VwGH 2009/13/0031

VwGH2009/13/003122.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak, Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Dr. T in M, vertreten durch die IB Interbilanz Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung Gesellschaft mbH & Co KG in 1040 Wien, Gußhausstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 22. Jänner 2009, Zl. RV/3057- W/08, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007, zu Recht erkannt:

Normen

DBAbk CSSR 1979 Art15 Abs2 litb ;
DBAbk CSSR 1979 Art3 Abs2 ;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2007 Dienstnehmer der X GmbH, die ihn im Ausmaß von 30% seiner Tätigkeit zur slowakischen Tochtergesellschaft Y s.r.o. entsandt und dem Finanzamt zwei Lohnzettel betreffend die Tätigkeit in Österreich und in der Slowakei übermittelt hat.

Bei der Einkommensteuerveranlagung 2007 beließ das Finanzamt den auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Y s.r.o. entfallenden Bezugsteil zunächst gemäß Art. 23 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 34/1979 (im Folgenden nur: DBA-CSSR), das im Streitzeitraum mangels Abschlusses eines eigenen Doppelbesteuerungsabkommens im Verhältnis zur Slowakei anwendbar war (vgl. den Notenwechsel BGBl. Nr. 1046/1994), unter Progressionsvorbehalt steuerfrei.

Der Beschwerdeführer berief gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 und brachte vor, dass dem Finanzamt bei der Berechnung des Durchschnittssteuersatzes ein Fehler unterlaufen sei, dessen Korrektur zu einer Reduktion der Einkommensteuer von 84.489,79 EUR auf 84.377,56 EUR führe.

Mit Ersuchen um Ergänzung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer sodann vor, er sei 2006 und 2007 weniger als 183 Tage zur slowakischen Tochter entsandt worden, weshalb die Vergütungen hierfür gemäß Art 15 Abs. 2 DBA-CSSR der Besteuerung in Österreich unterlägen. Eine andere Sichtweise sei nur geboten, wenn der slowakischen Tochter wirtschaftlich die Arbeitgebereigenschaft zukomme. Der Beschwerdeführer werde daher ersucht, bekannt zu geben und zu belegen: Wer über die Höhe seiner Bezüge entscheide bzw. mit wem die Gehaltsvereinbarung abgeschlossen worden sei? Wer über die Teilnahmeberechtigung an einem allfälligen Erfolgsbonus- und Aktienerwerbsplan des Konzerns entscheide? Wer das Risiko für eine Lohnzahlung im Nichtleistungsfall trage? Wem gegenüber Abfertigungs- und Pensionsansprüche erwüchsen? Wer über das Urlaubsausmaß entscheide? Wer den Beschwerdeführer nach Ablauf der Entsendungszeit beschäftige? Wer das Recht der Entscheidung über Kündigung bzw. Entlassung habe? Ob die Kündigungsgründe des Staates des "Personalentsenders" oder die des Staates des "Personalverwenders" gelten würden? Mit wem der Beschwerdeführer Meinungsverschiedenheiten aus dem Dienstvertrag auszutragen habe und wer für dessen sozialversicherungsrechtliche Belange zuständig sei?

In Entsprechung des Ergänzungsersuchens übermittelte der Beschwerdeführer den zwischen ihm und der X GmbH abgeschlossenen "Entsendungsvertrag" und einen u.a. zwischen der X GmbH und der Y s.r.o. geschlossenen "Vertrag betreffend einer Arbeitskraftüberlassung". In diesen Verträgen seien die wesentlichen Grundlagen der Entsendung geregelt worden. Demzufolge sei der Beschwerdeführer während seiner Tätigkeit für die Y s.r.o. in diese eingegliedert und dieser gegenüber ausschließlich verantwortlich. Er erhalte die notwendigen Arbeitsmittel von der Y s.r.o., die alle dafür anfallenden Kosten nach Anfall zu übernehmen habe.

Grundüberlegung sei, dass einige Mitarbeiter der X GmbH bei der Y s.r.o. tätig werden sollten, und zwar neben ihrem weiterhin aufrechten Dienstvertrag mit der X GmbH. Sie sollten einen Teil ihrer Arbeitszeit der X GmbH widmen "und den Rest als Dienstnehmer (der Y s.r.o.) arbeiten". Arbeitsrechtlich hätte man einen Dienstvertrag mit der Y s.r.o. abschließen können. Zur Vereinfachung sei vereinbart worden, dass das Dienstverhältnis mit der österreichischen Gesellschaft aufrecht bleibe, alle wirtschaftlichen Effekte aber so gestaltet würden, als ob die Y s.r.o. auch arbeitsrechtlich Dienstgeber sei. Die Frage einer möglichen Kündigung sei nicht näher geregelt worden, weil die betroffenen Personen langjährig im Konzern beschäftigt bzw. auch Gesellschafter seien.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 DBA-CSSR sei das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die von einem oder für einen Arbeitgeber gezahlt würden, der in der Slowakei ansässig sei, für die Tätigkeit in der Slowakei ab dem ersten Tag der Tätigkeit der Slowakei zugeordnet. Bei der Zuordnung des Besteuerungsrechtes komme es laut Kommentar zum OECD-Musterabkommen darauf an, wer der wirtschaftliche Arbeitgeber sei. Der Begriff des wirtschaftlichen Arbeitgebers sei weder im DBA noch im innerstaatlichen Recht ausdrücklich definiert. In der Literatur werde der wirtschaftliche Arbeitgeber als diejenige rechtlich selbständige Person bezeichnet, die die Vergütungen für die ihr geleistete unselbständige Arbeit wirtschaftlich trage bzw. zu tragen habe. Mit wem der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag abgeschlossen habe, sei nicht maßgebend. Bei der Frage, wer die Vergütung trage bzw. zu tragen habe, komme es darauf an, wem die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit nach den Grundsätzen des "dealing at arm's length" Prinzips zuzuordnen sei. Das sei jene Person, der der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung schulde, unter deren Leitung er tätig werde und deren Weisungen er unterworfen sei. Fragen der arbeitsrechtlichen Gestaltung des Dienstvertrages, eine Rückkehroption etc. seien nicht entscheidend.

Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Bestimmung, wonach das Besteuerungsrecht an Arbeitslöhnen der Staat haben solle, dessen Steuerbemessungsgrundlage durch die aufwandsmäßige Berücksichtigung der Arbeitslöhne beschränkt werde. Nur in Fällen, in denen kein ausreichender Anknüpfungspunkt zum Tätigkeitsstaat gegeben sei, werde das Besteuerungsrecht aus Vereinfachungsgründen beim Entsende-/Wohnsitzstaat belassen.

Der Beschwerdeführer sei von der Y s.r.o. zeitanteilig übernommen worden, um bestimmte Tätigkeiten im Management und im Aufbau des Vertriebs auszuüben. Er habe ein eigenes Büro bei der Y s.r.o., in dem er seine Leistungen erbringe. Normalerweise sei er zwei Tage pro Woche vor Ort. Seine Haupttätigkeit bestehe im Aufbau, in der Kontrolle und Optimierung technischer Abläufe. Es handle sich dabei um Leistungen, die eindeutig im Interesse der Y s.r.o. und nicht der X GmbH stünden. Die anfallenden Gehaltskosten würden ohne Aufschlag an die Y s.r.o. weiterverrechnet. Somit lägen Vergütungen eines slowakischen Arbeitgebers vor, sodass die Besteuerung im Tätigkeitsstaat zu erfolgen habe.

Zu den im Ergänzungsersuchen aufgeworfenen Fragen teilte der Beschwerdeführer mit, dass der arbeitsrechtliche Dienstvertrag zwischen ihm und der X GmbH abgeschlossen worden sei, weshalb die Höhe der Bezüge formal zwischen dem Beschwerdeführer und der X GmbH fixiert werde. Die X GmbH und die Y s.r.o. hätten sich aber hinsichtlich der Höhe der Bezüge zur einvernehmlichen Vorgangsweise verpflichtet. Verträge über eine Teilnahmeberechtigung an einem allfälligen Erfolgsbonus- und Aktienerwerbsplan des Konzerns gebe es nicht. Das Risiko für den Nichtleistungsfall trage die Y s.r.o.. Arbeitsrechtlich entstünden Abfertigungsansprüche gegenüber der X GmbH, wobei die Kosten im Anlassfall von der Y s.r.o. zu ersetzen seien. Pensionsansprüche gebe es keine. Das Urlaubsausmaß ergebe sich aus dem arbeitsrechtlichen Anspruch. Bezüglich der Inanspruchnahme des Urlaubes sei das Einvernehmen zwischen X GmbH und Y s.r.o. herzustellen. Der Beschwerdeführer habe mit der X GmbH ein aufrechtes Arbeitsrechtsverhältnis. Das Recht der Kündigung/Entlassung habe die X GmbH und es seien die österreichischen arbeitsrechtlichen Regelungen anzuwenden. Für Fragen des Diensteinsatzes, der Zeiteinteilung etc. sei die Y s.r.o. zuständig, soweit der Beschwerdeführer für diese tätig sei. Der Beschwerdeführer unterliege den Bestimmungen des österreichischen Sozialversicherungsrechtes. Die Beiträge würden von der X GmbH abgeführt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und änderte den Einkommensteuerbescheid zum Nachteil des Beschwerdeführers ab, indem sie den auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Y s.r.o. entfallenden Bezugsteil der Besteuerung in Österreich unterzog.

Zur Begründung stellte die belangte Behörde zunächst folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:

"Der (Beschwerdeführer) ist Dienstnehmer der österreichischen (X GmbH), welche ihn per 1. Jänner 2006 im Ausmaß von 30% seiner Arbeitskraft zur slowakischen Tochtergesellschaft (Y s.r.o.) entsendet hat, um bei dieser bestimmte Tätigkeiten im Management und im Aufbau des Vertriebes auszuüben. Zu diesem Zwecke wurden einerseits zwischen der (X GmbH) und der (Y s.r.o.) ein Vertrag betreffend eine Arbeitskräfteüberlassung und andererseits zwischen der (X GmbH) und dem (Beschwerdeführer) ein Entsendungsvertrag abgeschlossen. Diese Verträge regeln die wesentlichen Grundlagen der Entsendung.

Danach ist der (Beschwerdeführer) während seiner Tätigkeit für die (Y s.r.o.) in diese als Arbeitnehmer eingegliedert und dieser gegenüber ausschließlich verantwortlich. Sie legt die Tätigkeit des (Beschwerdeführers) fest, trägt das Risiko für den Erfolg der Tätigkeit des (Beschwerdeführers), regelt alle Fragen des Diensteinsatzes und die der Zeiteinteilung. Weiters trägt sie die Verantwortung für den (Beschwerdeführer) und stellt die notwendigen Arbeitsmittel und das Büro zur Verfügung. Auch die anfallenden tatsächlich bezahlten Gehaltskosten des (Beschwerdeführers) werden an die (Y s.r.o.) ohne Aufschlag weiterverrechnet.

Der arbeitsrechtliche Dienstvertrag besteht (weiterhin) zwischen der österreichischen Gesellschaft (X GmbH) und dem (Beschwerdeführer). Die Höhe der Bezüge wird zwischen ihr und dem (Beschwerdeführer) fixiert, der (Beschwerdeführer) geht lediglich bei Änderungen einvernehmlich mit der (Y s.r.o.) vor. Über das Urlaubsausmaß entscheidet ebenfalls die österreichische Gesellschaft, auch hier stellt der (Beschwerdeführer) bei der Inanspruchnahme lediglich Einvernehmen mit der (Y s.r.o.) her.

Arbeitsrechtliche Abfertigungsansprüche entstehen ausschließlich gegenüber der (X GmbH) und das Recht der Kündigung bzw. Entlassung obliegt ebenfalls der österreichischen Gesellschaft. Auch die Sozialversicherungsbeiträge werden von der (X GmbH) abgeführt.

In § 3 Punkt 1 des Entsendungsvertrages wird ausdrücklich festgehalten, dass durch die Leistungserbringung des (Beschwerdeführers) für die Empfängerfirma zwischen der Empfängerfirma und dem (Beschwerdeführer) kein eigenständiger Dienstvertrag entsteht. Der (Beschwerdeführer) bleibt daher arbeitsrechtlich und aus Sicht der Sozialversicherung im bestehenden Dienstverhältnis mit der (X GmbH).

Nach § 5 des Entsendungsvertrages ist auf den gegenständlichen Entsendungsvertrag österreichisches Recht anzuwenden."

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde nach Anführung von Bezug habenden inner- (§ 1 Abs. 2 EStG 1988 und § 26 Abs. 1 BAO) und zwischenstaatlichen (Art. 3 Abs. 2 und Art. 15 Abs. 2 DBA-CSSR) Bestimmungen aus, dass der Beschwerdeführer im Streitzeitraum unstrittig über einen Wohnsitz in Österreich verfügt habe und weniger als 183 Tage in der Slowakei tätig gewesen sei. Trotzdem gehe er mit der Begründung, dass die Y s.r.o. als sein "wirtschaftlicher Arbeitgeber" im Sinne von Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA-CSSR anzusehen sei, davon aus, "dass die Slowakei die auf die Zeit seines Aufenthaltes in der Slowakei entfallenden Einkünfte zu Recht ebenfalls besteuert habe und die entrichtete Steuer demgemäß auf die österreichische Steuer anzurechnen sei".

Der in Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA-CSSR verwendete Arbeitgeberbegriff sei - so die belangte Behörde - auf Grund der Verweisungsnorm des Art. 3 Abs. 2 DBA-CSSR nach innerstaatlichem Recht zu interpretieren. Bei einer als Arbeitnehmergestellung bezeichneten Gestaltung - die im Streitfall unstrittig vorliege - habe der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass in der Regel ein Dienstverhältnis nur gegenüber demjenigen bestehe, der den Arbeitnehmer zur Verfügung stelle (Gesteller), nicht jedoch - mangels Auszahlung von steuerpflichtigem Arbeitslohn - zwischen dem Arbeitnehmer und demjenigen, dem die Arbeitsleistung erbracht werde (Gestellungsnehmer). Der Gestellungsnehmer werde ausnahmsweise dann als Arbeitgeber anzusehen sein, wenn ihm ein unmittelbares (nicht nur vom Gesteller abgeleitetes) Weisungsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer zukomme und der Arbeitnehmer in erster Linie in den Betrieb des Gestellungsnehmers eingegliedert sei. In diesem Zusammenhang könne insbesondere darauf abgestellt werden, wer über die Höhe der Bezüge entscheide, wer den Arbeitnehmer kündigen bzw. entlassen dürfe, wer den Arbeitnehmer nach Ablauf der Entsendezeit behalte bzw. wer über das Urlaubsausmaß entscheide (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 27. Oktober 1987, 85/14/0010, und vom 19. Dezember 2002, 99/15/0191, VwSlg 7777/F).

Ob der Gesteller oder der Gestellungsnehmer Anzahl und Qualifikation der Arbeitnehmer bestimme, sei laut dem Verwaltungsgerichtshoferkenntnis VwSlg 7777/F ebenso wenig relevant wie der Umstand, dass der Arbeitnehmer in den Räumen und mit den Geräten des Gestellungsnehmers arbeite. Es liege in der Natur der Arbeitskräfteüberlassung, dass der Gestellungsnehmer den Lohn- und Gehaltsaufwand zu tragen habe. Gleiches gelte für das Weisungsrecht des Gestellungsnehmers und die notwendige Abstimmung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers mit dem Gestellungsnehmer. Es sei nicht ungewöhnlich, dass dem Gestellungsnehmer bei der Arbeitskräfteüberlassung bezogen auf die vom Arbeitnehmer durchzuführenden Arbeiten ein Weisungsrecht zukomme, dass dieser Anordnungen betreffend die Festlegung der Tätigkeit und den Tätigkeitsumfang treffen könne, die Arbeitszeit vorgebe und alles übrige im Zusammenhang mit dem Diensteinsatz des Arbeitnehmers bestimme. Die Übernahme der Verantwortung bzw. des Risikos für die Arbeitsergebnisse durch den Gestellungsnehmer könne ebenfalls nicht zu einem Arbeitgeberwechsel führen, denn gerade darin liege der Unterschied zwischen der Arbeitskräfteüberlassung und einer Assistenzleistung, bei der keine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, sondern eine Dienstleistung erbracht werde. Auch der Einwand, die Höhe der Bezüge habe mit dem Gestellungsnehmer abgestimmt werden müssen, sei nicht zielführend, weil ein einvernehmliches Vorgehen nichts an der letztlichen Entscheidungszuständigkeit des Gestellers ändere.

Aus den übermittelten Verträgen und den Angaben des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren gehe zweifelsfrei hervor, "dass die österreichische Gesellschaft (X GmbH) alle wesentlichen Belange dienstrechtlicher bzw. arbeitsrechtlicher Natur inne hat (u.a. Gehaltszahlung) bzw. österreichisches Recht für alle aus dem Dienstverhältnis des Beschwerdeführers resultierenden Rechte und Pflichten (Urlaubsausmaß, Abfertigungsansprüche, Sozialversicherung) und daraus allfällig resultierende Streitigkeiten zur Anwendung zu kommen hat". Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die der Beschwerdeführer im Jahr 2007 für seine Tätigkeit bei der Y s.r.o. bezogen habe, seien daher in Österreich (als Ansässigkeitsstaat) der Besteuerung zu unterziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Art. 3 und 15 des DBA-CSSR lauten auszugsweise:

"Artikel 3

Allgemeine Definitionen

(2) Bei Anwendung dieses Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.

Artikel 15

Unselbständige Arbeit

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält und

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat."

Da dem DBA-CSSR keine Definition des Begriffes "Arbeitgeber" zu entnehmen ist, ging die belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - unter Berufung auf Art. 3 Abs. 2 des Abkommens - davon aus, dass dem in Art. 15 Abs. 2 lit. b des Abkommens verwendeten "Arbeitgeberbegriff" jene Bedeutung beizumessen ist, die ihm im nationalen Recht zukommt. Dabei ließ sie außer Acht, dass nach dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 DBA-CSSR das innerstaatliche Recht der Vertragsstaaten nur dann von Bedeutung ist, "wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert". Letzteres trifft im Streitfall zu, weil Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA-CSSR für einen in Österreich ansässigen Arbeitnehmer mit Einkünften aus einer in der Slowakei ausgeübten Tätigkeit das ausschließliche österreichische Besteuerungsrecht davon abhängig macht, dass "die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden", der nicht in der Slowakei ansässig ist. Durch diese Einschränkung soll nach hM sichergestellt werden, dass der Tätigkeitsstaat sein Recht zur Besteuerung auch bei einer unter 183 Tage dauernden Tätigkeit behält, wenn die gezahlte Vergütung den Gewinn eines seiner Steuerhoheit unterliegenden Unternehmens geschmälert hat. Entscheidend ist demnach, dass die Vergütung vom nicht im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber getragen und nicht bloß an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird (vgl. Zehetner/Dupal, Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer (Hrsg.), Wien 2003, S. 141 f, mwN, und z.B. das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 23. Februar 2005, I R 46/03, BStBl. 2005 II S. 547, der - in Bezug auf DBA-Bestimmungen, die mit der hier anzuwendenden vergleichbar sind - wiederholt ausgesprochen hat, dass Arbeitgeber im Sinne des Abkommensrechts nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber, sondern auch eine andere natürliche oder juristische Person sein kann, die die Vergütungen für die ihr geleistete nichtselbständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt; vgl. auch Giesinger, Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, SWI 2010, S. 3 ff).

Die belangte Behörde stellte u.a. fest, dass die X GmbH denjenigen Teil des an den Beschwerdeführer gezahlten Arbeitslohnes an die Y s.r.o. weiterverrechnet habe, der rechnerisch auf die Arbeitszeit des Beschwerdeführers in der Slowakei entfiel. Demnach hat die Y s.r.o. jenen Anteil am Arbeitslohn, um den es im Streitfall geht, wirtschaftlich getragen. Indem die belangte Behörde diesen Umstand - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei der Gestellung von Arbeitskräften an Dritte in der Regel derjenige als Arbeitgeber anzusehen ist, der die Arbeitnehmer dem Dritten überlassen hat und der sie entlohnt (Gesteller) und nicht der Gestellungsnehmer, der diese Arbeitskräfte in seinem Betrieb zur Arbeitsleistung einsetzt - auch vor dem Hintergrund des Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA-CSSR als unbeachtlich angesehen hat, hat sie die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. Mai 2013

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