Vorlage des amtlichen Vordrucks NeuFö 3 zur Erwirkung der Grunderwerbsteuerbefreiung bei einer Betriebsübertragung
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Erwin Rohringer, 2230 Gänserndorf, Hauptstraße 15, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 30. Juni 2005, ErfNr. betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag vom 6. Dezember 2004 übergab die Mutter der Berufungswerberin (Bw.), Frau G., ihren Friseurbetrieb der Bw. mit allen Aktiven und Passiven, einschließlich einem Anteil an der Liegenschaft EZ_GB. Lt. Pkt. Dreizehntens des Notariatsaktes beantragten die Vertragsparteien ua. die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 5a NeuFöG.
Der dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) mit 30. Dezember 2004 vorgelegten Kopie der für die Bw. bestimmten Ausfertigung des Notariatsaktes war eine Kopie eines Formblattes über die Erklärung der Neugründung (NeuFö 1) mit Bestätigung der Wirtschaftskammer Niederösterreich vom 9. November 2004 beigelegt, welches zur Vorlage bei der Bezirkshauptmannschaft zwecks Inanspruchnahme einer Befreiung von den Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben ausgestellt wurde.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens setzte das FAG mit dem nunmehr angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid für eine auf den Erwerb des gegenständlichen Liegenschaftsanteiles entfallende Gegenleistung von € 46.616,80 Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z 1 GrEStG in Höhe von € 932,34 fest. Eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 5a NeuFöG wurde nicht gewährt, wozu in der Begründung ausgeführt wurde, dass das vorgelegte Antragsformular NeuFö 1 die alte Rechtslage ohne Grunderwerbsteuerbefreiung betreffe und die Vorlage des Formulars NeuFö 3 formale Voraussetzung für die Steuerbefreiung sei.
Mit der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung legte die Bw. ein original unterfertigtes, mit 9. November 2004 datiertes Formblatt NeuFö 3 vor, welches auch eine Bestätigung der Wirtschaftskammer Niederösterreich vom selben Tag aufweist. Dazu erklärte die Bw., dass das Formblatt NeuFö 1 irrtümlich vorgelegt worden sei. Das beigelegte Formblatt NeuFö3 umfasse nunmehr auch die Befreiung von der Grunderwerbsteuer.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung begründete das FAG damit, dass ab 1. Jänner 2004 die Wirkungen des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG nur dann eintreten, wenn der Betriebsinhaber bei der in Betracht kommenden Behörde die Erklärung der Übertragung (Formular NeuFö 3) bereits im Vorhinein vorlege. Es sei die Vorlage der Erklärung daher innerhalb der Anzeigefrist erforderlich.
In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag erklärte die Bw., dass in der Gebührenanzeige die Befreiung von der Grunderwerbsteuer beantragt worden sei und die Bestätigung mittels Antragsformular NeuFö 1 erbracht worden sei. Weiters sei die mit 9. November 2004 datierte Erklärung der Übertragung, Formular NeuFö 3, bereits vor der Vertragsunterfertigung vorgelegen. Bei wörtlicher Auslegung der Berufungsvorentscheidung könne man der Auffassung sein, dass die NeuFöG-Erklärung bereits vor Unterfertigung des Vertrages bei der adressierten Behörde vorliegen müsse. Die Frage sei nur, wie das in der Praxis zu bewerkstelligen sei. Dies sei nicht möglich und sicher nicht im Sinne des Gesetzgebers. Da im gegenständlichen Fall die NeuFöG-Bestätigung 3 bereits datiert mit 9.11.2004, also vor der Vertragserrichtung vorgelegen sei, scheine dem Gesetz daher genüge getan. Im Übrigen sei die Unterteilung in NeuFö 1 und NeuFö 3 für den Rechtsanwender absolut nicht einsichtig. Es dürfe daher der Umstand, dass anstelle der Bestätigung NeuFöG 3 die Bestätigung NeuFöG 1 vorgelegt worden sei, nicht zur Abweisung der Grunderwerbsteuerbefreiung führen. Es wäre dies sonst eine am Rande der Zumutbarkeit angesiedelte bürokratische Hürde für den einfachen Rechtsanwender.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 NeuFöG werden zur Förderung der Neugründung von Betrieben nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 NeuFöG bestimmte Abgaben und Gebühren nicht erhoben.
Nach § 4 Abs. 1 NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 NeuFöG nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird. Konnten die Wirkungen des § 1 zunächst nur deshalb nicht eintreten, weil der amtliche Vordruck zur Erklärung der Neugründung noch nicht aufgelegt war, so treten nach Abs. 4 leg.cit. bei nachträglicher Vorlage (Abs. 1) oder bei Ausstellung (Abs. 2) des amtlichen Vordrucks die Wirkungen des § 1 nachträglich (rückwirkend) ein. Abgaben und Gebühren im Sinne des § 1 Z 1 bis 6 sind in einem solchen Fall zu erstatten.
Eine Betriebsübertragung gemäß § 5 a Abs. 1 NeuFöG in der hier maßgeblichen Fassung vor BGBl. I Nr. 180/2002 (idF NeuFöG) liegt vor, wenn bloß ein Wechsel in der Person des die Betriebsführung beherrschenden Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes (Teilbetrieb) erfolgt (§ 2 Z 4) und die nach der Übertragung die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat. Die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen, die mit einer Betriebsübertragung im Sinne des Abs. 1 in unmittelbarem Zusammenhang stehen, wird auf Grund des Abs. 2 Z 2 leg.cit. nicht erhoben, soweit der für die Steuerberechnung maßgebende Wert 75 000 Euro nicht übersteigt. Auf Grund des Abs. 2 Z 1 leg.cit. sind die Bestimmungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie der §§ 3, 4 und 7 für Betriebsübertragungen sinngemäß anzuwenden.
Die Verordnung zum Neugründungsförderungsgesetz BGBl. II Nr. 483/2002 idF BGBl. II Nr. 593/2003 lautet auszugsweise wie folgt:
".......................
Erklärung der Übertragung § 4. (1) Ab 1. Jänner 2004 treten die Wirkungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie des § 5a Abs. 2 Z 2 NEUFÖG von vornherein ein, sofern der neue Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden den amtlichen Vordruck über die Erklärung der Übertragung (NeuFö 3) vorlegt. (2) Vor dem 1. September 2002 treten die Wirkungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie des § 5a Abs. 2 Z 2 NEUFÖG nachträglich (rückwirkend) ein. Die Abgaben und Gebühren sind in diesen Fällen bei nachträglicher Vorlage des amtlichen Vordrucks (NeuFö 4) zu erstatten (zurückzuzahlen). (3) Von 1. September 2002 bis 31. Dezember 2003 treten die Wirkungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie des § 5a Abs. 2 Z 2 NEUFÖG wahlweise von vornherein (Abs. 1) oder nachträglich (Abs. 2) ein. (4) Auf dem amtlichen Vordruck muss bestätigt sein, dass die Erklärung der Übertragung unter Inanspruchnahme der Beratung jener gesetzlichen Berufsvertretung, der der neue Betriebsinhaber zuzurechnen ist, erstellt worden ist. .................."
Unbestritten steht fest, dass der Bw. mit dem oa. Schenkungsvertrag vom 6. Dezember 2004 im Rahmen einer Betriebsübertragung ein Anteil an der Liegenschaft EZ_GB gegen eine Gegenleistung von € 46.616,80 übertragen wurde.
Es handelt sich hierbei um einen der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegenden Rechtsvorgang, für welchen die Grunderwerbsteuerschuld auf Grund des § 8 Abs. 1 GrEStG mit Abschluss des Vertrages, also am 6. Dezember 2004, entstanden ist.
Weiters steht fest, dass dem für die Erhebung der Grunderwerbsteuer zuständigen FAG mit 30. Dezember 2004 eine Kopie des Notariatsaktes vom 6. Dezember 2004 vorgelegt wurde, welcher eine Kopie der oben beschriebenen Erklärung der Neugründung (NeuFö 1) vom 9. November 2004 angeschlossen wurde.
Das auf Grund der Verordnung zum Neugründungsförderungsgesetz BGBl. II Nr. 483/2002 idF BGBl. II Nr. 593/2003 für die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG iV § 4 Abs. 1 NeuFöG erforderliche, ebenfalls am 9. November 2004 datierte Formblatt NeuFö 3, wurde dem FAG erst im Zuge der Berufung mit 5. Juli 2005 vorgelegt.
In der Regierungsvorlage zum Steuerreformgesetz 2000 (1766 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX GP) war ein zweistufiges Verfahren vorgesehen, mit welchem die Wirkungen des NeuFöG endgültig nur bei tatsächlicher Umsetzung eintreten sollten. An Stelle dieses Verfahrens trat letztlich die "Selbsterklärung" des Neugründers. Im Bericht des Finanzausschusses (1858 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX GP) ist dazu ausgeführt:
"Im Sinne einer einfachen Handhabung der Inanspruchnahme der Förderungen für Betriebsneugründungen soll eine "Selbsterklärung" des Neugründers sowie eine begleitende qualifizierte Beratung dafür ausreichen. In diesem Sinne tritt an die Stelle des Bescheinigungsverfahrens durch die gesetzlichen Berufsvertretungen die Selbsterklärung samt Beratung durch eben diese Stellen. Sollte es keine gesetzliche Berufsvertretung für den Neugründer geben, ist die Beratung durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vorzunehmen. Die Selbsterklärung auf einem amtlichen Formular sowie die "begleitende Beratung" sind materielle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begünstigungen. Der Bundesminister für Finanzen kann im Verordnungsweg vorsehen, daß in Bagatellfällen (zB bei den sogenannten "neuen Selbständigen" nach dem GSVG) die Inanspruchnahme auch auf der Grundlage eines vereinfachten Verfahrens möglich ist. Grundsätzlich ist die Inanspruchnahme der Begünstigungen nur im Vorhinein, also im Wege einer Vorwegfreistellung von Abgaben, Gebühren und Beiträgen durch Vorlage einer Selbsterklärung nach erfolgter Beratung möglich. Eine Erstattung bereits entrichteter Abgaben, Gebühren und Beiträge kommt nur in der Übergangsphase bis zur Auflage eines amtlichen Formulars für die Selbsterklärung in Betracht".
Der Gesetzgeber hat letztlich die Befreiungen nach dem NeuFöG von Gebühren und Verkehrsteuern an die vor dem Entstehen des Abgabenanspruches erfolgte Vorlage der grundsätzlich unter Inanspruchnahme der Beratung der gesetzlichen Berufsvertretung bzw. der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und unter Verwendung der amtlichen Vordrucke erstellten Selbsterklärungen an die in Betracht kommenden Behörden geknüpft und einen rückwirkenden Wegfall der Befreiung nur für bestimmte Fälle normiert.
Materielle Voraussetzung für eine Befreiung von den Gebühren und Verkehrsteuern nach dem NeuFöG ist die Vorlage des formgebundenen Antrages unter Verwendung des amtlichen Vordruckes nach § 4 NeuFöG (siehe VwGH 26.4 2001, 2000/16/0314; 26.6.2003, 2000/16/0362; 18.9.2003; 2000/16/0763 und 18.9.2007; 2007/16/0095).
Bei der Nichterhebung der Grunderwerbsteuer nach § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG handelt es sich um eine Befreiung, die bei gegebenen Voraussetzungen bereits gegen den Abgabenanspruch wirkt (siehe UFS 1.12.2003, RV/3488-W/02).
Der Zeitpunkt, an dem die Steuerschuld - grundsätzlich - entsteht, ist auch für die Beurteilung der Voraussetzungen einer Steuerbefreiung von Bedeutung. Im gegebenen Fall war die Steuerschuld mit Abschluss des Schenkungsvertrages, also vor Überreichung des amtlichen Vordrucks entstanden. Insbesondere bei Verkehrsteuern gilt aber der Grundsatz, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann (siehe VwGH 30.4.2003, Zl. 2002/16/0271).
Durch eine Nachreichung des amtlichen Vordrucks kann somit eine bereits entstandene Steuerschuld - vorbehaltlich besonderer Bestimmungen, wie § 4 Abs. 4 NeuFöG, welche aber hier nicht zu tragen kommt - nicht mehr beseitigt werden (siehe VwGH 18.9.2003, 2000/16/0763).
Entsprechend dem Berufungsvorbringen ist das Formblatt NeuFö 3 bereits am 9. November 2004 vorgelegen. Die Bw. hätte somit dieses Formblatt, welches auf Grund des § 4 Abs 1 der Verordnung zum NeuFöG - zur Erwirkung der Befreiung nach § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG von vornherein - bei den in Betracht kommenden Behörden, das ist im gegebenen Fall das FAG, noch vor dem Entstehen der Steuerschuld vorlegen können. Die verspätete Vorlage geht zur Lasten der Bw. (siehe VwGH 23. 10. 2008, 2006/16/0095).
Unter Bezugnahme auf den ao. Bericht des Finanzausschusses zum Steuerreformgesetz 2000 ist zum Berufungsvorbringen zu bemerken, dass die Inanspruchnahme der Begünstigungen nur im Vorhinein, also im Wege einer Vorwegfreistellung von Abgaben, Gebühren und Beiträgen durch Vorlage einer Selbsterklärung nach erfolgter Beratung mit der einfachen Handhabung der Inanspruchnahme der Förderungen begründet ist. Die Inanspruchnahme der Förderung setzt somit eine entsprechende Mitwirkung und Sorgfalt der Förderungsnehmer voraus. Die Auswahl des zutreffenden Formblattes und die befreiungsbegründende Vorlage des vollständig und richtig erstellten Formblattes, erforderlichenfalls unter Beratung durch die gesetzlichen Berufsvertretungen bzw. der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, sind dem (neuen) Betriebsinhaber vom Gesetzgeber auferlegt. Eine am Rande der Zumutbarkeit angesiedelte bürokratische Hürde für den einfachen Rechtsanwender kann darin nicht gesehen werden.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 23. Juni 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 |