefahren. Am Steuer des PKW sei ein Mann gesessen. Sie seien von einem LKW begleitet worden, der ebenfalls von einem Mann gelenkt worden sei. Beide Männer seien dem Bw. nicht bekannt. Die Ware sei beim Lagerhaus abgewogen, dann das Gewicht von der Anzeige abgelesen worden und auf dieser Basis abgerechnet worden. Beide Männer seien Ex-Jugoslawen gewesen. Der Mann im PKW habe dann das Bargeld kassiert und zum PKW gebracht. Bei dieser Gelegenheit seien alle Beteiligten aus den Fahrzeugen ausgestiegen und man habe miteinander gesprochen. Der Mann im PKW sei immer derselbe gewesen, der Fahrer des LKW habe hingegen gewechselt. Der Bw. habe nicht nachgefragt, woher die Ware komme. Der Bw. habe an sich das Geld auf ein Bankkonto überweisen wollen, doch habe VT auf Barzahlung bestanden. Der Bw. habe zum Teil hohe Bargeldbestände im Betrieb gehabt (€ 10.000,00 bis € 20.000,00). Zum Teil sei das Geld von der in unmittelbarer Nähe befindlichen Bank behoben worden. Dem Bw. sei es ein bißchen seltsam vorgekommen, dass diese Geschäfte mit einer damals 20-jährigen Frau abgewickelt wurden. Bezüglich VT habe der Bw. einen UID-Bescheid des Finanzamtes und den Gewerbeschein ausgehändigt bekommen.

Betreffend VV: Die Kontaktaufnahme sei genauso erfolgt wie bei VT. Auch bei VV sei damals ein Mann in Begleitung gewesen. Dem Bw. sei dieser Mann nicht bekannt. Er sei aber ein Ex-Jugoslawe gewesen. Die Lieferung der Ware sei dann so erfolgt, dass VV mit einem Mann als Fahrer in einem PKW vorgefahren sei. PKW und Fahrer hätten immer wieder gewechselt. Mit dem PKW sei auch ein LKW mitgekommen, der wieder von einem Mann gelenkt worden sei. LKW und LKW-Lenker hätten immer wieder gewechselt. Diese Männer seien dem Bw. nicht bekannt gewesen. Es seien aber Männer aus Ex-Jugoslawien gewesen. Auch in diesen Fällen sei die Ware besichtigt, abgewogen und auf dem Gelände abgekippt worden. Die Barzahlung sei direkt an VV erfolgt. Der Bw. habe nie nachgefragt, woher die Ware stamme. Damals sei es für ihn schon neu gewesen, mit Frauen Geschäfte zu machen. Der Bw. habe sich nie für die Hintergründe der geschäftlichen Tätigkeit von VV (wie sie in das Geschäft gekommen sei, seit wann sie es betreibe) interessiert. Über Vorhalt, dass VV bei der Polizei ausgesagt habe, dass sie die Ware nie gesehen habe, und sie im Normalfall auch nicht mehr als € 3.000,00 pro Lieferung kassiert habe, und dies im Widerspruch zur Aussage des Bw. stehe, wonach VV mit dem gelieferten Schrott erschienen sei, und die Rechnungsbeträge öfters sehr viel mehr als € 3.000,00 ausgemacht hätten, gab der Bw. an, dass es sich bei ihm anders verhalten habe.

Betreffend K-SZ: K-SZ sei zum Bw. auf den Schrottplatz gekommen. Dort sei die erste Kontaktaufnahme erfolgt. Dies dürfte im Jahre 2004 gewesen sein. K-SZ habe auf den Bw. den Eindruck eines Trinkers gemacht. K-SZ sei immer mit einem LKW vorgefahren in Begleitung eines zweiten Mannes. Es seien immer verschiedene LKW und verschiedene Begleiter gewesen. Die Begleiter seien jeweils Männer aus Ex-Jugoslawien gewesen. Diese Männer seien dem Bw. nicht bekannt. Man habe sich gegenseitig nicht vorgestellt. Die Ware sei dann besichtigt, abgewogen und auf dem Gelände abgekippt worden. Das Geld sei K-SZ bar übergeben worden. Dieser habe auf Barzahlung bestanden. Der Bw. habe K-SZ nie gefragt, wo er seinen Lagerplatz habe oder woher er die Ware habe. Für allgemeine Gespräche mit den Lieferanten hätte er nie Zeit gehabt, er hätte damals nicht einmal Zeit fürs Mittagessen gehabt. Über Vorhalt, dass K-SZ vor der Finanzbehörde ausgesagt habe, dass die Geschäfte eigentlich ein Dritter geführt und ausgeführt habe, gab der Bw. an, dass er diesbezüglich nie eine entsprechende Wahrnehmung gemacht habe.

Betreffend MZ: Diesbezüglich könne sich der Bw. an die Abwicklung der Geschäfte nicht mehr erinnern, weil er nur wenige Lieferungen erhalten habe. Der Bw. habe keine Wahrnehmung gemacht, dass die Geschäfte möglicherweise von einem Dritten abgewickelt worden seien.

Er habe sich bei den streitgegenständlichen Lieferanten zwar schon einen Ausweis zeigen lassen, um zu wissen, wer mit ihm Geschäfte mache, er habe sich aber mit diesen Personen nie näher unterhalten. Alle streitgegenständlichen Lieferanten seien aus Ex-Jugoslawien gewesen. Mit diesen habe er sich auf serbokroatisch unterhalten.

Soweit die Aussage des Bw..

Ergänzend gab die Vertreterin des Finanzamtes an, dass die Vorsteuerberichtigungen in folgenden Fällen wieder rückgängig zu machen seien:

Rechnung R & Söhne, 5.8.2004 Rechnung G-H YKEG

Hinsichtlich der Rechnung DBau habe nach der Aktenlage eine Vorsteuerberichtigung gar nicht stattgefunden.

Mit Schriftsatz (email) vom 10. Juni 2010 präzisierte der Bw. sein Begehren insoweit als der gesamte strittige Umsatzsteuerbetrag € 117.877,41 ausmache. Dieser wurde in einer angeschlossenen Aufstellung im Detail ermittelt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

§ 11 UStG 1994 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung lautet: (1) Führt der Unternehmer Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 aus, ist er berechtigt, Rechnungen auszustellen. Führt er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, aus, ist er verpflichtet, Rechnungen auszustellen. Diese Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - die folgenden Angaben enthalten: 1. den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers; 2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung; 3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung; 4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (z.B. Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt; 5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und den anzuwendenden Steuersatz, im Falle einer Steuerbefreiung einen Hinweis, dass für diese Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt; 6. den auf das Entgelt (Z. 5) entfallenden Steuerbetrag.

Weiters hat die Rechnung folgende Angaben zu enthalten: - das Ausstellungsdatum; - eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird; - soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

Im gegenständlichen Fall steht das Finanzamt auf dem Standpunkt, dass bei den in Streit gezogenen Rechnungen die Angabe des Namens und/oder der Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers unrichtig seien. Dem hält der Bw. im Wesentlichen entgegen, dass er alle ihm zumutbaren Kontrollmaßnahmen ergriffen habe, die Unternehmereigenschaft seiner Geschäftspartner zu überprüfen und daher weder gewußt habe noch hätte wissen können, dass die Lieferungen Teil eines Mehrwertsteuerbetruges sein würden, und ihm daher der Vorsteuerabzug auch aus den Rechnungen der vom Finanzamt als "missing trader" bezeichneten Lieferanten zustehe.

Zur Frage des Vorsteuerabzuges bei fehlenden bzw. falschen Rechnungsmerkmalen hat der Unabhängige Finanzsenat bereits wiederholt die Auffassung vertreten, dass das Fehlen von Rechnungsmerkmalen sowie unrichtige Angaben in der Rechnung für den Vorsteuerabzug schädlich sind. Der gute Glaube spielt dabei keine Rolle. Einen Vertrauensschutz gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Dabei wurde nicht nur auf die nationale Rechtslage sondern auch auf die Gemeinschaftsrechtslage Bedacht genommen (vgl. Wisiak, UFS und Vorsteuerabzug aus Rechnungen, UFSJournal April 2009, Seite 123 ff und die dort zitierte Judikatur).

So hat sich der Unabhängige Finanzsenat in seiner Entscheidung vom 12. 8. 2009, RV/1007-W/09 auch mit der Auswirkung einer unrichtigen Anschrift des leistenden Unternehmers in der Rechnung auf den Vorsteuerabzug beschäftigt und dabei nach eingehender Darstellung der gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Rechtslage unter Zitierung höchstgerichtlicher Rechtsprechung Folgendes ausgeführt: Enthält eine Urkunde nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben, ist sie nicht als Rechnung im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen. Auf eine solche Rechnung kann der Vorsteuerabzug nicht gestützt werden. Es entspricht nämlich dem Regelungsziel und -zweck des § 12 UStG 1994, dass eine Vorsteuer nur bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung abgezogen werden kann. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Rechnung steht der Vorsteuerabzug - unabhängig von der Gut- oder Schlechtgläubigkeit - nicht zu. Auch wenn die (auf die Umsatzsteuer entfallenden) Teile der Rechnungsbeträge bezahlt wurden, ändert dies nichts an den vom Gesetz vorgegebenen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug. Die im § 11 Abs. 1 UStG 1994 genannten Voraussetzungen verfolgen das Ziel, die Erhebung der Umsatzsteuer und ihre Überprüfung sicher zu stellen. Die Rechnungsangaben müssen daher eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ermöglichen. Die Angabe des Namens und der Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers dient nicht nur der Kontrolle, ob der Leistungsempfänger eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung von einem anderen Unternehmer erhalten hat, sondern auch der Sicherstellung der Besteuerung beim leistenden Unternehmer. Diesem Sinn des Gesetzes entsprechend begnügt sich das Gesetz nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die in Rechnung gestellten Lieferungen oder Leistungen erbrachte; es muss der Rechnung vielmehr eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sein, der tatsächlich geliefert oder geleistet hat. § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 erfordert daher für die eindeutige Feststellung des liefernden oder leistenden Unternehmers bei Rechnungslegung nicht nur die Angabe des Namens, sondern auch der Adresse. Es kann somit auch die Angabe "nur" einer falschen Adresse nicht als "kleiner", dem Vorsteuerabzug nicht hinderlicher Formalfehler angesehen werden (vgl. VwGH 01.06.2006, 2004/15/0069, und die dort zitierte Judikatur). Auf den "guten Glauben" des Rechnungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers kommt es nicht an. Eine "Ungreifbarkeit des Leistungserbringers" ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat (vgl. VwGH 25.04.2001, 98/13/0081). Rechnungen, die zwar den richtigen Namen, aber nicht die richtige Adresse des leistenden Unternehmers enthalten, reichen zum Vorsteuerabzug nicht aus (VwGH 26.09.2000, 99/13/0020). Gleiches gilt, wenn unter der angegebenen Adresse nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet wurde (vgl. VwGH 24.04.1996, 94/13/0133; VwGH 28.05.1997, 94/13/0230). Ist die Leistung ausgeführt worden, scheint aber in der Rechnung als leistender Unternehmer eine Firma auf, die unter der angegebenen Anschrift gar nicht existiert, so steht der Vorsteuerabzug ebenfalls nicht zu (vgl. VwGH 14.01.1991, 90/15/0042; VwGH 24.04.1996, 94/13/0133; VwGH 01.06.2006, 2002/15/0174).

Der erkennende Referent sieht sich im gegenständliche Fall nicht veranlasst von dieser Rechtsprechung abzugehen. Auch den vom Bw. zitierten EuGH-Urteilen in den Rechtssachen Kittel (C-439/04 ), Federation of Technological Industries (C-384/04 ), Optigen (C-354/03 ) und Molenheide (C-286/94 ) ist nicht zu entnehmen, dass es einen gemeinschaftsrechtlichen Vertrauensschutz bezüglich falscher oder fehlender Rechnungsmerkmale gibt. Vielmehr ist das Abstellen auf eine Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug gemeinschaftsrechtskonform (vgl. nochmals Wisiak, a.a.O.).

Allerdings hat der Verwaltungsgerichshof ausgesprochen, dass der Abgabepflichtige nicht zu beweisen hat, dass an der in der Rechnung ausgewiesenen Anschrift eine Geschäftstätigkeit des Rechnungslegers entfaltet worden ist, oder den Gegenbeweis für eine bloße Behauptung oder Vermutung der Behörde anzutreten, sondern hat die Behörde im Grunde des § 115 BAO - wenn auch unter Mitwirkung des Abgabepflichtigen - festzustellen, dass an dieser Anschrift allenfalls keine Geschäftstätigkeit entfaltet worden ist. Ob in einer Rechnung der richtige Name und die richtige Anschrift angegeben sind, ist daher eine auf der Tatsachenebene zu lösende Sachverhaltsfrage (VwGH 28.02.2007, 2004/13/0039).

Diesbezüglich ergibt die Aktenlage folgendes Bild:

1) Rechnungen lautend auf VT als leistender Unternehmer:

Das Finanzamt vertritt die Auffassung, dass die auf VT lautenden Rechnungen den Bw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, weil der eigentlich Liefernde ein (namentlich genannter) Dritter gewesen sei. Dabei stützt sich das Finanzamt auf eine schriftliche Erklärung der VT, wonach sie nichts von den in Rechnung gestellten Aktivitäten gewußt habe und der tatsächliche Geschäftsinhaber ein Dritter gewesen sei, sie diesem vertraut und nur einige Unterschriften geleistet habe. Dieser von VT namentlich genannte Dritte erklärte wiederum schriftlich, dass er VT überredet habe, eine Firma zu gründen und ihm eine Vollmacht auszustellen, mit der er in der Folge bei diversen Buntmetallhändlern aufgetreten sei. Er habe dies getan, um dem Finanzamt die Umsatzsteuer vorzuenthalten. VT habe von seinen Aktivitäten nichts gewußt. Er sei der Geschäftswahrnehmende und de facto Geschäftsinhaber der Firma VT gewesen.

Demgegenüber schildert der Bw. die Sachlage so, dass VT die Geschäftsbeziehung zu ihm angebahnt habe. Sie sei bei den Lieferungen immer von zwei Männern begleitet worden, wobei der eine den PKW, in dem VT gesessen sei, und der jeweils andere den LKW mit der Ware gesteuert hätte und der eine das Geld übernommen habe. Die Identität dieser Männer sei dem Bw. nicht bekannt, sie seien aber (wie VT auch) aus Ex-Jugoslawien gewesen.

Die Darstellung der beiden Zeugen erscheint glaubhafter, als die Verantwortung des Bw.. Die Glaubwürdigkeit des Bw. leidet darunter, dass er behauptet, die Männer, welche VT begleitet haben, nicht zu kennen. Diese seien zwar - so wie der Bw. - Männer aus Ex-Jugoslawien gewesen und man habe sich auf serbokroatisch unterhalten, doch habe der Bw. nicht erfahren oder erfragt, wer diese - eine damals zwanzigjährige Frau begleitenden - Männer gewesen seien. Diese Darstellung steht im Widerspruch zu den Erfahrungen des täglichen Lebens, wonach gerade zwischen Menschen derselben territorialen und sprachlichen Herkunft bei einem Zusammentreffen in einer neuen Heimat von vornherein ein gewisses Band besteht, was sich zumindest so äußert, dass man sich gegenseitig vorstellt. Der Bw. selbst gibt an, dass es ihm doch seltsam vorkam, dass er mit einer zwanzigjährigen Frau Geschäfte mache. In dieser Situation sich für die männlichen Begleiter dieser Frau nicht zu interessieren, erscheint kaum vorstellbar.

Geht man nun von der Darstellung der beiden Zeugen aus, dann hat VT selbst keine Leistungen an den Bw. erbracht, sondern ein Dritter. VT leistete lediglich Unterschriften. Das Geschäft wurde augenscheinlich auf Rechnung dieses Dritten betrieben. Dies läßt sich den Aussagen entnehmen, wenn es dort heißt, dass VT von den Aktivitäten des Bevollmächtigten nichts wußte und dieser Dritte der Geschäftswahrnehmende und de facto Geschäftsinhaber war. Soweit dieser Dritte eine Vollmacht von VT verwendete, hat er zwar im Namen aber eben nicht auf Rechnung der VT die fraglichen Leistungen ausgeführt. Damit gab der Bevollmächtigte lediglich vor, in fremdem Namen zu handeln. Das an sich maßgebliche Auftreten nach außen wurde also (ob mit oder ohne Vollmacht) falsch deklariert, was zur Folge hat, dass die Leistungserbringung dem Dritten zuzurechnen ist (vgl. Ruppe, UStG³, § 1 Tz 262).

Sohin wurde der Name (und die Adresse) der VT lediglich zum Schein in den Rechnungen verwendet. In diesem Fall ist den Erfordernissen des §11 UStG nicht Rechnung getragen (vgl. nochmals Ruppe, a.a.O., § 11 Tz 60). Auch kann damit an der in den Rechnungen ausgewiesenen Adresse der VT eine entsprechende Geschäftstätigkeit nicht stattgefunden haben, was für sich alleine schon einem Vorsteuerabzug entgegensteht.

An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der Bw. tatsächlich im guten Glauben darüber gewesen sein sollte, dass VT sein Geschäftspartner ist, und für ihn die Scheinfirma VT als solche nicht erkennbar gewesen wäre.

2) Rechnungen lautend auf VV als leistende Unternehmerin:

Das Finanzamt vertritt die Auffassung, dass die auf VV lautenden Rechnungen den Bw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dabei stützt sich das Finanzamt auf zwei niederschriftliche Aussagen der VV, wonach sie selbst keine Lieferungen von Schrott ausgeführt habe.

VV gab an, von (namentlich genannten) Dritten zur Firmengründung überredet worden zu sein. Sie habe diesen Dritten zu den Abnehmerfirmen begleitet und vor Ort die Rechnungen unterschrieben und das Geld kassiert, das sie aber gleich an den eigentlichen Lieferanten abgeliefert habe. Dabei habe sie nie Ware mitgehabt. Für ihre Dienste sei ihr Geld versprochen, das aber in der Folge nur geringfügig ausbezahlt worden sei. Ende September 2005 bzw. Anfang Oktober 2005 habe VV dem Dritten dann eine Vollmacht gegeben.

Nach der Schilderung der Sachlage durch den Bw. habe es sich im Wesentlichen so verhalten wie bei VT. VV habe ihn angesprochen. Bei der Lieferung sei sie auch immer von zwei Männern begleitet worden, einer hätte den PKW, in dem VV gesessen sei, und der jeweils andere den LKW mit der Ware gesteuert. Das Geld habe allerdings VV selbst übernommen. Die Identität dieser Männer sei dem Bw. nicht bekannt. Sie seien (wie VV auch) aus Ex-Jugoslawien gewesen. Man habe serbokroatisch gesprochen.

Die Darstellung der Zeugin erscheint glaubhafter, als die Verantwortung des Bw. und zwar aus den oben genannten auch hier zutreffenden Gründen. Das Vorbringen des Bw., dass es sich bei ihm anders verhalten habe, als VV aussage, verfängt nicht. Es gibt keinen vernünftigen Grund, anzunehmen, dass VV entgegen ihrer Aussage gerade beim Bw. selbst als Unternehmerin gehandelt haben sollte. Es erscheint glaubhaft, dass VV das Geschäft nicht selbst betrieben hat. Auch für den Bw. war das Auftreten einer Frau als Geschäftspartner ungewöhnlich.

Somit ist wie im Falle VT davon auszugehen, dass VV nur zum Schein als Unternehmerin vorgeschoben wurde. Ob dies unter Verwendung einer Vollmacht oder ohne eine Vollmacht durch das persönliche Auftreten von VV (Leisten von Unterschriften auf Rechnungen, Geld kassieren) erfolgte, ist bedeutungslos, wenn feststeht, dass das Geschäft auf Rechnung und Risiko eines anderen betrieben wurde. In diesem Fall ist - wie oben ausgeführt - den Erfordernissen des §11 UStG nicht Rechnung getragen. Auch kann damit an der in den Rechnungen ausgewiesenen Adresse der VV eine entsprechende Geschäftstätigkeit nicht stattgefunden haben, was für sich alleine schon einem Vorsteuerabzug entgegensteht.

An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der Bw. tatsächlich im guten Glauben darüber gewesen sein sollte, dass VV sein Geschäftspartner ist, und für ihn die Scheinfirma VV als solche nicht erkennbar gewesen wäre.

3) Rechnungen lautend auf K-SZ als leistender Unternehmer:

Das Finanzamt vertritt die Auffassung, dass die auf K-SZ lautenden Rechnungen den Bw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dabei stützt sich das Finanzamt auf Feststellungen des Finanzamtes Wels betreffend einen anderen Rechnungsempfänger, wonach an der in der Rechnung ausgewiesenen Adresse des K-SZ im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung eine Firma K-SZ nicht existent gewesen sei.

Nach der Aktenlage traf das Finanzamt Wels basierend auf einer Niederschrift des Finanzamtes Wien 1/23 vom 18.Jänner 2006 die Feststellung, dass K-SZ obdachlos sei, er für das Leisten von Unterschriften mehrfach € 100,-- erhalten habe und die Geschäfte tatsächlich ein (namentlich genannter) Anderer abgewickelt habe. K-SZ selbst habe niemals Schrottgeschäfte abgewickelt.

Demgegenüber schildert der Bw. die Sachlage so, dass K-SZ dem Bw. die Ware angeboten und diese mit einem LKW, gesteuert von einem anderen Mann, geliefert habe. Die Fahrer des LKW hätten immer gewechselt. Das Geld habe K-SZ selbst übernommen. Die Identität der LKW-Fahrer sei dem Bw. nicht bekannt. Sie seien wie K-SZ auch aus Ex-Jugoslawien gewesen. Man habe serbokroatisch gesprochen.

Es bestehen keine Bedenken, die auf den Aussagen des K-SZ basierenden Feststellungen des Finanzamtes als richtig anzusehen, zumal die Glaubwürdigkeit des Bw. - wie oben dargestellt - in dieser Sache eingeschränkt ist.

Somit ist wie im Falle VT und VV davon auszugehen, dass K-SZ nur zum Schein als Unternehmer vorgeschoben wurde. Ob dies unter Verwendung einer Vollmacht oder ohne eine Vollmacht durch das persönliche Auftreten (Leisten von Unterschriften) von K-SZ erfolgte, ist bedeutungslos. In diesem Fall ist - wie oben ausgeführt - den Erfordernissen des §11 UStG nicht Rechnung getragen. Auch kann damit an der in den Rechnungen ausgewiesenen Adresse des K-SZ eine entsprechende Geschäftstätigkeit nicht stattgefunden haben, was für sich alleine schon einem Vorsteuerabzug entgegensteht.

An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der Bw. tatsächlich im guten Glauben darüber gewesen sein sollte, dass K-SZ sein Geschäftspartner ist, und für ihn die Scheinfirma K-SZ als solche nicht erkennbar gewesen wäre.

4) Rechnungen lautend auf MZ als leistender Unternehmer:

Das Finanzamt vertritt die Auffassung, dass die auf MZ lautenden Rechnungen den Bw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Die Verwendung eines Scheinnamens (einer Scheinfirma) entspreche nicht den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Rechnung.

MZ gab niederschriftlich befragt an, eine Einzelfirma mit dem Gegenstand des Schrotthandels im August 2003 gegründet, die Tätigkeit mit dieser Einzelfirma aber nie ausgeübt zu haben. Vielmehr habe ein (namentlich genannter) Dritter ohne Wissen des MZ eine Vollmacht angefertigt, die diesen zum Ausstellen von Rechnungen berechtigten und diverse Unterlagen (Gewerbeschein und Firmenstempel) kopiert bzw. einen eigenen Firmenstempel anfertigen lassen.

Dazu hält der Bw. in seiner Aussage fest, dass er sich an diese Geschäftsbeziehung nicht mehr so gut erinnern könne, weil sie nur wenige Lieferungen umfasst hätte. Er habe keine Wahrnehmung gemacht, dass die Geschäfte ein Dritter abgewickelt hätte.

Es gibt keinen Grund die Aussage des Zeugen in Zweifel zu ziehen.

Somit ist auch hier davon auszugehen, dass MZ nur zum Schein als Unternehmer vorgeschoben wurde. Ob dies unter Verwendung einer Vollmacht oder ohne eine Vollmacht und durch Verwenden eines auf MZ lautenden Firmenstempels erfolgte, ist bedeutungslos. In diesem Fall ist - wie oben ausgeführt - den Erfordernissen des §11 UStG nicht Rechnung getragen. Auch kann damit an der in den Rechnungen ausgewiesenen Adresse des MZ eine entsprechende Geschäftstätigkeit nicht stattgefunden haben, was für sich alleine schon einem Vorsteuerabzug entgegensteht.

An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der Bw. tatsächlich im guten Glauben darüber gewesen sein sollte, dass MZ sein Geschäftspartner ist, und für ihn die Scheinfirma MZ als solche nicht erkennbar gewesen wäre.

Somit erfolgte die Berichtigung der Vorsteuern aus den strittigen Rechnungen dieser "missing trader" zu Recht.

Das Ergebnis laut Betriebsprüfung ist aber insoweit zu korrigieren, als nach dem Ergebnis des Erörterungsgespräches folgende Vorsteuern anzuerkennen sind:

2004:

R &Söhne € 535,60

2005:

YKEG € 668,33

2006:

YKEG € 1.373,48 G-H € 400,--

Hinsichtlich der Rechnung DBau hat nach der Aktenlage eine Vorsteuerberichtigung durch das Finanzamt nicht stattgefunden, weshalb dem Begehren auf Rückgängigmachung dieser Berichtigung auch nicht gefolgt werden kann

Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 sowie gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für Jänner bis Juli 2006 war daher teilweise Folge zu geben.

Die anzuerkennenden Vorsteuern betragen daher (alle Beträge in Euro):

 

2003

2004

2005

1-7/2006

VSt lt. FA

10.865,51

25.814,32

52.785,32

25.303,37

Änderung lt. BE

0,00

+535,60

+668,33

+1.773,48

VSt lt. BE

10.865,51

26.349,92

53.453,65

27.076,85

Klagenfurt, am 10. August 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 11 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

Wisiak, UFS und Vorsteuerabzug aus Rechnungen, UFSJournal April 2009, Seite 123 ff
VwGH 11.07.1995, 95/13/0143
EuGH 12.01.2006, C-354/03
VwGH 24.04.1996, 94/13/0133
VwGH 01.06.2006, 2004/15/0069
VwGH 25.04.2001, 98/13/0081
VwGH 26.09.2000, 99/13/0020
VwGH 28.05.1997, 94/13/0230
VwGH 14.01.1991, 90/15/0042
VwGH 01.06.2006, 2002/15/0174
VwGH 28.02.2007, 2004/13/0039
UFS, RV/1007-W/09

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