Rückzahlung von Abzugssteuern auf Gestellungsvergütungen eines britischen Arbeitskräfteüberlassers
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106560.2019
Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0089. Mit Erk. v. 23.4.2021 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7101150/2021 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch WT Steuerberatung GmbH, Franz Kreutzberger-Straße 6, 5310 Mondsee, vom 28. Dezember 2018 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 18. Oktober 2018, zugestellt am 22.10.2018, Evidenznummer: ***1***, betreffend Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988
zu Recht erkannt:
Der Bescheidbeschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben und die zu Unrecht einbehaltene Quellensteuer im beantragten Betrag von € 42.006,96 ist zurückzuzahlen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) ist eine britische Kapitalgesellschaft, die auf internationale Arbeitskräftegestellung im Bereich der Luftfahrttechnik spezialisiert ist. Ein langfristiger Auftraggeber war ein österreichisches Unternehmen, dem Leiharbeitskräfte für die Herstellung von Leichtbauteilen in modernster Faserverbundtechnologie für idR mehrere Monate auf Grund eines Gestellungsvertrages überlassen wurden.
Die Bf. stellte durch ihren inländischen steuerlichen Vertreter mit Formblatt ZS-RE1, eingebracht am 27.07.2017, betreffend den Abrechungszeitraum Oktober 2015 bis Oktober 2016 den Antrag auf teilweise Rückerstattung von österreichischer Quellensteuer. Es handle sich um Abzugssteuern, die auf Grund der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung vom Gestellungsnehmer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 einbehalten und abgeführt worden seien. Die Bf. beantrage mit dem Anbringen vom 27.07.2017 eine teilweise Rückzahlung dieser Abzugssteuern in Höhe von € 42.006 für den unter Art. 7 des Doppelbesteuerungsabkommens Großbritannien/Österreich (DBA-GB) fallenden Teil der Gestellungsvergütung.
Insgesamt seien dem österreichischen Gestellungsnehmer für den o.a. Zeitraum für die von den Leiharbeitskräften geleisteten Arbeitsstunden (rund 19.400 Stunden ) € 659.636,34 und für die übernommenen Unterbringungskosten der Leasingarbeiter im Zusammenhang mit der Arbeitskräfteüberlassung € 117.511,13 in Rechnung gestellt worden. Von diesem Gesamtbetrag des Gestellungsentgeltes von € 777.147,47 habe der Gestellungsnehmer die 20%ige Abzugssteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 von € 155.542,11 einbehalten und an das österreichische Finanzamt abgeführt.
Von der Bf. werde argumentiert, dass Österreich an dem Bruttogestellungsentgelt nur insoweit ein finales Besteuerungsrecht zustehe, als es sich hierbei um die nichtselbständigen Einkünfte der gestellten Arbeitnehmer gemäß Art 14 DBA-GB handle. In dem Umfang als das Gestellungsentgelt aber Bestandteil des Unternehmensgewinns der Bf. sei, stehe nach Art. 7 DBA-GB Österreich keine finale Besteuerung zu und sei daher die bloß zur Sicherung eines allfälligen Abgabenanspruches gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 einbehaltene Quellensteuer antragsgemäß zu erstatten.
Das Finanzamt (FA) hat mit Bescheid vom 18.10.2018 den Rückzahlungsantrag abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass - wie die Bf. zutreffend feststellte - die Republik Österreich gemäß Art 14 DBA-Großbritannien das Besteuerungsrecht an den Bezügen, der im Inland auf Grund eines Gestellungsvertrages tätig gewordenen Leiharbeitskräfte, habe. Eine Rückzahlung der gesamten gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG geleisteten Abzugssteuer setzte deshalb den Nachweis der lohnsteuerlichen Erfassung dieser in Österreich steuerpflichtigen Arbeitslöhne der Leiharbeitskräfte voraus. Findet kein freiwilliger Lohnsteuerabzug (durch den ausländischen Gesteller, welcher der Arbeitgeber im Sinne des § 47 EStG ist) statt, könne nur der unter Art. 7 DBA-GB fallende Teil der Gestellungsvergütung - das sind insbesondere darin enthaltenen Lohnnebenkosten, Gemeinkosten und Gewinnaufschlag - aus der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 ausgeschieden werden (Erlass BMF, vom 12.06.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014).
Vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart (FA) wurde aufgrund der vorgelegten Unterlagen im Schätzungswege eine Lohnsteuer in Höhe von € 172.263 errechnet, die sich im Falle eines freiwilligen Lohnsteuerabzugs vom Arbeitslohn der Leiharbeiter für ihre Tätigkeit in Österreich ergeben hätte. Da diese geschätzte Lohnsteuer höher ist als die entrichtete Abzugssteuer, werde diese nicht erstattet und der Antrag abgewiesen.
Nach Verlängerung der Beschwerdefrist bis 2.2.2019 wurde mit Anbringen vom 28.12.2018 frist- und formgerecht Bescheidbeschwerde gegen den Abweisungsbescheid erhoben und die antragsgemäße teilweise Rückzahlung der Abzugssteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG begehrt. Zur Begründung der Beschwerde wurde ausgeführt:
"Die Beschwerdeführerin hat von Okt. 2015 bis Okt. 2016 im Rahmen eines Gestellungsvertrages Mitarbeiter an ein österreichisches Unternehmen überlassen. Es handelt sich hierbei um keine konzerninterne Überlassung. Für die Überlassung wurde pro Mitarbeiter und Stunde eine Bruttovergütung sowie die Weiterverrechnung der Kosten für die Unterbringung der Mitarbeiter vereinbart. Insgesamt wurden sohin in diesem Zeitraum Rechnungen über EUR 777.147,47 an das österreichische Unternehmen gestellt.
Rechnungssumme für Arbeitskräfteüberlassung/Mannstunden | € 659.636,34 |
Rechnungssumme für Nächtigungskosten der Leiharbeiter | € 117.511,13 |
Gesamtbetrag | € 777.147,47 |
Der Gestellungsnehmer hat für die gesamte Summe von € 777.147 die Abzugsteuer in Höhe von € 155.542,11 abgeführt. In dieser Summe sind jedoch neben den Übernachtungskosten Gewinnanteile und Gemeinkosten der Beschwerdeführerin enthalten. Gemäß Artikel 7 Abs 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen (im Folgenden kurz DBA-GB bezeichnet) dürfen Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates nur in diesem Vertragsstaat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Mangels Betriebsstätte der Beschwerdeführerin steht Österreich kein Besteuerungsrecht auf die Unternehmensgewinne zu. Dies wurde in der Bescheidbegründung auch als unstrittig zuerkannt. Hinsichtlich der Löhne und Gehälter und ähnlichen Vergütungen der entsandten Mitarbeiter hat Österreich gem. Art 14 Abs 2 DBA-GB das Besteuerungsrecht, wenn der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat ansässig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (E. 22.05.2013, 2009/13/0031 und 31.07.2013, 2010/13/0003) ist der Arbeitgeber im Sinne des wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriffes zu verstehen. Da nach dieser Rechtsprechung somit unstrittig der österreichische Beschäftiger wirtschaftlicher Arbeitgeber ist, sind die Arbeitslöhne der Leiharbeitskräfte der Besteuerung in Österreich zu unterwerfen.
Die Erhebung der Steuer der überlassenen Arbeitskräfte kann im Wege eines freiwilligen Lohnsteuerabzuges erfolgen, der idR mit einer Entlastung vom Quellensteuerabzug gemäß der DBA-Entlastungsverordnung verbunden ist oder insoweit keine solche Entlastung vorgenommen wird, durch den Steuerabzug gem. § 99 Abs 1 Z 5 EStG.
Nach der Z 4 des Erlasses des BMF vom 12.06.2014 (BMF-010221/0362-VI/8/2014, BMF-AV Nr. 102/2014) wird die Rechtsprechung des VwGH dahingehend in die Verwaltungspraxis übernommen, dass - insoweit kein freiwilliger Lohnsteuerabzug vorgenommen wird - der unter Art 7 DBA-GB fallende Teil, insb. die Lohnnebenkosten und Gewinnaufschlag, aus der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug gem § 99 Abs 1 Z 5 EStG auszuscheiden sind.
Im Antragszeitraum wurden Leistungen in Höhe von EUR 659.636,34 erbracht. Es wurden rund 19.400 Stunden zu einem Stundensatz von EUR 34,00 verrechnet. An die Mitarbeiter sind rund EUR 29,25 geflossen. Somit verbleiben dem Beschwerdeführer rund EUR 4,75 zur Deckung der Gemeinkosten und als Gewinnaufschlag. Insgesamt beträgt der Gewinnanteil somit € 92.523,39; hiervon 20 % sind EUR 18.504,73.
Der österreichische Beschäftiger hat die Abzugsteuer vom gesamten Rechnungsbetrag einbehalten und abgeführt, was nicht konform mit dem Art. 7 DBA-GB ist. Aus diesem Grund ist der Anteil an Abzugssteuer, welcher nicht auf die Löhne und Gehälter entfällt, zurückzuerstatten. Die hierfür notwendigen Unterlagen (Ansässigkeitsbescheinigung sowie ZSQU2) wurden bereits vorgelegt.
Folgende Quellensteuer ist zurückzuerstatten | Euro |
Bruttorechnungssumme | 777.147,47 |
Gesamte einbehaltene Quellensteuer (20%) | 155.542,11 |
anteilige Quellensteuer auf Löhne und Gehälter | 113.535,16 |
Anteilige Quellensteuer auf Gewinnanteil der Bf. | 18.504,73 |
Quellensteuer auf Kostenersatz für vom Gestellter übernommene Unterkunftskosten der Leiharbeiter (20% v 117.511,13) | 23.502,23 |
Gesamte teilweise Rückerstattung (Art. 7 DBA-GB) | 42.006,96 |
Die in der Bescheidbegründung angegebene (errechnete) Lohnsteuer in Höhe von € 172.263,74 würde einer durchschnittlichen Besteuerung von rund 30,3 % entsprechen. Ein derartiger Durchschnittsteuersatz würde (ohne Berücksichtigung von Werbungskosten) einen Bruttomonatslohn von rund 8.000,00 bedeuten, was bei einem Stundenlohn von EUR 29,25 eine durchschnittliche monatliche Stundenzahl von über 270 Stunden ergeben würde. Das ist aufgrund der vorgelegten Unterlagen eindeutig widerlegbar. Da zur angegebenen Lohnsteuer keine Berechnungsgrundlage angeführt wurde, muss diese als offenkundig fehlerhaft beurteilt werden und somit ist neben der rechtlichen Fehlbeurteilung, die Bescheidbegründung dem Grund nach mangelhaft."
Das FA wies mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.09.2019 (BVE) das Rechtsmittel als unbegründet ab und führte zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes aus:
"Da das Besteuerungsrecht Österreichs auf die Arbeitslöhne der im Inland tätigen Leiharbeitskräfte unstrittig ist, bedarf dieser Punkt keiner weiteren Erörterung. Der Antragstellerin ist zuzustimmen, dass Österreich kein Besteuerungsrecht auf die von ihr erzielten Unternehmensgewinne hat. Es ist auch richtig, dass für die Berechnung der Steuer auf Arbeitslöhne im Bereich der Arbeitskräftegestellung Lohnnebenkosten, Gemeinkosten und Gewinnaufschlag aus der Bemessungsgrundlage herauszurechnen sind. Dies implementiert jedoch nicht, dass dadurch von der Gewinnkomponente der Gestellungsvergütung auch 20% an Abzugsteuer zurückzuzahlen sind.
Es wird darauf verwiesen, dass für die Berechnung der Steuer auf Löhne vom FA lediglich die Bruttolöhne herangezogen wurden. Da im Beschwerdeschreiben vom 28.12.2018 angeführt wird, dass der Stundenlohn der in Österreich eingesetzten Dienstnehmer für das Jahr 2016 € 29,25 betrug, wurde vom FA eine Neuberechnung der Steuern auf Löhne im Sinne der nachstehend beschriebenen Vorgangsweise vorgenommen (Schätzung der Bemessungsgrundlagen). Dabei wurden auch die für Jänner 2016 bekannten Arbeitsstunden mitberücksichtigt und für die Berechnung der Bruttolöhne ab Jänner 2016 ein Stundensatz von € 29,25 verwendet. Für die Monate, die auf das Jahr 2015 entfallen, wurde der Stundesatz von € 29,00 belassen.
Die vom Finanzamt Bruck Eisenstadt neu ermittelte Steuer auf Löhne beträgt in Summe € 178.607 und ist somit eindeutig höher als die einbehaltene und abgeführte Abzugsteuer nach § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG. Die Berechnung der Steuer auf Löhne kann im Detail der angeschlossenen Beilage zur BVE entnommen werden.
Der Abrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Arbeitsstunden laut Ausgangsrechnungen wurden auf Kalendermonate und Arbeiter aufgeteilt und mit einem Stundenlohn von € 29,00, bzw. € 29,25 ab 1/2016, multipliziert, um so den Arbeitslohn für einen Kalendermonat pro Dienstnehmer beziffern zu können. Die Arbeitsstunden eines Dienstnehmers, die in einem Kalendermonat erbracht worden waren, wurden ausgehend von einer Tagesleistung von 8 Stunden auf Entlohnungstage umgerechnet. Wenn nun die Entlohnungstage für einen Monat mindestens 20 Tage ergaben, wurden für Zwecke der Steuerermittlung 30 Tage (Aufenthaltstage in Österreich) herangezogen. Durch Division des Monatsbruttolohnes durch Aufenthaltstage wurde der Bruttotageslohn berechnet. Von diesem Bruttotageslohn wurde anhand der Lohnsteuertagestabelle die Steuer auf Löhne pro Aufenthaltstag ermittelt, wodurch eine tarifmäßige Besteuerung erreicht wurde. Die Multiplikation der Steuer auf Löhne pro Aufenthaltstag mit der Anzahl der Aufenthaltstage ergab den Monatsbetrag an Steuern auf Löhne. Der erwähnte Ansatz von 30 Aufenthaltstagen wirkte sich aus Sicht der Antragstellerin günstiger auf die tarifmäßige Besteuerung aus. Damit wurde eine Gleichstellung mit einer Besteuerung eines Monatslohnes nach der Lohnsteuermonatstabelle erreicht.
Im Zusammenhang mit einem stattgefundenen Abzug und der Abfuhr von Abzugsteuer Sinne der §§ 99 ff. EStG gilt für den Bereich der Arbeitskräftegestellung Folgendes: Wenn kein Erstattungsantrag gestellt wird, dann ist die Besteuerung im Hinblick auf die Tätigkeitsausübung mit der 20%igen Abzugsteuer abgegolten. Wird jedoch ein Antrag auf Abzugssteuererstattung gestellt, dann ist im Sinne von Gleichmäßigkeit der Besteuerung für Steuergerechtigkeit zu sorgen. Unter diesen Gesichtspunkten darf es nicht sein, dass in jenen Fällen, bei denen eine freiwillige Lohnsteuerabfuhr nach dem Tarif erfolgt, eine Schlechterstellung im Vergleich zu den Fällen eintritt, bei denen keine freiwillige Lohnsteuerabfuhr vorgenommen wurde. Dies bedeutet, dass im Fall einer Beantragung der Abzugssteuererstattung, die in Österreich verbleibende finale Abzugsteuer durch Anwendung einer Tarifbesteuerung auf die Löhne des Gestellungspersonals zu ermitteln ist. Wenn nun die so berechnete Steuer auf Löhne höher als die gesamte einbehaltene Abzugsteuer ist, verbleibt kein Spielraum mehr für eine Abzugssteuererstattung. Andererseits erfolgt aber auch keine Steuernachforderung, wenn sich bei der Gegenrechnung nach dem LSt-Tarif eine höhere Steuer ergibt."
Gegen die BVE wurde mit Schriftsatz vom 29.10.2019 fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht und ergänzend zu den Ausführungen der BVE Folgendes eingewendet:
"Die belangte Behörde stellt eine Vergleichsrechnung auf, wonach zu prüfen wäre, ob nach Anwendung des progressiven Einkommensteuertarifes, im konkreten Fall nach dem Lohnsteuertagestarif, die so ermittelte Einkommensteuer höher ist, als die Quellensteuer aus der Gestellungsvergütung. Die belangte Behörde schlussfolgert, dass es zu keiner Rückerstattung kommt, da die fiktive Einkommensteuer (laut Berechnung der belangten Behörde EUR 178.6070,75) höher ist als die Abzugsteuer (EUR 155.542,11), verkennt allerdings, dass der Rückerstattungsantrag lediglich die Steuerfreistellung der Gewinntangente des Gestellers begehrt.
Ungeachtet dessen unterstellt die belangte Behörde mit der gewählten Berechnungsmethode bei der fiktiven Lohnsteuer eine Endbesteuerungswirkung und versagt gedanklich die Möglichkeit der Veranlagung der lohnsteuerpflichtigen Einkünfte, bei der nur das tatsächlich zugeflossene Jahreseinkommen, ohne den Hochrechnungsfaktor der Lohnsteuer, und die Werbungskosten (u.a. SV-Beiträge) zu berücksichtigen wären.
Hier wäre für sich schon eine grobe Benachteiligung der überlassenen Mitarbeiter zu erkennen. Das in der Begründung der BVE ins Treffen geführte Argument, dass nur durch die Vergleichsrechnung eine Gleichbehandlung zwecks Steuergerechtigkeit erreicht werden kann scheitert daran, dass die verwendete Methode eben eine Ungleichbehandlung darstellt, zumal sie gedanklich keinen Platz für die Veranlagung lässt.
Selbst wenn man der Methode trotz fehlender sachlicher Grundlage Bedeutung schenkt, scheitert diese daran, dass unter Anwendung des Jahressteuertarifes (um einer Gleichbehandlung gerecht zu werden) eine deutlich niedrigere Lohnsteuerbelastung resultieren würde. Trotz Hinzurechnung gem § 102 Abs 3 EStG erreichen die überlassenen Mitarbeiter nicht das von der belangten Behörde dargestellte Besteuerungsniveau, im Gegenteil würden einige Mitarbeiter gänzlich steuerfrei bleiben.
Sohin müsste in Anwendung der von der belangten Behörde ins Treffen geführten Vergleichsrechnung dem Rückerstattungsantrag stattgegeben werden, zumal die nun ermittelte fiktive Einkommensteuer deutlich unter dem Betrag der Quellensteuer liegt.
Die Abzugsteuer gem § 99 EStG soll das Besteuerungsrecht an den lohnsteuerpflichtigen Einkommen sicherstellen. Die von der belangten Behörde angewendete Vergleichsrechnung stellt allerdings die (fiktive) Einkommensteuer der überlassenen Mitarbeiter der Quellensteuer für die Bruttovergütung gegenüber, somit einer Vergütung, welche auch die Gewinntangente beinhaltet. Auch dieser Aspekt ist im Lichte der Dienstleistungsfreiheit bedenklich, zumal mangels Betriebsstätte Österreich an dieser Gewinntangente bei abkommenskonformer Anwendung kein Besteuerungsrecht zusteht. Die Anwendung der Methode des Quellensteuereinbehaltes gegenüber der freiwilligen Lohnverrechnung ist als Wahlrecht ausgestaltet. Die Wahl obliegt dem Rechtsunterworfenen, allerdings darf die Ausübung des Wahlrechts nicht zum Nachteil desselben führen.
Im Übrigen wurde dem Rückerstattungsbegehren für die Quellensteuern auf die Gewinntangente für Vorperioden vollinhaltlich stattgegeben, obzwar es bei den gegenständlichen Verfahren keine legistische Änderung gab. Auch dieser Punkt ist im Lichte des Vertrauensschutzes bedenklich."
Mit Vorlagebericht vom Dezember 2019 wurde das Rechtsmittel samt bezugshabender Verwaltungsakte dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.
Die Bf. gab im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zum Vorhalt des BFG folgende Stellungnahme ab:
"Die Bf. ist eine nach britischem Recht errichtete juristische Person. Als solche erbringt sie Dienstleistungen im Rahmen der Überlassung von hochqualifizierten Leiharbeitskräften. Die Mitarbeiter sind dabei spezialisiert im Bereich der Faserverbundtechnologie zu arbeiten. Der Auftraggeber und Gestellungsnehmer in Österreich ist ein Produzent von Faserverbundkomponenten für den Motorsport sowie die Flugzeugindustrie. Aufgrund von saisonalen Schwankungen ist es erforderlich für die Hochsaison (regelmäßig ab Spätherbst bis Frühlingsbeginn) die Kapazitätsengpässe mit den Leasingarbeitern aus Großbritannien abzudecken. Der Vorteil liegt darin, dass die Leasingarbeiter aufgrund der regelmäßig, langjährigen Berufserfahrung in diesem Bereich unmittelbar und ohne Einschulungszeit sofort eingesetzt werden können. Da in Österreich diese Technologie noch sehr jung ist, ist inländisches Personal kaum, bzw. nicht vorhanden. Da die Leasingarbeiter aufgrund des temporären Aufenthalts naturgemäß keinen Wohnsitz am Einsatzort begründen, wird diesen im Interesse des Personalgestellers als auch Gestellungsnehmers eine einfache Unterkunft in unmittelbarer Nähe des Tätigkeitsortes zur Verfügung gestellt. Im Gestellungsvertrag wurde vereinbart, dass die Bf. zunächst die Kosten für die Nächtigung der Leiharbeiter trägt und diese dann an den Gestellungsnehmer weiterverrechnet werden. Damit wurde dem Wunsch des Auftragsgebers entsprochen, nicht mit den Unterkunftsangelegenheiten der Leasingarbeiter befasst zu sein.
In rechtlicher Hinsicht ist anzuführen, dass der zum Steuerabzug verpflichtete Gestellungsnehmer die Abzugssteuer von der Bruttogestellungsvergütung einbehalten und abgeführt hat. Von dem auf die Gewinntangente entfallende Teil der Gestellungsvergütung sowie den anderen Bestandteilen dieses Bruttoentgeltes, welche nicht dem Art 14 DBA-GB zuzurechnen sind, wurde somit zu Unrecht eine finale Quellensteuer einbehalten. Der Rückzahlungsantrag wurde daher im Sinne des des § 240 Abs. 3 BAO gestellt, wonach die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages zu erfolgen hat, soweit nicht eine andere Erstattungsmöglichkeit besteht.
Zu den weiterverrechneten Nächtigungskosten der Leasingarbeiter am Auftragsort ist anzumerken, dass nach § 2 Abs. 7a der Sachbezugswerte-Verordnung idF BGBl. II 395/2015 bei einer arbeitsplatznahen Unterkunft, welche die rasche Verfügbarkeit des Arbeitsnehmers am Arbeitsplatz ermöglicht, bis zu einer Größe von 30 m 2 , kein Sachbezug anzusetzen ist. Da im gegenständlichen Fall kein Sachbezug für die Zurverfügungstellung der Unterkünfte an die Leasingarbeiter anzusetzen ist, liegt kein geldwerter Vorteil im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 1 EStG und sohin auch keine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit vor. Das bedeutet, dass die dem Gestellungsnehmer weiterverrechneten Nächtigungskosten kein dem Art 14 DBA-GB zuzurechnender Teil der Gestellungsvergütung darstellt und somit Österreich kein finales Besteuerungsrecht daran hat und die davon einbehaltene Abzugssteuer zu erstatten ist. Eine Abgeltung der inländischen Ertragssteuer durch die Abzugssteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG kann nur für dem Grunde nach steuerpflichtige Sachverhalte denkbar sein. Die Reisekosten sind jedenfalls kein Lohnbestandteil, an dem Österreich nach Art 14 DBA-GB ein Besteuerungsrecht hätte, sondern eine Art von Lohnnebenkosten, die unter Art 7 DBA-GB zu subsumieren sind."
Der belangten Behörde wurde die Vorhaltsbeantwortung der Bf. vom April 2020 zur Kenntnis gebracht. Die Abgabenbehörde legte zur Untermauerung der im Bescheid vertretenen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung eine vom Bundesweiten Fachbereich Lohnsteuer dazu abgegebene Stellungnahme vor. In dieser wurde ausgeführt:
"Außer Zweifel steht, dass eine Inbound-Arbeitskräfteüberlassung stattgefunden hat. Es keinen Befreiungsbescheid seitens des FA gibt und keine Lohnverrechnung hinsichtlich der in Österreich steuerpflichtigen Arbeitslöhne der Leasingarbeiter vorgenommen wurde sowie auch keine Lohnsteuer in Österreich abgeführt wurde.
Demnach hatte der inländische Beschäftiger zwingend die Abzugsteuer nach § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 einzubehalten und abzuführen. Mit dieser Abzugsteuer hatte eine steuerliche Erfassung der Löhne gemäß § 98 Abs. 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988 zu unterbleiben. Der Abzugsteuer unterliegt nach § 99 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich der volle Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) oder Gewinnanteile, also das volle Gestellungsentgelt. Damit zusammenhängende Ausgaben können nur dann abgezogen werden, wenn sie ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässiger beschränkt Steuerpflichtiger vor dem Zufließen der Einkünfte dem Schuldner der Einkünfte schriftlich mitgeteilt hat. Dies war im gegenständlichen Sachverhalt nicht der Fall. Eine Berücksichtigung der vom Personalgesteller zunächst getragenen und dann an den Gestellungsnehmer weiterverrechneten Unterbringungskosten für die Leasingarbeiter im Zuge des Rückerstattungsverfahrens kommt daher nicht in Betracht.
Gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sind Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird. Der Steuerabzug erfolgt in diesem Falle durch Einbehalt und Abfuhr der Abzugsteuer nach § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988. Im Erlass vom 12. Juni 2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014, wird in Punkt 4 angeordnet, dass nur der unter Art. 7 DBA fallende Teil der Gestellungsvergütung (insbesondere Lohnnebenkosten, Gemeinkosten und Gewinnaufschlag) des ausländischen Gestellers aus der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 ausgeschieden werden kann. Eine Rückerstattung der Abzugssteuer kommt aber insofern nicht in Betracht, als die steuerliche Erfassung der Arbeitslöhne im Inland nicht sichergestellt ist. Als Grundlage dafür wird § 99 Abs. 2 Z 2 letzter Satz EStG 1988 angeführt.
Die Steuer auf die bezahlten Arbeitslöhne, welche nach § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 durch die Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 abgegolten ist, wurde vom FA in der Form geschätzt, dass ausgehend von den bekanntgegebenen Daten (Stundenlöhne und Arbeitszeiten) das Bruttoentgelt der einzelnen Arbeitnehmer hochgerechnet wurde und davon nach inländischen Vorschriften die darauf entfallende Lohnsteuer ermittelt wurde. Im Zuge dieser Schätzung hat sich auf Grund der Höhe der Bruttolöhne iVm dem progressiven Steuersatz ein höherer Betrag ergeben als Abzugsteuer einbehalten und abgeführt wurde. Hätte der Überlasser einen Befreiungsbescheid beantragt und (oder freiwillig) den Lohnsteuereinbehalt vorgenommen, wäre eine Lohnsteuer in etwa derselben Höhe abzuführen gewesen als sich eine Steuer auf Löhne im Rahmen des Erstattungsverfahren im Wege der Schätzung ergeben hat. Im Wege dieser Schätzung der auf Löhne entfallenden Steuer wurden lediglich die auf Grund der bekanntgegebenen Daten ermittelten Bruttolöhne angesetzt. Die vom Überlasser übernommenen Unterbringungskosten blieben dabei außer Ansatz, obwohl diese im Wege einer regulären Lohnverrechnung nur dann nichtsteuerbar wären, wenn sie belegmäßig nachgewiesen sind."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden Sachverhalt fest:
Die Bf. hat dem österreichischen Auftraggeber für Personalgestellungen im Zeitraum 10/2015 bis 10/2016 eine Gestellungsvergütung von insgesamt € 777.147,47 verrechnet. Dieses Gestellungsentgelt setzte sich aus zwei vereinbarten Komponenten zusammen. Aus der geleisteten Arbeitszeit der überlassenen Arbeitskräfte, wofür dem Gestellungsnehmer pro Arbeitsstunde € 34 verrechnet wurden und aus der Weiterverrechnung der Unterkunftskosten für die Leiharbeiter am Einsatzort. An geleisteter Arbeitszeit wurden im Antragszeitraum € 659.636 und an Unterkunftskosten € 117.511 von der Bf. dem Gestellungsnehmer in Rechnung gestellt. Dieser hat von beiden Entgeltteilen eine 20%ige Abzugssteuer gemäß € 99 Abs. 1 Z. 5 EStG einbehalten und abgeführt; insgesamt waren dies € 155.542. Das übrige Gestellungsentgelt wurde der Bf. ausbezahlt.
Nicht bestritten und unzweifelhaft ist ferner das Vorbringen der Bf., dass die Leiharbeiter von ihr als zivilrechtliche Arbeitgeberin für die Tätigkeit beim österreichischen Gestellungsnehmer einen Stundenlohn von € 29 im Jahr 2015 und € 29,25 im Jahr 2016 erhalten haben.
Die Bf. begehrt für € 4,75 pro verrechneter Arbeitsstunden (das sind insgesamt € 92.523,39) und für die weiterverrechneten Unterkunftskosten (insgesamt € 117.511) die Rückerstattung der auch davon gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG erhobenen Abzugssteuer, weil diese Bestandteile der Gestellungsvergütung keine Einkünfte aus unselbständiger Arbeit nach Art 14 DBA-GB seien und Österreich daran kein finales Besteuerungsrecht habe. Insgesamt ergebe sich somit ein antragsgemäßer Rückzahlungsanspruch der erhobenen Abzugssteuer von € 42.006,90. Rechtsgrundlage für den Rückzahlungsantrag bilde § 240 Abs. 3 BAO iVm dem DBA-GB, weil insoweit abkommenswidrig für Einkünften eine finale Steuer erhoben wurde, für die das Besteuerungsrecht nach Art 7 DBA-GB dem Ansässigkeitsstaat Großbritannien zustehe.
Die belangte Abgabenbehörde lehnte eine Rückzahlung deshalb ab, weil sich nach ihrer Berechnung im Falle der Einhebung einer Lohnsteuer von den in Österreich steuerpflichten Lohneinkünften der Leasingarbeiter für ihre Tätigkeit beim österreichischen Gestellungsnehmer eine höhere Lohnsteuer ergeben würde (rd. € 178.000), als die gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG von der Bruttogestellungsvergütung einbehaltene Abzugssteuer (€ 155.542). Für eine Rückzahlung der Abzugssteuer verbleibe daher kein Spielraum, auch wenn diese Abzugssteuer unbestritten von Entgeltteilen erhoben wurde, für die Österreich nach dem DBA-GB kein Besteuerungsrecht zusteht.
Von der Bf. wurden keine Einwendungen gegen die rechnerische Richtigkeit der im Schätzungswege berechneten fiktiven Lohnsteuer erhoben, welche sich ergeben würde, wenn die Lohnzahlungen an die Leasingarbeiter für ihre Tätigkeit beim österreichischen Gestellungsnehmer von der Bf. einer "freiwillige Lohnversteuerung" unterzogen worden wären.
Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Sie ergeben sich aus den nicht der Aktenlage widersprechenden Parteienvorbringen, deren Richtigkeit von den Parteien nicht bestritten wurde und gegen die sie keine Einwendungen erhoben haben.
Das unter I. im Verfahrensgang geschilderte Sachverhaltsvorbringen ist sachlogisch und widerspruchsfrei und steht mit der Branchenkenntnis und allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang. Dieses Sachverhaltsgeschehen wurde daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Strittig sind im gegenständlichen Fall lediglich Rechtsfragen und keine Tatsachenfeststellungen. Dabei steht im Zentrum des Rechtsstreits die Frage, ob die Abgabenbehörde bei der Prüfung eines Rückzahlungsanspruches gemäß § 240 Abs. 3 BAO i.V.m. Art 7 und Art 14 DBA-GB betreffend gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 erhobener Abzugssteuern, eine Gegenverrechnung mit einer im Einkommensteuergesetz nicht normierten sogenannten "freiwilligen Lohnsteuer", vom FA auch als "freiwillige Steuer auf Löhne" bezeichnet, von den in Österreich einkommensteuerpflichtigen Einkünfte aus unselbständiger Arbeit der idR beschränkt steuerpflichtigen Leasingarbeitnehmer der Bf. vornehmen darf.
Rechtliche Beurteilung
Gesetzesgrundlagen
Die maßgeblichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 in der zum 31.12.2016 geltenden Fassung lauten auszugsweise:
"§ 98. (1) Der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 3) unterliegen nur die folgenden Einkünfte:
Z. 3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23), für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist oder bei dem im Inland unbewegliches Vermögen vorliegt.
Einkünfte aus kaufmännischer oder technischer Beratung im Inland, aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung und aus der gewerblichen Tätigkeit als Sportler, Artist oder als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen im Inland sind jedoch auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist.
Z. 4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25), die im Inland oder auf österreichischen Schiffen ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (…). Eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach dieser Ziffer hat zu unterbleiben, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach Z 3 erfaßt wurden.
§ 99. (1) Die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger wird durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer):
Z. 1. Bei Einkünften aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden.
[…]
Z. 5. Bei Einkünften aus im Inland ausgeübter kaufmännischer oder technischer Beratung und bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung.
[…]
(2)
Z. 1. Der Abzugsteuer unterliegt der volle Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) oder Gewinnanteile. Vom Schuldner übernommene Abzugsteuer unterliegt als weiterer Vorteil ebenfalls dem Steuerabzug.
Z. 2. Mit den Einnahmen (Betriebseinnahmen) unmittelbar zusammenhängende Ausgaben (Betriebsausgaben oder Werbungskosten) können vom vollen Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) abgezogen werden, wenn sie ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässiger beschränkt Steuerpflichtiger vor dem Zufließen der Einkünfte dem Schuldner der Einkünfte schriftlich mitgeteilt hat. Ist der Empfänger der als Ausgaben geltend gemachten Beträge beschränkt steuerpflichtig und übersteigen die Ausgaben beim Empfänger den Betrag von 2.000 Euro, ist ein Abzug vom vollen Betrag der Einnahmen nicht zulässig, wenn die steuerliche Erfassung beim Empfänger zur inländischen Besteuerung nicht ausreichend sichergestellt ist.
§ 100. (1) Die Abzugsteuer gemäß § 99 beträgt 20%, bei Einkünften gemäß § 99 Abs. 1 Z 6 und 7 jedoch 27,5%. In den Fällen des § 99 Abs. 2 Z 2 beträgt die Abzugsteuer 25%.
[…]
(2) Schuldner der Abzugsteuer ist der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1. Der Schuldner dieser Einkünfte (in den Fällen des § 99 Abs. 3 die zum Steuerabzug zugelassene Person) haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99.
[…]
(4) Der Steuerabzug ist vom Schuldner vorzunehmen,
Z. 1. bei Einkünften im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 5 und 7 in jenem Zeitpunkt, in dem sie dem Empfänger zufließen, […].
§ 102. (1) Zur Einkommensteuer sind zu veranlagen:
1. Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen, von denen kein Steuerabzug vom Arbeitslohn, vom Kapitalertrag oder nach den §§ 99 bis 101 vorzunehmen ist.
2. Steuerabzugspflichtige Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen, die
- zu den Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebes,
- zu den Einkünften aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter oder zu den Gewinnanteilen gemäß § 99 Abs. 1 Z 2 gehören.
3. Einkünfte, von denen eine Lohnsteuer nach § 70 Abs. 2 oder eine Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 6 zu erheben ist, über Antrag des beschränkt Steuerpflichtigen. Dabei dürfen in den Fällen des § 70 Abs. 2 Z 2 Werbungskosten sowie in den Fällen des § 99 Abs. 1 Z 1 Betriebsausgaben nicht abgezogen werden, wenn sie ohne Beibringung eines inländischen Besteuerungsnachweises an Personen geleistet wurden, die hiemit der beschränkten Steuerpflicht unterliegen und die nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes mit umfassender Amts- und Vollstreckungshilfe gegenüber der Republik Österreich ansässig sind. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden.
§ 70. (1) Beschränkt lohnsteuerpflichtig sind Arbeitnehmer, bei denen die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 3 und 98 Abs. 1 Z 4 vorliegen
(2) Die Lohnsteuer wird berechnet:
Z. 1. Soweit nicht Z 2 zur Anwendung kommt, nach § 33 Abs. 5 Z 1 und 2 sowie Abs. 6 und § 66 mit der Maßgabe, dass Absetzbeträge nach § 33 Abs. 4 Z 1 und 2 nicht zu berücksichtigen sind.
Z. 2. Bei Bezügen als Arbeitnehmer aus einer Tätigkeit im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 mit 20% des vollen Betrages dieser Bezüge. Mit den Bezügen unmittelbar zusammenhängende Werbungskosten können vom vollen Betrag der Bezüge abgezogen werden, wenn sie ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässiger beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vor Zufließen der Bezüge schriftlich mitteilt. Zieht der Arbeitgeber diese Werbungskosten ab, beträgt die Lohnsteuer 25%.
§ 47. (1) Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt. Die Einkommensteuer für Bezüge und Vorteile von ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes ist durch Abzug vom Arbeitslohn auch dann zu erheben, wenn die ausländische Einrichtung im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes im Inland über keine Betriebsstätte (§ 81) verfügt; für die Erhebung ist das Finanzamt Graz-Stadt zuständig."
"Freiwillige Steuer auf Löhne" der Leasingarbeitnehmer
Steuern sind öffentlich-rechtliche Zwangsabgaben, die den Tatbestand der Steuerpflicht erfüllten. Daraus folgt, dass eine Steuerleistung nur vorliegen kann, wenn die Zahlung in Erfüllung einer gesetzlich normierten Steuerpflicht erfolgt.
Die Lohnsteuer ist eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Diese Erhebungsform besteht aber nicht ausnahmslos bei allen nichtselbständigen Einkünften. Nach der bis zur Veranlagung 2019 geltenden Fassung des § 47 EStG (BGBl 400/1988 bis zur Fassung BGBl 34/2015) war Voraussetzung für die Einhebung einer Lohnsteuer, dass der Arbeitgeber eine Betriebsstätte im Sinne der §§ 81 EStG und 29 Abs. 2 BAO in Österreich hat.
Die Bf. ist zivilrechtliche Arbeitgeberin der beim österreichischen Gestellungsnehmer (Auftraggeber) eingesetzten Leasingarbeiter. Es ist unbestritten, dass die Bf. im Antragszeitraum keine Einrichtung in der Art einer Betriebsstätte in Österreich unterhalten hat. Das hat zur Folge, dass auch keine Lohnsteuerpflicht für die Bezugszahlungen der Bf. an ihre Leasingarbeitnehmer, im Zusammenhang mit deren Einsatz in Österreich, bestanden hat.
Auf Grund des bei der Anwendung des Doppelbesteuerungsrechts vom VwGH vertretenen wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriffs, sind diese Lohnzahlungen an die Leasingarbeiter für ihre Tätigkeit beim österreichischen Gestellungsnehmer zwar als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einkommensteuerpflichtig, aber nicht lohnsteuerpflichtig. Das bedeutet, nicht nur keine Pflicht zum Lohnsteuerabzug und zu den lohnsteuerrechtlichen Maßnahmen nach §§ 76, 79, 80, 82, 84 und 87 EStG 1988, sondern dass auch keine Berechtigung dazu besteht.
Was nicht auf Grund gesetzlicher Normierung lohnsteuerpflichtig ist, kann auch nicht "freiwillig" als Lohnsteuerzahlung behandelt werden, sondern würde eine rechtsgrundlose Leistung darstellen.
Jedoch sieht § 5 Abs. 3 der DBA-Entlastungsverordnung (BGBl. III 92/2005) und der dazu ergangene Durchführungserlass (AÖF 2006/127 vom 10.3.2006) des Bundesministers für Finanzen vor, dass bei der internationalen Arbeitskräfteüberlassung eine Freistellung der Gestellungsvergütungen von der Quellensteuer gemäß § 99 Abs. 1 EStG mit Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart unter der Voraussetzung und Auflage zur erfolgen hat, dass eine vollständige lohnsteuerliche Behandlung der im Inland steuerpflichtigen nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeitskräfte sichergestellt ist.
Nach der Verwaltungspraxis wird die Sicherstellung einer Lohnsteuer von den nichtselbständigen Einkünften der idR beschränkt steuerpflichtigen Leiharbeitskräften auch in jenen Fällen verlangt, in denen das ausländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen in Österreich keine Betriebsstätte unterhält. In diesen Fällen einer fehlenden gesetzlichen Lohnsteuerpflicht nach § 47 ff EStG spricht die Verwaltungspraxis von einer "freiwilligen Steuer auf Löhne". Für einen Freistellungsbescheid nach § 5 Abs. 3 DBA-Entlastungsverordnung wird ohne Abstellen auf das Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte des zivilrechtlichen Arbeitgebers die Erfüllung der lohnsteuerlichen Pflichten gefordert.
Ausgehend von dieser "freiwilligen Steuer auf Löhne" für die Erlangung eines Freistellungsbescheides im Rahmen der internationalen Arbeitskräfteüberlassung gelangt die belangte Behörde in einem nächsten Gedankenschritt zu folgender Rechtsauffassung:
Aus Gründen der Steuergerechtigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei auch im Rückerstattungsverfahren betreffend Abzugssteuern nach § 99 Abs.1 Z. 5 EStG zu ermitteln, wie hoch diese "freiwillige Lohnsteuer" von den in Österreich einkommensteuerpflichtigen Bezügen der Leiharbeitskräfte ist. Übergeordnet der finalen Zuweisung der Besteuerungsrechte an den Ansässigkeitsstaat und den Quellenstaat durch das Doppelbesteuerungsabkommen, sei nur insoweit eine einbehaltene Abzugssteuer zu erstatten, als sie höher ist als die errechnete Lohnsteuer. Das gelte auch bei Fehlen einer inländischen Betriebsstätte, weil im Falle eines Freistellungsbescheides nach der DBA-Entlastungsverordnung, jedenfalls auch von einem ausländischen Arbeitskräftegesteller, ohne inländischer Betriebsstätte, eine "Steuer auf Löhne freiwillig" zu leisten wäre. Da im Falle einer "freiwilligen Lohnversteuerung" der nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeitskräfte der Bf. aus ihrer Tätigkeit in Österreich in sinngemäßer Anwendung der lohnsteuerrechtlichen Bestimmungen des EStG laut Berechnung des FA mindestens € 172.000 an Steuerzahlungen zu leisten gewesen wären, verbleibe für eine Rückzahlung der einbehaltenen Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG von € 155.542,11 kein Überhang. Der Umstand, dass nach der unbestrittenen Sachverhaltsdarstellung der in der Gestellungsvergütung enthaltene Gemeinkosten- und Gewinnaufschlag von insgesamt € 92.523 und die weiterverrechneten Nächtigungskosten der Leasingarbeiter von € 117.511 nicht unter den Tatbestand des Art 14 DBA-GB "Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen aus unselbständiger Arbeit" fallen, sei ohne Relevanz, weil mit der Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG auch die Lohnsteuer oder "freiwillige Steuer auf Löhne "im Sinne des § 5 der DBA-Entlastungsverordnung, sichergestellt werde.
Der Einwand der Bf., dass diese vom FA berechnete Lohnsteuer eine "fiktive Einkommensteuer" darstelle, ist zutreffend. Da die Bf. im Antragszeitraum 2015 bis 2016 keine Betriebsstätte in Österreich unterhielt, bestand für die an ihre Leasingarbeitnehmer geleisteten Bezüge für deren Tätigkeit in Österreich keine Lohnsteuerpflicht. Für eine Gegenverrechnung einer "fiktiven Lohnsteuer" fehlte daher eindeutig eine gesetzliche Grundlage.
Anzumerken ist, dass auch für die diesbezügliche Verordnungsregelung in § 5 Abs. 3 der DBA-Entlastungsverordnung zur Erlassung eines Freistellungsbescheides keine Gesetzesgrundlage bis zum Abgabenänderungsgesetz 2020 vorhanden war. Der Wortlaut dieser Bestimmung lässt aber auch die Interpretation offen, dass ein Freistellungsbescheid bei internationaler Arbeitskräfteüberlassungen nur in Betracht kommt, wenn der Arbeitskräftegesteller im Inland eine Betriebsstätte gemäß § 47 EStG hat, sodass die Erfüllung der lohnsteuerrechtlichen Pflichten sichergestellt ist. In den anderen Fällen der internationalen Arbeitskräfteüberlassung findet eine Entlastung von der Abzugssteuer sogleich an der Quelle gemäß der Sperrklausel des § 5 Abs. 1 Z. 4 DBA-EntlastungsVO nicht statt und hat im zweistufigen Verfahren zur Gewährleistung der Abgabensicherheit gegebenenfalls eine Rückerstattung der Quellensteuer zu erfolgen.
Im gegenständlichen Fall ist § 5 Abs. 3 DBA-Entlastungstungsverordnung überhaupt nicht anzuwenden, weil die Erlassung eines Freistellungsbescheides nicht Thema des Rechtsstreites ist, sondern die Frage, ob eine errechnete, fiktive Lohnsteuer ohne Bestehen einer gesetzlichen Lohnsteuerpflicht bei der Rückerstattung einer Abzugssteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5EStG - zur Sicherung der Einkommensteuer auf die nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeitskräfte in Höhe der Lohnsteuer - gegenverrechnet werden darf. Eine weitere Auseinandersetzung mit der Gesetzmäßigkeit dieser Verordnungsnorm durch das BFG konnte daher unterbleiben.
Hinzuweisen ist auch, dass § 47 EStG 1988 mit BGBl. 91/2019 ab dem Veranlagungsjahr 2020, bzw. für Lohnzahlungszeiträume ab 1.1.2020 geändert wurde und für die Lohnsteuerpflicht nicht mehr an das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte des Arbeitgebers angeknüpft wird. Bei unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern muss Lohnsteuer vom Arbeitslohn erhoben werden (§ 47 Abs. 1 lit. a), bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern kann Lohnsteuer vom Arbeitslohn erhoben werden (§ 47 Abs. 1 lit. b).
In den Erläuternden Bemerkungen wird zur lit. b dieser Novellierung ausgeführt:
"Zusätzlich soll für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber im Inland keine Betriebstätte haben, ein freiwilliger Lohnsteuerabzug gesetzlich vorgesehen werden."
Dazu ist zu bemerken, dass § 47 EStG idF BGBl. 91/2019 im Beschwerdeverfahren nicht anzuwenden ist, weil die Rückerstattung von Abzugssteuern des Zeitraumes 10/2015 bis 10/2016 den Prozessgegenstand bilden und daher die Lohnsteuerbestimmung für Lohnzahlungszeiträume ab 1.1.2020 nicht anwendbar ist.
Zum anderen wäre auch dem weiteren Einwand der Bf. beizupflichten, dass ein gesetzlich normiertes Wahlrecht zur freiwilligen Option zur Lohnsteuerpflicht, die Abgabenbehörde nicht berechtigt, in jenen Fällen in denen der Arbeitgeber beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer nicht zur Lohnsteuerpflicht optiert, ihm im Rückerstattungsverfahren eine gesetzlich nicht geschuldete fiktive Lohnsteuer - die sich ergeben hätte, wenn er zur Lohnsteuerpflicht optiert hätte, als Abzugsposten gegenzurechnen. Wird von diesen Arbeitgebern nicht in die Lohnsteuerpflicht gemäß § 47 Abs. 1 lit. b EStG optiert, besteht eben keine gesetzliche Lohnsteuerschuld und kann daher auch nicht in einem Rückerstattungsverfahren die geschuldete Einkommensteuer seiner beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer in Höhe einer fiktiven Lohnsteuer sicherheitshalber einbehalten werden. Für eine derartige Vorgangsweise schafft auch § 47 EStG in der geltenden Fassung keine Rechtsgrundlage.
Die Ablehnung des Rückzahlungsantrages aus dem Grund, dass der Abzugssteuer gemäß § 99 EStG eine höhere Lohnsteuer auf die nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeitnehmer gegenüberstehe, ist somit nicht rechtmäßig, weil keine gesetzliche Lohnsteuerschuld normiert ist.
Prüfung des Rückzahlungsantrages
3.3.1. DBA-Gesetzesgrundlage
Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien, BGBl. 1970/390 idF 2010/135 ist mit 31.12.2019 außerkraftgetreten und an dessen Stelle das Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien, BGBl 32/2019 in Geltung. Die für das gegenständliche Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des DBA-GB sind inhaltlich unverändert geblieben, sodass diese Gesetzesänderung keine Auswirkung hat.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA-GB dürfen Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte aus. Übt das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit auf diese Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können.
Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 DBA-GB "Einkünfte aus unselbständiger Arbeit" lautet:
"(1) Vorbehaltlich der Artikel 15, 17, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn
a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, aufhält und
b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und
c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat."
3.3.2. Abzugssteuer von Gemeinkosten und Gewinnzuschlag
Die Bf. ist eine in Großbritannien ansässige Kapitalgesellschaft, die im Inland keine Betriebsstätte hat. Das Besteuerungsrecht am Unternehmensgewinn der Bf. steht nach Art. 7 DBA-GB dem Ansässigkeitsstaat Großbritannien zu.
Die Parteienerklärung, dass von der nach Stundensätzen abgerechneten Gestellungsvergütung von € 34 pro Stunde € 29,25 als Stundenlohn an die eingesetzten Leasingarbeitnehmer bezahlt wurden und der Restbetrag von € 4,75 zur Deckung der Gemeinkosten und als Gewinnaufschlag diene, ist eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung plausible Größenordnung. Das Vorbringen ist widerspruchsfrei und gegen ihre Richtigkeit wurde von der belangten Behörde auch kein Einwand erhoben. Dieses Sachverhaltsgeschehen wurde daher vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung für zutreffend erachtet.
Bei im Antragszeitraum insgesamt verrechneten rund 19.400 Arbeitsstunden ergibt sich somit ein in der Gestellungsvergütung enthaltener Gemeinkosten- und Gewinnanteil von € 92.523,39.
Da dieser Teil der Gestellungsvergütung von der Bf. nicht an die Leiharbeitskräfte als Bezug ausbezahlt wurde, können insoweit auch mittelbar keine Einkünfte aus unselbständiger Arbeit vorliegen. Dieser Teil der Gestellungsvergütung geht in die Gewinnermittlung der Bf. ein und ist gemäß Art. 7 DB-GB in Großbritannien zu versteuern. Der Republik Österreich steht daher zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung an diesem Teil der Gestellungsvergütung kein finales Besteuerungsrecht zu.
Das im § 98 Abs. 1 Z. 3 und § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 normierte Besteuerungsrecht wird im Anwendungsbereich des Art. 7 DBA-GB der Republik Österreich entzogen. Eine von diesem Teil der Gestellungsvergütung eingehobene Quellensteuer dient lediglich der Sicherung eines möglicherweise bestehenden Abgabenanspruches und ist - wenn ein solcher nicht gegeben ist (z.B. keine inländische Betriebsstätte, keine Umgehungs- oder Missbrauchshandlungen, keine Scheingeschäfte, usw.) im Erstattungsverfahren daher zurückzuzahlen.
Im Umfang von € 92.523,39 der Gestellungsvergütung wurde daher die Abzugssteuer (€ 18.504,73) entgegen der Bestimmung des Art. 7 DBA-GB erhoben und steht Österreich keine finale Besteuerung dieser Einkünfte zu. Die Rückzahlung der Abzugssteuer wurde insoweit zu Recht beantragt.
3.3.3. Abzugssteuer von weiterverrechneten Nächtigungskosten.
Erwiesen ist, dass die Bf. den in Österreich im Antragszeitraum tätigen Leiharbeitnehmern die Nächtigungskosten von insgesamt € 117.511.13 ersetzt hat und diese Unterkunftskosten dem Gestellungsnehmer weiterverrechnet hat. Auch von diesem Teil der Gestellungsvergütung wurde auf Grund des § 99 Abs. 2 Z. 1 EStG vom Gestellungsnehmer die 20%ige Abzugssteuer einbehalten.
Da der Ersatz von Nächtigungskosten am auswärtigen Arbeitsort durch den Arbeitgeber einen Vorteil durch das Dienstverhältnis darstellt, ist zu prüfen, ob dieser Teil der Gestellungsvergütung den Einkünften aus unselbständiger Arbeit nach Art. 14 DBA-GB zuzurechnen ist. Dann würde Österreich das Besteuerungsrecht daran zustehen, andernfalls gelten die unter Pkt. 3.3.2. erfolgten Ausführungen und ist die davon erhobene Abzugssteuer von € 23.502,23 ebenfalls antragsgemäß zurückzuzahlen.
Der Steuerberechtigung des Tätigkeitsstaates unterliegen alle Vergütungen der Leiharbeitnehmer, die sie für die in Österreich ausgeübte nichtselbständige Arbeit bezogen haben. Der Ausdruck "Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen des Art 14 DBA-GB ist im Doppelbesteuerungsabkommen nicht definiert. Deshalb ist gemäß Art 3 Abs. 2 des DBA-GB nach dem innerstaatlichen Recht Österreichs dieser Rechtsbegriff auszulegen.
Gemäß § 26 Z. 4 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütung (Fahrtkostenvergütungen) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden.
Wenn bei einer Auslandsdienstreise keine höheren Kosten der Nächtigung einschließlich der Kosten des Frühstücks nachgewiesen werden, dann kann das den Bundesbediensteten zustehende Nächtigungsgeld der Höchststufe berücksichtigt werden (§ 26 Z. 4 lit.e).
Die Bf. hat ihren Leiharbeitnehmern aus Anlass der Auslandsdienstreise die Nächtigungskosten am Einsatzort in ersetzt. Der konkrete Zahlungsweg spielt dabei keine Rolle. Ein Ersatz der Nächtigungskosten liegt ebenso vor, wenn der Arbeitgeber im direkten Weg sogleich gegenüber dem Vermieter die Unterkunftskosten der Arbeitnehmer am Einsatzort bezahlt.
Nachweise dazu ergeben sich einerseits aus der betrieblich notwendigen Abrechnung dieser tatsächlich angefallenen Unterkunftskosten und aus den Erfordernissen der Lohnverrechnung.
Es gibt keinen plausiblen Grund anzunehmen, dass diese grundlegenden Betriebsaufzeichnungen der Bf. im Zusammenhang mit den Unterkunftskosten nicht vorhanden sind, sodass mit der Parteienerklärung ein hinreichender Nachweis des Ersatzes der tatsächlichen Unterkunftskosten erbracht ist.
Gemäß § 26 Z. 4 EStG sind die von der Bf. ihren Leiharbeitsnehmern bezahlten Unterkunftskosten am Einsatzort daher keine steuerbaren Einkünfte. Die in der Gestellungsvergütung enthaltenen, weiterverrechneten Nächtigungskosten fallen gemäß Art 3 Abs. 2 DBA-GB i.V.m. § 26 Z. 4 EStG nicht unter die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit nach Art. 14 DBA-GB. Da somit auch dieser Teil der Gestellungsvergütung nicht dem in Österreich einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn der Leiharbeitnehmer zuzurechnen ist, besteht kein finales Besteuerungsrecht und ist die davon erhobene Abzugssteuer ebenfalls zurückzuzahlen.
3.3.4. Verfahrensrechtliche Prüfung des Antrages
Gemäß § 240 Abs. 3 BAO hat auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht
a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,
b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,
c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.
Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt.
Gemäß § 18 Abs. 1 lit. a AVOG obliegt dem Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart für das gesamte Bundesgebiet die auf Grund völkerrechtlicher Verträge vorgesehene Rückzahlung von Abgaben.
Weil von genannten Teilen der Gestellungsvergütung entgegen dem DBA-GB Abzugssteuern gemäß § 99 EStG einbehalten wurden, liegen zu Unrecht erhobene Abgaben nach § 240 Abs. 3 BAO vor. Da Österreich an diesen Einkünften der Bf. kein Besteuerungsrecht zusteht, ist auch eine Anrechnung dieser Abzugssteuern im Wege eines Veranlagungsverfahrens ausgeschlossen.
Der Tatbestand des § 240 Abs. 3 BAO wurde daher erfüllt, mit der Rechtsfolge, dass die zu Unrecht einbehaltenen Abgaben zurückzuzahlen sind.
Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 lit. a AVOG wird so verstanden, dass das FA Bruck Eisenstadt Oberwart für Rückzahlungsanträge gemäß § 240 Abs. Abs. 3 BAO zuständig ist, wenn sich die zu Unrecht erfolgte Einbehaltung der Abgaben aus der Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen ergibt. Über den Rückzahlungsantrag hat daher die sachlich zuständige Abgabenbehörde entschieden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aus den angeführten Gründen der Beschwerde vollinhaltlich stattzugeben war und die beantragte Abzugssteuer von insgesamt € 42.006,96 zurückzuzahlen ist.
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der maßgebenden Rechtsfrage, dass im Rückerstattungsverfahren ohne eine gesetzlich normierte Lohnsteuerschuld keine Gegenverrechnung einer fiktiven Lohnsteuer zur Sicherung der Einkommensteuer auf die nichtselbständigen Einkünfte der Leiharbeitnehmer erfolgen kann, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des VwGH zum Legalitätsprinzip. Die anderen Rechtsfragen waren nicht strittig und wurden im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH behandelt. Eine Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am 6. August 2020
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 15 DBA GB (E), Doppelbesteuerungsabkommen Großbritannien und Nordirland (Einkommensteuer), BGBl. Nr. 390/1970 |