Steuerliche Behandlung von Geldzuflüssen von der Mutter an den Sohn nicht als Darlehen, sondern als freigebige Zuwendungen
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der I.S., Adresse, vertreten durch X, Steuerberater, Adr., vom 1. April 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 18. Februar 2004 betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Anlässlich der Betriebsprüfung des P.S. (vertreten durch X) wurden Geldzuflüsse von I.S. an deren Sohn P.S. für das Jahr 2000 von insgesamt 1.000.000 S (am 21. Februar 2000 und am 13. März 2000 jeweils 500.000 S) und für das Jahr 2002 von 96.036 € (am 8. Juli 2002) festgestellt. Diese Geldzuflüsse (gegenüber dem Betriebsprüfer als private Darlehen angegeben) bildeten den Gegenstand einer am 22. Dezember 2003 ausgefertigten Kontrollmitteilung. Im Punkt 1 der anlässlich der Schlussbesprechung abgefassten Niederschrift über die Prüfungsfeststellungen, die insoweit der Kontrollmitteilung beigeschlossen war, wurde der diesbezüglich erhobene Sachverhalt wie folgt dargestellt:
"Prüfungsfeststellungen 1. Gelder von Mutter S.I. -Sachverhalt a) Zufluss 2000: In 2000 wurden insgesamt ATS 1.000.000,-- (= 2 x 500.000,-) als Privateinlage verbucht. Dabei handelt es sich um ein privates Darlehen der Mutter. Es gab dazu einen schriftlichen Darlehensvertrag, der allerdings dzt. nicht auffindbar ist. Eine Vergebührung ist nicht erfolgt. Bis dato ist auch keine Rückzahlung erfolgt. Konkrete Tilgungsvereinbarungen gab es nicht. Rückzahlungen sollten erfolgen, wenn entsprechende Mittel vorhanden gewesen wären. Im Ausgleichsverfahren waren diese Gelder kein Thema, da es sich um ein privates Darlehen gehandelt hat bzw. handelt.
b) Zufluss 2002: In 2002 wurden € 96.036,-- als Darlehen Mutter verbucht (für 2002 liegt noch keine Bilanz vor- wird aber als Darlehen ausgewiesen). Rückzahlungen sind bis dato ebenfalls keine erfolgt. Es besteht hierüber lediglich ein mündlicher Darlehensvertrag, demzufolge auch Rückzahlungen vereinbart worden sind. Im Rahmen des Ausgleichsverfahrens wurde mit Zustimmung der Ausgleichsverwalterin Frau R zur Gänze auf die Rückzahlung verzichtet. Dies wird sich in der Folge auf die Höhe des Gewinnes niederschlagen."
Das Finanzamt Innsbruck setzte unter Verweis auf die Kontrollmitteilung für diesen Rechtsvorgang mit Bescheid vom 18. Februar 2004 gegenüber I.S. (im Folgenden Bw. genannt) von einem steuerpflichtigen Erwerb von 179.829 € gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse I, 8 %) die Schenkungssteuer mit 14.386,32 € fest (Berechnung der Steuer und der Bemessungsgrundlage siehe Bescheid). Begründet wurde die Steuervorschreibung wie folgt:
"Da infolge des Ausgleichsverfahrens die Ihrem Sohn gewährten Darlehen nicht zurückgezahlt werden können, geht das Finanzamt von einer freigebigen Zuwendung aus. Lt. Prüfungsfeststellungen des Finanzamtes Kufstein wurden Geldzuflüsse für das Jahr 2000 (2 x ATS 500.000,-- Privateinlagen) und 2002 -96.083,-- € von der Mutter an den Sohn festgestellt. "
Innerhalb der erstreckten Rechtsmittelfrist wurde Berufung gegen diesen Schenkungssteuerbescheid erhoben und darin die Steuervorschreibung ausschließlich dem Grunde nach bekämpft mit dem Vorbringen, bei diesen Geldzuflüssen handle es sich keineswegs um eine freigebige Zuwendung, sondern jeweils um ein Darlehen seitens der Bw. an ihren Sohn. Auch die Betriebsprüfung habe ("Vergleiche hiezu die Prüfungsfeststellungen als Beilage zur Niederschrift") diese Geldzuflüsse als Darlehen eingestuft.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom 4. Juli 2008 stützte das Finanzamt auf nachstehend wiedergegebene Begründung:
"Der Zufluß im Jahr 2000 wurde als privates Darlehen, lt. Schlussbesprechung vom 28.10.2003, behandelt. Durch den Konkurs Ihres Sohnes ist eine Rückzahlung des Darlehens nicht möglich, zumal dieses auch nicht im Konkurs angemeldet wurde. Zudem wird die Existenz eines Darlehensvertrages behauptet, ein Nachweis darüber wurde nicht erbracht. Somit ist die Annahme der freigebigen Zuwendung in freier Beweiswürdigung durchaus legitim. Beim Darlehen im Jahr 2002, darüber existiert lt. Ihren Angaben kein Darlehensvertrag, wurde auf die Geltendmachung im Ausgleichsverfahren verzichtet, sodaß eine freigebige Zuwendung vorliegt. Ihre Berufung war aus obigen Gründen abzuweisen."
In dem daraufhin gestellten Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde nochmals angeführt, dass anlässlich der Betriebsprüfung die Geldzuflüsse von I.S. an P.S. ausdrücklich als Darlehen behandelt worden seien. Es sei nicht richtig, dass durch den Konkurs des Sohnes eine Rückzahlung nicht mehr möglich sei. Da I.S. keinen Verzicht abgegeben habe, könne sie trotzdem noch auf die Quote bestehen und somit ihre Ansprüche wahren. Die Bw. sei zu dem damaligen Zeitpunkt bereits schwerstens erkrankt gewesen und habe aus diesem Grund die Anmeldung wahrscheinlich übersehen. Was die Existenz des Darlehensvertrages betreffe, sei dieser nicht auffindbar, was vermutlich auf die schwere Erkrankung von I.S. zurückzuführen sei. Für P.S., mittlerweile Sachwalter, sei trotz intensiver Bemühungen der Vertrag nicht auffindbar gewesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG in der auf den gegenständlichen Berufungsfall anzuwendenden Fassung vor dem BGBl. I Nr. 39/2007 unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Schenkungen unter Lebenden.
Nach § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes 1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes; 2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Der wesentliche Unterschied zwischen bürgerlich- rechtlichen Schenkungen und anderen freigebigen Zuwendungen unter Lebenden besteht darin, dass bei der Schenkung Willenseinigung zwischen Zuwendendem und Bedachtem über dessen Bereicherung, bei der freigebigen Zuwendung aber nur der einseitige Wille einer Bereicherung des Bedachten auf Seiten des Zuwendenden vorliegt. Bei der freigebigen Zuwendung ist sich der Bedachte der Bereicherung nicht bewusst; andernfalls liegt eine Schenkung im bürgerlich- rechtlichen Sinn vor (VwGH 24.5.1991, 89/16/0068).
Als Schenkung im Sinne des ErbStG gilt also außer der in Z 1 des § 3 Abs. 1 ErbStG angeführten Schenkung im Sinn des bürgerlichen Rechts auch jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten und mit Willen des Zuwendenden bereichert wird. Der Schenkungssteuer unterliegen also auch Vermögenszuwendungen ohne Schenkungsvertrag, durch die jemand, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Eine freigebige Zuwendung liegt nur vor, wenn es auf eine (Gegen)Leistung des bereicherten Teiles nicht ankommt. Der Tatbestand nach § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG knüpft an einen wirtschaftlichen Vorgang an und ist daher der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Sinne des § 21 BAO jedenfalls zugänglich. Voraussetzung für die Annahme eines steuerpflichtigen Vorganges im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG ist in objektiver Hinsicht der Eintritt einer Bereicherung im Vermögen des Bedachten auf Kosten der Zuwendenden. In subjektiver Hinsicht ist es erforderlich, dass der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern. Für das Vorliegen des Bereicherungswillens ist die Verkehrsauffassung maßgebend. Zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der freigebigen Zuwendung genügt der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewusst ist, dass er seine Leistung ohne Verpflichtung und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung erbringt. Anders ausgedrückt ist der Wille zur Unentgeltlichkeit dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit einer Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten. Der Bereicherungswille braucht kein unbedingter sein, es genügt, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt, falls sich eine solche Bereicherung im Zuge der Abwicklung des Geschäftes ergibt. Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden. Die Annahme des Bereicherungswillens ist bei Zuwendungen an einen (kraft Gesetzes erbberechtigten) Angehörigen im Besonderen gerechtfertigt, weil Familienbande Gestaltungen nahe legen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlass besteht (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 7, 7a, 7b, 8, 9, 11 zu § 3 ErbStG und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).
Bei der steuerrechtlichen Beurteilung schuldrechtlicher Verträge zwischen nahen Angehörigen (im Streitfall: Mutter - Sohn) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (nochmals Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 17 zu § 3 ErbStG und die dort zitierte hg. Rechtsprechung) für die steuerliche Wirksamkeit erforderlich, dass die Vereinbarungen 1. nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, weil sonst steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden könnten; 2. einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und 3. auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Auch die Ausführung (Erfüllung) vertraglicher Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genüge tun (VwGH 11.5.2005, 2001/13/0209 mit Vorerkenntnissen). Sind die angeführten Voraussetzungen bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen nicht erfüllt, so kann der Tatbestand einer freigebigen Zuwendung im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG gegeben sein.
Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (VwGH 24.9.2008, 2006/15/0119).
Bei Darlehensverträgen sind zwar z.B. Schriftlichkeit und zivilrechtliche Wirksamkeit keine unabdingbaren Voraussetzungen für deren steuerliche Anerkennung, ein bloß bilanzmäßiger Ausweis als Schuldpost ist jedoch nicht ausreichend. Die bloße Verbuchung eines Geldzuflusses an den Empfänger kann damit eine Urkunde über deren Rechtsgrund nicht ersetzen. Bei Fehlen des Fixierens schriftlicher Vereinbarungen und des Treffens eindeutiger Abmachungen über Rückzahlungsmodalitäten und Verzinsung bei einem Vertrag zwischen Ehegatten, gleiches muss wohl auch zwischen Mutter und Sohn gelten, ist davon auszugehen, dass dieser zwischen fremden Personen nie vereinbart worden wäre (VwGH 14.9.1977, 0027, 0162/77). Unter dem Gesichtspunkt der Fremdüblichkeit ist jedoch schon aus Gründen der Beweissicherung ein bloß mündlich abgeschlossener Darlehensvertrag ohnehin unüblich. Der Inhalt des Darlehensvertrages hat jedenfalls unter dem Aspekt der Fremdüblichkeit Folgendes zu enthalten: Darlehensgeber und - nehmer, Art der geliehenen Sachen, Laufzeit, Höhe der Zins- oder Wertsicherungsvereinbarung, Besicherung, sowie klare Kündigungs-, Tilgungs- und Zahlungsmodalitäten.
Die bei der Außenprüfung des P.S. getroffenen Prüfungsfeststellungen hinsichtlich der Geldzuflüsse von seiner Mutter I.S. zu diesem blieben im gegenständlichen Berufungsverfahren unbestritten. Hat aber unzweifelhaft der nunmehr für die Bw. einschreitende gewillkürte Vertreter bereits vorher in seiner Funktion als steuerlicher Vertreter des P.S. an der Schlussbesprechung (Prüfungszeitraum 1999-2001) teilgenommen und wurde außerdem im gegenständlichen Berufungsschriftsatz ausdrücklich auf die "Prüfungsfeststellungen als Beilage zur Niederschrift" verwiesen, dann darf bezogen auf das vorliegende Berufungsverfahren zum einen davon ausgegangen werden, dass der Bw. (in der Person ihres gewillkürten Vertreters) diese den Gegenstand der Kontrollmitteilung bildenden Prüfungsfeststellungen (Punkt 1) jedenfalls vollinhaltlich bekannt sind. Zum anderen wurden gegen die sachliche Richtigkeit der betreffend der Geldzuflüsse der Jahre 2000 und 2002 festgehaltenen Tatumstände keine Einwände erhoben, weshalb bei der Entscheidung dieses Berufungsfalles unbedenklich von folgenden unbestritten gebliebenen Sachverhaltfeststellungen auszugehen ist: Im Jahr 2000 wurden am 21. Februar 2000 und am 13. März 2000 jeweils Privateinlagen von 500.000 S verbucht. Dabei habe es sich um ein privates Darlehen der Mutter gehandelt, der behauptete schriftliche Darlehensvertrag konnte allerdings mangels ("derzeitiger") Auffindbarkeit nicht vorgelegt werden. Eine Vergebührung sei nicht erfolgt. "Bis dato" (Tag der Schlussbesprechung: 28. Oktober 2003) sei auch keine Rückzahlung vorgenommen worden. Konkrete Tilgungsvereinbarungen hätte es nicht gegeben. Rückzahlungen sollten erfolgen, "wenn entsprechende Mittel vorhanden gewesen wären". Im Ausgleichsverfahren "waren diese Gelder kein Thema, da es sich um ein privates Darlehen gehandelt hat bzw. handelt." Der Zufluss des Jahres 2002 in Höhe von 96.036 € würde (eine Bilanz lag am 28. Okt.2003 noch nicht vor) als Darlehen der Mutter verbucht werden. Rückzahlungen seien "bis dato" ebenfalls keine erfolgt. Es bestehe hierüber lediglich ein mündlicher Darlehensvertrag, "demzufolge" seien auch Rückzahlungen vereinbart worden. Im Rahmen des Ausgleichsverfahrens sei mit Zustimmung der Ausgleichsverwalterin zur Gänze auf die Rückzahlung verzichtet worden. Dies werde sich in der Folge auf die Höhe des Gewinnes niederschlagen.
In der Berufung und im Vorlageantrag wurde im Wesentlichen damit argumentiert, der Betriebsprüfer habe sowohl den Zufluss 2000 von insgesamt 1 Mio S als auch den Zufluss 2002 in Höhe von 96.036,00 € als Darlehen eingestuft bzw. seien von der Betriebsprüfung diese Geldzuflüsse 2000 und 2002 von I.S. an P.S. ausdrücklich als Darlehen behandelt worden. Dieses Argument vermag aus folgenden Gründen nichts für den vorliegenden Berufungsfall zu bringen. Welche Folgerungen das zur Erhebung der Einkommensteuer sachlich zuständige Finanzamt (bzw. dessen Betriebsprüfung) aus den angeführten Sachverhaltsfeststellungen gezogen hat, ist aus Sicht des gegenständlichen Berufungsverfahrens schon deshalb ohne jede Bedeutung, da zwischen Einkommen- und Erbschaftssteuerbescheiden keine Wechselwirkung besteht (VwGH vom 1.9.1999, 98/16/0400). Außerdem darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass den Betriebsprüfer des Finanzamtes Kufstein letztlich ausschließlich der Nachweis der Herkunft der in den Jahren 2000 und 2002 zugeflossenen Gelder interessiert hat. Nachdem für ihn auf Grund vorgelegter Belege feststand, dass diese Geldzuflüsse gesichert von der Mutter des P.S. (aus welchem Titel immer), jedenfalls aber nicht aus etwaigen "Schwarzerlösen" des Geprüften stammten und bislang für diese "Darlehen" keine Zinszahlungen als Betriebsausgaben abgesetzt waren, bestand mangels im Prüfungszeitraum gegebener steuerlicher Relevanz für den Betriebsprüfer keine konkrete Veranlassung bereits jetzt abschließend zu beurteilen und darüber eine Feststellung/Aussage zu treffen, ob diese (anlässlich der Außenprüfung als Finanzierungsquelle der Geldzuflüsse angeführten) privaten Darlehen zwischen Mutter und Sohn den von Lehre und Rechtsprechung für die steuerliche Anerkennung von Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen geforderten Voraussetzungen überhaupt entsprechen. Allerdings bildeten die von der Betriebprüfung des Finanzamt Kufstein festgestellten Geldzuflüsse von der Mutter an den Sohn den Gegenstand einer Kontrollmitteilung an das für den Rechtsbereich Gebühren und Verkehrsteuern sachlich zuständige Finanzamt Innsbruck.
Das letztgenannte Finanzamt hat in der Folge diese Geldzuflüsse der Jahre 2000 und 2002 von der Mutter an den Sohn nicht als Darlehen, sondern als freigebige Zuwendung gewertet und mit dem bekämpften Bescheid dafür Schenkungssteuer vorgeschrieben. Den vorliegenden Berufungsfall entscheidet somit letztlich, ob diese steuerrechtliche Beurteilung rechtens ist.
Damit ein Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen (hier Mutter- Sohn) für den Bereich des Steuerrechtes als erwiesen angenommen und damit Anerkennung finden kann, müssen -wie eingangs bereits erwähnt- die getroffenen vertraglichen Vereinbarung nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden. Vom Vorliegen dieser Anforderungen kann im Streitfall aus nachstehenden Gründen aber keine Rede sein. Obzwar für die Zuschüsse des Jahres 2000 in Höhe von jeweils 500.000 S von P.S. das Bestehen eines schriftlichen Darlehensvertrages behauptet wurde, konnte weder die Bw. selbst im Zuge des Berufungsverfahrens noch P.S. anlässlich der Betriebsprüfung und dann als Sachwalter der Bw. einen schriftlichen Darlehensvertrag vorlegen. Überdies erscheint es durchaus unüblich, dass allein die Darlehensgeberin, nicht aber auch der Darlehensnehmer zu Beweiszwecken ein Exemplar des schriftlichen Darlehensvertrages erhalten haben soll. Das Nichtauffinden des schriftlichen Darlehensvertrages kann daher nicht schlüssig mit der schweren Krankheit der Bw. erklärt werden. Weiters ist noch zu erwähnen, dass keine Vergebührung gemäß § 33 TP 8 GebG erfolgte, was als Indiz gegen einen schriftlichen Darlehensvertrag ins Treffen geführt werden kann. Außerdem ist in der Bilanz zum 31.12.2000 unter den Passiven gar kein Darlehen I.S. ausgewiesen und dies spricht gegen das Vorliegen eines Darlehens. Damit und nicht mit der Krankheit der Bw. hängt wohl auch zusammen, dass im Ausgleich des P.S. dieses "Darlehen" des Jahres 2000 im Gegensatz zum Darlehen des Jahres 2002 nicht angemeldet worden ist. Dem Geldzufluss des Jahres 2002 in Höhe von 96.036 € liegt nach Angaben des P.S. ein mündlicher Darlehensvertrag mit seiner Mutter I.S. zugrunde. Unter dem Gesichtspunkt der Fremdüblichkeit ist jedoch schon aus Gründen der Beweissicherung für den Darlehensgeber ein bloß mündlicher Darlehensvertrag ohnehin unüblich. Den Geldzuflüssen der Jahre 2000 und 2002 ist gemeinsam, dass unbestritten "bis dato", also bis zum 28. Oktober 2003 (Tag der Schlussbesprechung) keine Rückzahlungen erfolgt sind. Auch gab es keine konkreten Rückzahlungsvereinbarungen, sondern Rückzahlungen sollten erfolgen, "wenn entsprechende Mittel vorhanden gewesen wären". Anlässlich der Prüfung war (sonst wäre dies unzweifelhaft vom Prüfer protokolliert bzw. nunmehr vom steuerlichen Vertreter das Fehlen dieser Angabe moniert worden) von P.S. selbst nicht vorgebracht worden, dass für diese Darlehen eine Zins- oder Wertsicherungsvereinbarung bestanden hat und diese Darlehensbeträge hypothekarisch besichert worden sind. Berücksichtigt man aber die aus den Bilanzen zum 31.12.1999 (5.243.941,15 S), zum 31.12.2000 (4.853.339,33 S) und zum 31.12.2001 (4.545.293,82 S) ausgewiesenen Passiven und die Verluste lt. Gewinn und Verlustrechnung von 968.827,33 S (1999), von 690.767,24 S (2000) und den Verlust lt. Bp von 546.112,15 S (2001), dann ist schlichtweg auszuschließen, dass ohne entsprechende Besicherung und ohne zumindest eine konkrete Festlegung der Rückzahlungsmodalitäten ein Fremder dem P.S. Darlehen in solcher Höhe eingeräumt hätte. In freier Beweiswürdigung folgert der Unabhängige Finanzsenat in Würdigung des Gesamtbildes der unbestritten gebliebenen Prüfungsfeststellungen, dass im Streitfall die für die steuerliche Anerkennung von schuldrechtlichen Verträgen zwischen nahen Angehörigen zuvor genannten Anforderungen insgesamt gesehen nicht vorliegen. Mangels Auffindbarkeit (Zuflüsse 2000) bzw. mangels eines schriftlichen Darlehensvertrages (Zufluss 2002) kommt der Darlehensvertrag nach außen nicht ausreichend zum Ausdruck. Von unklaren Vertragsbedingungen ist deshalb auszugehen, weil keine konkreten Rückzahlungsmodalitäten festgelegt, jahrelang keine Rückzahlungen vorgenommen wurden und keine Vereinbarungen über die Besicherung vorlagen. Als fremdunüblich ist im Streitfall anzusehen, dass diese Darlehen unverzinslich und ohne Besicherung vereinbart waren sowie das Fehlen einer Festlegung wann mit Rückzahlungen zu beginnen ist und in welcher Höhe die jeweiligen Tilgungen vorzunehmen sind. Eine Vereinbarung aber, nach der Rückzahlungen dann erfolgen sollten, "wenn entsprechende Mittel vorhanden gewesen wären", stellt die Rückzahlungen in das ausschließliche Belieben des Darlehensnehmers, denn nur er bestimmt letztlich, unter welchen Prämissen dies vorliegt. Eine solche Vereinbarung ist aber unter Fremden völlig undenkbar und hält einem Fremdvergleich keinesfalls stand.
Ergibt sich für die Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles aus den oben genannten Gründen als schlüssiges Ergebnis, dass die angeführten Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen hinsichtlich der in Frage stehenden Darlehensverträge zwischen I.S. und ihrem Sohn P.S. zweifelsfrei nicht erfüllt sind, so kann in diesen Geldzuflüssen der Tatbestand einer freigebigen Zuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG gegeben sein (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 17 zu § 3 ErbStG letzter Absatz). War aber in freier Beweiswürdigung auf Grund der Umstände des Einzelfalles nicht als erwiesen anzunehmen, dass die getätigten Geldzuflüsse ihren sachlichen Grund ausschließlich in den behaupteten Darlehensvereinbarungen zwischen Mutter und Sohn hatten und darauf zurückgehen, dann liegt es auf der Hand und braucht keine näheren Ausführungen, dass diese Geldzuwendungen in objektiver Hinsicht jedenfalls geeignet sind im Vermögen des P.S. eine Bereicherung auf Kosten seiner Mutter herbeiführen.
In subjektiver Hinsicht bleibt noch abzuklären, ob die Mutter den (einseitigen) Willen hatte, den Sohn auf ihre Kosten zu bereichern, das heißt diesem unentgeltlich etwas zuzuwenden. Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden (VwGH 28. 9. 2000, 2000/16/0327, VwGH 18. 9. 2003, 2003/16/0087, 0088 und VwGH 4. 12. 2003, 2003/1670097). Dieser Wille braucht allerdings kein unbedingter sein, es genügt, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt, falls sich eine solche Bereicherung im Zuge der Abwicklung des Geschäftes ergibt. Die Annahme des Bereicherungswillens ist bei Zuwendungen an einen (kraft Gesetzes erbberechtigten) Angehörigen im Besonderen gerechtfertigt, weil Familienbande Gestaltungen nahe legen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlass besteht. Hat aber die Bw. (geb. 18.8.1925) ihrem erbberechtigten Sohn unter den in den Prüfungsfeststellungen angeführten Rückzahlungsmodalitäten im Jahr 2000 Geldzuflüsse von insgesamt 1 Mio S überwiesen und betrugen zum 31. Dezember 1999 dessen Passiva lt. Bilanz bereits 5.243.941,15 S und erwirtschaftete er im Jahr 1999 einen Verlust lt. GuV von 968.827,33 S (Verlust 2000: 690.767,24 S) dann lässt dies durchaus auf Bereicherungswillen der Mutter schließen, konnte sie doch auf Grund der notorisch angespannten finanziellen Situation ihres Sohnes, die letztlich in den Ausgleich mündete, keineswegs gesichert damit rechnen, dass diese Geldmittel jemals bzw. in absehbarer Zeit zurückgezahlt werden. Die Nichtrückzahlung hat sie bei dieser speziellen Konstellation des Einzelfalles durchaus billigend in Kauf genommen. Gleiches gilt für den Geldzufluss 2002 (Summe der Passiva zum 31.12.2001: 4.545.293,82 S, Verlust 2001 lt. Bp 546.112,15 S, Beschluss über Ausgleichseröffnung vom 5.8.2002 und damit ca. 1 Monat nach dem Geldzufluss vom 8.7.2002). Nachdem im Ausgleichsverfahren der als "Darlehen" angemeldete Betrag von 96.036,00 € von der Ausgleichsverwalterin "mangels Nachweis bestritten" worden war, wurde im Übrigen laut unbestritten gebliebener Prüfungsfeststellung "zur Gänze auf die Rückzahlung verzichtet". Die angeführte angespannte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Sohnes im Konnex gesehen mit den vereinbarten (bzw. vielmehr nicht vereinbarten) Sicherungs- und Rückzahlungsmodalitäten lassen an Sachverhalt begründet auf den Bereicherungswillen der Bw. schließen, hat die Bw. es doch augenscheinlich bewusst in Kauf genommen, dass der (erbberechtigte) Sohn diese Gelder ihr zu ihren Lebzeiten wohl nicht mehr zurückzahlen wird.
Erfüllten die (im Zuge einer Betriebsprüfung behaupteten) Darlehensverträge zwischen der Bw. und ihrem Sohn P.S. nicht die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen festgelegten Anforderungen und sind die für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung iSd § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG geforderten subjektiven und objektiven Tatbestandsvoraussetzungen im Gegenstandsfall gegeben, dann hat das Finanzamt zutreffend die Geldzuflüsse der Jahre 2000 und 2002 steuerrechtlich als freigebige Zuwendungen beurteilt. Zu Recht wurde demzufolge mit dem bekämpften Bescheid vom 18. Februar 2004 gegenüber der Steuerschuldnerin I.S. von dem betragsmäßig unstrittig gebliebenen steuerpflichtigen Erwerb von 179.829 € die Schenkungssteuer in Höhe von 14.386,32 € festgesetzt. Obwohl nicht bekämpft, bleibt ergänzend noch auszuführen, dass bei Inanspruchnahme der Bw. das Ermessen gemäß § 20 BAO zutreffend ausgeübt worden war, sprach doch als wesentliches Kriterium (vgl. VwGH 14.11.1996, 95/16/0082, VwGH 29.3.2007, 2005/16/0108) gegen eine Steuervorschreibung an den anderen Gesamtschuldner P.S., dass diesem gegenüber bereits am 5. August 2002 ein Ausgleichsverfahren eröffnet und erst mit Beschluss vom 20. August 2004 die Überwachung der Ausgleichserfüllung beendet worden war.
Innsbruck, am 26. Mai 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |