Darlehen als verdeckte Ausschüttung
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerbers, vertreten durch Hans Gogg, 8020 Graz, Reininghausstr. 13a, vom 26. Februar 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 24. Jänner 2007 betreffend Körperschaftsteuer 2005 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde bei der Bw folgender nunmehr strittiger Sachverhalt festgestellt:
Im Streitjahr erfolgten Überweisungen iHv insgesamt € 62.000,- an die Firma F. GmbH. Die Berufungswerberin stand zu diesem Zeitpunkt zu 100% im Eigentum der Firma F. Diese Überweisungen wurden von der Bw als Darlehen verbucht, obgleich weder ein Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, noch schriftliche Vereinbarungen über Zinsfälligkeiten, Rückzahlungstermine und bestehende Sicherheiten getroffen wurden.
Nachdem über die Firma F. der Konkurs eröffnet wurde, wurden weder Einbringungsmaßnahmen gesetzt noch die Forderung im Konkursverfahren angemeldet.
Da der Bw aufgrund der Beteiligungsverhältnisse auch die schlechte wirtschaftliche Situation bekannt gewesen sein musste (und damit mit einer Rückzahlung nicht ernsthaft gerechnet werden konnte), ging das Finanzamt davon aus, dass es sich bei den Überweisungen um kein Darlehen, sondern um eine verdeckte Ausschüttung handelte und rechnete die erfolgte Forderungsabschreibung (Abschreibung der als Forderung verbuchten Auszahlungen auf null) dem Gewinn hinzu.
In der dagegen erhobenen Berufung erklärte die Bw, sie hätte der Muttergesellschaft Finanzmittel zu "folgenden mündlich vereinbarten Bedingungen" bereitgestellt:
Maximal ausnutzbarer Betrag: EUR 100.000,00
Verzinsung: 5% p.a. mit Jahresende
Rückzahlung: Beginnen mit 10.1.2007 jeweils EUR 5.000,00 monatlich.
Im Zeitpunkt der Darlehensgewährung sei die Muttergesellschaft wirtschaftlich lebensfähig gewesen. Im Zuge des Insolvenzverfahrens hätte die Bw auf ihre Darlehensforderung verzichtet um das Zustandekommen eines Zwangsausgleichs zu ermöglichen. Es könne daher lediglich der Verzicht auf die Ausgleichsquote, nicht jedoch die Gewährung des Darlehens als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet werden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen Gewinnverteilung, gleichviel unter welcher Bezeichnung gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde (vgl. für viele etwa VwGH 31.3.1998, 96/13/0121, 0122).
Nach der Judikatur des VwGH liegt bereits mit der Hingabe des Darlehens eine verdeckte Ausschüttung vor, wenn ein gültiger Darlehensvertrag gar nicht zustande gekommen ist (VwGH 26.9.1985, 85/14/0079 bei mangelnder rechtlicher Absicherung, VwGH 29.11.2006, 2002/13/0173 bei fehlender Fremdüblichkeit, VwGH 8.2.2007, 2004/15/0149 und 19.9.2007, 2006/13/0194; in diese Richtung auch VwGH 25.6.2007, 2007/14/0002).
Hinsichtlich der Frage, ob im Berufungsfall ein Darlehensvertrag überhaupt zustande gekommen ist, muss die Rechtsprechung des VwGH zu Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern beachtet werden. Dabei ist ein ebenso strenger Maßstab anzulegen, wie bei der Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen (vgl zB VwGH 23.6.1998, 97/14/0075). Solche vertraglichen Vereinbarungen können für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie
- nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,
- einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und
- auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.
Diese in der Rechtsprechung für die steuerliche Anerkennung aufgestellten Kriterien beruhen auf der in § 21 BAO normierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise und haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom Verwaltungsgerichtshof nur auf seine Schlüssigkeit zu prüfenden - Beweiswürdigung (VwGH vom 29.11.2000, 95/13/0004). Dies gilt vor allem deshalb, weil der in der Regel zwischen fremden Geschäftspartnern bestehende Interessengegensatz bei nahen Angehörigen auszuschließen ist und durch die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten steuerliche Folgen entsprechend beeinflusst werden könnten (vgl. VwGH 31.3.2003, 98/14/0164). Als "nahe Angehörige" kommen - wie schon oben angeführt - nicht nur Familienangehörige in Betracht, sondern auch mit der Gesellschaft (Gesellschafter) direkt oder indirekt wirtschaftlich verflochtene natürliche oder juristische Personen (VwGH 3.8.2000, 96/15/0159).
Prüft man den Sachverhalt anhand dieser Kriterien, so ist die Anerkennung bereits anhand des ersten Merkmals ausgeschlossen: Wie die Bw selbst vorbringt, wurden über das fragliche "Darlehen" nämlich keinerlei schriftliche Vereinbarungen geschlossen. Bei Darlehensverträgen sind zwar Schriftlichkeit und zivilrechtliche Wirksamkeit keine unabdingbaren Voraussetzungen für deren steuerliche Anerkennung, ein bloß bilanzmäßiger Ausweis als Schuldpost ist jedoch nicht ausreichend. Die bloße Verbuchung eines Geldzuflusses an den Empfänger kann nämlich eine Urkunde über deren Rechtsgrund nicht ersetzen. Das Rechtsgeschäft kommt damit nach außen nicht nur nicht ausreichend, sondern überhaupt nicht zum Ausdruck. Der VwGH hat im gegebenen Zusammenhang auch schon ausgesprochen, dass die bloße Verbuchung von Zuwendungen an den Gesellschafter eine Urkunde über den Rechtsgrund der Zuwendung nicht ersetzen kann, weil ein solcher Buchungsvorgang weder nach außen zum Ausdruck kommt, noch daraus der Rechtsgrund für die tatsächliche Zahlung hervorgeht (VwGH 31.3.1998, 96/13/0122, abermals VwGH 31.7.2002, 98/13/0011).
Selbst unter dem Gesichtspunkt der Fremdüblichkeit ist aus Gründen der Beweissicherung für den Darlehensgeber ein bloß mündlicher Darlehensvertrag unüblich (vgl UFS 26.5.2009, RV/0434-I/08; vgl dazu auch Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 1988, § 8 Anhang S 17).
Auch inhaltlich vermag der von der Bw angenommene "Darlehensvertrag" einem sog. Fremdvergleich nicht stand zu halten: Ein Darlehensvertrag hat unter anderem eine Besicherung, sowie klare Kündigungs-, Tilgungs- und Zahlungsmodalitäten zu enthalten. Sofern derartige Abmachungen von vornherein nicht ausreichend klar sind und einem Fremdvergleich standhalten, kann die Rückzahlbarkeit der von der Gesellschaft empfangenen Geldbeträge nicht als erwiesen angenommen werden (vgl. VwGH 31.3.1998, 96/13/0121, 0122). Bei Fehlen des Fixierens schriftlicher Vereinbarungen und des Treffens eindeutiger Abmachungen über Rückzahlungsmodalitäten und Verzinsung bei einem Vertrag ist davon auszugehen, dass dieser zwischen fremden Personen nie vereinbart worden wäre (VwGH 14.9.1977, 0027, 0162/77).
Im Zeitpunkt der Zahlung der Geldbeträge an die Firma F. befand sich diese erwiesenermaßen in einem Liquiditätsengpass. Dies ergibt sich nicht nur aus den Feststellungen der Betriebsprüfung, sondern auch aus den Vorbringen der Bw (im Zeitpunkt der Darlehensgewährung befand sich die Firma in Zahlungsschwierigkeiten, sei aber wirtschaftlich überlebensfähig und nicht insolvent gewesen). Fremden Dritten wird in einer solchen Situation ein Darlehen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nur dann gewährt, wenn die Forderung ausreichend besichert werden kann. Von solchen Besicherungen ist allerdings aktenkundig keine Rede: Es kam weder zu einer, ein durchsetzbares Recht begründenden Pfandrechtseinräumung noch zu einer wie immer gearteten Sicherungsübereignung oder einer sonstigen Sicherstellung.
Auch manifestiert sich der fehlende Erwartung der Rückzahlbarkeit im Verzicht, das "Darlehen" im Konkursverfahren der Firma F. anzumelden.
Aufgrund des sich bietenden Gesamtbildes, nämlich des Fehlens von schriftlichen Unterlagen über die Darlehensgewährung, der Darlehensgewährung an eine sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindliche Firma sowie des Fehlens von Sicherheiten, ist davon auszugehen, dass solche Bedingungen bei einer Darlehensgewährung unter Fremden nicht üblich sind. Die Überweisung des Geldes erfolgte von Anfang an aus gesellschaftsrechtlichen Gründen und stellt damit ab Zuzählung eine verdeckte Ausschüttung dar.
Damit war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am 11. August 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Schlagworte: | Darlehenszuzählung als verdeckte Ausschüttung, Verträge zwischen nahen Angehörigen, mündlicher Vertrag - Beweissicherungsgebot |
Verweise: | VwGH 29.11.2006, 2002/13/0173 |