BFG RV/7102415/2020

BFGRV/7102415/20203.8.2020

Familienheimfahrten eines kroatischen Bauarbeiters

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102415.2020

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0090. Zurückweisung mit Beschluss vom 17.2.2021.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Peter Zivić, Weihburggasse 20, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom 14. August 2019 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2018 wird mit -626 Euro (Guthaben) festgesetzt. Die Bemessungsgrundlagen sind der diesbezüglich ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom 31. März 2020 zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Streitjahr 2018 als Bauarbeiter Einkünfte in Österreich. In seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 machte der Bf. den Kinderfreibetrag, den Alleinverdienerabsetzbetrag sowie Werbungskosten für Familienheimfahrten in der Höhe von 3.672 Euro geltend.

Mit Bescheid vom 14. August 2019 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2018 in der Höhe von 22,00 Euro (Nachforderung) fest und führte begründend aus, dass der Kinderfreibetrag für das Kind mit dem Geburtsdatum XX.XX.XX nicht berücksichtigt werde, weil kein Kinderabsetzbetrag für mindestens 7 Monate zustehe. Auch der Alleinverdienerabsetzbetrag sei nicht berücksichtigt worden, da es keine Kinder gebe, für die der Bf. oder seine Ehepartnerin mindestens 7 Monate den Kinderabsetzbetrag erhalten habe.

Der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. September 2019 dahingehend stattgegeben, als der Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt wurde.

Mit Bescheid vom 31. März 2020 hob die Abgabenbehörde die Beschwerdevorentscheidung vom 26. September 2019 betreffend Einkommensteuer 2018 gemäß § 299 BAO auf. Gleichzeitig mit diesem Aufhebungsbescheid erließ die Abgabenbehörde im Sinne des § 299 Abs. 2 BAO eine neue Beschwerdevorentscheidung über die Einkommensteuer 2018, in welcher der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Kinderfreibetrag berücksichtigt wurden. Im Hinblick darauf, dass es keine Gründe gäbe, die eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich ersichtlich machten, und bei verheirateten Steuerpflichtigen davon ausgegangen werde, dass nach einer Frist von zwei Jahren die Verlegung des Familienwohnsitzes zumutbar sei, könnten die Familienheimfahrten nur bis Oktober 2017 Anerkennung finden und im Einkommensteuerbescheid 2018 nicht mehr berücksichtigt werden.

Mit Eingabe vom 5. Mai 2020 beantragte der Bf. die Entscheidung über seine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 durch das Bundesfinanzgericht und verwies auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts in einem ganz ähnlichen Sachverhalt eines kroatischen Gastarbeiters (BFG 6.4.2019, RV/7100984/2019). Der Bf. habe seinen Familienwohnsitz in Kroatien, während er an seinem Beschäftigungsort in Österreich seit vielen Jahren unentgeltlich in einem Zimmer im Firmenquartier seines Dienstgebers untergebracht sei, dessen Mitbenützung seinen Familienangehörigen nicht gestattet sei. Der Bf. legte eine Dienstgeberbestätigung für das Jahr 2014 und versicherte das Nachreichen einer ebensolchen für das Jahr 2018. Wie im genannten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts sei auch im Jahr 2018 der Zugang für kroatische Arbeitskräfte zum österreichischen Arbeitsmarkt beschränkt gewesen.

Dazu komme, dass beim Bf. im Jahr 2018 im Haushalt am Familienwohnsitz in Kroatien auch noch ein bis Mai 2018 minderjähriges und bis Juni 2019 in Kroatien in Schulausbildung befindliches Kind (Kind) gelebt habe, für welchen Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bestanden habe. Es sei daher für den Bf. im Jahr 2018 eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes aus Kroatien nach Österreich gegeben gewesen.

Mit Vorlagebericht vom 28. Mai 2020 legte das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Ergänzungsersuchen vom 4. Juni 2020 (an den steuerlichen Vertreter zugestellt am 10. Juni 2020) ersuchte das Bundesfinanzgericht um Vorlage des Einkommensnachweises (E9) der Gattin des Bf. für das Jahr 2018 sowie eines Auszuges aus dem kroatischen Melderegisters, aus dem hervorgeht, dass der Bf. gemeinsam mit seiner Ehegattin und einem minderjährigen und in Schulausbildung befindlichen Kind am Familienwohnsitz in Kroatien wohne; des Weiteren um Vorlage der angekündigten Dienstgeberbestätigung, wonach der Bf. im Streitjahr keine steuerfreien Kostenersätze für die Familienheimfahren nach Kroatien erhalten habe und ihm ein unentgeltliches Firmenquartier zur Verfügung gestellt worden sei, in welchem die Unterbringung von Familienangehörigen nicht gestattet sei. Darüber hinaus wurde der Bf. um Nachweis der Kosten betreffend die geltend gemachten Familienheimfahrten nach Kroatien ersucht, indem er einerseits eine genaue Aufstellung der Familienheimfahrten mit Angaben zu jeder Reise hinsichtlich Datum der Hin- und Rückreise und dem verwendeten Verkehrsmittel übermittle und andererseits entweder - bei Fahrten mit dem eigenen KfZ - das detailliert geführte Fahrtenbuch, Serviceheft, den Zulassungsschein, Tankbelege oder Mautrechnungen oder - bei Fahrten mit einem öffentlichen Verkehrsmittel - die Fahrscheine/Tickets vorlege.

Mit Eingabe vom 13. Juli 2020 übermittelte der Bf. eine Dienstgeberbestätigung für das Kalenderjahr 2018, aus welcher hervorgeht, dass er auch im Jahr 2018 in einem Zimmer im Firmenquartier seines Dienstgebers untergebracht gewesen sei, dessen Mitbenützung seinen Familienangehörigen nicht gestattet sei. Darüber hinaus wurde darin bestätigt, dass der Bf. in den Kalenderjahren 2018 und 2019 keine steuerfreien Kostenersätze für die Familienheimfahrten nach Kroatien erhalten habe. Des Weiteren übermittelte der Bf. einen Grundbuchsauszug zum Stichtag 1.10.2015 betreffend das in Kroatien im Eigentum des Bf. befindliche Haus und Hof und teilte mit, dass dessen Verkauf für den Bf. mit einem erheblichen wirtschaftlichen bzw. finanziellen Nachteil verbunden wäre.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. erzielt seit dem Jahr 1994 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Bauarbeiter. Seine Arbeitsstätte befindet sich in Österreich. Der Bf. war im Streitjahr 2018 unentgeltlich in einem Firmenquartier seines Arbeitgebers S*** AG in ****, untergebracht, dessen Mitbenützung seinen Familienangehörigen nicht gestattet ist.

Der Familienwohnsitz des Bf. befindet sich in Kroatien. Laut Grundbuchsauszug der Katastralgemeinde O*** zum Stichtag 1.10.2015 ist der Bf. Eigentümer einer lastenfreien Liegenschaft in ***.

Am Familienwohnsitz leben die Ehegattin des Bf. und sein im Streitjahr noch minderjähriger Sohn (geboren XX.XX.XX), für welchen der Bf. Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bezog.

Die Ehegattin des Bf. bezog im Streitjahr kein Einkommen. Dem Bf. wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt.

Die Angaben ergeben sich aus dem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung und der Information über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für das Jahr 2018.

Betreffend die geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten in der Höhe von 3.672 Euro wurden trotz ausdrücklicher Aufforderung weder eine Aufstellung der Familienheimfahrten übermittelt noch mitgeteilt, mit welchem Verkehrsmittel die Familienheimfahrten angetreten wurden. Darüber hinaus wurden keinerlei Nachweise für die angefallenen Kosten vorgelegt.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG zufolge dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Ebenfalls nicht abzugsfähig (Z 2 lit. a leg. cit.) sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e leg. cit. sind nicht abzugsfähig Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)Ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG angeführten Betrag übersteigen.

Aufwendungen für Familienheimfahrten sind unter denselben Voraussetzungen anzuerkennen oder nicht anzuerkennen wie jene der doppelten Haushaltsführung (vgl. Doralt, EStG13, § 16 Rz 220 "Familienheimfahrten" sowie Rz 200/14).

Von einer doppelten Haushaltführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss, und die Verlegung des (Familien-) Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG.

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG) einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet.

In der Regel ist es dem Steuerpflichtigen nach einer - nicht schematisch geregelten Zeit - zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahbereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (VwGH 22.4.1986, 84/14/0198). Dieser Zeitraum hängt insbesondere vom Familienstand ab und beträgt nach der Verwaltungspraxis bei einem verheirateten Steuerpflichtigen zwei Jahre. Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hat der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten wird (vgl. Jakom 2010, EStG, § 16, ABC der Werbungskosten, "doppelte Haushaltsführung").

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. VwGH 10.03.2016, 2013/15/0146). Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektivem Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (VwGH 15.11.2005, 2005/14/0039). Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines Ehepartners haben (VwGH 17.2.99, 95/14/0059; 22.2.00, 96/14/0018; 3.8.04, 2000/13/0083, 2001/13/0216).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (VwGH 26.11.96, 95/14/0124; 15.11.05, 2005/14/0039; 26.7.07, 2006/15/0047). Ob die Verlegung des Wohnsitzes früher zumutbar war, ist nicht maßgeblich (VwGH 21.6.2007, 2005/15/0079; VwGH 26.7.2007, 2006/15/0047).

Voraussetzung für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung ist etwa, dass der Ehegatte am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte im Sinne des § 2 Ab. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 aus einer aktiven Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 6.000,00 Euro jährlich (angelehnt an die Einkommensgrenze des Ehepartners beim Alleinverdienerabsetzbetrag) erzielt oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind (vgl. VwGH 24.04.1996, 96/15/0006).

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass der Familienwohnsitz des Bf. in Kroatien von seinem Beschäftigungsort in Wien so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht möglich bzw. nicht zugemutet werden kann. Der Bf. hat nicht behauptet, dass er am Ort des Familienwohnsitzes in Kroatien eine weitere Erwerbstätigkeit hatte oder dort seine Ehegattin in Bezug auf das Familieneinkommen wirtschaftlich bedeutende und steuerlich relevante Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 erzielte.

Vielmehr hat der Bf. vorgebracht, dass seine Ehegattin auch im Streitjahr 2018 keinerlei Einkünfte hatte. Demgemäß beanspruchte der Bf. auch den Alleinverdienerabsetzbetrag.

Damit liegt aber kein Grund mehr vor, welcher die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien als unzumutbar erscheinen lässt. Gleichzeitig entkräftet der Umstand, dass die Ehegattin des Bf. im Jahr 2018 nicht berufstätig war, das Argument, wonach im Streitjahr 2018 der Zugang für kroatische Arbeitskräfte zum österreichischen Arbeitsmarkt beschränkt gewesen sei.

Die Erziehung und Betreuung minderjähriger Kinder und die Bewahrung deren familiären Umfeldes können Gründe darstellen, die für die Beibehaltung des Hauptwohnsitzes sprechen (VwGH 24.6.2010, 2007/15/0297). Im Hinblick darauf, dass bei volljährigen, wenn auch unterstützungsbedürftigen Kindern von keiner Ortsgebundenheit des haushaltszugehörigen Elternteiles auszugehen ist (UFS 14.7.2006, RV/0890-W/06 und UFS 26.1.2007, RV/0937-L/04) und das am Familienwohnsitz lebende Kind des Bf. am XX.XX.2018 die Volljährigkeit erreichte, ist auch darin keine berufliche Veranlassung für die weitere Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes zu erblicken.

Dasselbe gilt für die bloß allgemein gehaltene Behauptung des Bf., wonach der Verkauf des Hauses in Kroatien wirtschaftliche und finanzielle Nachteile mit sich brächte. Abgesehen davon, dass diese Nachteile weder zahlenmäßig noch anhand entsprechender Unterlagen konkretisiert bzw. nachgewiesen wurden, sodass ein entsprechender Vermögensnachteil damit auch nicht als erwiesen anzusehen war, stellen sie keinen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung dar.

Die Begründung eines zweiten Wohnsitzes am Ort der Erwerbstätigkeit des Bf. in Wien ist somit nicht beruflich bedingt.

Angesichts des Umstandes, dass somit die Voraussetzungen für das Vorliegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung für das Jahr 2018 dem Grunde nach nicht gegeben waren und Familienheimfahren nur dann absetzbar sind, wenn eine steuerlich anerkannte doppelte Haushaltsführung vorliegt, waren auch die Voraussetzung für das Vorliegen von Familienheimfahrten bereits dem Grunde nach nicht erfüllt.

Darüber hinaus sind Kosten für Familienheimfahrten nur insoweit abzugsfähig, als dem Bf. ein Mehraufwand erwachsen ist. Ein solcher Mehraufwand ist generell nachzuweisen.

Im vorliegenden Fall macht der Bf. unter den zutreffenden Kennzahlen seiner Arbeitnehmerveranlagung lediglich einen Betrag von 3.672 Euro an Kosten für Familienheimfahrten geltend, ohne die Zusammensetzung dieser Aufwendungen in der Erklärung oder in einer Beilage nachvollziehbar aufzuschlüsseln.

Obwohl der Bf. vom Bundesfinanzgericht mittels Ergänzungsersuchen vom 17. Juli 2020 ausdrücklich dazu aufgefordert wurde, hat er keinerlei Nachweis dafür erbracht, in welcher Höhe ihm bzw. ob ihm überhaupt im Beschwerdezeitraum Aufwendungen in Folge von Familienheimfahrten erwachsen sind. Damit blieb aber auch die Frage nach dem Vorliegen von als Werbungskosten aus dem Titel der Familienheimfahrten anzusehenden Aufwendungen der Höhe nach unbeantwortet.

Es wäre jedoch am Bf. gelegen gewesen, durch Vorlage geeigneter Aufzeichnungen und/oder von Belegen die geltend gemachten Aufwendungen nachzuweisen.

Zur Nachweispflicht ist festzuhalten:

Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Nach Abs. 2 leg. cit. ist den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Es liegt somit im Rahmen der Mitwirkungspflicht jene Umstände darzulegen, aus denen die Höhe der geltend gemachten Werbungskosten für Aufwendungen für die unternommenen Familienheimfahrten hervorgeht und als erwiesen anzunehmen ist.

Der amtswegigen Ermittlungspflicht (beherrscht von der Offizialmaxime, gerichtet auf die Ermittlung der materiellen Wahrheit) steht als Korrelat die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht des Abgabepflichtigen gegenüber (siehe Stoll, BAO-Kommentar, 1271).

Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind vom Abgabepflichtigen die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabevorschriften vollständig und wahrheitsgemäß offen zu legen.

Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeutet, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (vgl. die Erkenntnisse des VwGH 20.9.1989, 88/13/0072, 25.1.1999, 90/16/0231). Durch die Nichtvorlage der entsprechenden Nachweise hat der Bf. diesen Anforderungen nicht entsprochen.

Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht - zB. bei Nichtbeantwortung eines Vorhaltes - verletzt, doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst (VwGH 3.11.1986, 84/15/0197; 27.9.1990, 89/16/0225, 5.11.1986, 85/13/0012). In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist bzw. eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (VwGH 22.10.1996, 92/14/0224; 30.9.1998, 94/13/0099; 30.5.2001, 99/13/0024; 27.11.2001, 97/14/0011).

Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (VwGH 25.10.1995, 94/15/0131, 94/15/0181).

§ 138 Abs. 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde.

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um Sachverhaltselemente, die ihre Wurzeln im Ausland haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dazu ausführt, besteht in solchen Fällen eine erhöhte Mitwirkungs-, Beweismittelbeschaffungs-und Beweisvorsorgepflicht (vgl. Ritz, Kommentar zur BAO, 4. Auflage, Rz 10 ff zu § 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Für den Abzug von Werbungskosten ist jedoch grundsätzlich der Nachweis, dass diese auch tatsächlich im Abgabenzeitraum geleistet wurden, Voraussetzung, nur in Ausnahmefällen genügt deren Glaubhaftmachung. Für die Anerkennung von Kosten aus Familienheimfahrten ist der Nachweis der entstandenen Kosten durch entsprechende Rechnungen unabdingbar.

Auf Grund der fehlenden Nachweise und Mitwirkung des Bf. im Abgabenverfahren wurden die Kosten vom Finanzamt somit nachvollziehbar in Zweifel gezogen. Fehlt ein Nachweis dem Grunde und der Höhe nach, ist die Abgabenbehörde davon enthoben, Beweise selbst aufzunehmen bzw. die Höhe der Aufwendungen zu schätzen.

Wie bereits vorstehend ausgeführt, wäre es aber Sache des Bf. gewesen, Beweismittel für die Aufhellung des - zudem auslandsbezogenen - Sachverhaltes beizubringen.

Abschließend ist im Hinblick auf das seitens des Bf. ins Treffen geführte Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6.4.2019, RV/7100984/2019, festzustellen, dass die Frage, ob einem Arbeitnehmer die Verlegung seines Wohnsitzes in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zuzumuten und in weiterer Folge Familienheimfahrten anzuerkennen sind, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Im vorliegenden Fall liegen zwei nicht miteinander vergleichbare Sachverhalte vor.

Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts¬hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision.

 

 

Wien, am 3. August 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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