Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Haftungs- und Abgabenbescheid vom 12. November 2001 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 95 EStG 1988 als Schuldner von Kapitalerträgen für die Einbehaltung und Abfuhr von Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1. April 1996 bis 31. März 1999 in Gesamthöhe von S 957.548,-- (samt Säumniszuschlag) in Anspruch genommen. Begründend wurde auf einen Betriebsprüfungsbericht verwiesen, demzufolge B., der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, im fraglichen Zeitraum neben seinen Geschäftsführerbezügen insgesamt S 2,872.956,-- entnommen habe. Diese - auf einem Verrechnungskonto verbuchten - Entnahmen, über die keine Vereinbarung zwischen B. und der Beschwerdeführerin getroffen worden sei - insbesondere fehlten die bei Darlehensgeschäften üblichen Abreden -, seien als verdeckte Gewinnausschüttung zu betrachten, zumal die Behauptung, aus den Entnahmen seien Aufwendungen für eine andere Gesellschaft des B. getätigt worden (deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ebenfalls sei), durch keine Unterlage habe belegt werden können. Unter Auflösung des Verrechnungskontos und außerbilanzmäßiger Hinzurechnung der verdeckten Ausschüttungen ergebe sich daher aushaftende Kapitalertragsteuer in entsprechender Höhe
Die gegen den Bescheid vom 12. November 2001 erhobene Berufung wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 17. Juli 2002 als unbegründet ab. In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wobei sie im Wesentlichen vorbrachte, sie habe, handelnd durch ihren einzigen Geschäftsführer B., einer konzernverbundenen Gesellschaft flüssige Mittel zugeführt, um bei dieser Gesellschaft eine Zahlungsstockung abzuwenden. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei dieser Vorgang (eine Gesellschaft gebe einer anderen konzernverbundenen Gesellschaft Geld, um letztere aus der Krise zu führen) als Darlehensgewährung anzusehen, und zwar unabhängig davon, dass kein schriftlicher Vertrag existiere und Zinsen nicht bedungen worden seien, weil im Hinblick auf das Naheverhältnis der beiden Gesellschaften auf "formalisierte Akte" verzichtet worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte zusammenfassend aus, dass die Beschwerdeführerin keine Nachweise betreffend eine Darlehensvereinbarung zwischen ihr und B. bzw. der angesprochenen Schwestergesellschaft habe vorlegen können. Im Hinblick auf das Gesamtbild der Verhältnisse (es seien "keine Verträge, Sicherheiten oder Zinsvereinbarungen und dergleichen getroffen" worden) seien die durch den Geschäftsführer B. getätigten Entnahmen daher nicht als Darlehen zu beurteilen. Dafür sprächen nicht einmal die "äußeren Umstände". Es habe nicht einmal Rückzahlungspläne oder -absichten gegeben. Da keine Gesellschaft einem Geschäftsführer bzw. einer anderen Gesellschaft rechtsgrundlos Gelder zuwenden würde, sei die Beurteilung der dem Geschäftsführer B. zugeflossenen Beträge als verdeckte Ausschüttung somit zutreffend und es sei der Beschwerdeführerin als Haftender die Kapitalertragsteuer zu Recht vorgeschrieben worden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin beharrt auf dem Standpunkt, die unstrittigen Entnahmen durch ihren alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer B. wären ihrer Schwestergesellschaft zugute gekommen und dieser Mitteltransfer zur Schwestergesellschaft müsste als Darlehensgewährung beurteilt werden.
Ob die belangte Behörde, wie in der Beschwerde zum Ausdruck gebracht, in Abrede stellte, dass die fraglichen Entnahmen letztlich der Schwestergesellschaft zugeflossen seien, kann auf sich beruhen. Die belangte Behörde stellte jedenfalls fest, dass es keinerlei Abreden gegeben habe, die Anhaltspunkte in Richtung einer Darlehensgewährung - an wen auch immer - liefern würden. Dem tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Sie argumentiert nur damit, dass es nicht unzulässig sein könne, wenn der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, die über hinreichende Mittel verfüge, in deren Kasse greife, um eine andere "marode" Gesellschaft zu unterstützen. Das sei im Hinblick auf die Gesellschafteridentität vom Standpunkt des Gesellschafterschutzes aus völlig unbedenklich und auch aus Sicht des Gläubigerschutzes unproblematisch. Es könne aber auch vom fiskalischen Standpunkt aus nicht zu beanstanden sein, wenn einem Not leidend gewordenen Unternehmen Mittel zugeführt würden, um dessen Bestand zu sichern und um eine Bonität zu schaffen, die es dieser Gesellschaft gestatte, Abgabenverbindlichkeiten zu befriedigen.
Diese Überlegungen, deren Richtigkeit dahingestellt bleiben kann, übersehen, dass es nicht auf die Zulässigkeit des fraglichen Vermögensabflusses an sich ankommt, sondern darauf, wie dieser letztlich steuerlich zu beurteilen ist. Sie vermögen nichts daran zu ändern, dass keine Aspekte aufgezeigt wurden, die nur ansatzweise für eine Darlehensgewährung sprechen würden, weshalb sich die von der belangten Behörde ergänzend angesprochene Frage, ob das behauptete Darlehen einem Fremdvergleich standhalten würde, bei genauer Betrachtung - es wurde überhaupt keine Vereinbarung präsentiert, somit auch nichts, was auch nur dem Anschein nach ein Darlehen sein könnte - gar nicht stellt. Dass eine Darlehensgewährung zulässig gewesen sein mag, hat die belangte Behörde nicht in Abrede gestellt. Allein aus diesem Umstand kann freilich nicht - wie von der Beschwerdeführerin im Ergebnis vertreten - abgeleitet werden, es liege auch tatsächlich eine Darlehensgewährung vor. Von daher erweist sich die Argumentation der Beschwerdeführerin aber als untauglicher Versuch, eine rechtlich allenfalls mögliche Lösung zur Abwehr unerwünschter steuerlicher Folgen nachträglich durch eine bloße Behauptung zu begründen.
Nach dem Gesagten kann der belangten Behörde somit nicht widersprochen werden, wenn sie das Vorliegen des im Verwaltungsverfahren behaupteten Darlehens verneinte. Davon ausgehend trifft aber auch ihre rechtliche Beurteilung zu, die im vorliegenden Fall unstrittigen Entnahmen stellten eine verdeckte Gewinnausschüttung an den alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer B. dar, mag er die entnommenen Mittel auch an die Schwestergesellschaft weitergeleitet haben. Wendet eine Kapitalgesellschaft ihrer Schwestergesellschaft einen Vermögensvorteil zu und liegt die wirtschaftliche Veranlassung hiefür wie im vorliegenden Fall nicht in Leistungsbeziehungen zwischen den Gesellschaften, sondern in der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung, so liegt nämlich einerseits eine Gewinnausschüttung an den gemeinsamen Gesellschafter und andererseits eine Einlage desselben bei der Schwestergesellschaft vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 91/13/0248). Dass für die Gewinnausschüttung - der Höhe nach nicht mehr strittige - Kapitalsteuerpflicht besteht, und dass die Beschwerdeführerin für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuer haftet, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die vorliegende Beschwerde war daher zusammenfassend gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. September 2007
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