UFS RV/0279-L/04

UFSRV/0279-L/0413.1.2005

Besteuerung von Auslandsdividenden inländischer Investmentfonds.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0064 (früher 2005/14/0020) eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 17.4.2008 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0493-L/08 erledigt.

Anmerkungen:
Europarechtswidrigkeit der Besteuerung von Auslandsdividenden (aus Mitgliedsstaaten und Drittstaaten) von inländischen Investmentfonds.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der x, vertreten durch y, vom 11. März 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes z vom 4. Februar 2004 betreffend Körperschaftsteuer 2002 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der im angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid angeführten Abgabe beträgt:

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2002

Einkommen

0,00 €

Körperschaftsteuer

0,00 €

Differenz zur Mindestkörperschaftsteuer

12.250,00 €

Einbehaltene Steuerbeträge

-29.085,85 €

Gutschrift

-16.835,85 €

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

1. Die Bw. bezieht Erträge aus inländischen Investmentfonds. Die Erträge enthalten sowohl Dividenden von inländischen Kapitalgesellschaften, als auch von Gesellschaften mit Sitz in der Europäischen Gemeinschaft bzw. in Drittstaaten.

Bei der Bw. wurde vom 27. Mai bis zum 12. November 2003 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Dabei wurde folgende Feststellung zum Antrag auf Steuerfreistellung von Auslandsdividenden (Punkt 8) getroffen:

Im Zuge der Betriebsprüfung sei vom geprüften Unternehmen beantragt worden, diese Dividenden (gemeint: von ausländischen Gesellschaften) steuerfrei zu stellen, da die geltende Regelung des § 10 KStG 1988 wegen der Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Beteiligungen dem Gemeinschaftsrecht widerspreche (Diskriminierung).

Abgeleitet werde dies aus den Schlussanträgen in der Rechtssache Schmid (C-516/99 ) betreffend die Diskriminierung von ausländischen Beteiligungen durch Private.

Aufgrund der im Zuge der Betriebsprüfung nach wie vor anzuwendenden diesbezüglichen Bestimmungen des KStG 1988 könne dem Antrag nicht entsprochen werden.

2. Gegen den aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheid für 2002 vom 4. Februar 2004 (zugestellt am 6. Februar 2004) wurde mit Schreiben vom 11. März 2004 (nach Verlängerung der Frist) Berufung eingelegt:

Im Zuge der Betriebsprüfung habe man beantragt, die in den steuerlichen Ergebnissen enthaltenen Auslandsdividenden steuerfrei zu stellen, da die Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Beteiligungserträge gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße. Die Steuerfreistellung sei unter Hinweis auf die geltende Bestimmung des § 10 KStG 1988 abgelehnt worden. Diese Ablehnung sei aus den nachstehend angeführten Gründen rechtswidrig:

(1) Gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 seien inländische Beteiligungserträge und gemäß § 10 Abs. 2 KStG 1988 internationale Schachtelbeteiligungen (unmittelbare Beteiligungen zu mindestens 25%) von der Körperschaftsteuer befreit. Grenzüberschreitende Dividendeneinkünfte seien daher mehrfach gegenüber inländischen Dividenden diskriminiert: (a) Die Steuerfreiheit für ausländische Beteiligungen trete erst ab einem Beteiligungsausmaß von 25% ein, für inländische Beteiligungen werde keine Mindestbeteiligung vorausgesetzt, (b) verlangt werde ein ununterbrochener Beteiligungszeitraum von zwei Jahren, inländische Dividendeneinkünfte seien ohne Einhaltung einer Frist steuerfrei, (c) die Begünstigung könnten nur buchführungspflichtige Körperschaften in Anspruch nehmen, für inländische Beteiligungen bestehe diese Einschränkung nicht und (d) die Missbrauchsregelung in § 10 Abs. 3 KStG 1988 gelte nur für internationale Schachtelbeteiligungen.

(2) Die Benachteiligung ausländischer Beteiligungen gegenüber inländischen erscheine - im Hinblick auf die Kapitalverkehrsfreiheit - gemeinschaftsrechtlich bedenklich. Die Diskriminierung grenzüberschreitender Vorgänge gegenüber rein innerstaatlichen Vorgängen sei im Anwendungsbereich der Grundfreiheiten grundsätzlich verboten. Der EuGH habe in diversen Urteilen ausgesprochen, dass auch steuerliche Beschränkungen die Diskriminierung grenzüberschreitender Vorgänge gegenüber inländischen zur Folge haben können. Diskriminierung in diesem Bereich sei nur zulässig, sofern hiefür Rechtfertigungsgründe bestünden. Das sei zu prüfen.

(3) Das Argument, wonach die Regelungen zur internationalen Schachtelbeteiligung gegenüber inländischen Beteiligungen insofern günstiger seien, als nicht nur Gewinnanteile, sondern auch Veräußerungsgewinne steuerbefreit seien, greife nicht. Steuerpflichtige, welche die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Auslandsdividenden nicht erfüllten, könnten auch die Begünstigung für den Veräußerungsgewinn nicht in Anspruch nehmen. Die Aufrechnung von Vorteilen, welche anderen Steuerpflichtigen gewährt würden, sei nach der Judikatur des EuGH nicht zulässig.

(4) Fraglich sei, ob man die Mutter-Tochter-Richtlinie als Rechtfertigungsgrund heranziehen könne. § 10 Abs. 2 KStG 1988 sei dem Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie nachgebildet. Dort werde den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eingeräumt, Gesellschaften, die nicht während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens zwei Jahren im Besitz von ausländischen Beteiligungen blieben, von den Begünstigungen der Richtlinie auszuschließen. Die Richtlinie enthalte daher Mindeststandards für die Mitgliedsstaaten. Sie stelle jedoch sekundäres Gemeinschaftsrecht dar, welches die Grundfreiheiten, die zum Primärrecht der Gemeinschaft gehörten, nicht einschränken dürften. Eine Ungleichbehandlung sei nur dann gerechtfertigt, wenn ein zwingender Grund des Allgemeininteresses vorgebracht werden könne. Ein solcher liege nicht vor. Die steuerliche Behandlung von Auslandsdividenden müsse mindestens die Erfordernisse der Richtlinie erfüllen. Sie müsse aber zusätzlich und unabhängig davon den Grundfreiheiten entsprechen, die die Gleichbehandlung mit inländischen Dividenden vorsehen würden. Wenn sich ein Mitgliedsstaat entscheide, Inlandsdividenden steuerfrei zu stellen, wozu er nach der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht verpflichtet sei, so müsse er diese Begünstigungen diskriminierungsfrei auch Auslandsdividenden aus dem Gemeinschaftsgebiet gewähren.

(5) Ein weiteres Argument sei, dass die Steuerpflicht von Ausschüttungen ausländischer Tochtergesellschaften bei der empfangenden österreichischen Mutter bloß die fehlende Vorbelastung mit inländischer Körperschaftsteuer ersetze. Die Sicherstellung der Einmalbelastung könnte die Besteuerung der Auslandsdividenden rechtfertigen. Die Diskriminierung ausländischer Beteiligungen könnte mit der Kohärenz des österreichischen Steuersystems gerechtfertigt werden, diesen Rechtfertigungsgrund habe der EuGH bereits in einigen Entscheidungen bejaht. Es sei jedoch fraglich, ob § 10 KStG 1988 ein kohärentes Steuersystem bilde, da nicht nur jene Beteiligungserträge steuerfrei gestellt würden, die bereits der innerstaatlichen Vorbelastung unterlegen seien, sondern auch bestimmte Auslandsdividenden. Auch einige DBA würden die Steuerfreiheit für bestimmte ausländische Dividenden vorsehen. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber nicht immer das Konzept des doppelten Halbsatzverfahrens anwende, sondern bestimmte Auslandsdividenden begünstige.

(6) Der Vergleich der steuerlichen Belastung von inländischen und ausländischen Beteiligungen führe die Diskriminierung der ausländischen Dividenden vor Augen. Die Gesamtbelastung der ausgeschütteten Inlandsdividenden betrage 50,5%. Bei ausländischen Belastungen komme zur Endbesteuerung des Anteilseigners von 25% und der Körperschaftsteuerbelastung der inländischen Gesellschaft von 34% noch die ausländische Körperschaftsteuer der Auslandstochter hinzu. Sei diese Körperschaftsteuerbelastung sehr gering bzw. sogar null, könne die Diskriminierung in bestimmten Fällen wegfallen. Allerdings könne es ja nicht so sein, dass die Regelungen des § 10 KStG 1988 bezüglich ihrer Konformität mit dem Gemeinschaftsrecht vom materiellen Recht anderer Staaten abhingen. Nur dort, wo sich Vor- und Nachteile in der Person desselben Steuerpflichtigen und aufgrund der gleichen steuerlichen Rechtsvorschrift gleichsam spiegelbildlich gegenüberstünden, könne die Kohärenz als Rechtfertigungsgrund in Betracht kommen. Dieses Argument ziehe nicht, wenn nicht nur auf die Besteuerung des Gesellschafters, sondern auch auf jene der Kapitalgesellschaft Bedacht genommen werden müsse. Diese Aussage habe der EuGH in der Rechtssache "Verkooijen" auch für das Steuerrecht bestätigt. Da es sich im konkreten Fall um zwei getrennte Besteuerungen von verschiedenen Steuerpflichtigen handle, könne die Kohärenz auch bezüglich der Regelungen des § 10 KStG 1988 als Rechtfertigungsgrund keine Bedeutung haben.

Der Generalanwalt des EuGH schreibe in den Schlussanträgen zur Rechtssache C-516/99 (Schmid), dass die Regelungen der §§ 37 und 97 EStG 1988 dem EG-Vertrag (Artikel 73b Abs. 1) entgegenstünden (Diskriminierung ausländischer Beteiligungen durch Private). Besondere Rechtfertigungsgründe für die Diskriminierung ausländischer Beteiligungen durch Kapitalgesellschaften lägen nicht vor. Die Ansicht des Generalanwaltes Tizzano sei auch auf die Regelungen des § 10 KStG 1988 umzulegen. Der geltende § 10 KStG 1988 sei gemeinschaftsrechtswidrig. Da das Gemeinschaftsrecht in Österreich unmittelbar anwendbar sei, müssten Auslandsdividenden von der Besteuerung in Österreich ausgenommen werden.

(7) In Erträgen aus Investmentfonds enthaltene Dividendenerträge aus inländischen Aktien seien steuerfrei, es müssten daher auch ausländische Dividendenerträge steuerfrei gestellt werden.

Die Bw. habe im Wirtschaftsjahr 2002 Erträge aus Investmentfonds erzielt. Die in den Erträgen aus Investmentfonds enthaltenen Auslandsdividenden seien in den jeweiligen Fondsberichten nicht gesondert angeführt bzw. nicht als steuerfreie Erträge ausgeschieden worden. Der exakte Betrag der in den Investmentfondserträgen enthaltenen Auslandsdividenden sei nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand feststellbar. Diese Dividenden seien demgemäss aus der Höhe der in den Fondsberichten angegebenen anrechenbaren ausländischen Quellensteuern abgeleitet worden. Für das Veranlagungsjahr 2002 würden sich nachstehende steuerfreie Auslandsdividenden ergeben:

Veranlagung 2002 mit 181.329,63 € (KESt mit 24.111,37 €).

Darin seien folgende Drittstaatsdividenden enthalten: Für 2002 gesamt 41.494,31 € (KESt mit 3.548,14 €)

Es werde ersucht, das steuerpflichtige Ergebnis des Jahres 2002 um den obangeführten Betrag zu kürzen.

3. Die Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat am 31. März 2004 zur Entscheidung übermittelt.

(a) Im Beiblatt zur Vorlage der Berufung nahm das Finanzamt zur Berufung wie folgt Stellung:

Beantragt werde, die gegenständliche Berufung als unbegründet abzuweisen.

Die in § 10 KStG 1988 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 2003/71, getroffene Regelung für die steuerliche Behandlung von internationalen Schachtelbeteiligungen sei durch Art. 3 Abs. 1 lit. a sowie Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten, Amtsblatt Nr. L 225 vom 20. August 1990, gedeckt und daher entgegen der Ansicht der Bw. nicht gemeinschaftsrechtswidrig.

Im gegenständlichen Fall handle es sich überdies um die Besteuerung von Aktien, die von Investmentfonds gehalten würden. In einem solchen Fall sei der Tatbestand des § 10 Abs. 2 KStG 1988 jedenfalls nicht erfüllt und zwar unabhängig davon, in welcher Form der Investmentfonds organisiert sei.

In der dritten Begründungserwägung der Mutter-Tochter-Richtlinie sei folgendes festgehalten: Die für die Beziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten geltenden Steuerbestimmungen würden von Staat zu Staat erhebliche Unterschiede aufweisen und seien im allgemeinen weniger günstig, als die auf die Beziehung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften desselben Mitgliedsstaates anwendbaren Bestimmungen. Diese Benachteiligung sei durch Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems zu beseitigen, wodurch Zusammenschlüsse von Gesellschaften auf Gemeinschaftsebene beseitigt würden. Unter Berücksichtigung von Artikel 4 Abs. 3 der Mutter-Tochter-Richtlinie bezwecke diese Richtlinie daher eine Angleichung der Behandlung der Besteuerung von Ausschüttungen auf Beteiligungen ausländischer Tochtergesellschaften, nicht aber die Gleichstellung mit den innerstaatlichen Regelungen betreffend die Beteiligungen an Gesellschaften, die sich im selben Mitgliedsstaat befänden, wie die Muttergesellschaft. Diese Gleichbehandlung solle erst mit der Anwendung eines gemeinsamen Körperschaftsteuersystems erreicht werden. Das Finanzamt teile daher das in der Berufung dargestellte Verständnis der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht.

Der EuGH habe zwar in seinem Urteil vom 18.9.2003, "Bosal Holding BV" (Rs C-168/01 ) ausgesprochen, dass die Mutter-Tochter-Richtlinie im Lichte von Artikel 43 EG (ex Art. 53) auszulegen sei. Allerdings habe sich dies nur auf die Auslegung der Regelungen der Richtlinie selbst bezogen. Demnach sei es nach Ansicht des EuGH unzulässig, dass Artikel 4 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie dergestalt innerstaatlich umgesetzt werde, dass Kosten von Beteiligungen an Tochtergesellschaften, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates niedergelassen seien, bei der Muttergesellschaft nur dann als abzugsfähig qualifiziert würden, wenn die Gewinne der Tochter im Mitgliedsstaat, in dem die Mutter ansässig sei, besteuert würden. Daraus folge aber nicht, dass nationale und internationale Schachtelbeteiligungen (soweit die Tochter in einem Mitgliedsstaat ansässig sei) gemeinschaftsrechtlich gleich zu behandeln seien.

Die vom EuGH anerkannte Kohärenz (Urteil des EuGH vom 28.1.1992, C-204/90 , "Bachmann", Slg 1992, I-249) gebiete es vielmehr, dass nationale Beteiligungen jedenfalls steuerfrei zu stellen seien, internationale Beteiligungen hingegen nicht. Inländische Dividendeneinkünfte einer natürlichen Person würden gemäß § 97 Abs. 1 iVm. § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 einer Endbesteuerung von 25% der ausgeschütteten Dividende unterliegen. Auf der Ebene der ausschüttenden inländischen Kapitalgesellschaft seien die ausgeschütteten Gewinne mit 34% Körperschaftsteuer belastet, woraus sich eine Gesamtsteuerbelastung von 50,5% ergebe. Durch dieses doppelte "Halbsatzverfahren" sei sichergestellt, dass es insgesamt betrachtet nur zu einer Einfachbesteuerung komme (vgl. Doralt-Ruppe, Steuerrecht, Band I, Rz 904 ff.). Die in § 10 KStG 1988 vorgesehene Beteiligungsertragsbefreiung sei daher aus systematischen Gründen geboten, um bei mehrstöckigen Inlandskonzernen eine Mehrfachbelastung zu vermeiden, weswegen es sich um keine Begünstigung handle, sondern um eine systembedingte Befreiungsbestimmung (Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988, 1. Band, Tz 4 zu § 10 KStG). Dies treffe auf die Befreiung der internationalen Schachtelbeteiligung, die eine echte dh. nicht systemimmanente steuerliche Begünstigung sei, nicht zu, weil eine Besteuerung der Gewinne der ausländischen Tochter in Österreich grundsätzlich nicht erfolge (allenfalls beschränkte Steuerpflicht gemäß § 98 EStG 1988).

Jedenfalls sei die in Rede stehende Regelung durch Artikel 58 Abs. 1 lit. a EG (ex Art 73d) gerechtfertigt. Soweit nämlich bis dato die Bemühungen auf dem Gebiet des Steuerrechtes zur Harmonisierung erfolglos gewesen seien, verhindere diese Bestimmung eine indirekte "Harmonisierung" über das unmittelbar anwendbare Beschränkungsverbot des Art 56 (vgl. Calliess/Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, Rz 6 zu Art 58). Da die Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 bereits zum Zeitpunkt des Beitrittes Österreichs zur EU gegolten habe, sei auch nicht gegen das von der Lehre teilweise zu Art 58 EG vertretene Verschlechterungsverbot verstoßen worden (vgl. Callies/Ruffert, aaO, Rz 2 zu Art 58).

(b) In weiterer Folge wurde dem Unabhängigen Finanzsenat ein Schreiben der steuerlichen Vertretung vom 23. April 2004 übermittelt:

Die Berufungen würden sich auf die Behandlung der Erträge aus Investmentfonds beziehen. Von Seiten der Finanzbehörde werde angeführt, dass der Tatbestand des § 10 Abs. 2 KStG 1988 in einem solchen Fall nicht erfüllt würde und zwar unabhängig davon, in welcher Form der Investmentfonds organisiert sei.

Mit den Berufungen werde nicht die Befreiungsbestimmung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 geltend gemacht, sondern vielmehr eingewendet, dass in Erträgen aus Investmentfonds enthaltene inländische Dividendenerträge steuerfrei seien, während Dividenden ausländischer Aktien der Besteuerung unterliegen würden. Somit sei eine dem Gemeinschaftsrecht widersprechende Benachteiligung ausländischer gegenüber inländischen Beteiligungen gegeben.

(c) Am 23. Juli 2004 wurde bei der Berufungsbehörde eine Besprechung mit dem Vertreter des Finanzamtes abgehalten. Dabei wurde der Sachverhalt ausführlich erörtert und dargelegt, dass bei der gegenständlichen Konstellation alles auf eine EU-Rechtswidrigkeit hindeute. Es sei aber noch abzuklären, ob ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH notwendig sei oder die Erledigung mittels Berufungsentscheidung erfolge.

(d) Am 27. Juli 2004 übermittelte die steuerliche Vertretung der Bw. eine Tabelle mit den Auslandsdividenden und der in diesem Zusammenhang rückgeforderten Kapitalertragsteuer. Diese Tabelle wurde dem Finanzamt mit Fax vom 30. Juli 2004 zugesandt. Das Finanzamt wurde ersucht bis zum 20. August 2004 dazu Stellung zu nehmen.

Am 9. August 2004 teilte das Finanzamt mit, die Zusammenstellung der Auslandsdividenden und rückgeforderten Kapitalertragsteuern sei zwecks Überprüfung der Großbetriebsprüfung weitergeleitet worden. Eine Überprüfung bis 20. August 2004 sei nicht möglich, es bedürfe einer Verlängerung der Frist bis Mitte September 2004.

Die Verlängerung der Frist wurde noch am selben Tag per BI-Post zugesagt.

(e) Mit Schreiben vom 22. September 2004 ergänzte die Bw. ihre Berufung vom 11. März 2004:

Die Bw. erlaube sich der Ordnung halber zu ergänzen, dass die im Bescheid angeführte Mindestkörperschaftsteuer (in Höhe von 13.975,98 €), die für die nächsten Veranlagungsjahre zur Verfügung stehe, nicht vollständig sei. Die aufgrund der Fusion mit dem Organträger auf die Bw. als aufnehmende Gesellschaft übergegangene Mindestkörperschaftsteuer werde im Körperschaftsteuerbescheid 2002 der Bw. nicht angeführt.

Der korrekte Betrag der verrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer betrage 65.374,57 € (nach Berücksichtigung der im Körperschaftsteuerbescheid 2001 des Organträgers angeführten Mindestkörperschaftsteuer von 707.260 S). Um Berücksichtigung werde ersucht.

(f) Mit Schreiben vom 27. September 2004 übermittelte das Finanzamt nachstehende Stellungnahme der BP vom 7. September 2004 (Auszug):

Unter Bezugnahme auf das do. Fax vom 30. Juli 2004 sowie die mit dem do. Referenten geführten Telefonate, übermittelt das Finanzamt ein Schreiben der Großbetriebsprüfung vom 7. September 2004, samt Unterlagen über die Überprüfung der zahlenmäßigen Richtigkeit der Angaben betreffend Erträge und anrechenbare Quellensteuer. Aufgrund der Überprüfungen der Groß-BP wird mitgeteilt, dass aus der Sicht des Finanzamtes die mit Mail der steuerlichen Vertretung vom 27. Juli 2004 an den UFS bekanntgegebenen Beträge zahlenmäßig richtig ermittelt wurden.

Zwecks Klarstellung ist festzuhalten, dass das Finanzamt als Amtspartei nach wie vor die Ansicht vertritt, dass die Erträge, die auf die Auslandsdividenden entfallen (betreffend Aktien, die über Investmentfonds gehalten werden), in Österreich körperschaftssteuerpflichtig sind. Die Berufungen sind daher als unbegründet abzuweisen. Hinsichtlich der Begründung darf auf die Beiblätter zu den erfolgten Berufungsvorlagen verwiesen werden.

In der Beilage bestätigte die Großbetriebsprüfung die Richtigkeit folgender Beträge:

Grundlagen für die Auslandsdividenden: Für 2002 gesamt 181.329,63 €.

Grundlagen für die Quellensteuern: Für 2002 gesamt 24.111,37 €.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob die aus den von der Bw. gehaltenen Investmentfondsanteilen stammenden Auslandsdividenden steuerfrei zu stellen sind. Die Bw. verweist dabei auf die Judikatur des EuGH und die Grundfreiheiten der Gemeinschaft.

2. Zur Geltung der Europäischen Rechtsvorschriften:

Grundsätzlich sind Gemeinschaftsnormen (jeweils abgestuft nach der Rechtsaktstype) unmittelbar anwendbar. Zum direkten Vollzug unmittelbar anwendbarer Gemeinschaftsnormen sind alle Organe der staatlichen Verwaltung, also nicht nur Gerichte, sondern auch Verwaltungsbehörden im engeren Sinn und Selbstverwaltungskörper verpflichtet. Der UFS als weisungsfreie (Kollegial)Behörde mit Ansätzen zur Selbstverwaltung, dessen Entscheidungen nur mehr bei den Höchstgerichten angefochten werden können, gehört jedenfalls zu jenen "Vollzugsorganen", welche die Gemeinschaftsnormen direkt (unmittelbar) anwenden müssen.

Der angesprochene Artikel 56 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) ist als Teil der Rechtsakttypen der obersten Kategorie (nämlich der ursprünglichen bzw. der Gründungsverträge) mit direkter Wirkung ausgestattet. Er lautet (auszugsweise) in der Fassung des Beitrittsvertrages zur Europäischen Union wie folgt:

Kapital- und Zahlungsverkehr Art 56: "(1) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern verboten".

In Durchführung der aus den Bestimmungen des EG-Vertrages sich ergebenden Verpflichtung der Berufungsbehörde, weder diskriminierende noch nicht diskriminierende Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten zuzulassen, ist aufgrund der ständigen Judikatur des EuGH im Falle einer Kollision innerstaatlicher und gemeinschaftsrechtlicher Normen vom Vorrang des Gemeinschaftsrechtes auszugehen.

Ergibt sich im Folgenden ein Verstoß gegen Art. 56 des EG-Vertrages (oder gegen andere Grundfreiheiten), so wäre den Gemeinschaftsnormen (in Verbindung mit den für die Dividendenbesteuerung maßgeblichen österreichischen Normen) jener Besteuerungsmodus zu entnehmen, der dem Gemeinschaftsrecht entspricht.

3. Lehre und Judikatur zur Diskriminierung ausländischer Kapitalerträge im allgemeinen:

Schon seit längerer Zeit nahm die Lehre in verschiedensten Bereichen eine Beschränkung des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs bzw. der Niederlassungsfreiheit an:

(1) So wurden bis zum Budgetbegleitgesetz 2003 Inlandsdividenden bei natürlichen Personen mit dem halben Durchschnittssteuersatz, Auslandsdividenden dagegen voll besteuert. Im Bereich von Körperschaften waren Inlandsdividenden nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 befreit, Auslandsdividenden nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des internationalen Schachtelprivilegs.

Diese Benachteiligungen wurden als gemeinschaftsrechtlich bedenklich angesehen (vgl. Blasina, SWI 2003, 14). Dass die Steuerfreiheit bei internationalen Schachtelbeteiligungen nicht nur Gewinnanteile, sondern auch Veräußerungsgewinne erfasst, hilft nach Ansicht der Lehre hier nicht: Wer die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht erfüllt, kann auch die Begünstigungen für den Veräußerungsgewinn nicht in Anspruch nehmen. Eine Aufrechnung von Benachteiligungen mit Vorteilen ist nicht zulässig (vgl. EuGH vom 28. Januar 1986, Rs 270/83 , "Kommission-Frankreich", Slg. 1986, 305 Rz 21). Dem Urteil "Eurowings" war auch zu entnehmen, dass geringere steuerliche Belastungen in einem anderen Mitgliedsstaat nicht das Recht vermitteln würden, grenzüberschreitende Sachverhalte ungünstiger zu gestalten (SWI 2000, 218).

Auch den Schlussantrag des Generalanwaltes zur Rs C-168/01 , "Bosal Holding", vom 24. September 2002, bezog die Lehre in ihre Argumentation mit ein, wobei in dieser Angelegenheit Fragen der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG) im Vordergrund standen. Strittig war, ob Kosten der Beteiligung an Tochtergesellschaften nur dann abzugsfähig sind, wenn diese mittelbar der Erzielung von steuerpflichtigen Gewinnen in den Niederlanden dienen. Der Generalanwalt kam dabei zum Schluss, dass diese Regelung die Vorgaben von Art. 4 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie und Art. 43 EG nicht umsetzt. Nach Ansicht der Lehre ist daraus aber auch abzuleiten, dass österreichische Bestimmungen - wie etwa § 10 Abs. 1 und 2 KStG 1988 - nicht mit der Niederlassungsfreiheit in Einklang stehen könnten (Aigner, SWI 2003, 63).

(2) Bei den Investmentfonds waren die Ausschüttungen inländischer Fonds bevorteilt, weil bei ausländischen Fonds eine Endbesteuerung nicht vorgesehen war. Darin wurde eine Behinderung von Anlagen in ausländische Investmentfonds erblickt (ÖStZ 1999, 229 ff).

(3) Eine umfassende Klärung der Thematik Dividendenbezug und Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit brachte zunächst das EuGH-Urteil "Verkooijen" vom 6.6.2000, Rs C-35/98 :

Geprüft wurde eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit durch eine direkte Besteuerung. Ein Niederländer bezog Dividenden einer belgischen Gesellschaft. Er konnte den für inländische Dividenden geltenden Dividendenfreibetrag nicht geltend machen. Die Versagung des Freibetrages für Dividenden von im Ausland ansässigen Gesellschaften wurde als Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit gewertet:

Anhang I der Richtlinie 88/361 enthalte eine nicht erschöpfende Aufzählung der Vorgänge, die zum Kapitalverkehr im Sinne von Artikel I der Richtlinie gehörten. Zwar sei in der beigefügten Nomenklatur der Bezug von Dividenden nicht ausdrücklich als "Kapitalbewegung" erwähnt. Er setze aber notwendigerweise die Beteiligung an neuen oder bereits bestehenden Unternehmen voraus, die in der Nomenklatur unter II 2 erwähnt sei. Der Vorgang des Dividendenbezuges von der Gesellschaft eines anderen Mitgliedsstaates könne auch im Sinne der Position III A 2 der Nomenklatur eingestuft werden. Der Vorgang sei untrennbar mit einer Kapitalbewegung verbunden und somit von der Richtlinie 88/361 erfasst.

Die direkten Steuern würden zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fallen, diese müssten ihre Befugnisse jedoch unter Wahrung des Gemeinschaftsrechtes ausüben (zB. Urteil vom 29. April 1999 in der Rechtssache C-311/97 , "Royal Bank of Scotland", Slg. 1999, I-2651, Rn. 19). Zudem verpflichte Art. 1 Absatz 1 der Richtlinie 88/361 die Mitgliedsstaaten, alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zu beseitigen. Der Gerichtshof habe dieser Bestimmung im Urteil vom 23. Februar 1995 in den Rs C-358/93 und C-416/93 , "Bordessa" u. a., Slg. 1995, I-361, Rn. 33, unmittelbare Wirkung zuerkannt.

Die Diskriminierung der strittigen Bestimmung betreffend den Dividendenfreibetrag sei darin gelegen, dass einerseits niederländische Anleger aufgrund der steuerlichen Gegebenheiten davon abgehalten werden könnten, ihr Kapital in Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedsstaaten anzulegen und diese Gesellschaften bei der Akquirierung von Investoren in den Niederlanden gegenüber dort ansässigen Gesellschaften benachteiligt gewesen seien (dass bei zwei Wahlmöglichkeiten die Mitgliedsstaatsalternative weniger vorteilhaft ist, genügt bereits für eine Diskriminierung). Die Abhängigkeit des Steuervorteils von der Dividendenausschüttung durch Gesellschaften mit Sitz im Inland stelle aus diesem Grund eine verbotene Beschränkung des Kapitalverkehrs im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 88/361 dar.

Daran könne auch der Verweis auf Art. 58 Abs. 1 Buchstabe a EG (vormals Art. 73d Abs. 1 Buchstabe a EG-Vertrag) nichts ändern. Nach der genannten Bestimmung sei als Ausnahme vom Verbot aller Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten das Recht der Mitgliedsstaaten anerkannt worden, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechtes anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln würden. Nach Ansicht des Gerichtshofes sei die Vereinbarkeit von Rechtsvorschriften (wie im Ausgangsverfahren) anhand der Vorschriften des EWG-Vertrages und der Richtlinie 88/361 zu prüfen. In Art. 73d Abs. 3 EG-Vertrag sei klargestellt, dass die nationalen Vorschriften, auf die sich Art. 73d Abs. 1 Buchstabe a beziehe, weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Art. 73b darstellen dürften. Derartige nationale Vorschriften seien nur dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie auf Situationen angewendet würden, die nicht objektiv vergleichbar seien (Urteil vom 14. Februar 1995 in der Rs C-279/93 , "Schumacker", Slg. 1995, I-225) oder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, insbesondere der Kohärenz der Steuerregelung, gerechtfertigt seien (Urteile vom 28. Januar 1992 in der Rs C-204/90 , "Bachmann", Slg. 1992, I-249 und "Kommission/Belgien", C-300/90 , Slg. 1992, I-305).

Die vorgebrachten Rechtfertigungsgründe wurden jedoch vom EuGH abgelehnt:

Der Rechtfertigung, eine derartige Dividendenbegünstigungsvorschrift sei geeignet, die Wirtschaft des Landes durch Schaffung von Anreizen für private Investitionen in Gesellschaften mit Inlandssitz zu fördern, könne nicht gefolgt werden. Ein rein wirtschaftliches Ziel sei kein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der eine derartige Beschränkung rechtfertige (Urteile vom 28. April 1998, Rs C-120/95 , Decker, Slg. 1998, I-1831, Rn. 39 und Kohll, C-158/96 , Slg. 1998, I-1931, Rn. 41).

Eingewendet wurde weiters die Kohärenz der niederländischen Steuerregelung: Der Dividendenfreibetrag solle die Auswirkungen einer Doppelbesteuerung abmildern, da sowohl die Gewinne der Gesellschaften, als auch die ausgeschütteten Dividenden bei den Gesellschaftern besteuert würden. Nur bei den in den Niederlanden ansässigen Gesellschaften würden die erzielten Gewinne auch dort besteuert. Für andere Gesellschaften gebe es in den Niederlanden gar keine Doppelbesteuerung, die auszugleichen sei. Zudem erhalte der niederländische Staat keine Steuer von den Gewinnen der die Dividenden ausschüttenden Gesellschaften, sodass ein Freibetrag zu einem Einnahmenausfall des Fiskus führen würde. Die Steuerpflichtigen erhielten dadurch einen doppelten Vorteil, indem sie Freibeträge in beiden Staaten lukrierten.

Der Gerichtshof folgte auch diesen Argumenten nicht. Jene Fälle, in dem eine Kohärenz bejaht worden sei, nämlich "Bachmann" und "Kommission/Belgien", hätten ein und denselben Steuerpflichtigen betroffen, sodass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Steuervorteil und dem Ausgleich dieses Vorteils durch eine steuerliche Belastung bestanden habe. Im strittigen Freibetragsfall habe dieser Zusammenhang nicht bestanden, vielmehr hätten getrennte Besteuerungen zweier verschiedener Steuersubjekte vorgelegen (Doppelbesteuerung in wirtschaftlicher und nicht in juristischer Hinsicht: SWI 2000, 313). Steuermindereinnahmen seien kein zwingender Grund des Allgemeininteresses zur Rechtfertigung einer Maßnahme, die einer Grundfreiheit entgegenstehe (Urteil "ICI", Rn. 28). Zuletzt sei auch der angeführte Steuervorteil nicht relevant: Nach der ständigen Rechtsprechung könne eine steuerliche Benachteiligung, die gegen eine Grundfreiheit verstoße, nicht durch das etwaige Bestehen anderweitiger Steuervorteile gerechtfertigt werden (Urteile vom 27. Juni 1996, Rs C-107/94 , "Asscher", Slg. 1996, I-3089, Rn. 53 und vom 21. September 1999, Rs C-307/97 , "Saint-Gobain ZN", Slg. 1999, I-6161, Rn. 54 sowie Urteil vom 26. Oktober 1999, Rs C-294/97 , "Eurowings Luftverkehr", Slg. I-7447, Rn. 44).

Die Lehre führte (bei der Analyse des Urteils) dazu an, dass selbst eine günstigere steuerliche Situation im Ausland (zB. gar keine oder eine niedrigere Steuer auf die Dividenden im Ausland) keine Rechtfertigung für eine Beschränkung nach nationalen Vorschriften darstellen könnte. Eine Kohärenz über das nationale Recht hinaus werde vom EuGH nicht anerkannt.

Als wesentliche Aussage aus dem Fall Verkooijen sei abzuleiten, dass die Kohärenz nur dann einen Rechtfertigungsgrund darstelle, wenn sich der Zusammenhang auf ein und dasselbe Steuersubjekt beziehe. Selbst wenn man beide Steuerrechtssubjekte in die Betrachtung miteinbeziehe, um die Kohärenz als Rechtfertigungsgrund zu erwägen, müsste diese auch für Dividenden Bedeutung haben, die von im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaften gezahlt werden (Wimpassinger, SWI 2000, 313).

(4) Eine weitere wichtige Weichenstellung erfolgte in den Verfahren "Walter Schmid" und "Anneliese Lenz" (EuGH vom 15. Juli 2004, RS C-315/02 ) für den Bereich des Dividendenbezuges durch Privatpersonen:

Schon der Generalanwalt hielt in seinem Schlussantrag vom 25. März 2004 fest, diverse Regelungen der §§ 37 und 93 EStG 1988 verstießen (in der Ausgestaltung vor dem Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2003) gegen die Kapitalverkehrsfreiheit der Art. 56 und 58 EG (vormals Art. 73b und 73d EGV).

Im Urteil vom 15. Juli 2004 stellte der Gerichtshof zur Frage des Wahlrechtes bei inländischen Dividenden (Pauschalbesteuerung mit 25% oder Hälftesteuersatz) im Gegensatz zur Situation bei ausländischen Dividenden (normaler Einkommensteuersatz) folgendes fest:

Die Regelung hält in Österreich ansässige Steuerpflichtige im Ergebnis davon ab, Kapital in Gesellschaften anzulegen, die in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig sind. Sie bewirkt auch, dass in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Gesellschaften darin behindert werden, in Österreich Kapital zu sammeln, da der Erwerb von deren Aktien weniger attraktiv ist. Es liegt daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vor.

Zu prüfen war, ob eine Regelung, die in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Personen unterschiedlich behandelt, je nachdem ob sie Kapitalerträge von in Österreich oder von in anderen Mitgliedsstaaten ansässigen Gesellschaften beziehen, an objektiv nicht vergleichbare Situationen anknüpft und den Tatbestand des Art. 73d Abs. 1 Buchstabe a EG-Vertrag erfüllt. Die Regelung soll die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Doppelbesteuerung der Gesellschaftsgewinne mildern. Sowohl österreichische als auch aus anderen Mitgliedsstaaten stammende Kapitalerträge können Gegenstand einer Doppelbesteuerung sein, da in beiden Fällen die Einkünfte zunächst der Körperschaftsteuer (Anmerkung: nämlich im Ausland und im Inland) und soweit sie als Dividenden ausgeschüttet werden, der Einkommensteuer unterliegen. In Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Aktionäre die Kapitalerträge aus in Mitgliedsstaaten ansässigen Gesellschaften beziehen, sind in derselben Lage wie jene, die Kapitalerträge von in Österreich ansässigen Gesellschaften beziehen. Die österreichische Steuerregelung, welche die Anwendung der Endbesteuerung mit 25% oder des Hälftesteuersatzes auf die Kapitalerträge davon abhängig macht, dass diese Erträge österreichischen Ursprungs sind, knüpft mit der Unterscheidung zwischen österreichischen und ausländischen Kapitalerträgen nicht an unterschiedliche Situationen im Sinne von Art. 73d Abs. 1 Buchstabe a EG-Vertrag an (vgl. Urteil vom 27. Juni 1996, Rs C-107/94 , "Asscher", Slg. 1996, I-3089, Rn. 41 bis 49 und vom 12. Juni 2003, Rs C-234/01 , "Gerritse", Slg. 2003, I-5933, Rn. 47 bis 54).

Zu prüfen war auch die Sicherung der Kohärenz der nationalen Steuerregelungen. Die Steuervorteile sollten die Auswirkungen der Doppelbesteuerung mildern. Die in Österreich ansässigen Gesellschaften, welche der Körperschaftsteuer unterworfen sind, sollten die fraglichen Steuervorteile nützen können.

Im Ausgangsverfahren handelt es sich bei der Einkommensteuer natürlicher Personen und der Körperschaftsteuer um unterschiedliche Steuern, die bei unterschiedlichen Steuerpflichtigen erhoben werden. Die Regelung macht auch die Gewährung der fraglichen Steuervorteile nicht davon abhängig, dass auf die Gewinne der Gesellschaften Körperschaftsteuer erhoben wird.

Zudem ist das mit der fraglichen Steuerregelung verfolgte Ziel zu beurteilen (vgl. Urteil vom 11. März 2004, Rs C-9/02 , "De Lasteyrie du Saillant", Slg. 2004, I-0000, Rn. 67). Das Ziel der Milderung der Doppelbesteuerung würde nicht beeinträchtigt, wenn auch die Bezieher von Kapitalerträgen aus einem anderen Mitgliedsstaat in den Genuß der österreichischen Steuerregelung kämen. Die Zuteilung des Vorteiles an die Bezieher österreichischer Kapitalerträge hat vielmehr zur Folge, dass die Kluft in der steuerlichen Belastung österreichischer und ausländischer Kapitalerträge noch vergrößert wird. Das auf die Wahrung der Kohärenz gerichtete Vorbringen hat daher keinen Erfolg.

Zwar hätte die Ausweitung des Vorteiles Steuermindereinnahmen zur Folge. Solche sind jedoch kein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der zur Rechtfertigung einer gegen die Grundfreiheit verstoßenden Maßnahme angeführt werden könnte.

Die Höhe der Besteuerung von in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Gesellschaften ist nicht relevant, wenn die Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit den Art. 73b und 73d Abs. 1 und 2 EG-Vertrag zu beurteilen ist. Die fragliche Steuerregelung stellt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Erhebung der Körperschaftsteuer und den Steuervorteilen bei der Einkommensteuer auf. Die Höhe der Besteuerung von im Ausland ansässigen Gesellschaften kann die Verweigerung des Steuervorteils auf deren Ausschüttungen nicht rechtfertigen. Zudem wären steuerliche Benachteiligungen, welche gegen eine Grundfreiheit verstoßen, nicht durch allfällige anderweitige Steuervorteile zu rechtfertigen.

Die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle ist kein taugliches Argument für eine Versagung des Steuervorteiles bei ausländischen Kapitalerträgen. Bloße verwaltungstechnische Nachteile in der Steuererhebung können die Behinderung einer Grundfreiheit des EG-Vertrages nicht rechtfertigen (Urteil "Kommission/Frankreich", Rn. 29 und 30).

Die Art. 73b und 73d Abs. 1 und 2 EG-Vertrag stehen einer Regelung entgegen, die nur den Beziehern österreichischer Kapitalerträge erlaubt, zwischen einer Endbesteuerung mit 25% und der normalen Einkommensteuer mit dem Hälftesteuersatz zu wählen, während Kapitalerträge aus anderen Mitgliedsstaaten zwingend dem normalen Einkommensteuertarif unterliegen.

(5) Zuletzt ist das auf ein Vorabentscheidungsersuchen des finnischen Korkein hallinto-oikeus zurückzuführende Urteil des EuGH vom 7. September 2004, C-319/02 , "Petri Manninen" zu verweisen:

Ausgangspunkt waren Steuergutschriften in Höhe von 29/71 der ausgeschütteten Dividenden für finnische Aktionäre zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, sofern sich diese an finnischen Gesellschaften beteiligten. Bezog derselbe Aktionär allerdings Dividenden aus schwedischen Gesellschaften, so wurde ihm die Steuergutschrift vorenthalten.

Generalanwältin Kokott führte im Schlussantrag vom 18. März 2004 aus, Grundgedanke der finnischen Regelungen sei die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Zu prüfen sei daher insbesondere die Kohärenz der Regelung, denn in keinem der bisher entschiedenen Fälle habe eine so enge wirtschaftliche und rechtliche Verknüpfung zwischen der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer auf Dividenden bestanden, wie im vorliegenden Fall.

Eine Beschränkung liege zunächst vor, weil es für natürliche Personen nachteilig sei, Aktien ausländischer Gesellschaften zu erwerben und ausländischen Unternehmen die Kapitalbeschaffung am inländischen Markt erschwert werde.

Eine Rechtfertigung von Beschränkungen könnte durch Art. 58 Abs. 1a erfolgen, welcher auch Differenzierungen nach dem Kapitalanlageort erlaube. Diese Bestimmung sei aber durch Art. 58 Abs. 3 eingeschränkt und eng auszulegen (keine willkürliche Diskriminierung, keine verschleierte Beschränkung).

Eine Diskriminierung liege nicht vor, wenn Gebietsansässige und Gebietsfremde sich nicht in vergleichbaren Situationen befänden. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus der Absicht der Vermeidung der Doppelbesteuerung eine unterschiedliche Situation, weil das von Finnland eingerichtete System es erforderlich mache, dass die ausschüttende Gesellschaft und der Dividendenempfänger im selben Mitgliedsstaat ansässig sein müssten, um die Besteuerung beider Steuersubjekte aufeinander abstimmen zu können und weil im Bereich der direkten Besteuerung keine gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung erfolgt sei. Trotzdem dürfe auch bei unterschiedlichem Sachverhalt eine unterschiedliche Behandlung nur soweit stattfinden, als es aufgrund der Unterschiede unvermeidbar sei (Urteil des EuGH vom 12. Juni 2003, Rs C-234/01 , "Gerritse").

Zur Frage der Kohärenz habe der EuGH im Urteil "Bosal" klargestellt, dass eine Berufung darauf nicht möglich sei, wenn es sich um verschiedene Steuern oder die steuerliche Behandlung verschiedener Steuerpflichtiger handle. Zwar sei unklar, ob die beiden Kriterien (derselbe Steuerpflichtige und dieselbe Steuerart) kumulativ vorliegen müssten, oder ob es sich nur um Indizien eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen einem steuerlichen Vorteil und Nachteil handle. Es fehle aber jedenfalls am Kriterium desselben Steuerpflichtigen (unter Verweis auf das Urteil Verkooijen), wobei dies allein noch nicht maßgeblich sei. Der nationale Steuergesetzgeber müsse die Grundfreiheiten beachten. Sei mit einer unterschiedlichen Behandlung eine Beschränkung der Grundfreiheiten verbunden, so dürfe die Differenzierung nicht über das hinausgehen, was wegen der unterschiedlichen Situationen unvermeidbar sei. Die ins Spiel gebrachten Steuermindereinnahmen stellten jedenfalls grundsätzlich keine Rechtfertigung diskriminierender Maßnahmen dar.

Der EuGH verwies im Urteil vom 7. September 2004 darauf, dass Befugnisse der Mitgliedsstaaten im Bereich der direkten Steuern unter Wahrung des Gemeinschaftsrechtes ausgeübt werden müssten. Die Anrechnung der von der Dividenden ausschüttenden Gesellschaft geschuldeten Körperschaftssteuer auf die vom Aktionär geschuldete Einkommensteuer bewirke, dass letzten Endes die Dividenden beim Aktionär nicht mehr besteuert würden. Steuerpflichtige mit Dividenden von Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedsstaaten seien daher benachteiligt. Sie hindere auch ausländische Gesellschaften daran, in Finnland Kapital zu sammeln. Aktien von in anderen Mitgliedsstaaten niedergelassenen Gesellschaften seien dadurch weniger attraktiv, als die von Gesellschaften aus Finnland. Die finnische Regelung stelle daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.

Eine Anknüpfung an unterschiedliche Situationen liege nicht vor. Eine Doppelbesteuerung gebe es sowohl bei Dividenden von Gesellschaften mit Sitz in Finnland, als auch von solchen mit Sitz in Schweden. Inländische Aktionäre seien unabhängig vom Sitz der ausschüttenden Gesellschaft in der gleichen Situation.

Das Territorialitätsprinzip könne jedenfalls eine unterschiedliche Behandlung ausgeschütteter Dividenden - abhängig vom Sitz der ausschüttenden Gesellschaft - nicht rechtfertigen.

Zudem müsse - um die Berufung auf die Kohärenz zurechtfertigen - ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der betreffenden Steuervergünstigung und dem Ausgleich dieser Vergünstigung bestehen. Dazu bedürfe es aber ein und desselben Steuerpflichtigen.

Weiters sei die Notwendigkeit der Wahrung der Kohärenz an dem mit der fraglichen Steuerregelung verfolgten Ziel zu messen (Urteil des EuGH vom 11. März 2004, Rs C-9/02 , "De Lasteyrie du Saillant"). Diesfalls gehe es um die Verhinderung einer Doppelbesteuerung. Würde man Aktionären, mit Dividenden ausländischer Gesellschaften dieselbe Steuergutschrift gewähren, wie sie Aktionäre inländischer Gesellschaften erhalten, so würde dies den freien Kapitalverkehr weniger beschränken, als die bestehende Steuerregelung mit ihren Maßnahmen. Die allfällige Verringerung von Steuereinnahmen sei kein zwingender Grund des Allgemeininteresses (Urteil "Verkooijen", Rn. 59 und Urteile vom 3. Oktober 2002, Rs C-136/00 , "Danner", Slg. 2002, I8147, Rn. 56 und Rs. "X und Y", Rn. 50).

4. Nationales und internationales Schachtelprivileg:

(a) Nationales Schachtelprivileg:

Nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 sind bestimmte Beteiligungserträge (darunter Gewinnanteile jeder Art aufgrund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften) von der Körperschaftsteuer befreit. Bei der nationalen Beteiligungsertragsbefreiung kann auch eine mittelbare Beteiligung, wie sie bei Veranlagungen in Investmentfonds vorliegt, eine Befreiung auslösen. Ausschüttungen aus inländischen Investmentfonds unterliegen insoweit der Beteiligungsertragsbefreiung, als Dividenden österreichischer Aktiengesellschaften darin enthalten sind. Dasselbe gilt auch für die Ausschüttung aus ausländischen Investmentfonds, soweit in den Erträgen Dividenden österreichischer Aktiengesellschaften enthalten sind.

Das Ziel der Beteiligungsertragsbefreiung besteht darin, dass die von Körperschaften erwirtschafteten Gewinne auf der Ebene der Körperschaften nur einmal besteuert werden sollen. Die Durchleitung von Gewinnen durch zwischengeschaltete Körperschaften soll zu keiner zusätzlichen Besteuerung führen. Erst bei der Weiterausschüttung der Gewinne an natürliche Personen soll es zu einer zusätzlichen Belastung mit dem halben Durchschnittssteuersatz der Einkommensteuer kommen. Das Zusammenwirken beider Steuern führt zu einer vergleichbaren Belastung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften.

Übliche Konstellation

 

Investmentfond

Inländ. Körperschaft

Besteuerung - ja

Kapitalgesellschaft, deren Aktien der inländ. Investmentfond hält

I

 

I

 

Kein Steuersubjekt

Inländischer Investmentfond

I

 

I

Inländ. Körperschaft

Beteiligter, steuerbefreit

Inländ. Körperschaft

I

 

I

natürliche Person

Besteuerung - ja

natürliche Person

(b) § 10 Abs. 2 KStG 1988 erweitert die Steuerfreiheit auf Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen. Ziel dieses Privilegs war nicht die Beseitigung von Doppelbelastungen, sondern die Förderung der Exportwirtschaft (Heinrich, ÖStZ 2002/970).

Die nunmehrige Regelung geht auf das EU-AnpG (BGBl 1994/681) zurück und setzt die Mutter-Tochterrichtlinie in nationales Recht um. Bis zum BBG 2003, BGBl. I 71/2003, lag eine internationale Schachtelbeteiligung dann vor, wenn unter § 7 Abs. 3 fallende Steuerpflichtige nachweislich unmittelbar mindestens zu einem Viertel an ausländischen Gesellschaften während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens zwei Jahren beteiligt waren (unmittelbare Beteiligung in Form von Gesellschaftsrechten im engeren Sinn). Anders als bei der nationalen Beteiligungsertragsbefreiung reiche eine mittelbare Beteiligung nicht aus, die Zwischenschaltung einer Mitunternehmerschaft erfülle nicht das Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung (Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988, §§ 7 und 10, Rz 559). § 10 Abs. 2 KStG 1988 wurde daher idF vor dem BGBl. I 71/2003 in Bezug auf die Beteiligung an Investmentfonds nicht für anwendbar gehalten (zu den Änderungen durch das BBG 2003 siehe Pkt. 6 B (3)).

5. Inländische Investmentfonds und Verletzung mehrerer Grundfreiheiten:

(1) Strittig ist im vorliegenden Fall die steuerliche Behandlung von Dividenden betreffend ausländische Aktien aus inländischen Investmentfonds im Betriebsvermögen von Kapitalgesellschaften:

Ein inländischer Investmentfond ist ein überwiegend aus Wertpapieren bestehendes Sondervermögen, das in gleiche, in Wertpapieren verkörperte Anteile zerfällt und im Miteigentum der Anteilsinhaber steht. Da es sich um eine Miteigentumsgemeinschaft handelt, werden die Erträge nicht auf der Ebene des Fonds, sondern auf der Ebene der Miteigentümer besteuert (unmittelbare Zurechnung an den Anteilsinhaber). Die Besteuerung erfolgt nach dem Transparenzprinzip: Die vom Fond erzielten Erträge werden unmittelbar den Anteilsinhabern des Kapitalanlagefonds zugerechnet (s. dazu auch Tumpel, ÖStZ 2002/3).

Die Erträge sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Inländische Dividenden sind gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 steuerbefreit, Kapitalerträge aus ausländischen Dividendenwerten sind dagegen zur Gänze körperschaftsteuerpflichtig und in die KÖSt-Erklärung aufzunehmen. Die Anrechnung einer ausländischen Steuer ist in der Höhe zulässig, in der die österreichische Steuer auf die jeweiligen Einkünfte entfällt.

(2) Nationale Regelungen werden nur dann nicht vom Europarecht verdrängt, wenn sie die Grundfreiheiten nicht verletzen:

So ergab sich beispielsweise aus dem Urteil "Kraus" vom 31. März 1993, Rs C-19/92 , dass es zwar nicht im Widerspruch steht, für akademische Grade aus anderen Mitgliedsländern ein innerstaatliches behördliches Genehmigungsverfahren zu installieren, dieses darf aber nur die ordnungsgemäße Verleihung überprüfen, muss leicht zugänglich sein und darf nicht von der Zahlung überhöhter Verwaltungsgebühren abhängen. Das Gemeinschaftsrecht setzt der Ausübung von Befugnissen durch die Mitgliedsstaaten insoweit Grenzen, als die nationalen Rechtsvorschriften kein Hindernis für die Ausübung der durch die Artikel 48 und 52 EWG-Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten darstellen dürfen (mit Verweis auf das Urteil des EuGH vom 15. Oktober 1987, Rs 222/86 , "Heylens", Slg. 1987, 4097, Rn. 11). Die Mitgliedsstaaten sind nach Artikel 5 EWG-Vertrag verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen zu treffen, die sich aus dem Vertrag ergeben und alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele des Vertrages gefährden könnten.

(3) Nach dem dargelegten Sachverhalt ist in Bezug auf die Besteuerung der Dividenden ausländischer Gesellschaften eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit zu prüfen:

Die Lehre gelangte hinsichtlich der Sicherungsbesteuerung im Bereich ausländischer Investmentfondvermögen zur Auffassung, dass man sich auf beide Freiheiten berufen kann, aber die Abgrenzung welche Freiheit man in Anspruch nimmt, sich nach der Art der nationalen Vorschrift richten soll: Gemäß § 58 Abs. 2 EGV seien der Liberalisierung des Kapital- und Zahlungsverkehrs widersprechende Beschränkungen des Niederlassungsrechtes insoweit zulässig, als diese mit dem EGV vereinbar sind. Umgekehrt umfasse die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr (Artikel 43 letzter Satz EGV). Letzterer Vorbehalt stärke die grundlegende These, dass Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit nebeneinander Anwendung fänden, wobei jede Grundfreiheit eine andere inhaltliche Dimension des Vermögens schütze. Die Niederlassungsfreiheit habe die Freiheit der Berufsausübung vor Augen, die Kapitalverkehrsfreiheit schütze den Transfer geldwerter Güter.

Dem Marktbürger müsse es freistehen, sich auf jede dieser Grundfreiheiten zu berufen (Schön in GS Knoppe-Keuk, 750, mit Hinweis auf den Schlussantrag des GA Mischo zur Rs C-221/89 , Rn 53 "Ex Parte Factortame"). Die Abgrenzung der Grundfreiheiten wäre jedoch grundsätzlich nach der Art der in Rede stehenden nationalen Beschränkung vorzunehmen (dazu Pülzl, "Besteuerung von Anteilen an Investmentfonds: Ist die Sicherungssteuer europarechtskonform"?, ÖStZ 2002/359, Pkt. 4.2.5, Fußnote 48: Verweis auf Sedlaczek in Lechner-Staringer-Tumpel, "Kapitalverkehrsfreiheit und Steuerrecht", 48, der die Abgrenzungsfrage aufgrund der divergierenden Judikatur des EuGH für offen hält). In bestimmten Fällen können auch Grundrechtskombinationen auftreten. So stellte der Generalanwalt im Schlussantrag vom 23.9.1997 zur Rs C-118/96 , "Safir", Rn. 17 ff. fest: Die kombinierte Anwendung beider Gruppen von Rechtsvorschriften bleibt sicherlich möglich, aber lediglich gegenüber Maßnahmen, die (wohlgemerkt in Bezug auf andere Situationen) die Erbringung von Dienstleistungen und den Kapitalverkehr gleichzeitig behindern.

Entscheidend wird sein, welche Grundfreiheit unmittelbar betroffen ist. Liegt ein unmittelbarer Eingriff sowohl in die Freiheit des Kapitalverkehrs, als auch in das Niederlassungsrecht vor, sind beide Grundfreiheiten (gleichzeitig) anwendbar und die staatliche Maßnahme muss den Anforderungen beider genügen (Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 14. Oktober 1999, Rs "Baars").

6. Betroffene Grundfreiheiten:

A. Kapitalverkehrsfreiheit:

(1) Der freie Kapitalverkehr gehört zu den Grundfreiheiten des Europäischen Rechtsraumes. Als Individualrecht wurde er mit der Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361/EWG eingeführt, mit dem Vertrag von Maastricht in den EG-Vertrag (Artikel 73b bis 73g) überführt und durch den Vertrag von Amsterdam in die Artikel 56 ff. transformiert. Verboten sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern. Erfasst sind grenzüberschreitende Vorgänge (Transfer von Kapitalvermögen über die Grenze oder ein Auslandsbezug auf der persönlichen oder sachlichen Ebene).

Zwar ist der Begriff des freien Kapitalverkehrs in den Art. 56 ff. EGV nicht definiert. Ihm ist aber ein weites Verständnis beizumessen, er beinhaltet sämtliche grenzüberschreitenden finanziellen Transaktionen, die nicht direkt durch den Waren- oder Dienstleistungsverkehr bedingt sind (Staringer, ÖStZ 2000/119; siehe dazu auch die Mitteilung der Kommission über bestimmte rechtliche Aspekte von Investitionen innerhalb der EU in Amtsblatt Nr. C 220 vom 19.7.1997, S. 0015-0018).

Zwar hat die Kapitalverkehrsrichtlinie (Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24.6.1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages, Abl 1988 L 178/5) mit der Aufhebung der Art. 67 ff. EWGV ihre Rechtsgrundlage (die Art. 69 und 70) verloren, ihr Anhang I, der eine nicht abschließende Nomenklatur von Kapitalverkehrsgeschäften (darunter für Investmentanteile) enthält, ist aber weiterhin als Hilfsinstrument zur Klassifizierung des Kapitalverkehrs heranzuziehen. Nach der Richtlinie sind sämtliche Formen der Vermögensanlage, des (bloßen) Besitzes von Kapitalvermögen sowie von Rechtsgeschäften mit Kapitalvermögen erfasst, ebenso Bewegungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen.

Bei einem grenzüberschreitenden Bezug genügt bereits eine abstrakte Diskriminierung für eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs (SWI 2000, 313). Ein unterschiedslos von der Nationalität wirkendes Hindernis, das geeignet ist, die Ausübung der Grundfreiheiten weniger attraktiv zu machen, zu behindern oder zu beeinträchtigen, wird jedenfalls als Beschränkung bezeichnet. Dabei reicht es aus, auch nur die freie Entscheidung über die Anlage von Finanz- oder Sachkapital zu beeinflussen (Pülzl, ÖStZ 2002/359).

Zu prüfen ist letztendlich, ob ein grenzüberschreitender Kapitalverkehrsvorgang in seinen Rechtsfolgen schlechter oder ungünstiger gestellt ist, als ein damit vergleichbarer innerstaatlicher Vorgang (Staringer, ÖStZ 2000/119).

Auch steuerliche Bestimmungen können Beschränkungen des Kapitalverkehrs darstellen, wenn sie diesen behindern oder weniger attraktiv machen.

Zwar fallen nach ständiger Rechtsprechung die direkten Steuern in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten, diese müssen ihre Befugnisse aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechtes ausüben (Urteile vom 11. August 1995, Rs C-80/94 , "Wielockx", Slg. 1995, I2493, Rn. 16; vom 16. Juli 1998, in der Rs C-264/96 , "ICI", Slg. 1998, I4695, Rn. 19 und vom 29. April 1999, Rs C311/97, "Royal Bank of Scotland", Slg. 1999, I2651, Rn. 19).

(2) Der Bezug von Dividenden ist untrennbar mit einer Kapitalbewegung verbunden und wird somit von der Richtlinie 88/361 erfasst (s. auch Urteil "Verkooijen" vom 6.6.2000, C-35/98 , zum Dividendenfreibetrag für ausländische Dividenden und den Schlussantrag zur Rs C-319/02 , "Petri Manninen", der sich auf Punkt III A 2 der Nomenklatur in Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24 Juni 1988 bezüglich des Erwerbes ausländischer börsennotierter Titel bezieht). Die Generalanwältin Kokott führt zur Rs C-319/02 aus, dass Regelungen über die steuerliche Behandlung von Erträgen auch die Attraktivität der Kapitalanlage selbst betreffen (und dadurch eine Beschränkung bewirkten), auch wenn sich diese nicht unmittelbar auf den Erwerb von Aktien beziehen würden.

Dasselbe gilt für Beteiligungen an Investmentfonds, weil eine Beteiligung an Unternehmen vorliegt, die Dividenden aus ausländischen und inländischen an der Börse gehandelten Wertpapieren beziehen (siehe zur Frage des Verstoßes gegen Art. 56 EG auch das Urteil des EuGH vom 4. März 2004, Rs C-334/02 , "Kommission-Frankreich", betreffend Erträge aus Anteilscheinen). In Punkt IV des Anhanges I der Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361/EWG sind Geschäfte mit Anteilscheinen von Organismen für gemeinsame Anlagen erwähnt. Dazu gehört auch der Erwerb von an der Börse gehandelten Anteilscheinen von ausländischen Organismen durch Gebietsansässige und der Erwerb nicht an der Börse gehandelter Anteilscheine. Aus den Begriffsbestimmungen ergibt sich, dass die bezeichneten Organismen nach einzelstaatlichem Recht die Vertragsform (von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltete Investmentfonds), die Form des Trust ("unit trust") oder die Satzungsform (Investmentgesellschaft) haben können.

Eine Beschränkung des Kapitalverkehrs kann daher auch bei Geschäften im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb an Investmentfonds vorliegen.

(3) Zwar kann sich ein Steuerpflichtiger dann nicht auf die Grundfreiheit berufen, wenn er lediglich in einem Mitgliedsstaat günstiger besteuert wird. Sehr wohl aber dann, wenn er - wie im Fall "Lenz" (oder "Manninen" bzw. "Kommission-Frankreich") - durch den Bezug von Dividenden ausländischer Gesellschaften gegenüber anderen inländischen Steuerpflichtigen die Dividenden inländischer Gesellschaften beziehen, ungleich behandelt wird (s. dazu Toifl, SWI 2002, 458).

Die im Fall "Lenz" (bzw. "Manninen" oder "Kommission-Frankreich") konstatierte Ungleichbehandlung liegt auch im gegenständlichen Fall vor: Die Erwerber von Anteilen inländischer Investmentfonds werden durch die Steuervorschriften dazu verleitet, ihr Kapital in Fonds anzulegen, die Aktien inländischer Gesellschaften verwalten. Dadurch wird der Kapitalfluss zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt. Die möglichen - aber offenbar von der österreichischen Steuergesetzgebung nicht erwünschten - grenzüberschreitenden Kapitalverkehrsvorgänge sind (wesentlich) schlechter gestellt, als ein vergleichbarer innerstaatlicher Vorgang.

(4) (a) Eine (auch von der Finanzverwaltung ventilierte) Rechtfertigung im Hinblick auf eine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit könnte sich aus dem Steuervorbehalt des früheren Artikel 73d Abs. 1 bzw. aus Artikel 58 Abs. 1 lit. a EG ergeben:

Aus Artikel 73d Abs. 1 ergab sich, dass es den Mitgliedsstaaten gestattet war, unerlässliche Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechtes ... zu verhindern.

In Artikel 58 Abs. 1 lit. a EG ist geregelt: Durch die Kapitalverkehrsfreiheit wird das Recht der Mitgliedsstaaten nicht berührt, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechtes anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Aus dem Urteil "Verkooijen" ergibt sich jedoch unmissverständlich, dass Art. 58 Abs. 1 lit. a keinen Freibrief für eine unterschiedliche Behandlung nach dem Kapitalanlageort bietet. Art. 58 ist vielmehr eng auszulegen und muss im Zusammenhang mit Art. 58 Abs. 3 gelesen werden. Nach Artikel 58 Abs. 3 EG dürfen die genannten Maßnahmen (zB. die steuerlichen Vorschriften) weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen. Zu beachten ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Unzulässig ist somit einerseits ungleiche Behandlung von Maßnahmen je nach Wohnort oder Staatsangehörigkeit des Investors oder nach dem Kapitalanlageort, sofern sie nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

Die Literatur zog aus der Regelung den Schluss, dass dem Art. 58 Abs. 1 lit. a EG keine über die anderen Grundfreiheiten und das allgemeine Sachlichkeitsgebot hinausgehende Bedeutung zukommen kann (Toifl, SWI 2002, 458, Pkt. III, 2.).

(b) Es muss immer nach konkreten Rechtfertigungsgründen für eine Beschränkung gesucht werden, diese sind der Rechtsprechung des EuGH zu entnehmen (beispielsweise Rechtssachen "Kraus" und "Gebhard").

1. Eine Diskriminierung liegt nicht vor, wenn Gebietsansässige und Gebietsfremde sich nicht in vergleichbaren Situationen befinden. Aber auch bei unterschiedlichen Sachverhalten könnte eine unterschiedliche Behandlung nur insoweit gerechtfertigt sein, als es aufgrund der Unterschiede unvermeidbar ist (s. dazu Urteil des EuGH vom 12. Juni 2003, C-234/01 , "Gerritse").

2. Ebenso liegt keine diskriminierende Maßnahme vor, wenn diese aus Gründen des zwingenden Allgemeininteresses geboten ist und sie außerdem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.

Zu (b) 1.: Im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Situation ist auf die Darstellung im Schlussantrag bzw. Urteil zur Rs C-319/02 , "Petri Manninen" zu verweisen. Die Generalanwältin konstatierte im Hinblick auf die Vermeidung einer Doppelbesteuerung eine unterschiedliche Situation. Selbst wenn diese tatsächlich gegeben wäre, würde daraus nicht die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung folgen. Diese dürfte vielmehr nur soweit gehen, als es aufgrund der Unterschiede unvermeidlich ist, weil mit der unterschiedlichen Behandlung zugleich eine Beschränkung der Grundfreiheiten einher geht. Der Gerichtshof hat aber dann im Urteil ohnehin eine vergleichbar Situation angenommen (Rn. 32 ff.): Sowohl Dividenden ausländischer Gesellschaften, als auch solche inländischer Gesellschaften, seien von der Doppelbesteuerung bedroht. Unbeschränkt steuerpflichtige Aktionäre hätten sich - unabhängig vom Sitz der ausschüttenden Gesellschaft - in der gleichen Situation befunden. Damit sei aber die Diskriminierung nicht gerechtfertigt.

Zwar hätte eine Freistellung der Ausschüttung Mindereinnahmen zur Folge. Dieses Argument greift nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH aber nicht: Steuermindereinnahmen können eine diskriminierende steuerliche Maßnahme nicht rechtfertigen (Schlussantrag zur Rs "Manninen, Rn. 41 mit Verweis auf EuGH-Urteile vom 16. Juli 1998, Rs C-264/96 , "ICI", Slg. 1998, I-4695, Rn. 28; vom 12. Dezember 2002, Rs C-385/00 , "de Groot", Slg. 2002, I-11819, Rn. 103 und Urteil "Verkooijen").

Auch im gegenständlich zu entscheidenden Fall geht der Unabhängige Finanzsenat von vergleichbaren Situationen aus.

Zu (b) 2.: Beschränkende Maßnahmen sind mit den Grundfreiheiten vereinbar, wenn sie nicht-diskriminierend angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind die mit ihnen verfolgten Ziele zu gewährleisten und sie über das zur Erreichung des Zieles notwendige (s. dazu Stangl, SWI 2000, 463) nicht hinausgehen (abgeleitet aus der Rechtsprechung zu den anderen Grundfreiheiten: zB. EuGH vom 20.2.1979, Rs 120/78 , "Rewe-Zentral-AG, Cassis de Dijon", Slg 1979, 649; EuGH vom 31.3.1993, Rs C-19/92 , "Kraus", Slg 1993 I-1663, Rn 32; EuGH vom 30.11.1995, Rs C-55/94 , "Gebhard", Slg 1995 I-4165 Rn 37; EuGH vom 16.3.1999, Rs C-222/97 , "Trummer, Mayer").

Die jeweils nächste Voraussetzung ist zu prüfen, wenn die vorangehende Voraussetzung zu bejahen ist. Im vorliegenden Fall wurde die diskriminierende Anwendung bereits festgestellt, ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist nicht gegeben:

Mögliche Rechtfertigungsgründe aus dem zwingenden Grund des Allgemeininteresses sind nach der Judikatur des EuGH beispielsweise die Wirksamkeit der Steuerkontrolle (EuGH vom 15.5.1997, Rs C-250/95 "Futura Participations SA und Singer", Slg 1997 I-2471; weiters EuGH vom 28.10.1999, Rs C-55/98 "Vestergaard"; EuGH vom 8.7.1999, Rs C-254/97 , "Baxter", bezüglich der Grundfreiheiten Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit), die Gleichmäßigkeit der Besteuerung (EuGH vom 28.4.1998, Rs C-118/96 "Safir", Slg 1998 I-1897; EuGH vom 14.10.1999, Rs C-439/97 "Sandoz", Slg 1999 I-0000) und die steuerliche Kohärenz (zB. EuGH vom 28.1.1992, Rs C-204/90 "Bachmann", Slg 1992 I-249).

Zur Wirksamkeit der Steuerkontrolle und Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist festzuhalten, dass eine ertragsteuerliche Benachteiligung von Auslandsausschüttungen durch diese Gründe nicht gerechtfertigt werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann die Wirksamkeit der Steuerkontrolle (worunter man sich unter anderem die Ermittlung ausländischer Zahlengrundlagen für die Durchführung der im Inland erfolgenden Besteuerung vorstellen muss) ein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein, der eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen kann. Im vorliegenden Fall wird von der Finanzverwaltung aber nicht die Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen bezweifelt, sondern es wird bei ausländischen Erträgen keine Steuerbefreiung durchgeführt. Die Verweigerung der Anwendung der Befreiungsbestimmung ist aber kein geeignetes Mittel der Steueraufsicht- und Kontrolle. Vielmehr stünde es dem österreichischen Staat frei, den allfällig notwendigen Nachweis hinsichtlich Höhe und Qualifikation ausländischer Erträge entsprechend zu regeln. Dass derartige Normen (wie sie nunmehr im Bereich der sogenannten "schwarzen Fonds" ebenfalls nötig sein werden) nicht existieren, könnte eine Diskriminierung unter dem Deckmantel der Steuerkontrolle nicht rechtfertigen. Die Regelung, wonach ausländische Dividenden voll zu besteuern sind, dient auch nicht der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (wie im Fall C-439/97 ), sondern stellt im Gegenteil Steuerpflichtige mit Auslandsdividenden schlechter, als solche mit Inlandsdividenden.

Zur Kohärenz:

Schutzwürdig ist die Aufrechterhaltung eines in sich stimmigen Besteuerungssystems, also einer Norm die Bestandteil einer untrennbaren Regelungseinheit ist (Stangl, SWI 2000, 463). Nur in der Rs "Bachmann" hat der EuGH bisher beschränkende steuerliche Maßnahmen mit der Kohärenz gerechtfertigt, seither hat er diesen Rechtfertigungsgrund nicht mehr zugelassen. In der Rs "ICI" betonte er, dass eine kohärente Steuerregelung nur vorliegen könne, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen zwei Normen bestehe. Dies gelte nicht für Bestimmungen, die verschiedene Tochtergesellschaften innerhalb eines Konzerns beträfen.

Den Ausführungen des Generalanwaltes in den Schlussanträgen vom 14. Dezember 1999 und den Darlegungen im Urteil zur Rechtsache "Verkooijen" ist folgendes zu entnehmen: Niederländischen Gesellschaftern wurde für eine Investition in eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden ein Freibetrag zugesprochen, nicht aber wenn es sich um Gesellschaften anderer Mitgliedsländer handelte. Bei der Beurteilung der Kohärenz des niederländischen Steuersystems, war zwischen der Besteuerung der ausschüttenden Gesellschaft (Körperschaftssteuer) und der Besteuerung des Gesellschafters (Einkommensteuer) der die Dividenden bezog, zu unterscheiden (Freibetrag für Beteiligungen an inländischen Gesellschaften). Beide Bestimmungen hingen nicht unmittelbar miteinander zusammen. Schon der Generalanwalt stellte fest, dass ein Mitgliedsstaat die Befreiung von Dividenden nicht deshalb ablehnen dürfe, weil er die Erträge der dividendenzahlenden Gesellschaft nicht besteuern könne. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Letzterer und dem Aktionär bestehe nicht, ein solcher sei aber "unvermeidbares" Kriterium. Der EuGH ging deshalb davon aus, dass es sich um die getrennte Besteuerung verschiedener Steuerpflichtiger gehandelt habe (s. dazu auch Toifl, SWI 2002, 458, "Besteuerung ausländischer Dividendeneinkünfte und Kapitalverkehrsfreiheit").

Eine ähnliche Argumentation ergab sich hinsichtlich des Vermögensteuerfreibetrages in der Rechtssache "Baars".

Eine der Hauptvoraussetzungen der Kohärenz ist nach der dargestellten Judikatur des EuGH somit die Personenidentität (Hahn, IStR 2000, 438), eine kohärente Steuerregelung liegt nur dann vor, wenn zwei Normen in unmittelbarer und funktioneller Beziehung zueinander stehen und sich andererseits auf die Besteuerung ein und desselben Steuersubjektes beziehen (Stangl, SWI 2000, 463). Gerade die Personenidentität ist aber im Verhältnis divdendenzahlende Gesellschaft und Dividendenempfänger nicht gegeben und die Gründe für das Nichtvorliegen eines kohärenten Steuersystems können ohne weiteres auf den gegenständlichen Fall übertragen werden:

Der Beteiligte an einem Investmentfond ist Gesellschafter eines inländischen Fonds mit Dividenden von Unternehmen mit Sitz im Inland bzw. mit Sitz in anderen EU-Ländern oder Drittstaaten. Die Besteuerung der ausschüttenden (ausländischen) Gesellschaften hat auch im vorliegenden Fall wirtschaftlich nichts mit der Besteuerung des Dividendenempfängers zu tun. Es fehlt am Zusammenhang zwischen der Besteuerung der in den EU-Staaten oder in Drittstaaten ansässigen ausschüttenden Gesellschaften und den steuerlichen Vergünstigungen, die ein Gesellschafter zwar für Dividenden inländischer Gesellschaften, aber nicht für solche ausländischer Gesellschaften erhält (Tissot, ÖStZ 2003/750, Pkt. 2.5.1). Auch hier geht es nicht um die Besteuerung ein und desselben Steuersubjektes.

Eine kohärente Regelungseinheit kann daher gar nicht vorliegen (so auch Stangl in SWI, 463, zu § 10 Abs. 2 KStG in Pkt. 4), da wesentliche Voraussetzungen fehlen.

(c) Soweit die Diskriminierung damit gerechtfertigt wird, dass die Vorschrift des § 10 Abs. 1 KStG 1988 geeignet ist, die Wirtschaft des Landes durch Schaffung von Anreizen für private Investitionen in Gesellschaften mit Inlandssitz zu fördern, während eine derartige Begünstigung aus eben diesem Grund den Investitionen in Gesellschaften mit Sitz im Ausland nicht zukommen soll, kann dem nicht gefolgt werden. Ein rein wirtschaftliches Ziel ist kein zwingender Grund des Allgemeininteresses (s. dazu auch EuGH Rs "Verkooijen").

B. Niederlassungsfreiheit:

(1) Die Niederlassungsfreiheit ist in den Artikeln 43 (ex-Art. 52) bis 48 EG normiert. Sie schützt die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates.

Persönlicher Anwendungsbereich:

Die Rechte des Art. 43 EG stehen natürlichen Personen zu, die Staatsangehörige eines EG-Mitgliedsstaates sind. Staatsangehörige aus Drittländern können sich nicht auf Art. 43 EG berufen. Den natürlichen Personen gleichgestellt sind nach Art. 48 EG auch die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates gegründeten Gesellschaften, die ihren Sitz, die Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben. Dazu zählen Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechtes sowie die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechtes.

Sachlicher Anwendungsbereich:

In sachlicher Hinsicht betreffen die Art. 43 EG ff. die Niederlassung von selbständig Erwerbstätigen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates (Art. 43 Abs. 2: ... Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften...). Eine Niederlassung stellt eine auf Dauer angelegte Berufsbetätigung (wirtschaftliche Tätigkeit) an einem festen Standort dar (EuGH, Rs C-221/89 , "Factortame"; Slg. 1991, I-3905; Rs C-55/94 , "Gebhard", Slg. 1995, I-4165, Rn. 25). Die Niederlassungsfreiheit soll eine dauernde berufliche Integration in einem anderen Mitgliedsstaat ermöglichen (lt. EuGH, EuZW 2003, 344 - "Kommission/Italien":... ein sehr weiter Begriff ... der die Möglichkeit impliziert, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedsstaates als seines Herkunftsstaates teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen....).

Die Niederlassungsfreiheit kommt beim Erwerb von Aktien einer in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Gesellschaft dann zur Anwendung, wenn die Beteiligung einen Umfang erreicht, der dem Investor maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens ermöglicht. Dabei ist auf die Regeln des Gesellschaftsrechtes des Staates abzustellen, in dem das Unternehmen niedergelassen ist (s. dazu die Schlussanträge von GA Albers vom 14. Oktober 1999 in der Rs "Baars").

Inhalt der Niederlassungsfreiheit:

Der Inhalt besteht zunächst in einem Gebot zur Inländergleichbehandlung, wobei ein entgegenstehendes Recht der Mitgliedsstaaten außer Ansatz bleiben muss. Weiters besteht ein Diskriminierungsverbot, welches weit auszulegen ist und das zusätzlich zu einem Beschränkungsverbot ausgebaut wurde. Dessen Reichweite wird von der überwiegenden Lehre auf solche nichtdiskriminierenden innerstaatlichen Regeln begrenzt, die den grenzüberschreitenden Marktzugang als solche betreffen, dh. nicht alle unterschiedslos wirkenden Maßnahmen sind unzulässig (Arndt, Europarecht, S. 176). Erfasst sind auch versteckte Formen der Diskriminierung (EuGH, Rs C-3/88 , "Kommission/Italien", Slg. 1989, 4035, Rn. 8) und mittelbare Diskriminierungen (EuGH, Rs 16/78 , "Choquet", Slg. 1978, 2293, Rn. 9 usw.). Obwohl sich nach dem Wortlaut des Art. 43 EG nur Angehörige eines anderen Mitgliedsstaates auf die Vorschrift berufen können, gilt sie auch für Inländer, die einen gemeinschaftsrechtlich relevanten Sachverhalt erfüllen und in ihrem Heimatstaat auf die durch das Gemeinschaftsrecht gewährten Vorteile verweisen können (Lenz, EG-Vertrag, Kommentar, Art. 43, Tz 6 ff.). Die Grundfreiheit schützt also nicht nur gegen Beschränkungen von Seiten des Staates, in dem eine Niederlassung begründet wird, sondern auch vor Restriktionen des Herkunftsstaates (Urteil EuGH vom 16. Juli 1998, Rs C-264/96 , "ICI").

Art. 43 EGV verbietet auch geringfügige oder unbedeutende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit. Das Verbot gilt auch in Bezug auf steuerliche Vorschriften, die Mitgliedsstaaten müssen ihre Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechtes ausüben (Urteil des EuGH vom 21. November 2002 in der Rs C-436/00 , "X und Y", Slg. 2002, I10829, Rn. 32).

(2) Mehrere Entscheidungen des EuGH zur Niederlassungsfreiheit sind von wesentlicher Bedeutung für den gegenständlichen Fall:

So hat der EuGH im Urteil "Bosal Holding BV" vom 18. September 2003, Rs C-168/01 , dargelegt, dass die Richtlinie 90/435/EWG (Mutter-Tochter-Richtlinie) ausgelegt im Licht von Artikel 43 EG einer nationalen Vorschrift entgegensteht, nach der die Kosten einer Gesellschafterbeteiligung am Kapital einer in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Tochtergesellschaft nur dann abzugsfähig sind, wenn diese der Erzielung von steuerpflichtigen Gewinnen im Mitgliedsstaat dienen, in dem sich die Muttergesellschaft niedergelassen hat. Die Beschränkung des Kostenabzuges ist vielmehr ein Hemmnis für die Errichtung von Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedsstaaten. Zudem ist eine Berufung auf die Kohärenz des Steuersystems nicht möglich, wenn es - wie im Ausgangsverfahren - um die steuerliche Behandlung verschiedener Steuerpflichtiger ging, da Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedene juristische Personen waren, die jeweils einer eigenen Besteuerung unterlagen. Auch das Argument des Territorialitätsprinzips, wie es in der Rs C-250/95 , "Futura Participations und Singer", zum Ausdruck kam, war im gegenständlichen Ausgangsfall nicht zielführend, weil es in der bezeichneten Rechtssache um die Besteuerung eines einzelnen Steuerpflichtigen mit Tätigkeiten im Mitgliedsstaat der Hauptniederlassung und in anderen Mitgliedsstaaten ging. Das hier verwendete Argument der "Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage" ähnelte im Kern dem Argument der "Gefahr einer Verringerung des Steueraufkommens", welches nicht als zwingender Grund des Allgemeininteresses anzusehen war und daher keine Rechtfertigung zur Beschränkung der Niederlassungsfreiheit bilden konnte (s. Urteil vom 16. Juli 1998, Rs C-264/96 , "ICI", Slg. 1998, I-4695, Rn. 28).

Aus dem Urteil "Bosal" ergab sich für die Lehre im Bereich des § 10 Abs. 2 KStG 1988 ein Verstoß gegen Art. 43 EG (Aigner, SWI 2003, 63).

Im Urteil "Asscher" vom 27. Juni 1996, Rs C-197/94 , wird festgestellt, dass es aufgrund von Artikel 52 EG-Vertrag (nunmehr Art. 43 EG) einem Mitgliedsstaat verwehrt ist, auf Angehörige eines Mitgliedsstaates mit selbständiger Erwerbstätigkeit im selben und in einem anderen Mitgliedsstaat und Wohnsitz im anderen Mitgliedsstaat einen Einkommensteuersatz anzuwenden, der höher ist als derjenige, der für Gebietsansässige mit gleicher Tätigkeit gilt (sogenannter Ausländertarif). Offene oder versteckte Diskriminierungen im Bereich der direkten Steuern aufgrund der Staatsangehörigkeit sind zu unterlassen. Es kann daher eine Steuervergünstigung, die Gebietsfremden nicht gewährt wird, eine Diskriminierung sein, wenn kein objektiver Unterschied zwischen beiden Gruppen von Steuerpflichtigen besteht, der eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte (mit Verweis auf das Urteil "Schumacker" vom 14. Februar 1995, Rs C-279/93 ). Eine derartige Diskriminierung war weder durch den geringeren Steuerdruck des Gebietsfremden, noch durch die Kohärenz der Steuerregelungen gerechtfertigt.

Das Urteil "Baars" vom 13. April 2000, Rs C-251/98 , behandelte (neben der Kapitalverkehrsfreiheit) auch die Niederlassungsfreiheit:

Die Befreiung von der Vermögensteuer für Beteiligte am Kapital einer Gesellschaft (mit Einfluss auf deren Tätigkeiten) wurde davon abhängig gemacht, dass die Beteiligung an einer Gesellschaft besteht, die ihren Sitz im betreffenden Mitgliedsstaat hat. Eine derartige Regelung ist eine Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Sitzes von Gesellschaften, an denen jemand Anteile besitzt und kann durch die Kohärenz der Steuerregelung nicht gerechtfertigt werden. Die Versagung des Unternehmensfreibetrages bei der Veranlagung eines Anteilseigners mit einer wesentlichen Beteiligung ist geeignet, die Entfaltung unternehmerischer Aktivitäten in anderen Mitgliedsstaaten weniger attraktiv zu machen und dadurch zu behindern (Schlussanträge des GA Alber vom 14. Oktober 1999 in der Rs "Baars").

(3) Besteuerungsrechte bei von juristischen Personen des privaten Rechts gehaltenen Anteilen aus inländischen Investmentfonds und dadurch eintretende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit:

Im Gegensatz zu den Änderungen für natürliche Personen betreffend die ausländischen Dividendenerträge im Budgetbegleitgesetz 2003 (Endbesteuerung oder Sondersteuersatz gemäß § 37 Abs. 8 EStG 1988), wurde für die juristischen Personen des Privatrechtes keine Verbesserung normiert. Die Endbesteuerung bzw. der Sondersatz kommen nicht zur Anwendung. Nach wie vor unterliegen daher Auslandsdividenden dem vollen KÖSt-Satz von 34%.

In den InvFR wird die Rechtslage betreffend Erträge aus Investmentfonds im Betriebsvermögen einer juristischen Person wie folgt dargestellt:

Punkt 2.2.2.4.3 zur Rechtslage bis 31. August 2003: Inländische Dividenden sind gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 steuerfrei, ausländische Dividenden sind steuerpflichtig (Rz 202 und 203).

Punkt 2.2.2.4.4 zur Rechtslage vom 1. September 2003 bis 31. März 2004: Inländische Dividenden sind nicht steuerpflichtig gemäß § 10 Abs. 1 KStG, ausländische Dividenden sind steuerpflichtig, sofern nicht eine internationale Schachtel vorliegt.

Dieselbe Rechtslage ergibt sich ab dem 1. April 2004.

Bis zum 31. August 2003 wurde die Anwendbarkeit des internationalen Schachtelprivilegs gemäß § 10 Abs. 2 und 3 auf Dividenden aus ausländischen Aktien, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft mittelbar über einen inländischen Investmentfonds bezog, grundsätzlich verneint. Selbst bei Anwendung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 idF nach dem BGBl. I 2003/71 (ab der Veranlagung 2004) mit Anwendung des Schachtelprivilegs, bleiben noch immer wesentliche Unterschiede in der steuerlichen Behandlung im Vergleich mit durchgeleiteten inländischen Dividenden aufrecht, die mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages nicht vereinbar sind: Nach dem BGBl. I 71/2003 liegt eine internationale Schachtelbeteiligung nunmehr vor, wenn unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Steuerpflichtige nachweislich zu mindestens 10% während eines ununterbrochenen Zeitraumes von einem Jahr beteiligt sind. Vorgesehen ist weiters bei internationalen Schachtelbeteiligungen auch die Möglichkeit der Verweigerung der Steuerfreiheit zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen in § 10 Abs. 4 KStG 1988.

Selbst die im Vergleich zur vorangehenden Rechtslage (25% Beteiligung, Zeitraum 2 Jahre) nunmehr günstigeren Voraussetzungen für die internationale Schachtelbeteiligung, können von Einzelinvestoren im Investmentfondsbereich aufgrund der für Fonds geltenden Anlagebestimmungen praktisch nicht erfüllt werden (siehe auch Adametz, Investmentfonds, der Praktikerleitfaden, Pkt. 2.2.5, Seite 63; ebenso Marschner, SWK 2004, 405 ff., Punkt V Kapitalgesellschaft).

Die bisherige Nichtanwendung der Bestimmung und die Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 idF des BBG 2003 benachteiligt somit Beteiligungen österreichischer Gesellschafter an inländischen Fonds, die an ausländischen Gesellschaften beteiligt sind, gegenüber solchen Gesellschaftern, deren Fonds an inländischen Gesellschaften beteiligt sind. Der steuerliche Nachteil trifft allerdings jene Anteilsinhaber nicht, die über inländische Investmentfonds ausschließlich Beteiligungserträge erzielen, die von österreichischen Gesellschaften stammen. Die engeren Voraussetzungen für die Befreiung nach § 10 Abs. 2 KStG 1988 machen die Ausübung der Grundfreiheit durch den Erwerb inländischer Fondsanteile mit Auslandsbeteiligungen weniger attraktiv, was zur Folge hat, dass potentielle Anteilsinhaber von deren Erwerb zugunsten solcher mit reinen Inlandsbeteiligungen abgehalten werden könnten (Aigner, ecolex 2003, 485, "Internationale Schachtelbeteiligungen"). Dies führt zu einer Verletzung der Niederlassungsfreiheit (so auch Aigner, ausführlich begründet in SWK, 2004, S 1008, mit Anführung zahlreicher EuGH-Judikate).

(4) Rechtfertigung einer Verletzung der Niederlassungsfreiheit:

Mutter-Tochter-Richtlinie (RL 90/435/EWG ):

Die Mutter-Tochter-Richtlinie (RL 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame System der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten, ABl. 1990 L 225/6) bezweckt die Beseitigung der Doppelbesteuerung, die bei grenzüberschreitenden Gewinnausschüttungen einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft entsteht. Im allgemeinen sind nämlich die Steuervorschriften für die Beziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten ungünstiger, als diejenigen, die für die Beziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften ein und desselben Mitgliedsstaats gelten. Die Richtlinie soll den Zusammenschluss von Gesellschaften auf Gemeinschaftsebene erleichtern (Urteil vom 4. Oktober 2001, Rs C-294/99 , "Athinaiki Zytopoiia", Slg 2001, I-6797, Rn. 25). Österreich hat die Vorgaben der Mutter-Tochter-Richtlinie in § 10 KStG umgesetzt.

Der Sitzstaat der Muttergesellschaft kann alternativ die Dividendenausschüttungen von der inländischen Besteuerung freistellen oder er rechnet die ausländischen Steuern an. In Art. 7 ist festgehalten, dass die Richtlinie nicht die Anwendung einzelstaatlicher oder vertraglicher Bestimmungen berührt, die die Beseitigung oder Minderung der Doppelbesteuerung der Dividenden bezwecken.

Mit der Richtlinie 2003/123/EG des Rates vom 22. Dezember 2003 wurde die Richtlinie 90/435/EWG geändert: Nach Art. 3 sollte als Muttergesellschaft jene Gesellschaft gelten, die einen Anteil von mindestens 20% (ab 1. Januar 2007 mindestens 15% und ab 1. Januar 2009 mindestens 10%) aufweist. Eine Anpassung der Anforderungen für das Internationale Schachtelprivileg erfolgte mit dem BBG 2003 (ab der Veranlagung 2004).

Dass die Mutter-Tochter-Richtlinie keinen Rechtfertigungsgrund für die Schlechterstellung von Auslandsinvestitionen bietet, wird von der Lehre schon seit längerem konstatiert:

Die steuerliche Behandlung von Auslandsdividenden muss die Erfordernisse der Richtlinie erfüllen und auch den Grundfreiheiten entsprechen, die die Gleichbehandlung mit inländischen Dividenden verlangen. Entscheidet sich ein Mitgliedsstaat Inlandsdividenden steuerfrei zu stellen, so muss er diese Begünstigungen diskriminierungsfrei auch Auslandsdividenden aus dem Gemeinschaftsgebiet gewähren. Die Regelungen der Mutter-Tochter-Richtlinie können die in § 10 KStG angelegte Schlechterstellung der Auslandsbeteiligungen nicht rechtfertigen (SWI 2000, 218). Die Richtlinie sieht zwar eine Mindestbeteiligung und eine Mindestbehaltefrist vor, diese Vorgaben sind aber kein Grund für eine Diskriminierung von Auslandsbeteiligungen gegenüber Inlandsbeteiligungen.

Im Urteil "Bosal Holding BV" ist der EuGH mit einer vergleichbaren Frage befasst gewesen und hat klargestellt, dass ein nicht gerechtfertigter Verstoß gegen die Grundfreiheiten vorliegt (Aigner, SWK 2004, S 1008). Die Frage, ob die Richtlinie einen Mitgliedsstaat ermächtigt, bestimmte steuerliche Maßnahmen zu setzen, ist im Lichte des Art. 52 EG (nunmehr Art. 43 EG) zu prüfen. So widerspricht eine Beschränkung des Abzuges von Kosten einer Beteiligung an einer Auslandstochter dem Ziel der Richtlinie, wie es in der dritten Begründungserwägung niedergelegt ist, nämlich der Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems zur Beseitigung von Benachteiligungen aus der Anwendung verschiedener Steuerbestimmungen in den Mitgliedsstaaten. Würde die Richtlinie tatsächlich diskriminierende Regelungen enthalten, wäre zu fragen, ob die Richtlinie nicht ihrerseits dann gegen die Niederlassungsfreiheit als höherrangiges Rechtsgut (nach dem "Stufenbau" des Gemeinschaftsrechtes) verstößt.

Auch die Mutter-Tochter-Richtlinie bietet somit keinen Ansatzpunkt für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von inländischen und ausländischen Dividenden, da sie gegen höherrangige Grundfreiheiten nicht verstoßen darf.

Kohärenz und Gesamtsteuerbelastung

Auch die steuerliche Gesamtbelastung ist als Rechtfertigungsgrund für eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit nicht geeignet: Die Beteiligungsertragsbefreiung wurde eingeführt, um in mehrstöckigen Inlandskonzernen eine Mehrfachbelastung zu vermeiden.

Regelfall

§ 10 Abs. 1

§ 10 Abs. 2

GmbH

Inl. GmbH

Ausl. GmbH

34% KÖSt

34% KÖSt

keine Steuerpflicht

   
   

Nat.Person

Inl. GmbH

Inl. GmbH

25% EB oder

steuerfrei

34% KÖSt (wenn keine int. Schachtel)

Halbsatz

  
   
   
 

Nat. Person

Nat. Person

 

25% EB oder

25% EB oder

 

Halbsatz

Halbsatz

Die Steuerpflicht von Ausschüttungen ausländischer Tochtergesellschaften bei der empfangenden österreichischen Gesellschaft ersetzt allenfalls die fehlende Vorbelastung mit inländischer Körperschaftsteuer.

Es muss aber bezweifelt werden, dass § 10 KStG überhaupt ein kohärentes Besteuerungssystem im Auge hat, da nicht nur Beteiligungserträge befreit sind, die einer innerstaatlichen Vorbelastung unterliegen, sondern auch bestimmte Auslandsdividenden freigestellt werden. Auf die Besteuerung ausländischer Dividenden verzichtet Österreich auch aufgrund verschiedener DBA (siehe dazu zB. Lechner, DBA-rechtliche Schachtelprivilegien im innerstaatlichen Recht; Bertl-Mandl, Rechnungswesen und Controlling, Egger-FS 1997 usw.). Selbst wenn man die Geschlossenheit (Kohärenz) des Steuerrechtssystems bejahen würde, könnte man bei der Ermittlung der Gesamtbelastung nicht isoliert auf die inländischen Verhältnisse abstellen. Bezieht man nämlich auch die ausländische Körperschaftsteuer mit ein, ergäbe sich regelmäßig eine ungünstigere steuerliche Behandlung der Beteiligung im Ausland gegenüber Inlandsbeteiligungen (Konezny/Züger, "Ist die internationale Schachtelbeteiligung europatauglich"?, SWI 2000, 218). Auch Staringer (ÖStZ 2000/119) führt dazu an, dass eine für die Kohärenz notwendige Gleichstellung von Inlands- und Auslandsdividenden nur in jenen seltenen Ausnahmefällen eintreten würde, in denen im Ausland keine oder nur eine niedrige Körperschaftsteuer erhoben wird. In allen anderen Fällen ergäbe sich eine höhere Steuerbelastung als bei vergleichbaren Inlandsdividenden, sodass das mit der steuerlichen Differenzierung angestrebte Ziel gar nicht ereicht wird und die Regelung aus diesem Grund europarechtswidrig erscheint.

Da Rechtfertigungsgründe - wie dargelegt - nicht vorliegen, kommt auch eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit in Betracht.

7. Zusammenfassung:

Inlands- und Auslandsdividenden aus inländischen Investmentfonds werden unterschiedlich besteuert, was zu einer Diskriminierung der Erträge ausländischer Gesellschaften führt. Rechtfertigungsgründe liegen weder bezüglich einer Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit noch hinsichtlich der Verletzung der Niederlassungsfreiheit vor.

Die Kommission erkennt eine Diskriminierung in derartigen Vorschriften, wenn sie ausführt, dass Maßnahmen, die auf Investitionen innerhalb der EU beschränkend wirken, als mit den Artikeln 73b und 52 EG-Vertrag über den freien Kapitalverkehr und das Niederlassungsrecht unvereinbar sind, sofern sie nicht unter eine der im Vertrag genannten Ausnahmen fallen (Mitteilung der Kommission, Amtsblatt Nr. C 220 vom 19.7.1997).

Aus der Summe der zur steuerlichen Behandlung von Dividenden ergangenen und vorangehend erläuterten EuGH-Judikate kann insgesamt entnommen werden, dass die Schlechterstellung der Dividenden ausländischer Gesellschaften EU-rechtswidrig ist. Inbesondere die Argumente aus dem Urteil und dem Schlussantrag "Manninen" sind für den vorliegenden Fall von wesentlicher Bedeutung. Als mögliche Systeme der Vermeidung der Doppelbesteuerung wird die Freistellung der Dividende (wie sie dem österreichischen § 10 Abs. 1 KStG 1988 entspricht) und die Anrechnung der Körperschaftsteuer genannt (Schlussantrag "Manninen", Rn. 58 ff.). Die finnische Anrechnung führte im wesentlichen dazu, dass die Einkommensteuer in der Praxis auf Null reduziert wurde (was einer Freistellung gleichkommt). Die vom EuGH als EU-rechtswidrig eingestufte Maßnahme Finnlands ist von der steuerlichen Gestaltung her mit der Beteiligungsertragsbefreiung Österreichs vergleichbar. Zudem bestand im Fall "Manninen" eine im Vergleich zum gegenständlichen Fall viel engere wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Körperschaftsteuer und Einkommensteuer, weil die Anrechnung auch von der Bezahlung der Körperschaftsteuer abhängig war. Trotz dieser viel engeren Verknüpfung ist es der verfahrensbeteiligten Regierung nicht gelungen, einen Rechtfertigungsgrund für die Beschränkung vorzuweisen, die den EuGH überzeugt hätte.

Zum selben Ergebnis (nämlich zu einer EU-Rechtswidrigkeit) kommt im Bereich des § 10 Abs. 1 und Abs. 2 KStG 1988 auch die Lehre:

Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 10 Abs. 1 und Abs. 2 KStG 1988, ist bezüglich der Besteuerung von Auslandsdividenden von einer Beschränkung des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs auszugehen (Staringer/Tumpel, ÖStZ 1999, 229, Pkt. 4 und 5). Die restriktiven Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 KStG 1988 sind einerseits geeignet, Körperschaften mit Sitz im Inland davon abzuhalten, ihr Kapital in Gesellschaften mit Sitz im Ausland zu investieren und andererseits stellen sie für nicht in Österreich ansässige Gesellschaften ein Hindernis dar, in Österreich Kapital zu sammeln (Heinrich, ÖStZ 2002/970). So auch Toifl in SWI 2002, 458: "Sollte der EuGH zugunsten von Frau Lenz entscheiden, wird der österreichische Gesetzgeber auch die Differenzierung zwischen § 10 Abs. 1 und 2 KStG 1988 nicht mehr aufrechterhalten können. Nichts anderes gilt auch für die ungleiche Behandlung anderer Kapitalerträge, ... die ... an den Sitz der Kapitalanlagegesellschaft (Investmentfonds) anknüpfen.

Im Falle einer Beteiligung an Gesellschaften mit Sitz im Gemeinschaftsgebiet müsste daher für Veranlagungsjahre vor der Geltung des BBG 2003 die Regelung des § 10 Abs. 1 KStG 1988 auf Dividenden aus ausländischen Gesellschaften analog angewandt werden (Blasina, SWI 2003, 14; ebenso Beiser, GesRZ 2003, 187; zuletzt Postl, ecolex 2004, 968). Auch die Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 ab 2004 scheint nicht gemeinschaftsrechtskonform zu sein, sodass auch für diese Zeiträume eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 KStG 1988 erforderlich sein wird.

Der Unabhängige Finanzsenat geht somit aufgrund der vorliegenden EuGH-Judikatur und den bereits von der Lehre mehrfach vorgebrachten begründeten Bedenken davon aus, dass ausländische Dividenden aus inländischen Investmentfonds gegenüber den steuerbefreiten inländischen Dividenden in gemeinschaftsrechtswidriger Weise diskriminiert und in konsequenter Übertragung der für inländische Dividenden geltenden Regelungen steuerfrei zu stellen sind.

8. Dividenden aus Drittstaaten:

(a) Die ausländischen Dividenden betreffen überwiegend Beteiligungen aus dem EU-Raum, teilweise stammen sie aber auch aus Unternehmen, die in Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft ihren Sitz haben (Amerika, Schweiz).

Im ausgewiesenen Gesamtbetrag der Dividenden sind die Drittstaatsdividenden mit folgenden Beträgen enthalten:

Für 2002 gesamt 41.494,31 € (KESt mit 3.548,14 €).

Wie bereits festgestellt wurde, kann die Bw. beim gegenständlichen Sachverhalt die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit geltend machen. Diese Grundfreiheit erfasst aber auch das Verhältnis zu Drittstaaten (Beiser, GesRZ 2003, 187; Konezny/Züger, SWI 2000, 218, Pkt. IV.). Die Frage der Steuerfreiheit ist demzufolge für alle Arten von Aktien die in Investmentfonds gehalten werden zu untersuchen und kann damit uU. sowohl Dividenden aus Gesellschaften in EU-Staaten, als auch Dividenden aus Gesellschaften in Drittstaaten erfassen.

(b) Nach der Darstellung der Lehre ist der VwGH bei seinen Vorlagefragen zur Rechtssache Lenz ohne nähere Problematisierung davon ausgegangen, dass die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EG - abgesehen von den Limitierungen in Art. 57, 58, 59 und 60 EG - uneingeschränkt auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbar ist. Es sei allerdings in der Rechtsprechung des EuGH noch ungeklärt, in welchem Umfang die Freiheit des Kapitalverkehrs tatsächlich auch auf Drittstaaten Anwendung finde. Weder sei die rechtspolitische Rechtfertigung eines solch ausgedehnten Anwendungsbereiches ersichtlich, noch sei geklärt, ob und inwieweit sich der Rechtfertigungsspielraum der Mitgliedsstaaten erweitere. Zu bedenken sei, dass die inhaltsgleiche Ausdehnung der Kapitalverkehrsfreiheit auf Drittstaaten ein breites Einfallstor öffnen würde, das nicht nur den klassischen Kapitalverkehr, sondern auch die Errichtung von Tochtergesellschaften und Betriebsstätten umfassen würde. Eine zu weite Auslegung der Kapitalverkehrsfreiheit würde den Drittstaaten die Teilnahme am Binnenmarkt in Bereichen und in einem Ausmaß ermöglichen, für das es keine Rechtfertigung gibt, weil diese Staaten ihrerseits den EU-Mitgliedsländern reziproke Vorteile nicht einräumen würden (Kofler, ÖStZ 2004, 757).

(c) Nach Art. 56 EG sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern verboten. Bezüglich der Auslegung der Begriffe "Kapital" und Kapitalverkehr (die im Vertrag von Amsterdam nicht definiert sind) ist auf die Begriffverwendung in der Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361 abzustellen (EG-Vertrag, Kommentar Lenz, Art. 56, Rz 5). In Punkt 4 des Anhanges dieser Richtlinie sind "Geschäfte mit Anteilscheinen von Organismen für gemeinsame Anlagen" erfasst. "Diese "Geschäfte mit Anteilscheinen" betreffen Investmentfondsanteile. Unter "Kapitalverkehr" versteht man alle Transaktionen, die zu Geldforderungen- und Verpflichtungen führen. Es besteht für den Unabhängigen Finanzsenat daher kein Zweifel, dass die Grundfreiheit des Kapitalverkehrs auch für Investmentfondanteile aus Drittstaaten gilt.

Eine Gleichstellung im Verhältnis mit Drittstaaten ist dann herbeizuführen, wenn die Situationen vergleichbar sind (vgl. Generalanwältin Kokott im Schlussantrag vom 18. März 2004 zu C-319/02 ). Dies ist - ebenso wie im Fall der Dividenden aus Mitgliedsstaaten - anzunehmen. Denn ebenso wie Inländern, die Dividenden aus EU-Staaten beziehen, droht auch Steuerpflichtigen die Drittstaatsdividenden beziehen eine Doppelbesteuerung, unabhängig davon, ob das ausschüttende Unternehmen seinen Sitz im Inland oder in einem Drittstaat hat, da in beiden Fällen Körperschaftsteuer (vom Unternehmen) und weitere Ertragsteuern bei der Ausschüttung anfallen.

(d) Zu prüfen ist in der Folge, ob zulässige Beschränkungen für den gegenständlich strittigen Bereich im EG-Vertrag normiert sind:

(1) Artikel 57 Abs. 1 EG-Vertrag sieht spezielle Beschränkungen für den Kapitalverkehr mit Drittstaaten vor (SWI 2000, 218). Insbesondere können die Mitgliedsstaaten nach Artikel 57 Abs. 1 EG-Vertrag im Verhältnis zu Drittstaaten Beschränkungen des Kapitalverkehrs aufrechterhalten (sog. "Beschränkungsvorbehalt"; dazu auch Staringer, ÖStZ 2000, 119; Pülzl, ÖStZ 2002, 359).

Die in Artikel 57 EG angesprochenen Regelungsbereiche betreffen lediglich "Direktinvestitionen" (Anlagen in Immobilien), die "Niederlassung", die "Erbringung von Finanzdienstleistungen" und die "Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten" und zwar soweit, als die Normierungen am 31. Dezember 1993 bestanden haben (Stillstandsklausel). Eine rückwirkende Einräumung der Beschränkungsmöglichkeiten ist nicht möglich. Neue Beschränkungen dürfen ab 1. Januar 1994 nur noch auf Gemeinschaftsebene eingeführt werden.

Diese Regelungsbereiche sind teilweise in der Richtlinie 88/361/EWG (Nomenklatur, Anhang I) definiert. "Direktinvestitionen" umfassen die Gründung, Übernahme oder Beteiligung an Unternehmen, langfristige Darlehen oder Reinvestitionen von Erträgen mit dem Ziel der Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftbeziehungen. Es muss die Möglichkeit bestehen, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaften oder deren Kontrolle zu beteiligen; reine Portfolioinvestitionen (Finanzinvestitionen wie die Vergabe von Darlehen, Gewährung von Genusskapital oder stille Einlagen) sind hier nicht erfasst. Regelungen über die "Zulassung von Wertpapieren" sind solche über die Emission und Unterbringung von Wertpapieren auf einem Kapitalmarkt (zB. Börseneinführung). "Wertpapiere" sind Aktien, andere Wertpapiere mit Beteiligungscharakter und Schuldverschreibungen. Der Begriff "Niederlassung" knüpft an den Niederlassungsbegriff an.

"Geschäfte mit Anteilscheinen von Organismen für gemeinsame Anlagen" sind in Art. 57 EG nicht erfasst. In den anderen Regelungsbereichen finden Investmentfondsanteile keine Deckung. Dass diese vom Regelungsbereich "Direktinvestitionen" nicht erfasst werden, ergibt sich schon aus der für diese Bereiche unterschiedlichen Regelung in Punkt 1 (Direktinvestitionen) und Punkt 4 (Investmentfonds) des Anhanges der Richtlinie 88/361 . Die "Zulassung von Wertpapieren auf Kapitalmärkten" ist als eigener Regelungsbereich von Investmentfondsanteilen ebenfalls nicht betroffen. Aus Art. 57 EG ergibt sich damit mangels eines entsprechenden Regelungsbereiches (vgl. auch Urteil des EuGH vom 14. Dezember 1995, Rs C-163/94 , C-165/94 und C-250/94 , "Sanz de Lera") keine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit im Hinblick auf die Beteiligung an Investmentfonds (s. auch Beiser, GesRZ 2003, 187: Ertragsteuerliche Benachteiligungen auf Gesellschafterebene fallen nicht unter die vom Beschränkungsverbot erfassten Bereiche).

(2) Art. 58 EG könnte ebenfalls Einschränkungen vorsehen, es wurde aber bereits in den vorangehenden Abschnitten dargelegt, aus welchen Gründen Art. 58 EG im vorliegenden Fall die Diskriminierung nicht verhindern kann. Da die Voraussetzungen der Anwendung des Art. 58 EG für Mitgliedsstaaten und Drittstaaten ident sind, erscheinen weitere Ausführungen dazu nicht angebracht.

(3) Art. 59 EG behandelt kurzfristige Schutzmaßnahmen und kommt für den gegenständlichen Fall nicht in Betracht.

(4) Das zu Art. 59 EG Gesagte gilt auch für Art. 60 EG.

Auch Dividenden aus Drittstaaten sind nach diesen Feststellungen zu Unrecht diskriminiert, weil in Frage kommende (die Kapitalverkehrsfreiheit beschränkende) Bestimmungen hier nicht greifen.

(e) Zuletzt ist noch auf die vorgebrachten Bedenken bezüglich einer zu großen Ausweitung von Begünstigungen einzugehen. Wie Kofler (in ÖStZ 2004, 757) ausführt, ist der Umfang der Kapitalverkehrsfreiheit in Bezug auf Drittstaaten noch nicht restlos geklärt, eine entsprechende Judikatur des EuGH besteht bisher nicht.

Aigner/Kofler führen in den Tax Notes International 2004, 477 ff., an, das BMF habe die Auswirkungen der "Lenz-Entscheidung" ohne weitere Bedenken auch auf Drittstaaten ausgedehnt. Wie die Art. 56 und 58 EG auf Drittstaatssituationen aber tatsächlichen wirkten, sei nicht völlig klar (wenn die Notwendigkeit der Gleichbehandlung auch garantiert sei) und es gebe gute Gründe, den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum einzuräumen, um restriktive Maßnahmen gegenüber Drittstaaten zu rechtfertigen. Die Autoren führen dabei insbesondere die Effektivität der Steueraufsicht, den Schutz der Besteuerungsgrundlagen und die Bekämpfung der Wettbewerbsverzerrung an.

Unstrittig ist, dass in den Art. 56 bis 60 EG ein Diskriminierungsverbot inklusive Einschränkungen für Drittstaaten normiert wurde. Schon die Tatsache dass der Investmentfondbereich (anders als in der Richtlinie 88/361/EWG ) in den genannten Ausnahmeartikeln nicht (ausdrücklich) vorkommt, spricht dafür dass den Mitgliedsstaaten in diesem Bereich kein Recht eingeräumt werden sollte, die Grundfreiheit zu beschränken, weil keine Gefahr einer "überschiessenden" Anwendung droht. Hinzu kommt, dass die Regelung der Befreiung einer Dividende von der Besteuerung schon vom Grunde her in Bedeutung und Auswirkung (die im übrigen für den besteuernden Staat in Bezug auf Dividenden aus Mitgliedsstaaten und Drittstaaten grundsätzlich dieselbe ist) derart eingeschränkt erscheint, dass ein "Öffnen weiterer Einfallstore" (aus anderen Bereichen) offenkundig nicht droht. Das einzige in diesem Zusammenhang einzuräumende Manko einer Ausweitung auf Drittstaaten besteht darin, dass der auf EU-Mitgliedsstaaten gleichermaßen ausgeübte rechtliche Druck, diese langfristig zwingt, Begünstigungen anderer Mitgliedsstaaten in den eigenen Bereich zu übernehmen und so auf absehbare Zeit eine "natürliche Reziprozität" entsteht, die im Verhältnis zu Drittstaaten wegfällt. Hier ist es aber an den Mitgliedsstaaten gelegen, Regelungen einzuführen, um entweder einen Gleichstand (oder einen Ausgleich) mit Drittstaaten zu bewirken oder die im vorigen Abschnitt besprochenen vorbeugenden Maßnahmen in Gang zu setzen, die eine Ausweitung auf Drittstaaten in bestimmten Bereichen verhindern. Derartige Maßnahmen gibt es aber bisher nicht.

Der Unabhängige Finanzsenat vertritt daher die Rechtsansicht, dass bei vernünftiger Überlegung der gegenständlich strittige Bereich zu jenen Mindestbereichen zu zählen ist, die von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst werden müssten, da die gleichzeitige Befreiung der Mitgliedsstaats- und Drittstaatsdividenden Investoren ermutigt, auch in den häufig anzutreffenden "gemischten Fonds" zu investieren, was grundsätzlich den Fonds in den Mitgliedsstaaten nützt und zu einer weiteren Stabilisierung des Europäischen Kapitalmarktes beitragen kann. Das BMF hat zudem aus den Judikaten betreffend Auslandsdividenden bei natürlichen Personen den Schluss gezogen, dass die günstigere Besteuerung auch für Drittstaatsdividenden gilt, wobei der Unabhängige Finanzsenat diese Rechtsansicht nach Würdigung der Art. 56 bis 60 EG teilt. Werden aber natürlichen Personen aufgrund europarechtlicher Bestimmungen Begünstigungen eingeräumt, so ist dies auch für Kapitalgesellschaften (im vergleichbaren Ausmaß) geboten.

(f) Die Kapitalverkehrsfreiheit erzwingt damit ebenso die ertragsteuerliche Gleichbehandlung von Auslandsausschüttungen aus Drittstaaten mit Inlandsausschüttungen.

Die Beteiligungsertragsbefreiung nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 ist sinngemäß auch auf Ausschüttungen aus Drittstaaten anzuwenden.

Der Berufung war auch in diesem Punkt stattzugeben.

9. Ein Vorabentscheidungsverfahren ist einzuleiten, wenn berechtigte Zweifel bestehen, ob innerstaatliche Vorschriften gegen EU-Recht verstoßen. Der Unabhängige Finanzsenat geht jedoch aufgrund der vorangehenden Ausführungen von einer offenkundig EU-rechtswidrigen Diskriminierung der ausländischen Dividenden aus.

Der Berufung war daher ohne Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens vollinhaltlich stattzugeben.

10. Berechnung des Jahresergebnisses:

Die von der Firma vorgelegten Aufstellungen bezüglich der Ermittlung der steuerfrei zu stellenden Dividenden, wurden der Betriebsprüfung zur Verfügung gestellt und nicht beeinsprucht.

Die Kürzung der bisherigen Einkünfte von -8.329.216,18 € um 181.329,63 € ergibt einen neuen Verlust von - 8.510.545,81 €.

Die Kürzung der anrechenbaren Steuer um 24.111,37 € ergibt einen neuen Gutschriftsbetrag von 16.835,85 €.

Der Berufung war aus den bezeichneten Gründen stattzugeben.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Linz, am 13. Jänner 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 10 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 10 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Art. 56 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 340 vom 10.11.1997 S. 1
Art. 43 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 340 vom 10.11.1997 S. 1

Schlagworte:

Investmendfonds, Auslandsdividenden, Mitgliedsstaaten, Drittstaaten, Grundfreiheiten, Kapitalverkehrsfreiheit, Niederlassungsfreiheit

Stichworte