Eigenverbrauch bei PKW-Auslandsleasing (Neue befristete Rechtslage ab 29.3.2003)
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0079 (früher 2005/14/0032) eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 28.10.2009 als unbegründet abgewiesen.
Anmerkungen:
Abweichend: BMF UStRl 2000 Rz 80 - 82
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bwin, Anschrift, vertreten durch Mag. Dr. Walter Rachbauer, Steuerberater, 4910 Ried, Kellergasse 19, vom 13. September 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Ried im Innkreis, vertreten durch Dr. Walter Dax, vom 13. August 2004 betreffend Umsatzsteuer 2003 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe betragen wie folgt:
€ | |
Steuerbare Umsätze | 3.184.324,16 |
Eigenverbrauch | 0,00 |
Steuerfreie Umsätze | -86.308,00 |
Steuerpflichtige Umsätze | 3.098.016,16 |
20% Umsätze | 2.337.184,95 |
Umsatzsteuer | 467.436,99 |
10% Umsätze | 760.831,21 |
Umsatzsteuer | 76.083,12 |
Steuerschuld gem. § 19 | 15.480,43 |
Umsatzsteuer gesamt | 559.000,53 |
Entscheidungsgründe
Die Bwin mietete mit Nutzenleasingvertrag vom 24. November 2003 ab 1. Dezember 2003 von der deutschen Betriebsstätte eines inländischen Vermieters einen PKW mit laufendem monatlichen Entgelt in Höhe von € 634,18 (darin enthalten 16% deutsche Umsatzsteuer € 87,47). Auf elektronischem Wege erklärte die Bwin am 15. Juni 2004 ihre Umsätze ohne Angabe eines Eigenverbrauches nach § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994. Mit einer Beilage zu dieser Steuererklärung (eingelangt beim Finanzamt am 14. Juni 2004) wurde dem Finanzamt offen gelegt, dass die im öst. UStG vorgesehene Eigenverbrauchsbesteuerung nicht vorgenommen wurde, da diese Regelung nach Ansicht der Bwin einer Überprüfung durch den EuGH nicht standhalten werde. Als weitere Beilage liegt im Akt die Vertragsbestätigung auf. Das Finanzamt erließ daraufhin den in Berufung gezogenen Umsatzsteuerbescheid 2003 und erhöhte die 20% Umsätze um den Eigenverbrauch nach § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994 in Höhe von € 546,71 (Bruttobetrag minus 16%). In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung, die vom Finanzamt in der Folge dem UFS zur Entscheidung vorgelegt wurde, wendete die Bwin unter Verweisung auf die Fachliteratur im wesentlichen ein, dass die vorgenommene Eigenverbrauchsbesteuerung nicht von EU-Recht gedeckt sei und somit in unmittelbarer Anwendung von EU-Recht zu unterbleiben habe.
Auf Anforderung des UFS wurde in der Folge eine Kopie des Leasing-Vertrages vorgelegt. Dieser enthält keine Hinweise auf einen eventuell vorliegenden Kauf oder einer Anmietung des PKW von einer inländischen Betriebsstätte.
Über die Berufung wurde erwogen:
Da die Steuerpflicht der Vermietung des gegenständlichen PKWs in Deutschland, die grundsätzliche Erfüllung des Tatbestandes des § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994 und auch das Vorliegen einer Vermietung unstrittig ist, stellt sich in diesem Berufungsverfahren nur die Frage, ob § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994 in der Fassung des BGBl I 2003/10 (falls nicht anderes angeführt, werden die Bestimmungen in der für Dezember 2003 geltenden Fassung angeführt) in der 6. MwSt-Richtlinie eine Deckung findet oder die Besteuerung des Eigenverbrauchs aufgrund der grundsätzlichen Steuerpflicht der Vermietung eines Beförderungsmittels am Sitz des Vermieters zu einer richtlinienwidrigen Doppelbesteuerung führt. Der UFS gelangte aus den folgenden, bereits überwiegend in der Literatur (siehe mit jeweils weiteren Nachweisen zur Vorliteratur vor allem Tumpel in SWK 2003, S 232; Prodinger in SWK 2003, S 391; Brenner/Tumpel in SWK 2003, S 687) vertretenen Gründen zu der Ansicht, dass § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994 in der Fassung des BGBl I 2003/10 mangels europarechtlicher Deckung unangewendet zu bleiben hat.
§ 12 Abs 2 Zi 2 lit b UStG 1994 gelten Lieferungen, sonstige Leistungen und Einfuhren, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, Miete oder dem Betrieb von bestimmten KFZ stehen, nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Aus § 12 Abs 1 Zi 1 UStG 1994, der als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug unter anderem verlangt, dass die Lieferung oder sonstige Leistung für das Unternehmen ausgeführt worden sein muss, folgt weiters, dass Vorsteuern im Zusammenhang mit der Anschaffung, der Miete oder dem Betrieb der genannten KFZ nicht abzugsfähig sind.
Weiters schreibt § 1 Abs 1 Zi 2 UStG 1994 grundsätzlich einmal vor, dass der Eigenverbrauch der Umsatzsteuer unterliegt. In lit d (in der ab 2004 geltenden, hier nicht relevanten Fassung des BGBl I 2003/134: lit b) dieser Bestimmung wird dann ausgeführt, dass auch ein Eigenverbrauch vorliegt, soweit ein Unternehmer Ausgaben tätigt, die Leistungen im Ausland betreffen, die, wären sie im Inland an den Unternehmer ausgeführt worden, den Unternehmer nach § 12 Abs 2 Zi 2 UStG1994 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hätten; dies gilt nur insoweit, als der Unternehmer im Ausland einen Anspruch auf Vergütung der ausländischen Vorsteuer hat. Diese Bestimmung ist ab 6. Jänner 1995 im österreichischen Rechtsbestand und soll laut EB zu Art II Z 1 BGBl 1995/21 die Umgehung des Vorsteuerausschlusses in § 12 Abs 2 Zi 2 für bestimmte PKW bei der Anmietung im Ausland hintanhalten.
Ab 29. März 2003 (BGBl I 2003/10) wurde die grundsätzlich belassene Bestimmung der lit d insofern ergänzt, dass sie nur auf Umsätze anzuwenden ist, die vor dem 1. Jänner 2006 ausgeführt werden. (Ab 1. Jänner 2004 ist dieser Eigenverbrauchstatbestand inhaltsgleich in § 1 Abs 1 Zi 2 lit b übernommen worden).
Zu dieser Ergänzung erging seitens des Bundesministeriums für Finanzen am 10. Jänner 2003 die Information, dass nach den Schlussanträgen des Generalanwaltes in der beim EuGH anhängigen Rechtssache "Cookies World" C-155/01 die ursprüngliche Fassung der lit d nicht der 6. MwSt-Richtlinie entsprechen dürfte. Wie aber der Generalanwalt aufgezeigt habe, könne Österreich die Bestimmung aus konjunkturellen Gründen nach Konsultation des EU - Mehrwertsteuerausschusses zeitlich befristet auf Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie stützen.
Die Konsultation sei mittlerweile mit der Kenntnisnahme durch den Mehrwertsteuerausschuss am 8. Jänner 2003 abgeschlossen, sodass lit d unter Bezugnahme auf Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie als bis Ende 2005 befristete Regelung in Kraft gesetzt werden könne. Kolacny führt darüber weiters in SWK 2003, S 024 aus, dass dem MwSt-Aussschuss die geforderten konjunkturellen Gründe dargelegt worden seien. Seitens des BMF wurde dem UFS auf Anfrage per Mail mitgeteilt, dass die Konsultationen der Mitgliedstaaten und die hiezu eingereichten Schriftsätze nicht veröffentlicht werden und deshalb eine Auskunft hierüber nicht möglich sei.
Ergänzend wird angeführt, dass dem UFS mit dem selben Mail mitgeteilt wurde, dass dem BMF betreffend der neuen (ab 29. März 2003 in Kraft befindlichen) Regelung keine Informationen über eine Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens vorliegen.
Gemeinschaftsrechtlich ist das Umsatzsteuersystem durch die 6. MwST-Richtlinie vorgegeben. Nach Art 17 Abs 1 besteht grundsätzlich das Recht auf Vorsteuerabzug. Dieses ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH wesentlicher Bestandteil des MwSt-Systems, sodass die Bestimmungen, die den Vorsteuerabzug einschränken, restriktiv auszulegen sind.
Nach Art 17 Abs 6 sind die Mitgliedstaaten berechtigt, die bei Inkrafttreten der Richtlinie (in Österreich am 1. Jänner 1995) bestehenden Vorsteuerausschlüsse beizubehalten. In Art 7 Abs 7 ist normiert, dass jeder Mitgliedstaat aus Konjunkturgründen vorbehaltlich der in Artikel 29 vorgesehenen Konsultation (bestimmte) Investitionsgüter oder andere Gegenstände von der Vorsteuerabzugsregelung teilweise oder ganz ausschließen kann. Die Mitgliedstaaten können (laut zweitem Satz des Abs 7) zur Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen - anstatt den Vorsteuerabzug abzulehnen - die Gegenstände, welcher der Steuerpflichtige selbst hergestellt oder im Inland erworben oder auch eingeführt hat, in der Weise besteuern, dass diese Steuer die Mehrwertsteuer nicht überschreitet, die beim Erwerb entsprechender Gegenstände zu entrichten wäre.
Nach Art 6 Abs 2 der 6. MwSt-Richtlinie werden den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt:
a.) die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes für bestimmte unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat;
b.) die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch.....
Die Mitgliedstaaten können Abweichungen von diesem Absatz vorsehen, sofern solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.
Für die Beantwortung der eingangs aufgestellten Frage ist die EuGH Entscheidung in der Rechtssache "Cookies World" C-155/01 vom 11. September 2003 von grundsätzlicher Bedeutung. Der EuGH hat in dieser Entscheidung ausgesprochen, dass § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994 in der ursprünglichen Fassung des BGBl 1995/21 richtlinienwidrig ist, worauf der österreichische Gesetzgeber mit der oben dargestellten Befristung und unter Bezugnahme auf Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtline § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994 ergänzt hat.
Nach der genannten Entscheidung soll die Vermietung von Beförderungsmittel nach der 6. MwST-Richtlinie "endgültig" am Ort der festen Niederlassung des Vermieters besteuert werden. Nach den Wertungen der ständigen Rechtsprechung des EuGH soll durch die endgültige Leistungsortbestimmung eine Nichtbesteuerung aber auch eine Doppelbesteuerung in mehreren Staaten verhindert werden. Dabei ist entscheidend, dass derselbe wirtschaftliche Vorgang, nämlich die im Rahmen eines Leasingvertrages erfolgende Überlassung eines Fahrzeugs zur Nutzung, nicht doppelt besteuert werden soll. Keine Rolle spielt, dass es sich jeweils um verschiedene Steuerpflichtige gehandelt hat. Die fragliche österreichische Eigenverbrauchsbesteuerung kann auch nicht auf Art 5 Abs 7 oder Art 6 Abs 2 der 6. MwSt-Richtlinie gestützt werden. Zum einen stellt die Vermietung eines Fahrzeuges keine Lieferung sondern eine Dienstleistung dar, zum anderen hat Art 6 Abs 2 die Verhinderung der Nichtbesteuerung einer Verwendung eines Betriebsgegenstandes zu privaten Zwecken im Auge und stellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes zu unternehmensfremden Zwecken einer Dienstleistung gegen Entgelt gleich. Da die Bestimmung des § 1 Abs 1 Zi 2 lit d UStG 1994 aber die Vorsteuerabzugsmöglichkeit im anderen Staat und damit schon grundlegend die unternehmerische Nutzung voraussetzt, liegt eben keine Nutzung zu unternehmensfremden Zwecken, die einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt werden könnte, vor. Der zweite Unterabsatz des Art 6 Abs 2 ist nach Rn 59 der Entscheidung so zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten davon absehen können, bestimmte Leistungen oder Verwendungen den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichzustellen. Keinesfalls ermächtigt diese Bestimmung aber die Mitgliedstaaten, Tatbestände, die im Unterabsatz 1 nicht genannt sind, einzuführen.
Österreich kann sich nach dieser EuGH Entscheidung auch nicht auf Art 17 Abs 6 der 6. MwSt-Richtlinie berufen, da zumindest im Beitrittszeitpunkt Österreichs am 1. Jänner 1995 keine derartige Bestimmung bestand. Österreich wollte überdies mit dieser erst am 6. Jänner 1995 in Kraft gesetzten Bestimmung erreichen, dass der Ausschluss des Vorsteuerabzugs im Rahmen der Miete bestimmter Fahrzeuge in wirtschaftlicher Hinsicht in gleicher Weise gilt wie bis zum Beitritt Österreichs. Allerdings weist der EuGH dann in Rn 63 ausdrücklich darauf hin, dass Österreich die Beibehaltung des Vorsteuerausschlusses durch die Normierung eines neuen Steuertatbestandes versucht hätte. Dies könne aber nicht auf Art 17 Abs 6 gestützt werden.
Hinsichtlich der Möglichkeit Österreichs, sich auf Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie zu stützen, verweist der EuGH darauf, dass dies schon jedenfalls deshalb nicht möglich sei, da vor Erlassung der fraglichen Bestimmung der Mehrwertsteuerausschuss nicht konsultiert wurde. Aus diesem Grund brauche der EuGH auch nicht untersuchen, ob die in Frage stehende Maßnahme nur vorübergehender Natur ist und ob sie einer bestimmten konjunkturellen Lage begegnen soll. Zur Frage, ob die weiteren Voraussetzungen (Ausschluss von Gegenständen vom Vorsteuerabzug oder Besteuerung von selbst hergestellten, im Inland erworbenen oder eingeführten Gegenständen) des Art 17 Abs 7 erfüllt sind, äußert sich der EuGH dann gar nicht mehr.
Nach Ansicht des UFS deutet aber die gesonderte Anführung der "vorübergehenden Natur" und der "bestimmten konjunkturellen Lage", die an sich nicht erforderlich wäre, eher auf ernsthafte Zweifel des EuGH am Vorliegen der beiden Voraussetzungen.
Der EuGH hat in der Rechtssache "Cookies World" somit ausdrücklich entschieden, dass § 1 Abs 1 Z 2 lit d UStG 1994 weder auf das Beibehaltungsrecht des Art 17 Abs 6 der 6. MwSt-Richtlinie (hinsichtlich dieser Vorsteuern war der Vorsteuerausschluss vom 1. bis zum 5. Jänner 1995 nicht aufrecht, Beibehaltung durch Schaffung eines neuen Steuertatbestandes nicht zulässig) noch auf Art 6 Abs 2 der 6. MwST-Richtlinie (mangels Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes zu unternehmensfremden Zwecken und Unterabsatz 2 erlaubt nicht neue Steuertatbestände, die im Unterabsatz 1 nicht genannt sind, einzuführen) gestützt werden kann.
Es bleibt somit als mögliche Grundlage für § 1 Abs 1 Z 2 lit d UStG 1994 in der hier relevanten Fassung nur Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie.
Diese Bestimmung räumt den Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten ein. Sie können (bestimmte) Investitionsgüter oder Gegenstände von der Vorsteuerabzugsregelung ausschließen oder "anstatt den Vorsteuerabzug abzulehnen" zur Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen selbst hergestellte, im Inland erworbene oder eingeführte Gegenstände besteuern.
Beide Varianten setzen konjunkturelle Gründe und eine erfolgte Konsultation des MwSt-Ausschusses voraus. Diese Konsultation ist mittlerweile zweifelsohne erfolgt.
Nach Ansicht des UFS ergibt sich aber aus der erfolgten Konsultation nicht automatisch die Richtlinienkonformität der österreichischen Eigenverbrauchsbestimmung. In der Rechtssache "Metropol Treuhand WTHGmbH" C-409/99 vom 4. Oktober 2001 hat der EuGH hiezu (Rn 53) ausgeführt, dass eine Ermächtigung, Zustimmung oder dergleichen bei einer Konsultation des Mwst-Ausschusses nicht vorgesehen ist. Der Zweck einer solchen Konsultation, nämlich die Prüfung der konjunkturellen Gründe und die Herbeiführung einer koordinierten Anwendung des Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie soll erreicht werden. Nach Rn 55 soll das Konsultationsverfahren der Kommission die Möglichkeit geben, zu überwachen, wie von einer Ausnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht wird.
Aus der EuGH Entscheidung in den Rechtssachen "Ampafrance SA " C-177/99 und "Sanofi Synthelabo " C-181/99 vom 19. September 2000 ergibt sich aber, dass eine derartige Konsultation keine Garantie für eine Richtlinien-Konformität darstellt. Hier hat der EuGH eine staatliche Maßnahme für richtlinienwidrig erkannt, obwohl es dafür eine ausdrückliche Ermächtigung des Rates nach Art 27 der 6. MwSt-Richtlinie gab. Wenn eine innerstaatliche Bestimmung trotz ausdrücklicher Ermächtigung einer EU-Institution richtlinienwidrig sein kann, muss dies umso mehr dort möglich sein, wo lediglich eine Konsultation und keine Ermächtigung oder dergleichen vorgesehen ist (siehe FN 7 bei Rattinger in FJ 2003, 128). Darüber hinaus wird auch die Meinung vertreten, der Ausschuss hätte sich gar nicht äußern müssen, weil die weiteren Voraussetzungen des Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie gar nicht erfüllt sind.
Da es sich bei § 1 Abs 1 Z 2 lit d UStG 1994, wie der EuGH in Cookies World (Rn 63) ausdrücklich feststellte, um keine Vorsteuerabzugsregelung sondern um einen neuen Steuertatbestand handelt, kommt nur Variante 2 des Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie in Betracht.
Der UFS kann aber in der gegenständlichen österreichischen Eigenverbrauchsbestimmung der lit d.) keine Besteuerung eines selbst hergestellten, erworbenen oder eingeführten Gegenstandes erkennen. Vielmehr geht es in dieser Bestimmung um die unter bestimmten Voraussetzungen stattfindende Besteuerung von Ausgaben für Leistungen im Ausland.
Nach Ansicht des UFS kann § 1 Abs 1 Z 2 lit d UStG 1994 schon deshalb nicht auf Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Richtlinie gestützt werden, zudem dürften aber auch die geforderten konjunkturellen Gründe für eine derartige Maßnahme nicht gegeben sein.
Hinsichtlich dieser jedenfalls geforderten konjunkturellen Gründe führte der EuGH in der Entscheidung vom 8. Jänner 2002 in der Rechtssache "Metropol Treuhand WTHgmbH" C-409/99 neben der allgemeinen Feststellung, dass Art 17 Abs 7 jedenfalls eng auszulegen sei, weiters aus (Rn 67,68), dass diese Bestimmung einen Mitgliedstaat ermächtigt, zeitlich begrenzte Maßnahmen zu erlassen, um einer konjunkturellen Lage gegenzusteuern, in der sich seine Wirtschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Daher muss die Anwendung der Maßnahme, auf die sich diese Bestimmung bezieht, zeitlich begrenzt sein, und es kann sich dabei begrifflich nicht um strukturelle Maßnahmen handeln. Die Mitgliedstaaten dürfen somit nicht Gegenstände vom Vorsteuerabzug ausschließen, wenn dieser Ausschluss zu einem Paket von Strukturanpassungsmaßnahmen gehört, mit denen bezweckt ist, das Haushaltsdefizit zu verringern und eine Rückzahlung der Staatsschulden zu ermöglichen.
Nach Ansicht der Kommission (siehe Rn 57) erlaube diese Bestimmung einem Mitgliedstaat nur in Zeiten, in denen erhebliche Abweichungen vom normalen Konjunkturverlauf zu verzeichnen seien, für eine bestimmte Zeit von den allgemeinen Regeln abzuweichen.
Es wurde nur die zeitliche Begrenzung nach der Konsultation eingefügt, die Maßnahme als solches war schon am 6. Jänner 1995 in Kraft getreten.
Von Anfang an war Zweck der Bestimmung (siehe Tumpel in SWK 2003, S 232, Fußnote 13 und 14 mit weiteren Nachweisen; Caganek in ÖStZ 1998, 96) Abgabenausfälle und Wettbewerbsnachteile der inländischen Leasinggeber zu verhindern. Auch die Einführung der nach der EuGH Rechtsprechung unbedingt erforderlichen Befristung - evtl überhaupt die Neueinführung der Maßnahme- erfolgte nicht aus den erforderlichen konjunkturellen Gründen, sondern weil sich nach den Ausführungen des Generalanwaltes in der Rechtssache Cookies World abzeichnete, dass als einzige Möglichkeit, die österreichische Bestimmung halten zu können, Art 17 Abs 7 der 6. MwSt-Rl bleibt. Der UFS vermag auch keine erheblichen Abweichungen vom normalen Konjunkturverlauf im fraglichen Zeitraum zu erkennen.
Nach dem Schlussantrag des Generalanwaltes in der oben genannten Rechtssache "Metropol" verfolgt eine Regelung, die zur Senkung des Budgetdefizits und der Rückzahlung von Staatsschulden dient, keine konjunkturellen Zwecke. Vielmehr müsse die Regelung den Zweck haben, Konjunkturschwankungen aufzufangen. Die Maßnahme muss Teil einer Konjunkturpolitik sein. Darunter versteht man die kurzfristige Beeinflussung der makroökonomischen Größen, wie der Produktion, des Verbrauchs sowie der Ein.- und Ausfuhr über den Staatshaushalt. Das Vorliegen all dieser genannten Voraussetzungen kann nicht erkannt werden. Vielmehr ging es bei der Einführung und der späteren Beibehaltung und Befristung des § 1 Abs 1 Z 2 lit d UStG 1994 immer um die Verhinderung der Umgehung des Vorsteuerausschlusses für Vorsteuern im Zusammenhang mit bestimmten Fahrzeugen. Dabei hatte der Gesetzgeber die Vermeidung von Aufkommensverlusten und von schlechteren Wettbewerbsbedingungen für inländische Leasinggeber, nicht aber konjunkturelle Gründe verfolgt.
Da somit die Eigenverbrauchsbestimmung des § 1 Abs 1 Z 2 lit d UStG 1994 keine Deckung in der 6. MwSt-Richtlinie findet und es den Mitgliedstaaten untersagt ist, nicht durch die Richtlinie gedeckte Steuertatbestände zu normieren, kann die genannte Bestimmung keinesfalls zum Nachteil des Abgabepflichtigen angewendet werden. Vielmehr ist in unmittelbarer Anwendung der 6. MwSt-Richtlinie die Besteuerung des wirtschaftlichen Vorgangs Vermietung eines Beförderungsmittels mit der Besteuerung am Sitz des Vermieters endgültig (abgesehen von eventuell späteren Korrekturen) abgeschlossen.
Linz, am 1. März 2005
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | PKW-Leasing, Eigenverbrauch, Auslandsleasing, Cookies World |
Verweise: | EuGH 11.09.2003, Rs C-155/01 |