UFS RV/0181-F/03

UFSRV/0181-F/0312.9.2003

Prüfung der Verfassungswidrigkeit einer Norm (§ 124b Z 1 EStG 1988)

 

Entscheidungstext

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber ist pensionierter Grenzgänger. Seine Pensionsansprüche aus der betrieblichen Pensionskasse (2. Säule im Konzept der Schweizer Altersvorsorge) wurden im Streitjahr bar abgefunden. Die Pensionsabfindung wurde gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 besteuert, das heißt (nur) zu einem Drittel steuerfrei belassen.

Gegen die "angewandte Besteuerung im Sinne der Rechtslage" wurde Berufung eingebracht "mit der Absicht, die letztinstanzliche Entscheidung durch den Verwaltungs- bzw Verfassungsgerichtshof herbeizuführen, da die nunmehrige Besteuerung erheblich von der bis 2000 geltenden Regelung abweicht und erheblich zu Lasten der Steuersubjekte geht, welche die Altersexistenzsicherung finanziell ungebührlich einengt."

Der Berufungsführer stellte im Berufungsschriftsatz vom 5.12.2002 einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Gemäß § 323 Abs. 12 BAO gilt dieser Antrag als auf Grund des § 284 Abs. 1 Z. 1 idF des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes gestellt. Auf Grund des Antrages hat der UFS für den 12.9.2003 eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der sowohl der Berufungswerber als auch die Amtspartei geladen worden sind. Da beide Parteien - wie fernmündlich bzw. elektronisch angekündigt - nicht zur Verhandlung erschienen sind, unterblieb eine mündliche Verhandlung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist allein, ob die Regelung des § 124b Z 53 EStG 1988 verfassungskonform ist bzw ob die durch die genannte Bestimmung bewirkte steuerliche Schlechterstellung im Vergleich zur bis zur Veranlagung für das Jahr 2000 geltenden Regelung den verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensgrundsatz verletzt.

Da die angewandte Bestimmung klar und eindeutig ist, auch der Berufungswerber erachtet die angewandte Besteuerung "im Sinne der derzeitigen Rechtslage", ist das Schicksal der Berufung bereits entscheiden. Denn wie das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung zutreffend ausgeführt hat, fällt die verfassungsrechtliche Normenkontrolle allein in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes (Art. 89 und 140 B-VG).

Der Vollständigkeit halber wird, was die behauptete Verletzung des Vertrauensschutzes durch die Streichung des den Hälfte-Steuersatz vorsehenden § 67 Abs. 8 lit. b EStG idF BGBl I 106/1999 anlangt, auf die bei Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 6 zu § 67 Abs 8 dargestellte Entwicklung der Rechtlage verwiesen. Daraus erhellt: Bei der erschließbar behaupteten "überfallsartigen Streichung" handelt es sich um eine rigide Einschränkung der Hälfte-Steuersatz-Anwendung, die mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I 2000/142, ausgegeben am 29. 12. 2000, ab dem 1.1.2001 - allerdings abgefedert durch eine Übergangsbestimmung betreffend die Steuerfreiheit für ein Viertel der Abfindung - wirksam wurde. Von der "Streichung" der Begünstigungsbestimmung bis zur Tatbestandsverwirklichung (Zufluss der Pensionsabfindung) vergingen freilich immerhin fast zwei Jahre, was für die Frage des Vertrauensschutzes relevant sein dürfte.

Die zunächst vorgesehene gesetzliche Übergangsregelung wurde zwischenzeitlich durch das vom Finanzamt im Berufungsfall zu Recht angewandte Bundesgesetz BGBl I 54/2002, mit dem ein Drittel der Pensionsabfindung steuerfrei gestellt wurde, geändert. Wie den Gesetzesmaterialien betreffend die Ergänzung von § 124b Z 53 EStG 1988 zu entnehmen ist, sollte durch die Novellierung ein vor allem Grenzgänger treffendes Problem gelöst werden. Es sollte verhindert werden, dass Pensionsabfindungen auf Grund ausländischer Regelungen, bei denen eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse nicht möglich ist, zur Gänze tarifmäßig zu besteuern sind. Die Prüfung der Frage, ob durch die skizzierte gesetzgeberische Lösung der Vertrauensschutz verletzt worden ist, fällt - wie bereits ausgeführt - allein in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes. Grundsätzlich dürfte es allerdings in der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit gelegen sein, (durch eine Übergangsbestimmung gemilderte) Maßnahmen zu setzen, damit der durch Rentenbezug garantierte langfristige Alters-Vorsorgeschutz nicht durch steuerliche Anreize für dessen Ablösung unterlaufen wird. Dies umso mehr, als es sich bei den Arbeitnehmerbeiträgen zum gesetzlich verpflichtenden betrieblichen Vorsorgeschutz um voll abzugsfähige Werbungskosten und bei den Arbeitgeberbeiträgen um nicht steuerbare Leistungen gemäß § 26 EStG 1988 handelt (vgl. Müller, SWI, 1998, 518 ).

Die Berufung war aus den angeführten Gründen als unbegründet abzuweisen.

Feldkirch, 12. September 2003

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

Art. 89 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 140 Abs. 7 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Verfassungswidrigkeit einer Norm, Pensionsabfindung

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