Bei Betriebsübertragungen ist die Vorlage eines ordnungsgemäß ausgefüllten Formulares NeuFö 3 materielle Voraussetzung für die Befreiung.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn I.W., B., vertreten durch W.B., gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 5. Juli 2006 betreffend Grunderwerbsteuer für 1) den Erwerb von Herrn F.W. und 2) für den Erwerb von Frau H.W. entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit notariellem Übergabsvertrag vom 14. Mai 2005 übergaben Herr F.W. und Frau H.W. die denselben je zur Hälfte gehörige Liegenschaft Einlagezahl 1 Grundbuch xy und Herr F.W. sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen an Herrn I.W., dem Berufungswerber. Als Gegenleistung für diese Übergabe haben sich die Übergeber auf deren Lebenszeit verschiedene Ausgedingsrechte ausbedungen und Herr F.W. die Bezahlung einer monatlichen Versorgungsrente in der Höhe von € 300,--, welche für den Fall, dass er vor Frau H.W. versterben sollte, dieser in gleicher Höhe gebührt.
Gleichzeitig mit der Anzeige dieses Vertrages, beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eingelangt am 27. Mai 2005, wurde eine Kopie des Formulars NeuFö 1, betreffend Erklärung der Neugründung (§ 4 Neugründungs-Förderungsgesetz) eingereicht, wobei in dem Abschnitt "Ich beantrage, dass die folgenden Abgaben, Gebühren und Beiträge für die unmittelbar durch die Gründung veranlassten Vorgänge nicht erhoben werden:" Nichts angekreuzt wurde.
Erst nachdem vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien im Ergänzungsersuchen vom 3. November 2005 darauf hingewiesen wurde, dass für die Gewährung der Begünstigung gemäß § 5a Abs. 2 Z. 2 NeuFöG die Vorlage des Vordruckes über die Erklärung der Übertragung (NeuFö 3) erforderlich ist, wurde das Formular NeuFö 3 mit Eingabe vom 10. November 2005, beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eingelangt am 15. November 2005, vorgelegt.
Mit Bescheiden vom 5. Juli 2006 wurde dem Berufungswerber vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien 1) für den Erwerb von Herrn F.W. die Grunderwerbsteuer mit € 1.294,63 und 2) für den Erwerb von Frau H.W. die Grunderwerbsteuer mit € 763,78 vorgeschrieben. Begründet wurde die Vorschreibung jeweils damit, dass die Befreiung nach dem NeuFöG nicht gewährt werden konnte, da bis zum Ende der Anzeigefrist kein Original-NeuFöG-Formular eingereicht wurde.
Die gegen diese Bescheide eingebrachte Berufung wurde wie folgt begründet:
"Das erste Beratungsgespräch gem. § 4 Abs.3 NeuFög fand am 9. Februar 2005 statt. Der Übergabsvertrag mit =F.W.+H.W. vom 14. Mai 2005 wurde vom Notariat x am 23. Mai 2005 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien eingebracht.
Mit dem Übergabsvertrag wurde auch ein Vordruck über die Erklärung der Übertragung - irrtümlicherweise Formblatt NeuFö1 - bei der in Betracht kommenden Behörde eingereicht.
Mit Ersuchen um Ergänzung vom 3. November 2005 hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern u.a. darauf hingewiesen, dass die Vorlage des Vordruckes über die Erklärung der Übertragung -NeuFö3- erforderlich sei. Dieser Vordruck NeuFö3 wurde am 10. November 2005 durch das Notariat x an die in Betracht kommende Behörde vorgelegt.
Unserer Ansicht nach fordert das Gesetz nicht die Vorlage des amtlichen Vordrucks NeuFö3 innerhalb der Anzeigefrist (siehe Verordnung des BMF 14/8/2, BGBL II 2002/483, § 4 Abs. 1).
Wir stellen daher den Antrag auf Befreiung gemäß NeuFög § 5a Abs. 2 Zi 2 und ersuchen, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 5. Juli 2006 dahingehend zu berichtigen."
Mit den beiden Berufungsvorentscheidungen vom 28. September 2006 wurde die Berufung jeweils als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde diese Abweisung wie folgt:
"Gemäß § 5a Abs.2 NeuFöG gilt für Betriebsübertragungen u.a., dass § 4 NeuFöG sinngemäß anzuwenden ist. § 4 NeuFög normiert, dass die Wirkungen des Bundesgesetzes nur unter klar definierten formellen Voraussetzungen eintreten. Die ordnungsgemäß und iSd § 4 Abs.1 NeuFöG vollständig ausgefüllte Erkärung ist materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung. Durch Vorlage des für Neugründungen vorgesehenen Formblattes NeuFö1 war diese Voraussetzung nicht gegeben. Die nachträgliche Gewährung einer Begünstigung kommt nicht in Betracht, da die Vorlage eines Originals der Erklärung NeuFö3 bis zum Entstehen des Abgabenanspruchs eine materielle Voraussetzung (z,B. VwGH v.26.4.2001, Zl. 2000/16/0314) darstellt und durch die spätere Nachreichung nicht saniert werden kann. Aus diesen Gründen war die Berufung abzuweisen."
Gegen diese Erledigungen wurde ein Vorlageantrag eingebracht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 NeuFöG werden zur Förderung der Neugründung von Betrieben nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 NeuFöG bestimmte Abgaben und Gebühren nicht erhoben. Nach § 4 Abs. 1 NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 Z. 1 bis 6 NeuFöG nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird.
Eine Betriebsübertragung gemäß § 5a Abs. 1 NeuFöG liegt vor, wenn bloß ein Wechsel in der Person des die Betriebsführung beherrschenden Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes (Teilbetriebes) erfolgt (§ 2 Z. 4 NeuFöG) und die innerhalb von zwei Jahren nach der Übertragung die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat.
Die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen, die mit einer Betriebsübertragung im Sinne des Abs. 1 des § 5a NeuFöG in unmittelbarem Zusammenhang stehen, wird auf Grund des Abs. 2 Z. 2 leg.cit. nicht erhoben, soweit der für die Besteuerung maßgebende Wert € 75.000,-- nicht übersteigt. Auf Grund des Abs. 2 Z. 1 leg.cit. sind die Bestimmungen des § 1 Z. 1, 3 und 5 sowie der §§ 3, 4 und 7 für Betriebsübertragungen sinngemäß anzuwenden.
Nach § 4 NeuFöG treten die Wirkungen (Begünstigungen) dieses Bundesgesetzes nur unter klar definierten formellen Voraussetzungen ein. So hat der neue Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden den amtlichen Vordruck vorzulegen, in dem die Übertragung erklärt wird, wobei auf diesem amtlichen Vordruck (sinngemäß nach § 4 Abs. 1 NeuFöG) 1. das Vorliegen der Voraussetzungen der Übertragung, 2. der voraussichtliche Kalendermonat der Übertragung und 3. die nicht zu erhebenden Abgaben, Gebühren und Beiträge zu erklären sind.
Es steht fest, dass mit der Anzeige des Notariatsaktes, beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eingelangt am 27. Mai 2005, eine Kopie des Formulars NeuFö 1 vorgelegt wurde, in welchem nicht angekreuzt wurde, für welche Abgaben, Gebühren und Beiträge beansprucht wird, dass sie nicht erhoben werden. Das Formular NeuFö 3 wurde erst, nachdem vom Finanzamt im Ergänzungsersuchen vom 3. November 2005 darauf hingewiesen wurde, dass für die Gewährung der Begünstigung die Vorlage des Formulars NeuFö 3 erforderlich ist, mit Eingabe vom 10. November 2005, beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eingelangt am 15. November 2005, vorgelegt.
Nach der geltenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erklärung der Neugründung - und analog dazu die Erklärung der Betriebsübertragung - nach § 4 NeuFöG formgebunden. Es ist ein bestimmter amtlicher Vordruck zu verwenden und überdies eine Bestätigung einzuholen. Die Vorlage dieses formgebundenen Antrages ist die materielle Voraussetzung für die Begünstigung (vgl. VwGH 26. 4. 2001, 2000/16/0314, 24. 4. 2002, 99/16/0398, 26. 6. 2003, 2000/16/0326). In seinem Erkenntnis vom 4. 12. 2003, 2003/16/0472, führt der Verwaltungsgerichtshof u. a. aus, das NeuFöG lasse in seiner Gesamtheit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei der Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - etwa die Vorlage eines Vordruckes als materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) - eintreten.
Im Hinblick auf die in § 4 NeuFöG als Voraussetzung für die Befreiungen nach dem NeuFöG verwendeten Begriffe "erklärt" und "bestätigt", ist davon auszugehen, dass jeder Behörde bzw. jeder Dienststelle jeweils ein Original des amtlichen Vordruckes NeuFö 3 vorzulegen ist. Die ordnungsgemäß und iSd § 4 Abs. 1 NeuFöG vollständig ausgefüllte Erklärung (gegebenenfalls inklusive Bestätigung der Beratung) ist damit materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung.
Wird die Erklärung der Übertragung im Vorhinein vorgelegt, dann werden auf Grund der vorgelegten Erklärung nur die jeweiligen - dh geltend gemachten - Abgaben und Gebühren von der Behörde auch von vorneherein nicht erhoben. Die nachträgliche Gewährung einer Begünstigung nach erfolgter Festsetzung kommt demgegenüber nicht in Betracht und ist nicht möglich.
Im gegenständlichen Fall wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien zwar ein amtlicher Vordruck vorgelegt, jedoch nicht das für den Nachweis der Befreiung erforderliche Formular NeuFö 3, sondern das Formular NeuFö 1 und dieses nur in Kopie. Außerdem wurden in diesem vorgelegten Formular keine Abgabenbegünstigungen beantragt. Aus dem Grund, dass für die Inanspruchnahme der Begünstigung die ordnungsgemäße und vollständige Vorlage der Erklärung NeuFö 3 eine materielle Voraussetzung darstellt, konnte selbst durch die spätere Nachreichung einer Erklärung ein solcher Mangel, da es sich nicht um einen bloß formellen, allenfalls behebbaren Mangel handelt, nicht mehr saniert werden.
Schon die Vorlage einer Kopie ist nicht ausreichend. Noch weniger reicht es, wenn es sich bei dieser Kopie um eine solche eines falschen Vordruckes handelt, welcher noch dazu - es wurden keinerlei Abgabenbegünstigungen beantragt - nicht vollständig ausgefüllt ist. Durch die Nachreichung des amtlichen Vordruckes NeuFö 3 erst Monate nachdem der Notariatsakt angezeigt wurde, kann die bereits entstandene Steuerschuld nicht mehr beseitigt werden. Bei den Verkehrsteuern gilt der Grundsatz, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann.
Zum Erwerb von der Mutter ist noch zu bemerken, dass die Begünstigungsbestimmung des § 5a Abs. 2 Z. 2 NeuFöG nur gilt, wenn die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen unmittelbar mit einer Betriebsübergabe im Zusammenhang steht. Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass der Vater des Berufungswerbers alleiniger Betriebsinhaber des Einzelunternehmens war. Somit erfüllt der Erwerbsvorgang von der Mutter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5a NeuFöG nicht, da von ihr kein (Teil-)Betrieb übergeben wurde.
Im hier zu beurteilenden Fall liegen nämlich mehrere Erwerbsvorgänge vor, einerseits die Übergabe eines Einzelunternehmens vom Vater als Betriebsinhaber und anderseits die Übergabe der Liegenschaft. Da die Mutter auch zur Hälfte grundbücherliche Eigentümerin des betrieblich genutzten Grundstückes war, aber weder Betriebsinhaberin noch Mitunternehmerin dieses Betriebes war, ist dieser Erwerbsvorgang nicht nach § 5a NeuFöG von der Grunderwerbsteuer befreit, da die vom Gesetz geforderte Unmittelbarkeit fehlt.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 8. Oktober 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 |