BFG RV/7103167/2013

BFGRV/7103167/201328.10.2021

Ausreichend begründeter Abgabenbescheid entwickelt Vorhaltscharakter für das Folgejahr

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103167.2013

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung vom 9. Jänner 2013 gegen den Bescheid des FA Wien 4/5/10, nunmehr Finanzamt Österreich, vom 12. Dezember 2012, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Höhe der Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der Einkommensteuer EUR 4.262,00 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) ist als Versicherungsberater nichtselbständig tätig und erfüllte für das Streitjahr den Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs 1 Z 2 EStG 1988. Der angefochtene Bescheid, mit dem Werbungskosten und Sonderausgaben in Höhe der Pauschbeträge berücksichtigt wurden, erging aufgrund der übermittelten Lohnzettel, weil die zugesandte Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung trotz Erinnerung nicht bei der belangten Behörde eingegangen war.

Mit Schriftsatz vom 7. Jänner 2013 erhob der Bf gegen den Bescheid Berufung, legte diesem die Erklärung zur Arbeitnehmerinnenveranlagung 2011, die durchnummerierten Belege in Kopie, das Anlagenverzeichnis sowie Versicherungsbestätigungen für Sonderausgaben bei und begehrte, Werbungskosten iHv EUR 4.711,46 "lt. Beilage", Gewerkschaftsbeiträge iHv EUR 328,80, sonstige Werbungskosten (zB Betriebsratsumlage) iHv EUR 25,32 sowie erhöhte Sonderausgaben für Versicherungsprämien und -beiträge iHv EUR 2.920,00 durch Änderung des angefochtenen Bescheides zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen.

Mit Schriftsätzen vom 23. Jänner 2013 und vom 11. April 2013 richtete die belangte Behörde folgende Aufforderung an den Bf:

"Nachweis der Außendiensttätigkeit! (zB Fahrtenbuch…)

Wird Ihnen vom Dienstgeber ein Arbeitszimmer zur Verfügung gestellt? Für welchen Dienstgeber (***1*** oder ***2***) werden die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer geltend gemacht?

Es ist eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung Ihres Arbeitgebers nachzureichen.

Wo liegt der Mittelpunkt Ihrer Tätigkeit?"

Mit letztgenanntem Vorhalt wurde folgende Rechtsfolge angekündigt: "Wenn Sie diesem Schreiben nicht nachkommen, muss Ihre Berufung abgewiesen werden."

Mit Berufungsvorentscheidung vom 19. Juni 2013 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, weil der Bf "dem Schreiben vom 23.01.2013 und vom 11.04.2013 bis dato nicht nachgekommen [sei]."

Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2013 stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin führte er aus, dass er bemüht sei, die entsprechenden Unterlagen zu erhalten und sie in den nächsten Tagen nachreichen werde. Gerne komme er auch zur Behörde, um die Angelegenheit persönlich zu besprechen. Er ersuche um Annahme des Antrages sowie um Bekanntgabe eines Besprechungstermins falls gewünscht.

Mit Vorlagebericht vom 21. November 2013 legte die belangte Behörde die Berufung dem damals zuständigen unabhängigen Finanzsenat vor und hob darin hervor, dass die abverlangten Unterlagen dem Vorlageantrag wieder nicht beigelegt worden seien.

Bis zum heutigen Tag wurden entgegen der im Vorlageantrag getätigten Ankündigung keine Unterlagen nachgereicht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Formalia

Berufung und Vorlageantrag sind form- und fristgerecht.

Gemäß § 323 Abs 38 BAO ist die vorliegende Berufung vom Bundesfinanzgericht als Bescheidbeschwerde zu erledigen. Das Ersuchen "um Bekanntgabe eines Besprechungstermins falls gewünscht" ist unverbindlich und nicht als Antrag auf Verhandlung anzusehen. Die Erledigung fällt in die Zuständigkeit des Einzelrichters ohne Verhandlung.

Rechtsgrundlagen:

§ 16 Abs 1 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988) lautet auszugsweise:

Absatz 1: "Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:"

Absatz 1 Ziffer 3 lit a): "Pflichtbeiträge zu gesetzlichen Interessenvertretungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage sowie Betriebsratsumlagen."

Absatz 1 Ziffer 3 lit b): "Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen. Die Beiträge sind nur unter folgenden Voraussetzungen abzugsfähig:

[…]

Absatz 1 Ziffer 7: "Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8 anzuwenden."

[…]

Absatz 3: "Für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ist ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen. … Ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag sind abzusetzen:

[…]

§ 18 Abs 1 Z 2 EStG 1988 lautet:

"Beiträge und Versicherungsprämien ausgenommen solche im Bereich des BMSVG und solche im Bereich der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g) zu einer

Versicherungsprämien sind nur dann abzugsfähig, wenn das Versicherungsunternehmen Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat oder ihm die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt wurde.

Beiträge zu Versicherungsverträgen auf den Erlebensfall (Kapitalversicherungen) sind nur abzugsfähig, wenn der Versicherungsvertrag vor dem 1. Juni 1996 abgeschlossen worden ist, für den Fall des Ablebens des Versicherten mindestens die für den Erlebensfall vereinbarte Versicherungssumme zur Auszahlung kommt und überdies zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des Anfallens der Versicherungssumme im Erlebensfall ein Zeitraum von mindestens zwanzig Jahren liegt. Hat der Versicherte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das 41. Lebensjahr vollendet, dann verkürzt sich dieser Zeitraum auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres, er darf jedoch nicht weniger als zehn Jahre betragen.

Beiträge zu Rentenversicherungsverträgen sind nur abzugsfähig, wenn eine mindestens auf die Lebensdauer zahlbare Rente vereinbart ist.

Besteht der Beitrag (die Versicherungsprämie) in einer einmaligen Leistung, so kann der Erbringer dieser Leistung auf Antrag ein Zehntel des als Einmalprämie geleisteten Betrages durch zehn aufeinanderfolgende Jahre als Sonderausgaben in Anspruch nehmen.

Werden als Sonderausgaben abgesetzte Versicherungsprämien ohne Nachversteuerung (Abs. 4 Z 1) vorausgezahlt, rückgekauft oder sonst rückvergütet, dann vermindern die rückvergüteten Beträge beginnend ab dem Kalenderjahr der Rückvergütung die aus diesem Vertrag als Sonderausgaben absetzbaren Versicherungsprämien."

Absatz 3: "In Ergänzung des Abs. 1 wird bestimmt:

[…]

Ziffer 2: "Für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 … besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von 2 920 Euro jährlich. …"

[…]

Sind diese Ausgaben insgesamt

Beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 36 400 Euro, vermindert sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 60 000 Euro ein absetzbarer Betrag in Höhe des Pauschbetrages nach Abs. 2 ergibt."

Gemäß § 20 Abs 1 EStG 1988 "dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:

[…]

[…]

Gemäß dem ersten Satz des § 115 Abs 1 BAO (Bundesabgabenordnung) haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Nach § 115 Abs 3 BAO haben die Abgabenbehörden Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

§ 119 BAO regelt die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht des Abgabepflichtigen und lautet:

"(1) Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben."

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Bf war als Versicherungsberater nichtselbstständig tätig und übte wie bereits seit vielen Jahren das ganze Jahr zwei Dienstverhältnisse aus. Ein Arbeitgeber war das ***1***, der andere die ***2***. Für seine Dienstfahrten verwendete der Bf verschiede arbeitgebereigene Fahrzeuge. Der Bf machte weder Fahrtkosten noch Reisekosten geltend.

Nach erklärter Werbungskostengattung machte der Bf folgende Ausgaben geltend, wobei so weit wie möglich der erklärten Zuordnung gefolgt wurde (Beträge in Euro):

Telefon und Internet

1.382,64

Bewirtungsspesen

869,30

Büromaterial

406,86

Provision ***6***

300,00

Kurzparken, Handyparken

217,20

Arbeitsmittel

149,05

Taxi, Fahrscheine

144,20

EDV-Zubehör

110,01

Büroaufwand

136,97

Blumen

12,79

 

3.729,02

Bf

3.729,01

Arbeitszimmer

716,72

Bf

716,71

Abschreibungen

265,74

Entspricht KZ 719 laut Bf

4.711,46

Betriebsratsumlage

25,32

Werbungskosten auf Pauschbetrag

4.736,80

Gewerkschaft neben Pauschbetrag

328,80

Die Kosten für Telefon und Internetwurden mit einer Ausnahme zu 70% als beruflich veranlasst erklärt. Die Ausnahme betrifft die Beleg-Nr 101, dessen Rechnungsbetrag nur zu 50% geltend gemacht wurde. Mit BelegNr 46 wurde die Anschaffung eines Mobiltelefons iHv EUR 123,76 erfasst.

Als Bewirtungsspesen wurden jene Positionen zusammengefasst, die der Bf bezeichnet hat als "Kaffee mit Kunden", "Essen mit Kunden", "Getränk mit Kunden" und "Wein für Kundenbewirtung". Im letztgenannten Fall handelt es sich um Einkäufe direkt bei Winzern. Die Bewirtungsspesen hat der Bf nur zu 50% geltend gemacht.

Bewirtungsspesen

lfd Nr

Anteil 50%

betr Betrag

1

Neujahr

7,00

5

 

15,90

8

 

10,00

11

 

6,00

13

 

22,25

14

 

10,50

15

 

32,60

16

 

7,95

22

Nähe Wohnadr 23:18 Uhr

47,50

24

So Nähe Wohnadresee

49,45

28

03.04.2010 (Vorjahr)

17,65

31

Ostermontag, PLZ ***3***

52,95

35

 

17,75

44

 

9,00

49

 

45,70

50

 

28,75

53

 

17,50

57

 

11,25

60

Winzer, ***4***

156,50

61

***5***, nur 1 Gedeck, zwei Personen fraglich

10,75

63

Samstag

12,05

65

Sonntag

33,40

66

Winzer, Wachau

33,60

67

 

19,60

74

 

12,25

79

Sonntag, zwei Personen fraglich

4,60

80

 

9,25

81

Samstag, zwei Personen fraglich

4,00

83

Samstagabend, Nähe Wohnort

9,60

84

Sonntag, vier Frühstücksbuffet

25,00

85

 

16,60

87

 

10,70

88

 

11,90

92

 

39,00

94

Samstagnachmittag

10,45

96

 

14,75

97

Montag, Geburtstag Bf

25,60

Summe EUR

869,30

Die Werbungskosten für Büromaterial wurden einheitlich im Ausmaß von 70% geltend gemacht. Darunter wurden ein Scanner, ein Barttrimmer (BelegNr 75) und zwei Topfpflanzen à EUR 9,50 (BelegNr 36) erfasst.

Büromaterial

lfd Nr

Anteil 70%

betr Betrag

6

 

4,20

9

Scanner

147,00

18

 

48,97

19

 

8,39

21

 

26,58

32

 

15,74

34

 

2,66

36

2 Topfplanzen

13,30

51

 

6,99

55

 

44,07

62

 

5,59

64

 

33,27

68

 

9,03

75

Barttrimmer enthalten

41,07

Summe EUR

406,86

Der Empfänger ***6*** der Provision von EUR 300,00 ist der Sohn des Bf. Der Fremdbeleg wurde am 31.12.2011 ausgefertigt und betrifft das "Honorar für Versicherungstipps 2011". Der Beleg enthält keine Bemessungsgrundlage, keine Angabe der vermittelten Personen (Versicherungsgeschäfte), keine konkrete Leistungsbeschreibung bzw Leistungsumfang, keinen Prozentsatz zur Provisionsberechnung. Die Honorarnote verweist auch nicht auf einen schriftlichen Vertrag, der als zB als Rahmenvertrag Grundsatzbedingungen enthalten würde.

Der Bf hat keine seiner Ausgaben als Arbeitsmittel bezeichnet. Unter dem Betrag von EUR 149,05 wurden vom BFG die Anschaffungskosten für das Navigationsgerät, Zusatzteile zum Navigationsgerät und die Aktentasche zusammengefasst. Die Rechnung zum Navigationsgerät weist als abweichende Lieferanschrift die Sitzadresse der ***1*** auf. Der Beleg Nr 93 betrifft den Erwerb einer Lederaktentasche beim Hofer, wobei der geltend gemachte Betrag auch den Kaufpreis von Äpfeln iHv EUR 1,89 umfasst.

Arbeitsmittel

lfd Nr

Anteil

betr Betrag

43

70%

62,99

69

70%

47,18

93

100%

38,88

Summe EUR

149,05

Die anteilig mit 70% geltend gemachte AfA laut Anlageverzeichnis beträgt EUR 265,74 und betrifft zwei Wirtschaftsgüter. Das Notebook wurde am 28.12.2009 und im Streitjahr wurden mit Rechnung vom 15.07.2011 von der Fa DiTech ein PC-System, ein Garantiepaket, Maus- und Tastaturset im Paket (im Folgenden kurz EDV-Paket) angeschafft. Von der Anschaffungskosten iHv EUR 665,90 wurden 70% der Ganzjahres-AfA (EUR 116,53) geltend gemacht.

Darüber hinaus hat der Bf zwei Anschaffungsvorgänge als EDV-Zubehör bezeichnet, deren Summe EUR 110,01 ausmacht.

Unter dem Büroaufwand wurden auch Kosten für Nespressokapseln erfasst, die direkt beim Hersteller gekauft wurden. Auch auf diesen Rechnungen ist als von der Rechnungsanschrift abweichende Lieferanschrift die Adresse der ***1*** angegeben. Der Bf bringt mit seiner Widmung "Büroaufwand" die Kosten für Nespressokapseln am Arbeitsort nicht in Verbindung mit Kunden.

Bei dem Beleg Nr 95 handelt es sich um die anteiligen Kosten für die Anschaffung einer Zeitschrift am 25.12.2011 an einer Tankstelle in ***7***.

Büroaufwand

lfd Nr

Anteil

betr Betrag

56

50% Nespresso

45,95

70

50% Nespresso

33,70

82

50% Nespresso

35,50

86

100%

4,30

95

70%

4,55

98

100%

4,99

99

100%

7,98

Summe EUR

136,97

Die Kosten für Blumen iHv EUR 12,79 wurden zur Gänze geltend gemacht. Weitere Belege bezüglich Blumenkäufe sind zwar aus der Belegsammlung ersichtlich, wurden aber nicht mit einer Belegnummer versehen und auch nicht in die Excel-Tabelle übernommen.

Der Bf hatte in der Vergangenheit Wohnsitze in ***8***, ***9*** und ***7***.

Beweismittel und Beweiswürdigung

Obige Sachverhaltsfeststellung ergab sich schlüssig aufgrund der vorliegenden Aktenlage. Darüber hinaus wurde in den elektronischen Steuerakt des Bf betreffend die Vorjahre und die Folgejahre sowie ins Zentralmelderegister Einsicht genommen.

Die Feststellung, dass der Bf verschiede arbeitgebereigene Fahrzeuge verwendet, beruht auf den vorgelegten Auszügen zu Handyparken, in denen verschiedene Kfz-Kennzeichen aufscheinen. Die Annahme, dass es sich bei ***6*** um den Sohn des Bf handelt, beruht darauf, dass die auf ***6*** entfallenden Prämien für Gruppenkranken- und Unfallversicherung bei der Ermittlung der Sonderausgaben ausgeschieden wurden. Da Kinder zum steuerlich begünstigten Personenkreis zählen, worüber die Bf aufgrund seines Berufes genaue Kenntnis besitzt, ist diese Annahme nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die nächstliegende.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden Werbungskosten von EUR 132,00 und Sonderausgaben von EUR 60,00 berücksichtigt. Mit der Berufung wurde erkennbar die Änderung des angefochtenen Bescheides in den Punkten Werbungskosten (EUR 4.711,76, darin enthalten die auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen von EUR 716,71 und AfA EUR 265,74 für zwei Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens), Gewerkschaftsbeitrag (EUR 328,80) und Betriebsratsumlage (EUR 25,32) sowie Sonderausgaben (EUR 2.920,00) und damit die Festsetzung einer entsprechend verrringerten Einkommensteuer begehrt. Dem Rechtsmittel waren die Abgabenerklärung L1 -WAI-2011, eine Aufstellung der Werbungskosten in Form einer ecxel-Tabelle, ein Anlageverzeichnis, sich auf Erlässen berufende Bestätigungen von Versicherungsunternehmen sowie die komplette und durchnummerierte Belegsammlung 2011 in Kopie angeschlossen. Aus der Werbungskostenaufstellung über EUR 3.729,01 und dem Anlageverzeichnis geht hervor, dass der Bf Bewirtungsspesen mit 50%, Büromaterial, Telefon- und Internetkosten für Festnetz und Mobiltelefon, AfA für Notebook und ein EDV-Paket mit 70% der tatsächlichen Aufwendungen bzw Anschaffungskosten geltend machte. Den Kosten für das Arbeitszimmer liegt die behauptete Nutzung eines 8 m2 großen Zimmers zu Grunde, was 7% der Gesamtnutzfläche der Wohnung entspricht.

Mit den Vorhalten vom 23.01.2013 und vom 11.04.2013, auf die die belangte Behörde die Berufungsvorentscheidung stützte, wurden - wie der Verfahrenshergang zeigt - ausschließlich Fragen zum Arbeitszimmer gestellt.

Gemäß § 93 Abs 3 lit a BAO hat der Bescheid ferner eine Begründung zu enthalten, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird. Bereits aus dem Grund, dass die belangte Behörde die Berufung zur Gänze als unbegründet abgewiesen hat und somit die Abweisung der übrigen Werbungskosten, der AfA, des Gewerkschaftsbeitrages, der Betriebsratsumlage und der Sonderausgaben nicht begründet hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Darin ändert auch der Umstand nichts, dass im zweiten Vorhalt vom 11.04.2013 die Rechtsfolge der Abweisung der Berufung als Ganzes bei Nichtbeantwortung des Vorhaltes in Aussicht gestellt wurde. Mit der Berufungsvorentscheidung wurde der angefochtene Bescheid bestätigt und Werbungskosten sowie Sonderausgaben unverändert mit den gesetzlichen Pauschbeträgen erfasst. Der angefochtene Bescheid idF der Berufungsvorentscheidung weist folglich nur zum Streitpunkt "Arbeitszimmer" eine Begründung auf, sodass dem BFG nur zum Arbeitszimmer der Rechtsstandpunkt der belangten Behörde bekannt ist.

Bereits zu den Vorjahren (2007 bis 2010) wurden Bewirtungsspesen, Geldstrafen und Geschenke bzw Aufwendungen für Blumen, Staatsoper, Aufwendungen für Tageszeitungen mit entsprechend begründeten Bescheiden ausgeschieden. Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die Höhe des Privatanteils für den Laptop, Telefon- und Internetkosten sowie des Büromaterials mit 30%, die Sonderausgaben für Versicherungsprämien und der Gewerkschaftsbeitrag waren in den Jahren 2007 bis 2010 nicht Gegenstand von Ermittlungsverfahren.

Die belangte Behörde berücksichtigte im Bescheid Einkommensteuer 2008 anrechenbare Werbungskosten von EUR 3.240,74 bei Kürzungen von EUR 2.447,92 und Sonderausgaben von EUR 447,86, im Bescheid Einkommensteuer 2009 Werbungskosten von EUR 4.393,36 sowie zusätzlich Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag von EUR 321,00 bei Kürzungen von EUR 2.196,75 und Sonderausgaben von EUR 592,39 und im Bescheid Einkommensteuer 2010 anrechenbare Werbungskosten von EUR 4.114,07 sowie zusätzlich Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag von EUR 322,56 und Sonderausgaben von EUR 557,66, wobei der Kürzungsbetrag aus der Bescheidbegründung nicht ersichtlich ist. Im Zusammenhang mit den Bewirtungsspesen als dem steuerlich abzugsfähigen Teil der Repräsentationsaufwendungen wurde in den Bescheidbegründungen - teils durch Verweise auf Entscheidungen in den Vorjahren - auch ausgeführt, dass diese einen "eindeutigen Werbezweck aufweisen [müssen und] die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegen [müsse, wobei] ein sehr strenger Maßstab anzulegen [sei]".

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt einer Berufungsvorentscheidung Vorhaltscharakter zu (zB VwGH 31.05.2011, 2008/15/0288, VwGH 23.05.1996, 94/15/0024). Der Vorhaltscharakter wirkt nicht nur im Rechtsmittelverfahren des betreffenden Jahres, sondern auch im Abgaben- und Rechtsmittelverfahren des Folgejahres. Berufungsvorentscheidungen sind in den Jahren 2007 bis 2010 nicht ergangen, doch hat die belangte Behörde die Abgabenbescheide begründet. Damit ist dem Bf - wie aus einer Berufungsvorentscheidung - die Rechtsansicht und der Behördenwille bekannt. Für ausreichend begründete Abgabenbescheide kann nach Ansicht des BFG nichts anderes gelten wie für Berufungsvorentscheidungen (nunmehr Beschwerdevorentscheidungen), weshalb die vom Verwaltungsgerichtshof zu Berufungsvorentscheidungen vertretene Rechtsansicht, dass diesen Vorhaltscharakter zukomme, auf ausreichend begründete Abgabenbescheide übertragbar ist. Die nach Durchführung von Ermittlungsverfahren ergangenen und die Kürzungen begründenden Bescheide, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2010, haben wie Berufungsbescheide Vorhaltscharakter in gegenständlichem Rechtsmittelverfahren.

Auch angesichts der zu den Vorjahren ergangenen Einkommensteuerbescheide und der für Versicherungsvertreter, einer dem Versicherungsberater verwandten Berufsgruppe, gemäß § 17 Abs 6 EStG 1988 iVm der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen vom 31. Oktober 2001, BGBl II Nr 382/2001 (im Folgenden kurz Verordnung), vorgesehenen Möglichkeit der Pauschalierung der Werbungskosten iHv 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens EUR 2.190 EUR jährlich, erscheint es zweifelhaft, dass die Kürzung der geltend gemachten Werbungskosten auf den gesetzlichen Pauschbetrag den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen nahe kommt.

Der Bf wurde in der Vergangenheit von der belangten Behörde niemals aufgefordert, die als erhöhte Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben und Aufwendungen für Zwecke der Veranlagung systematisch zu gliedern. Fraglich ist, ob eine solche Verpflichtung zur systematischen Gliederung der Werbungskosten iZm der Veranlagung von nichtselbstständigen Einkünften besteht. Weder der die Werbungskosten regelnde § 16 EStG 1988 noch eine andere Norm des Einkommensteuergesetzes (insbes § 42 EStG 1988) sehen eine solche Verpflichtung ausdrücklich vor. Somit könnte eine Gesetzeslücke vorliegen.

Die in § 124ff Bundesabgabenordnung geregelten Pflichten iZm der ordnungsgemäßen Führung von Büchern und Aufzeichnungen sind mit der aufgeworfenen Frage nicht angesprochen und folglich nicht analog anwendbar, weil es gegenständlich ausschließlich um eine Gliederung von Werbungskosten iZm der Abgabenerklärung, also um eine Erklärungspflicht, und nicht um eine Pflicht iZm der Führung von Büchern und Aufzeichnungen geht. Für die im konkreten Fall etwa 130 angefallenen Belegen wäre eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht überzogen und ist iRd der nichtselbständigen Einkünfte auch nicht erforderlich. Es kommt jedoch vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage nicht nur auf die Höhe der Werbungskosten an, sondern auch auf die Zusammensetzung derselben an, wodurch die Werbungskosten erst aussagekräftig werden. Diese Aussagekraft ist ein Teil der Erklärungspflicht, der dann Genüge getan wird, wenn ein Sachverhalt vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt ist. Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeutet, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 199 Tz 3 mwN). Die Kenntnis der Höhe von Werbungskosten einer bestimmten Gattung versetzt die Abgabenbehörde in die Lage, rasch und effizient die einzelnen Werbungskostenpositionen in Relation zum Bruttolohn zu setzen und klar zu erkennen, ob die Höhe bestimmter Werbungskosten nach den für die Berufsgruppe gewonnenen Erfahrungswerten der Abgabenbehörde als üblich oder unüblich anzusehen sind. Die Gliederung der Werbungskosten nach Sachgruppen dient daher auch dem Grundsatz der Verwaltungsökonomie. Nicht nur die allgemeine Erklärungspflicht, auch das Einkommensteuergesetz selbst spricht für eine Verpflichtung zur gruppenweisen Gliederung der Werbungskosten iZm der Erklärung analog der in den Paragrafen §§ 16 und 20 EStG 1988 gesetzlich vorgegebenen Gliederung. Gestärkt wird diese Rechtsansicht dadurch, dass Werbungskosten je nach Gattung unterschiedlich zu behandeln sind (zB Hälfteabzugsfähigkeit von Bewirtungsspesen, Berufsreisen, Limitierungen bei verschiedenen Arten von Fahrten).

Sind amtliche Vordrucke für Abgabenerklärungen aufgelegt, so sind nach § 133 Abs 2 BAO die Abgabenerklärungen unter Verwendung dieser Vordrucke abzugeben. Laut Sachverhalt hat der Bf seiner Erklärungspflicht mit Berufungserhebung verspätet entsprochen und dabei das amtliche Formular L1-WAI-2011 verwendet sowie den Betrag von EUR 4.711,46 in der KZ 719 (Arbeitsmittel, bei Anschaffungen über 400 Euro nur AfA) eingetragen. Das amtliche Erklärungsformular sah keine Kennzahlen für Bewirtungsspesen oder für Aufwendungen iZm mit einem häuslichen Arbeitszimmer vor und ist für Sachverhalte wie im konkreten Fall nur sehr eingeschränkt geeignet. Von den vorgesehenen Kennzahlen waren für den Bf nur die KZ 719, KZ 720 (Fachliteratur) und die KZ 724 (sonstige Werbungskosten) einschlägig. Das Abgabenerklärungsformular L1 genügt daher bei der Aufgliederung der Werbungskosten nicht den gesetzlichen Anforderungen und erschwert die Erklärung durch den Abgabepflichtigen, die Überprüfung durch die Abgabenbehörde und die Durchführung eines eventuell anschließenden Rechtsmittelverfahrens. Eine Beilage zur weiteren Aufgliederung von Werbungskosten existiert nicht.

Selbst wenn der Bf die Abgabenerklärung ordnungsgemäß ausgefüllt hätte, hätte er bei der KZ 724 den - aus seiner Sicht zustehenden - Betrag von rund EUR 3.450,00 eintragen müssen. Jedenfalls dieser Eintrag hätte bei der belangten Behörde auf Zweifel iSd § 138 Abs 1 BAO stoßen müssen und die Verpflichtung zu entsprechenden Ermittlungshandlungen, einschließlich der Aufforderung der gruppenweisen Gliederung bestimmter Werbungskosten, ausgelöst. Vorhalte der Abgabenbehörde bezwecken, die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen anzustoßen. Diese Verpflichtung bestand im konkreten Fall auch nach Übermittlung der Liste mit den chronologisch aufgelisteten Werbungskosten, selbst wenn deren Nichtbefolgung weder die Abweisung des Rechtsmittels zur Folge haben noch zur Schätzung berechtigen kann, denn in aller Regel wird die Abgabenbehörde - wenn auch mit Zeitaufwand - in einer Arbeitnehmerveranlagung die Bemessungsgrundlagen berechnen können. Solange die Abgabenbehörde in der Lage ist, die Steuerbemessungsgrundlage zu ermitteln, scheidet eine Schätzungsberechtigung aus. Kommt der Abgabepflichtige der Aufforderung nach, wirkt sich das positiv auf das Abgabenverfahren aus und ist geeignet, für ein eventuell nachfolgendes Rechtsmittelverfahren die Streitpunkte dem Grunde und der Höhe nach zu konkretisieren, wodurch Verfahren beschleunigt werden könnten.

Aus der den Abgabepflichtigen treffenden Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, zu deren Erreichung ua Abgabenerklärungen dienen, iVm der vom Gesetz vorgegebenen systematischen Gliederung der §§ 16, 20 EStG 1988 und zur Erreichung einer am Grundsatz der Verwaltungsökonomie orientierten Abgabenverwaltung besteht für Abgabenbehörden auch in Fällen der Arbeitnehmerveranlagung über die im amtlichen Erklärungsformular L1 vorgesehenen Gliederung der Werbungskosten hinaus die Befugnis, Abgabepflichtige zur weiterreichenden Gliederung der Werbungskosten aufzufordern, wenn verschiedene Werbungskostengattungen in entsprechendem Umfang vorliegen, die - wie zB Bewirtungsspesen, Reisekosten, Arbeitszimmer - zwar im Gesetz gesondert genannt sind, aber im Erklärungsformular nicht angeführt sind. Die Befugnis der Abgabenbehörde besteht auch dann, wenn der Abgabepflichtige der Erklärung eine umfangreiche chronologische Auflistung der Werbungskosten beigelegt hat.

Mit dem Vorlagebericht vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass der Rechtsstreit um Werbungskosten und Sonderausgaben gehe. Das BFG sieht sich nicht gesetzlich verpflichtet, die Personenversicherungen oder den Gewerkschaftsbeitrag oder die Betriebsratsumlage oder Werbungskosten, die in der Vergangenheit von der belangten Behörde nicht geprüft wurden, erstmals zu überprüfen. So wie die belangte Behörde in der Vergangenheit hält auch das BFG diese Abschreibungen für glaubhaft. Die erstmals im Streitjahr geltend gemachten Provisionen im Kreis naher Angehöriger ist aufgrund der vorgelegten Honorarnote vom 31.12.2011 ohne weitere Ermittlungshandlungen entscheidungsreif.

Dieses Erkenntnis entwickelt Vorhaltscharakter für noch offene Veranlagungen und verpflichtet den Bf zur Beachtung.

Werbungskosten im Einzelnen:

Die Telefon- und Internetkosten, von denen der Bf einen Privatanteil von 30% ausgeschieden hat, waren in den Vorjahren 2007 bis 2010 nicht Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens. Die Höhe der im Jahr 2011 geltend gemachten Telefon- und Internetkosten liegt nach Ansicht des BFG für einen Versicherungsberater mit Einkünften in der vom Bf erzielten Höhe nicht außerhalb der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einem Angehörigen dieser Berufsgruppe üblicherweise dafür erwachsenden Kosten. Sie werden wie in den Vorjahren erklärungskonform berücksichtigt. Das Mobiltelefon gehört als geringwertiges Wirtschaftsgut zu den Arbeitsmitteln und wird dort erfasst. Weiters wird der offensichtliche Rechenfehler beseitigt.

Summe Bf in EUR

1.382,64

abzgl Nr 46

-123,76

zzgl

Nr 101

20,02

BFG EUR

1.278,90

Werbungskosten für Telefon- und Internet sind iHv EUR 1.278,90 abzugsfähig.

Die Bescheide, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2010, weisen zur den Bewirtungsspesen eine Begründung auf und haben folglich Vorhaltscharakter in gegenständlichem Rechtsmittelverfahren. Demnach ist dem Bf bekannt, dass Bewirtungsspesen nicht schlechthin mit 50% abzugsfähig sind, sondern nur unter der Voraussetzung, dass sie die gesetzlichen Voraussetzungen des Werbezwecks und der weitaus überwiegenden betrieblichen oder beruflichen Veranlassung erfüllen. Es wäre daher am Bf gelegen, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Berufungsweg nachzuweisen. Die Kosten für Bewirtung sind folglich zur Gänze nicht anzuerkennen. Ermittlungen zum Essen in der Nähe des Herkunftsortes des Bf, wo er nach menschlichem Erfahrungsgut mit seiner Familie am Ostermontag zu Mittag gegessen hat, und weitere fragliche Essen und Kaffees am Neujahrstag und an Tagen des Wochenendes erübrigen sich somit.

Der Abfluss der Kosten für die Weinkäufe bei Winzern iSd § 19 EStG 1988 wären übrigens erst im Zeitpunkt der mit einer Werbung verbundenen Bewirtung der Kunden (gesetzeskonforme Verwendung), und nicht bereits im Zeitpunkt der Bezahlung anlässlich des Wareneinkaufs gegeben.

Von den Kosten für Büromaterial hat der Bf einen Privatanteil von 30% ausgeschieden. Aus den Vorjahren ist kein Ermittlungsverfahren zum Büromaterial erkennbar. Topfpflanzen und Barttrimmer sind kein Büromaterial, selbst wenn sie am Arbeitsplatz oder im Arbeitszimmer aufgestellt werden bzw im Büro oder auf Dienstreisen verwendet werden. Als typische Gegenstände des Haushalts fallen die geltend gemachten Kosten für den Barttrimmer (70%=EUR 27,99 von EUR 39,99) und für die Topfpflanzen unter das Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988, alternativ § 20 Abs 1 Z 2a EStG 1988 oder erster Satz des § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988.

Die Höhe der im Übrigen geltend gemachten Kosten für Büromaterial liegt nach Ansicht des BFG für einen Versicherungsberater mit Einkünften in der vom Bf erzielten Höhe nicht außerhalb der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblicherweise dafür erwachsenden Kosten. Der Restbetrag von EUR 365,57 entfällt auf Gegenstände, die den Begriff des Arbeitsmittels erfüllen und dort erfasst werden.

Da es sich beim Empfänger des Vermittlungshonorars um den Sohn des Bf handelt, müssen für deren Abzugsfähigkeit die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Fremdvergleichsjudikatur erfüllt sein. Demnach können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl VwGH 04.09.2014, 2011/15/0135). Ein Fremdvergleich hat zur Voraussetzung, dass die erbrachten und honorierten Leistungen im Einzelnen konkret und detailliert erfasst und dargestellt werden. Die Leistungsbeschreibung muss in einem solchen Maße konkret sein, dass die Einschätzung des genauen Marktwerts der Leistung möglich ist und in der Folge die Feststellung getroffen werden kann, ob der Bf auch gegenüber einem fremden Dritten das Honorar pauschal und ohne konkrete Leistungsbeschreibung geleistet hätte. Einer besonders exakten Leistungsbeschreibung bedarf es insbesondere dann, wenn der Vertragsgegenstand in der Erbringung schwer fassbarer Leistungen (z.B. "Bemühungen", Beratungen, Kontaktvermittlung, Know-how-Überlassung) besteht (vgl. VwGH 28.1.2003, 99/14/0100; 15.9.2016, 2013/15/0274; 27.11.2020, Ra 2019/15/0162). Aus der Jahres-Honorarnote gehen weder die vermittelten Personen noch die vermittelten Versicherungsverträge bzw deren Wert als Bemessungsgrundlage für die Vermittlungsprovision hervor. Vielmehr wurde der Leistungsumfang (die gegebenen Tipps) nicht beschriebenen.

Es ist anzunehmen, dass der Bf das pauschale Honorar einem fremden Dritten nicht in der Form für eine nicht konkret bezeichnete Leistungen, deren Erbringung iSd der VwGH-Judikatur schwer fassbar ist, geleistet hätte. Da die von der Judikatur verlangten Voraussetzungen nicht erfüllt werden, ist das Honorar nicht anzuerkennen.

Die Höhe der im Jahr 2011 geltend gemachten Kosten für Kurzparken, Handyparken liegt nach Ansicht des BFG für einen Versicherungsberater mit Einkünften in der vom Bf erzielten Höhe nicht außerhalb der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblicherweise dafür erwachsenden Kosten. Sie werden wie in den Vorjahren erklärungskonform berücksichtigt.

Unter den Legalbegriff der Arbeitsmittel sind Wirtschaftsgüter zu verstehen, die im Bereich der betrieblichen Einkünfte unter den Begriff des Anlagevermögens fallen und deren Anschaffungskosten entweder im Wege der AfA verteilt auf die Nutzungsdauer oder sofort als geringwertige Wirtschaftsgüter als Werbungskosten erfasst werden. Dabei handelt es sich idR um körperliche Wirtschaftsgüter. Als typische Kosten des Haushalts fallen die geltend gemachten Kosten für Äpfel unter das Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 (Lebenshaltungskosten). Der Restbetrag von EUR 147,16 wird um oben errechneten Rechtsbetrag für Büromaterial EUR 365,57, um den Betrag für EDV-Zubehör EUR 110,01 sowie um die berichtigte AfA erhöht.

Laut Sachverhalt wurde das EDV-Paket mit Rechnung vom 15.07.2011 angeschafft. Da bereits der Anschaffungsvorgang nach dem 30. Juni 2011 erfolgte, ist eine mehr als 6-monatige Nutzung des EDV-Pakets auszuschließen, sodass gemäß § 16 Abs 1 Z 7 und 8 iVm § 7 Abs 2 EStG 1988 für das Streitjahr nur die halbe AfA abgezogen werden kann. Die AfA ist daher um EUR 58,26 zu kürzen und der Restbuchwert zu erhöhen.

Arbeitsmittel

lfd Nr

Anteil

betr Betrag

43

70%

62,99

69

70%

47,18

93

100%

38,88

Summe EUR

149,05

abzgl Äpfel

-1,89

zzgl Büromaterial

365,57

zzgl AfA lt Bf

265,74

abgl halbe AfA

-58,26

zzgl EDV-Zubehör

 

110,01

zzgl Handy

123,76

Summe BFG

953,98

Die AfA zu dem im Jahr 2009 angeschafften Notebook war nicht Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens seitens der belangten Behörde. Das BFG hegt keine Bedenken gegen die Abzugsfähigkeit der damit verbundenen AfA. Als Arbeitsmittel sind Werbungskosten iHv EUR 953,98 zu berücksichtigen.

Mit drei Rechnungen ab 20.07.2011 hat der Bf insgesamt 600 Kapseln Nespressokaffee gekauft, die an die Adresse seines Arbeitgebers geliefert wurden und die der Bf als "Büroaufwand" bezeichnete. Eine Verbindung zu Kunden hat der Bf zu den Nespressokapseln nicht hergestellt. Damit fällt der Aufwand für die Nespressokapseln unter die nicht abzugsfähigen Respräsentationsaufwendungen gemäß dem ersten Satz des § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988.

Die anteiligen Kosten für die an einer Tankstelle in ***7*** an einem Weihnachtsfeiertag gekaufte Zeitschrift werden gemäß § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 ausgeschieden. Zeitschriften sind keine Fachliteratur. Auf die Begründung des Bescheides betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 vom 11. April 2012 wird verwiesen.

Es ergeben sich folgende Korrekturen:

Summe lt Bf in EUR

136,97

abzgl Nespresso

50%

-45,95

abzgl Nespresso

50%

-33,70

abzgl Nespresso

50%

-35,50

abzgl Zeitschriften

70%

-4,55

BFG EUR

 

17,27

Als Büroaufwand sind EUR 17,27 abzugsfähig.

Dabei handelt es sich um 7% der Mietkosten sowie Kosten für Gas und Strom. Nach dem klaren Wortlaut des § 20 Abs 1 lit d EStG 1988 kommt es entscheidend darauf an, wo der Mittelpunkt einer Tätigkeit gelegen ist. In diesem Sinn hat die belangte Behörde mit den beiden Vorhalten entscheidungsrelevante Fragen gestellt. Das Abgabenverfahrensrecht sieht keine Verpflichtung vor, dass eine von der Abgabenbehörde gesetzte Ermittlungshandlung im weiteren Rechtsmittelverfahren zu wiederholen wäre. Da der Bf diese Fragen nicht beantwortet und die angeforderten Unterlagen - übrigens entgegen seiner Ankündigung - nicht übermittelt hat, sind die Kosten für das Arbeitszimmer nicht anzuerkennen.

Die Frage der belangten Behörde, für welches der beiden Dienstverhältnisse das häusliche Arbeitszimmer benötigt werde, wird durch die angegebene Lieferadresse für 600 Kaffeekapseln beantwortet. Jedenfalls für den Zeitraum August bis Dezember 2011 ist eine ausreichende körperliche Anwesenheit des Bf an diesem Arbeitsort anzunehmen. Es hat die größte Wahrscheinlichkeit für sich, dass das Arbeitszimmer mit dem Dienstverhältnis bei der ***2*** in Verbindung steht.

Darüber hinaus sind die Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer, so genanntes häusliches Arbeitszimmer, - zusätzlich zu den in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 normierten Voraussetzungen - nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien nur dann anzuerkennen, wenn ein Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist, der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt und auch entsprechend eingerichtet ist (VwGH 30.06.2015, 2013/15/0165; VwGH 31.05.2011, 2008/15/0126 Hervorhebung durch BFG). Selbst wenn es für den Bf notwendig wäre, von Zuhause aus zu arbeiten, hätte das nicht zwingend die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers im Wohnungsverband zur Folge, wenn nach dem Arbeitsumfang ein Arbeitsplatz ausreicht. Mangels Mitwirkung des Bf erübrigen sich zum Arbeitszimmer weitere Ermittlungen.

Die Kosten für den Blumenstrauß (Beleg-Nr 4) fallen unter das Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 2a EStG 1988, alternativ erster Satz des § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1988. Auf die Begründung des Bescheides betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 vom 11. April 2012 wird ergänzend verwiesen.

Dazu hat der Bf die Bestätigung seiner Arbeitgeberin (***2***) vorgelegt, dass sie die Betriebsratsumlage als Beitrag gemäß § 16 EStG im Jahr 2011 einbehalten hat. Damit ist der Abfluss der Betriebsratsumlage nachgewiesen. Das BFG hegt gegen die Echtheit und den Wahrheitsgehalt dieser Privaturkunde keine Zweifel, weshalb dieser Betrag anzuerkennen ist.

Dazu findet sich kein Beleg in den Unterlagen des Bf. Die belangte Behörde hat im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 an Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag EUR 322,56 berücksichtigt. Das BFG hegt angesichts des Vorjahresbescheides keine Bedenken gegen die Richtigkeit des vom Bf erklärten Betrages. Der Gewerkschaftsbeitrag ist erklärungskonform anzuerkennen.

Gegenstand

Bf

BFG

Telefon und Internet

1.382,64

1.278,90

Bewirtungsspesen

869,30

0,00

Büromaterial

406,86

0,00

Provision ***6***

300,00

0,00

Kurzparken, Handyparken

217,20

217,20

Arbeitsmittel

149,05

953,98

Taxi, Fahrscheine

144,20

144,20

EDV-Zubehör

110,01

0,00

Büroaufwand

136,97

17,27

Blumen

12,79

0,00

 

3.729,02

2.611,55

Bf

3.729,01

 

Arbeitszimmer

716,72

0,00

Bf

716,71

 

Abschreibungen

265,74

0,00

KZ 719 laut Bf

4.711,46

 

Betriebsratsumlage

25,32

25,32

Werbungskosten auf Pauschbetrag

4.736,80

2.636,87

Gewerkschaft neben Pauschbetrag

328,80

328,80

Die Höhe der im Bescheid Einkommensteuer 2019 anerkannten Werbungskosten von EUR 2.918,19 sowie Gewerkschaftsbeiträgen laut Veranlagung von EUR 393,60 in Verbindung mit den oben dargestellten Einkommensteuerbescheiden für die Vorjahre 2008 bis 2010 zeigt, dass sich der Werbungskostenbetrag 2011 von EUR 2.636,87 in die Entscheidungspraxis der belangten Behörde einfügt, seit sie eine Prüfung der Werbungskosten durchführt, was seit der Einkommensteuerveranlagung 2007 der Fall sein dürfte.

Die belangte Behörde hat in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2007 bis 2010 erhöhte Sonderausgaben für Personenversicherung mit dem persönlichen Höchstbetrag erklärungskonform berücksichtigt, der sich nach Viertelung und Einschleifen wie oben ausgeführt bei der Einkommensteuerberechung ausgewirkt hat. Die Versicherungsprämien wurden durch auf BMF-Erlässe bezogene Bestätigungen der Versicherungsunternehmen nachgewiesen. Das BFG hegt gegen die Echtheit und den Wahrheitsgehalt dieser Privaturkunden keine Bedenken. Angesichts der Vorjahresentscheidungen stößt der geltend gemachte Betrag beim BFG auf keine Zweifel iSd § 138 Abs 1 BAO. Die Sonderausgaben sind in erklärter Höhe anzuerkennen, mithin beträgt das Sonderausgabenviertel EUR 730,00, das aufgrund der Höhe des Gesamtbetrages der Einkünfte auf den steuerlich wirksamen Betrag von EUR 488,40 einzuschleifen ist.

Die Bezeichnung "Entwurf" im Berechnungsbeiblatt ist technisch nicht entfernbar und hat keine rechtliche Wirksamkeit.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung hat keine Rechtsfrage im obigen Sinn aufgeworfen.

 

Wien, am 28. Oktober 2021

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 20 Abs. 1 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 115 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 133 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 27.11.2020, Ra 2019/15/0162
VwGH 31.05.2011, 2008/15/0126
VwGH 04.09.2014, 2011/15/0135
VwGH 23.05.1996, 94/15/0024
VwGH 31.05.2011, 2008/15/0288
VwGH 28.01.2003, 99/14/0100
VwGH 30.06.2015, 2013/15/0165
VwGH 15.09.2016, 2013/15/0274

Stichworte