Verdeckte Ausschüttung: Qualifizierung auf Anteilsinhaber-Ebene als Einlagenrückzahlung möglich
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.7105237.2015
Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/13/0051. Mit Erk. v. 30.6.2022 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7102225/2022 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache BF, vertreten durch PwC PricewaterhouseCoopers WP und StB GmbH, Donau-City-Straße 7, 1220 Wien, über die Beschwerde vom 25.09.2015 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom 19.08.2015, betreffend Haftung für die Kapitalertragsteuer 2008, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird stattgegeben, der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
II. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Verfahrensgegenständlich war die Frage, ob eine verdeckte Ausschüttung empfängerseitig als Einlagenrückzahlung qualifiziert werden kann.
Die Beschwerdeführerin (BF; "Gruppenträger-GmbH") hielt im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2008 sämtliche Anteile an der **GM**, mit der sie eine Unternehmensgruppe bildete (daher erfolgt für die **GM** in der Folge die Bezeichnung "Gruppenmitglied-GmbH"). Wesentliche Gesellschafterin der Beschwerdeführerin war die US-amerikanische **US** (in der Folge "US-Gesellschaft").
Zugrundeliegend ist die im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 28.12.2018, zu RV/7105145/2015 erfolgte Beurteilung, dass die Gruppenmitglied-GmbH eine verdeckte Ausschüttung tätigte (Gewährung eines Darlehens iHv EUR 12.500.000 an ihre Großmuttergesellschaft "US-Gesellschaft").
Die hier beschwerdeführende Gruppenträger-GmbH wurde von der belangten Behörde zur Haftung für die Kapitalertragsteuer (KESt) herangezogen: Es sei eine "Durchschüttung" von der Gruppenmitglied-GmbH über die Beschwerdeführerin an die ausländische US-Gesellschaft erfolgt, weshalb es zu einer Vorschreibung von KESt im Haftungswege an die Beschwerdeführerin komme (aufgrund der Erfüllung der Kriterien der DBA-Entlastungsverordnung im reduzierten Ausmaß von 5%).
Nach Vorbringen der Beschwerdeführerin könne jedoch mangels erzielter Gewinne bzw mangels positiver Innenfinanzierung der Gruppenmitglied-GmbH sowie auch der Beschwerdeführerin selbst keine KESt-pflichtige Gewinnausschüttung, sondern allenfalls bloß eine (grundsätzlich steuerneutrale) Einlagenrückzahlung vorliegen.
Konkret wurde die Beschwerdeführerin mit Haftungsbescheid vom 19.8.2015 zur Haftung für die KESt für das Jahr 2008 iHv EUR 625.000 (5% von EUR 12.500.000) herangezogen.
Begründend erfolgte die Ausführung, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 95 Abs 1 EStG als Abzugsverpflichtete dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer hafte. Verwiesen wurde auf die für das Jahr 2008 vorgenommene außerbilanzmäßige Zurechnung zur Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage bei der Gruppenmitglied-GmbH iHv EUR 12,5 Millionen (siehe Erkenntnis vom 28.12.2018, zu RV/7105145/2015) aufgrund des Vorliegens einer verdeckten Ausschüttung auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH. Die Reduktion der KESt auf 5% ergebe sich daraus, dass die formalen Voraussetzungen gemäß Art 10 Abs 2 DBA Ö-USA und der VO BGBl III 92/2005 idF BGBl II 44/2006 erfüllt worden seien.
Es sei deshalb nicht von einer Einlagenrückzahlung auszugehen, da in der Unternehmensbilanz 2008 keine solche Einlagenrückzahlung durch eine entsprechende Verbuchung der Kapitalrücklage abgebildet worden sei. Die Darlehensforderung an die US-Gesellschaft sei noch 2009, bis zum Zeitpunkt der Wertberichtigung, unverändert bilanziell fortgeführt worden. Auch der Umstand, dass im Zeitpunkt der Darlehensgewährung kein ausschüttbarer Bilanzgewinn vorgelegen sei, ändere nichts an dieser Beurteilung. Das Vorliegen der verdeckten Ausschüttung sei im Steuerrecht - im Gegensatz zum Gesellschaftsrecht - nicht an das Vorliegen von ausschüttbaren Gewinnen der Kapitalgesellschaft gebunden.
Aufgrund einer "Durchschüttung" liege nach Beurteilung durch die belangte Behörde im ersten Schritt bei der Gruppenmitglied-GmbH eine verdeckte Ausschüttung an ihre Muttergesellschaft (die Beschwerdeführerin "Gruppenträger-GmbH") vor. Der Ausschüttungsbetrag iHv EUR 12,5 Millionen stelle bei der Beschwerdeführerin einen steuerbefreiten Beteiligungsertrag nach § 10 KStG dar, ein KESt-Abzug habe gemäß § 94 Z 2 EStG nicht zu erfolgen. Im zweiten Schritt liege eine verdeckte Ausschüttung der Beschwerdeführerin an ihre ausländische Muttergesellschaft (US-Gesellschaft) iHv EUR 12,5 Millionen vor.
Die KESt werde gemäß § 95 Abs 1 EStG von der Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, der US-Gesellschaft, als Empfängerin der verdeckten Ausschüttung geschuldet. Aufgrund des Konkurses der US-Gesellschaft sei eine KESt-Forderung an die Gesellschafterin voraussichtlich nicht einbringlich gewesen, weshalb eine Vorschreibung der KESt an die Beschwerdeführerin als Abzugsverpflichtete im Wege der Haftung (§ 95 Abs 1 und Abs 2 Z 1 lit a EStG iVm § 224 BAO) erfolgt sei.
Mit Beschwerde vom 25.9.2015 beantragte die Beschwerdeführerin, den KESt-Haftungsbescheid 2008 vom 19.8.2015 ersatzlos aufzuheben.
Begründend erfolgte im Wesentlichen das Vorbringen, dass überhaupt keine verdeckte Ausschüttung vorliege. (Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen wurde vom Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom 28.12.2018, RV/7105145/2015, zum Beschwerdeverfahren der Gruppenmitglied-GmbH behandelt; im abweisenden Erkenntnis stellte das Bundesfinanzgericht fest, dass auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH eine verdeckte Ausschüttung iHv EUR 12.500.000 vorliege; es wird auf die Ausführungen im bezeichneten Erkenntnis verwiesen.)
Würde man dennoch von einer verdeckten Ausschüttung ausgehen, so die Beschwerdeführerin, sei im vorliegenden Fall - unabhängig von der Frage einer außerbilanziellen Hinzurechnung für körperschaftsteuerliche Zwecke - keine KESt festzusetzen; vielmehr liege stattdessen eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung vor.
Weder die Gruppenmitglied GmbH noch die beschwerdeführende Gruppenträger-GmbH hätten weder im Betriebsprüfungszeitraum 2006 bis 2009 noch insgesamt einen steuerlichen Gewinn erzielt, was sich aus den aktenkundigen Körperschaftsteuererklärungen oder Körperschaftsteuerbescheiden nachvollziehen ließe. Auch die beabsichtigte außerbilanzielle Hinzurechnung iHv EUR 12,5 Millionen für körperschaftsteuerliche Zwecke im Jahr 2008 würde im Hinblick auf die Ergebnissituation 2008 daran nichts ändern. Unstrittig sei, dass die steuerlichen Einlagen-Evidenzkonten beider Gesellschaften in den Jahren 2007 und 2008 sehr hohe Stände aufgewiesen hätten, in denen auch der außerbilanzielle Hinzurechnungsbetrag leicht Deckung fände.
In den Jahresabschlüssen der beiden Gesellschaften seien Kapitalrücklagen zur Verlustabdeckung aufgelöst worden und in den steuerlichen Evidenzkonten (Einlagen-Evidenzkonten) entsprechende Umbuchungen in das "Bilanzgewinn-Subkonto" (mit der Bezeichnung "im Bilanzgewinn enthaltender Anteil einer aufgelösten Kapitalrücklage") vorgenommen worden. Die Umbuchung in das "Bilanzgewinn-Subkonto" habe bei der Gruppenmitglied-GmbH im Jahr 2008 EUR 27 Millionen und bei der Beschwerdeführerin EUR 37 Millionen betragen.
In rechtlicher Hinsicht erfolgte im Wesentlichen das Vorbringen, dass mangels erwirtschafteter Gewinne nur eine Einlagenrückzahlung vorliegen könne. Diese Auffassung werde durch den Einlagenrückzahlungserlass vom 31.3.1998 sowie auch durch Rz 666 der Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 gestützt. Auch sprächen in der Literatur vertretene Auffassungen, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Finanzsenates sowie der Umkehrschluss zur Regelung der Einlagenrückzahlung durch das Steuerreformgesetz 2015/2016 dafür, dass nur eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung vorliegen könne.
Mit Bericht vom 15.10.2015 wurde die Beschwerde direkt dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Im Beschwerdeschreiben fand sich der Antrag, eine Beschwerdevorentscheidung zu unterlassen und die Beschwerde wurde innerhalb von drei Monaten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Mit Stellungnahme vom 21.7.2016 bestätigte die belangte Behörde, dass sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihre Tochtergesellschaft ("Gruppenmitglied-GmbH") keine steuerlichen Gewinne erzielten und die steuerlichen Evidenzkonten sehr hohe Einlagenstände aufwiesen. Per 31.12.2008 seien bei der Gruppenmitglied-GmbH Kapitalrücklagen iHv EUR 35.745.585,59 ertragswirksam zur Verlustabdeckung aufgelöst worden. Das als verdeckte Ausschüttung qualifizierte Darlehen iHv EUR 12,5 Millionen habe das Ergebnis letztendlich durch die Vornahme der gänzlichen Wertberichtigung um EUR 12,5 Millionen vermindert, der entstandene Aufwand in Höhe der verdeckten Zuwendung sei steuerlich somit nicht neutralisiert worden. Die Auflösung von Kapitalrücklagen sei nicht steuerpflichtig behandelt worden. Aus dem steuerlichen Evidenzkonto zum 31.12.2008 gehe hervor, dass der Einlagenstand der Gruppenmitglied-GmbH iHv EUR 27.034.293,89 vom Kapitalrücklagen-Subkonto auf das Bilanzgewinn-Subkonto umgebucht worden sei; es sei somit keine Verminderung des Evidenzkontostandes bzw des Einlagenstandes durch Ausschüttungen oder sonstige Verwendungen erfolgt.
In rechtlicher Beurteilung handle es sich nach dem Einlagenrückzahlungserlass nur dann um eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung, wenn die Auflösung der Kapitalrücklagen, so die Ausführung in der Stellungnahme der Großbetriebsprüfung, nachweislich körperschaftsteuerpflichtig behandelt und in der Mehr-Weniger-Rechnung nicht abgezogen worden sei. Das heißt, wenn der Ertrag steuerlich erfasst worden sei und folglich keine verdeckte Ausschüttung vorliege. Obendrein müsse die Kapitalrücklagenverwendung in Verbindung mit einer Verminderung des Evidenzkontostandes stehen. Diese Voraussetzungen seien weder bei der Beschwerdeführerin noch bei ihrer Tochtergesellschaft vorgelegen.
Auch die Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 würden bestätigen, dass die Führung eines Evidenzkontos eines der entscheidenden Beweismittel zur Feststellung der steuerlichen Eigenschaft eines Vermögenstransfers von der Körperschaft zum Anteilsinhaber sei, auch wenn es sich nicht um eine materiell-rechtliche Voraussetzung handle. Hätten die für die Ausschüttung Verantwortlichen die Entscheidung für die Behandlung als Gewinnausschüttung oder als Einlagenrückzahlung getroffen, sei diese Entscheidung für sämtliche Anteilsinhaber bindend. Es sei nicht möglich, eine verdeckte Ausschüttung rückwirkend als steuerneutrale Einlagenrückzahlung zu qualifizieren.
Aus der Literatur ergebe sich, dass nur im Fall der offenen Ausschüttung eine Einlagenrückzahlung vorliegen könne, wenn in einer Totalbetrachtung kein operativer Gewinn erwirtschaftet wurde. Dies bestätige auch die Rechtsprechung.
Im Rahmen des am 8.3.2018 stattgefundenen Erörterungstermins bestätigte die belangte Behörde, dass sowohl die Gruppenmitglied-GmbH als auch die Beschwerdeführerin gesamt nur Verluste erzielten und über hohe Einlagenstände in den Evidenzkonten verfügten. Vorgebracht wurde von der belangten Behörde, dass man die Bilanz anders hätte darstellen müssen, wenn man von einer Einlagenrückzahlung ausgegangen wäre.
Im Rahmen der am 14.12.2018 stattgefundenen mündlichen Verhandlung gab die belangte Behörde zu Protokoll, dass sie ihre bisher vertretene Rechtsauffassung aufrecht halte und die Abweisung der Beschwerde beantrage.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
1. Feststellungen
Die Beschwerdeführerin hielt im beschwerdegegenständlichen Jahr 2008 sämtliche Anteile an der **GM** ("Gruppenmitglied-GmbH"). Wesentliche Gesellschafterin der Beschwerdeführerin war im Jahr 2008 die US-amerikanische **US** ("US Gesellschaft").
Die Gruppenmitglied-GmbH gewährte ihrer Großmuttergesellschaft "US Gesellschaft" am 14.4.2008 ein Darlehen iHv EUR 12,5 Millionen, welches aufgrund der Insolvenz der US Gesellschaft (Antrag auf Gläubigerschutz nach Chapter 11 in den USA am 5.3.2009) zur Gänze ausfiel und im Jahr 2008 somit in vollem Ausmaß (gewinnmindernd) wertberichtigt wurde. Nach dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 28.12.2018, RV/7105145/2015, lag auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH eine verdeckte Ausschüttung vor (Hinzurechnung des Betrages von EUR 12,5 Millionen zur Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer).
Weder die Beschwerdeführerin noch deren Tochtergesellschaft "Gruppenmitglied-GmbH" erzielten im Jahr 2008 noch insgesamt einen steuerlichen Gewinn, bei beiden Gesellschaften ergibt sich im Jahr 2008 eine negative Innenfinanzierung. Auch eine Hinzurechnung des Betrages von EUR 12.500.000 infolge der Qualifizierung einer verdeckten Ausschüttung auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH ändert daran nichts. Die steuerlichen Einlagen-Evidenzkonten beider Gesellschaften wiesen sehr hohe Einlagenstände auf, aus denen eine Einlagenrückzahlung iHv EUR 12.500.000 vorgenommen werden hätte können.
Auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH wurden per 31.12.2008 Kapitalrücklagen iHv EUR 35.745.858,59 zur Verlustabdeckung aufgelöst. Es wurde dadurch ein unternehmensrechtlicher Bilanzgewinn iHv EUR 8.962.799,61 ausgewiesen. Das steuerliche Ergebnis der Gruppenmitglied-GmbH betrug laut Feststellungsbescheid 2008 vom 31.5.2010 (vor Hinzurechnung der verdeckten Zuwendung von EUR 12,5 Millionen) EUR -19.256.026,86. (Nach Hinzurechnung der verdeckten Zuwendung von EUR 12,5 Millionen betrug der steuerliche Verlust nur mehr EUR -6.756.026,86.)
Laut steuerlichem Evidenzkonto der Gruppenmitglied-GmbH betrug der steuerliche Einlagenstand EUR 27.034.293,89. Von Seiten der Gruppenmitglied-GmbH wurde keine Verminderung des Einlagenstandes (betreffend die erfolgte Zuwendung von EUR 12,5 Millionen) vorgenommen.
Vorliegend ist ein unterfertigtes ZS-QU2-Formular und die US-Ansässigkeitsbescheinigungen der US-Gesellschaft.
2. Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich auf dem obig dargestellten Verfahrensgang, den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten (im obigen Verfahrensgang angeführten und dargestellten) Dokumenten sowie aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zum Beschwerdeverfahren der Gruppenmitglied-GmbH vom 28.12.2018, RV/7105145/2015.
Die getroffenen Feststellungen können als unstrittig angesehen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdestattgabe)
Vorliegen einer verdeckten Zuwendung
Betreffend den am 16.7.2015 erlassenen Körperschaftsteuerbescheid (Feststellungsbescheid Gruppenmitglied) 2008 der Gruppenmitglied-GmbH stellte das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 28.12.2018, RV/7105145/2015, im Wesentlichen fest, dass die Gruppenmitglied-GmbH (Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin) ihrer Großmuttergesellschaft ("US-Gesellschaft") ein Darlehen iHv EUR 12,5 Millionen gewährte, welches aufgrund der folgenden Insolvenz der US-Gesellschaft, noch im Jahresabschluss 2008 zur Gänze wertberichtigt wurde. Nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht lag die Zuwendung eines Vermögensvorteiles außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung durch die Gruppenmitglied-GmbH an ihre Anteilsinhaber (bzw an die nahestehende Großmuttergesellschaft), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war und mit Wissen und Wollen der Gruppenmitglied-GmbH durchgeführt wurde, vor. Es erfolgte daher die Beurteilung, dass auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH eine verdeckte Ausschüttung ("verdeckte Zuwendung") erfolgte. Die durchgeführte Darlehensforderungs-Wertberichtigung minderte demnach zu Unrecht das steuerliche Ergebnis der Gruppenmitglied-GmbH; um deren korrektes Einkommen der Ertragsbesteuerung zu unterwerfen (die eingetretene Vermögensverminderung zu neutralisieren), rechnete die Abgabenbehörde zur Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer EUR 12,5 Millionen hinzu. Nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht erfolgte diese Hinzurechnung zu Recht, die dagegen erhobene Beschwerde der Gruppenmitglied-GmbH wurde vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind die Folgen für die Gruppenträger-GmbH (Beschwerdeführerin) zu beurteilen, die im Jahr 2008 alleinige Anteilsinhaberin der Gruppenmitglied-GmbH war, und die von der belangten Behörde zur Haftung für die Kapitalertragsteuer herangezogen wurde.
Die belangte Behörde gelangte zu folgender Beurteilung: Aufgrund einer Durchschüttung liege im ersten Schritt bei der Gruppenmitglied-GmbH eine verdeckte Ausschüttung an ihre inländische Muttergesellschaft (die Beschwerdeführerin) vor; der zugewendete Betrag stelle bei dieser einen steuerbefreiten Beteiligungsertrag gemäß § 10 Abs 1 Körperschaftsteuergesetz 1988 (KStG) dar, ein KESt-Abzug habe gemäß § 94 Z 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) aufgrund des gegebenen Beteiligungsausmaßes nicht zu erfolgen. Im zweiten Schritt liege eine verdeckte Ausschüttung von der Beschwerdeführerin an ihre ausländische Muttergesellschaft, die US-Gesellschaft, in gleicher Höhe vor. Die KESt iHv 5% von EUR 12.500.000 (EUR 625.000) werde zwar von der US-Gesellschaft geschuldet, aufgrund des Konkurses der Gesellschaft wäre die KESt-Vorschreibung jedoch voraussichtlich nicht einbringlich, weshalb die KESt direkt an die Beschwerdeführerin vorgeschrieben worden sei. Die formalen Voraussetzungen für eine Reduktion der KESt auf das Ausmaß von 5% gemäß Art 10 Abs 2 DBA Ö-USA gemäß VO BGBl III 92/2005 idF BGBl II 44/2006 seien vorgelegen, weil die US-amerikanischen Ansässigkeitsbescheinigungen der US-Gesellschaft und eine Erklärung iSd § 2 Abs 2 der DBA-Entlastungsverordnung vorgelegt worden seien.
Dementsprechend zog die belangte Behörde die Beschwerdeführerin somit zur Haftung für die Kapitalertragsteuer für das Jahr 2008 heran.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hat das Bundesfinanzgericht die Rechtmäßigkeit des entsprechenden Haftungsbescheid zu prüfen.
Qualifizierung der verdeckten Zuwendung als Einlagenrückzahlung?
Ginge man auf Anteilsinhaber-Ebene auch von einer verdeckten Ausschüttung - im Sinne einer Gewinnausschüttung ieS - aus, erwiese sich die von der belangten Behörde getroffene Beurteilung als unstrittig. Von Seiten der Beschwerdeführerin erfolgt jedoch der Einwand, dass auf Anteilsinhaber-Ebene anstatt eines (gegenständlich KESt-pflichtigen) Beteiligungsertrages (= Gewinnausschüttung ieS) eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung vorliege.
Das Bundesfinanzgericht stellt einer diesbezüglichen Prüfung voran, dass die Besteuerungsfolgen auf Ebene der Körperschaft nicht zwingend mit jenen auf Ebene der Anteilsinhaber verknüpft sein müssen. Die Regelung der verdeckten Ausschüttung in § 8 KStG wendet sich vielmehr ausschließlich an die zuwendende Körperschaft und bezweckt die Ermittlung deren richtigen Einkommens. Es besteht weder ein formeller Zusammenhang noch sonst eine Art von Bindungswirkung mit den Besteuerungsfolgen auf Ebene des Zuwendungsempfängers, wenngleich eine verdeckte Ausschüttung auf Ebene der zuwendenden Körperschaft grundsätzlich auch eine verdeckte Ausschüttung (im Sinne einer Gewinnausschüttung ieS) beim Empfänger der Zuwendung indiziert.
Konkret war auf Ebene der zuwendenden Gruppenmitglied-GmbH die notwendige Korrektur der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, die aufgrund der als gewinnmindernd vorgenommenen Wertberichtigung unzutreffend angesetzt wurde, durchzuführen. Es erwies sich dabei als unerheblich, ob den Anteilsinhabern tatsächlich Gewinne oder Einlagen auf verdeckte Weise zugewendet wurden (weshalb auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH problemlos der Begriff "verdeckte Ausschüttung" verwendet werden kann). Für die ausschüttende bzw rückzahlende Gruppenmitglied-GmbH war jedenfalls ein gesellschaftsrechtlich veranlasster, steuerneutraler Vorgang gegeben.
Auf Ebene der empfangenden Anteilsinhaber (konkret im ersten Schritt auf Ebene der Beschwerdeführerin und im zweiten Schritt auf Ebene der US-Gesellschaft), kann die verdeckte Ausschüttung (verdeckte Zuwendung) nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht einen Beteiligungsertrag (somit eine Gewinnausschüttung ieS) oder eine Einlagenrückzahlung darstellen (in diesem Sinne etwa Kirchmayr-Schliesselberger, in Handbuch Verdeckte Gewinnausschüttung, 2. Auflage, Punkt VII. B). Die jeweilige Qualifikation als Gewinnausschüttung ieS oder als Einlagenrückzahlung führt auf Anteilsinhaber-Ebene zu wesentlich differenzierenden Besteuerungsfolgen: im beschwerdegegenständlichen Fall zu entweder KESt-pflichtigen Beteiligungserträgen oder aber zu einem steuerneutralen Vorgang.
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass im Jahr 2008 weder bei der Gruppenmitglied-GmbH noch bei ihr steuerliche Gewinne bzw eine positive Innenfinanzierung vorhanden gewesen seien, die ausgeschüttet werden hätten können; es habe daher auf Ebene der Anteilsinhaber nur eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung vorliegen können.
Die belangte Behörde tritt dieser Argumentation entgegen und führt aus, dass nur in folgendem Fall eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung vorliegen hätte können: "Wenn die Auflösung der Kapitalrücklagen nachweislich körperschaftsteuerpflichtig behandelt und in der Mehr-Weniger-Rechnung nicht abgezogen" worden, "und die Kapitalrücklagenverwendung in Verbindung mit einer Verminderung des Evidenzkontostandes" gestanden wäre. Diese Voraussetzungen seien bei keiner der Gesellschaften vorgelegen, weshalb nicht von einer Einlagenrückzahlung auszugehen sei.
Das Bundesfinanzgericht trifft diesbezüglich nachfolgende Erwägungen:
Gesetzliche Regelungen & Steuersystematik
Als gesetzliche Grundlage für die Einlagenrückzahlung kann (bereits) § 6 Z 14 EStG angesehen werden: Die Einlage in eine Körperschaft führt zu Anschaffungskosten der Beteiligung bzw bewirkt eine Erhöhung der Anschaffungskosten. Eine Einlagenrückzahlung vermindert hingegen im Sinne der Tauschfiktion des § 6 Z 14 EStG die Anschaffungskosten wieder. Die Regelung differenziert nicht danach, ob der Einlage- bzw Einlagerückzahlungsvorgang in offener oder verdeckter Weise erfolgt.
§ 4 Abs 12 EStG trifft detailliertere Regelungen zur Einlagenrückzahlung, wobei der Norm jedoch bloß deklarative Bedeutung zukommt (vgl ErlRV 72 BlgNR 20. GP 257). Die für das beschwerdegegenständliche Jahr 2008 anzuwendende Fassung (§ 4 Abs 12 EStG idF StruktAnpG 1996, BGBl 201/1996, angepasst durch das AbgÄG 1996, BGBl 1996/797, anzuwenden ab der Veranlagung 1996) stellt klar, dass eine Einlagenrückzahlung, auch wenn sie im Wege einer Einkommensverwendung erfolgt, als Veräußerung der Beteiligung gilt und verpflichtet Anteilsinhaber, ein Evidenzkonto (Einlagen-Evidenzkonto) zu führen, in dem der steuerliche Einlagenstand evident gehalten und laufend fortgeschrieben wird.
Der Zweck der Evidenzkontoführung liegt darin, Einlagen identifizierbar zu machen um auf diese Weise sicherzustellen, dass nicht Gewinne sondern tatsächlich Einlagen rückbezahlt werden. Die Führung bzw Vorlage des Evidenzkontos stellt keine materiell-rechtliche Voraussetzung für das Vorliegen einer steuerneutralen Einlagenrückzahlung dar, vielmehr ist § 4 Abs 12 EStG als Ordnungsvorschrift zu qualifizieren (vgl UFS 29.5.2012, RV/2587-W/08; ErlRV 72 BlgNR 20. GP ), die der genauen Identifizierung und Quantifizierung von Einlagen bzw Einlagenrückzahlungen dient und der (bloß) die Funktion eines Beweismittels (Beweisführung für das Vorhandensein von Einlagen für die Einlagenrückzahlung) zukommt (vgl etwa VwGH 22.3.2000, 96/13/0175; 11.8.1993, 91/13/0005). Verletzt ein Abgabepflichtiger eine derartige Ordnungsvorschrift, kann dies nicht eine der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entgegenstehende steuerliche Behandlung nach sich ziehen (vgl in diesem Sinne Stückler/Wytrzens, Einlagenrückzahlung nach dem AbgÄG 2015, ÖStZ 2016/245). Wie § 6 Z 14 EStG spricht auch § 4 Abs 12 EStG (außer in der nur für kurze Zeit anzuwendenden und beschwerdegegenständlich nicht relevanten Fassung SteuerreformG 2015/2016) verdeckte Ausschüttungen (bzw verdeckte Zuwendungen) nicht an.
Im beschwerdegegenständlichen Fall führte die Beschwerdeführerin zwar Einlagen-Evidenzkonten, jedoch bildete sie die konkret erfolgte (verdeckte) Zuwendung der EUR 12,5 Millionen nicht als Einlagenrückzahlung im Einlagen-Evidenzkonto ab. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass die Verminderung im Evidenzsubkonto deshalb nicht erfolgt sei, weil die Gesellschaften bzw die leitenden Organe davon ausgingen, dass überhaupt keine verdeckte Zuwendung erfolgt sei, weshalb sie nicht antizipativ eine entsprechende Darstellung im Evidenzkonto vornehmen hätten können.
Aufgrund der Qualifikation des Einlagen-Evidenzkontos als bloße Ordnungsvorschrift, kann dieses Versäumnis der Beschwerdeführerin nicht eine der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entgegenstehende Qualifikation nach sich ziehen. Bei einer (wirtschaftlich betrachtet) tatsächlich erfolgten Einlagenrückzahlung, kann diese daher nicht bloß aufgrund der Tatsache, dass sie nicht ordnungsgemäß im Einlagen-Evidenzkonto abgebildet wurde, in eine Gewinnausschüttung ieS umgedeutet werden.
Gemäß § 27 EStG gehören Gewinnanteile und sonstige Bezüge ua aus Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen bzw zählen sie iSd Subsidiaritätsprinzip zu den Haupteinkünften (in der Folge wird daher die Bezeichnung Kapitaleinkünfte verwendet). Erzielt ein Anteilsinhaber in Folge einer verdeckten Ausschüttung Beteiligungserträge, können diese unter den Terminus "sonstiger Vorteil" subsumiert werden. Eine Einlagenrückzahlung kann hingegen nicht als "sonstiger Vorteil" iSd § 27 EStG angesehen werden (vgl VwGH 19.2.1991, 87/14/0136; im Verfahrensgang der zitierten Entscheidung argumentierte die Abgabenbehörde, dass eine widerrechtliche Rückgewähr von Stammeinlagen als "sonstiger Vorteil" iSd § 27 EStG zu sehen sei - diese Auffassung wurde vom VwGH nicht geteilt, da bloße Vermögensumschichtungen keine Einkünfte darstellten).
Gemäß § 96 Abs 3 EStG hat ein KESt-Abzugsverpflichteter in einer KESt-Anmeldung die KESt zu dokumentieren, wobei auch das Unterbleiben des Steuerabzugs zu begründen ist; angesprochen ist damit die Anmeldung bei KESt-befreiten Kapitalerträgen. Da Einlagenrückzahlungen jedoch keine Kapitalerträge darstellen, müssten diese eigentlich nicht in die KESt-Erklärung aufgenommen werden. Vom Einlagenrückzahlungslass wird dennoch eine entsprechende Dokumentation in der KESt-Anmeldung verlangt; dieses Erfordernis ergibt sich jedoch nicht aus dem Gesetzeswortlaut - mangels Vorliegens von Kapitaleinkünften, kann eben keine gesetzliche Pflicht zur Abgabe eine KESt-Anmeldung bestehen.
Entsprechend steuersystematischen Erwägungen hat eine Kapitalgesellschaft ihre erzielten steuerlichen Gewinne (auf Ebene der Gesellschaft) der Körperschaftsteuer zu unterwerfen. Erfolgen aus den erzielten Gewinnen Ausschüttungen, so stellen die ausgeschütteten Beträge auf Ebene der Anteilsinhaber Beteiligungserträge (Kapitaleinkünfte) dar, die - sofern nicht ein Befreiungstatbestand greift - der KESt-Pflicht unterliegen.
Anders stellt sich eine Einlagenrückzahlung dar: Die Geldeinlage in eine Kapitalgesellschaft gilt als Anschaffungsgeschäft der Gesellschaftsrechte durch den Gesellschafter und erweist sich als steuerneutral. Einlagenrückzahlungen stellen sich - als contrarius actus dazu - grundsätzlich ebenso steuerneutral - dar (der Gesellschafter gibt Gesellschaftsrechte auf und erhält dafür seine Einlagen zurückbezahlt; vgl VwGH 22.3.2000, 96/13/0175). Dies gilt nach dem zitierten Erkenntnis unabhängig von der unternehmensrechtlichen Darstellung, also etwa auch, wenn der Vorgang unternehmensrechtlich in eine Gewinnausschüttung eingekleidet ist. Während eine vom Anteilsinhaber hingegebe Geldeinlage steuerneutral dessen Anschaffungskosten bzw Beteiligungsansatz erhöht, liegt bei einer Einlagenrückzahlung kein Kapitalertrag vor, sondern vermindert diese, korrespondierend zur Einlage, grundsätzlich steuerneutral die Anschaffungskosten/den Beteiligungsansatz. Erst soweit eine Einlagenrückzahlung die Anschaffungskosten/den Buchwert übersteigt, kommt es zu einer Gewinnrealisierung.
Im gegenständlichen Fall lag entsprechend den obig getroffenen Feststellungen weder auf Ebene der Gruppenmitglied-GmbH noch auf Ebene der Beschwerdeführerin ein erwirtschafteter Gewinn vor, der ausgeschüttet werden hätte können. Wirtschaftlich betrachtet konnten bei der festgestellten Zuwendung iHv EUR 12,5 Mio somit bloß Einlagen rückbezahlt worden sein, zumal ein ausreichender Einlagenstand auch vorhanden war.
Der vorhandene Einlagenstand spiegelte sich im beschwerdegegenständlichen Fall sowohl im Einlagen-Evidenzkonto als auch in den Kapitalrücklagen wider. Im Einlagen-Evidenzkonto des Jahres 2008 wurde jedoch nicht eine Einlagenrückzahlung dargestellt und es wurde auch keine KESt-Anmeldung abgegeben, in der das Unterbleiben des Steuerabzuges begründet wurde. In beiden Gesellschaften wurden Kapitalrücklagen in ausreichender Höhe (steuerneutral) aufgelöst.
Aufgrund der obigen Ausführungen, kann jedoch zunächst einmal die unterlassene Darstellung im Einlagen-Evidenzkonto zu keiner der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entgegenstehenden Beurteilung führen. Relevant ist vielmehr, dass tatsächlich Einlagen und nicht Gewinne zugewendet wurden.
Zwar ist davon auszugehen, dass Anteilsinhabern primär Gewinne und nicht Einlagen zugewendet werden (vgl VwGH 19. 2. 1991, 87/14/0136; 11. 8. 1993, 91/13/0005) bzw Einlagenrückzahlungen überhaupt nur dann vorliegen können, wenn mit Sicherheit ausgeschlossen ist, dass nicht Gewinne Verwendung gefunden haben, doch muss bei Nachweiserbringung, dass tatsächlich Einlagen zugewendet wurden, auch eine entsprechend steuerneutrale Behandlung Platz greifen. Beschwerdegegenständlich wurde dieser Nachweis eben erfolgreich erbracht: Da beschwerdegegenständlich bloß Einlagen vorhanden waren, jedoch keinerlei Gewinne, konnten tatsächlich bloß Einlagen zugewendet werden.
Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes: In seinem Erkenntnis vom 19.2.1991, 87/14/0136 bringt der VwGH klar zum Ausdruck, dass für die Ertragsbesteuerung grundsätzlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit maßgebend ist. Demnach könnten, so der VwGH, nur dann Einkünfte vorliegen, wenn bei betrieblichen Einkünften Betriebsvermögensvermehrungen vorliegen und bei außerbetrieblichen Einkünften Einnahmenzuflüsse. Bloße Vermögensumschichtungen fielen hingegen nicht unter den Begriff Einkommen. Somit können, so der VwGH weiter, "nur die Erträge angelegten Kapitals, nicht jedoch dessen Rückzahlung zum Nominale [..] unter den Begriff ,Einkünfte aus Kapitalvermögen' subsumiert werden" (Verweis auf das Erkenntnis vom 24.1.1984, 83/14/0130). Relevant sei die Erbringung des Nachweises, dass tatsächlich Einlagen rückgewährt und nicht etwa thesaurierte Gewinne oder andere Mittel ausgeschüttet werden. Ohne eindeutigen Beweis sei die Vermutung gerechtfertigt, so der VwGH, dass die Geldleistungen der Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter Kapitalerträge aus (in der Vergangenheit) erwirtschafteten Gewinnen und nicht aus Einlagen herrühren. Zum Ausdruck bringt der VwGH dabei auch, dass eine Verletzung von Formvorschriften nicht eine andere Beurteilung bewirken kann. Wenn zweifelsfrei Einlagen rückgezahlt würden, "weil jede andere Möglichkeit, die Herkunft der rückgezahlten Beträge zu erklären, von vornherein" ausscheidet, könne demnach nur eine Einlagenrückzahlung vorliegen. Anzumerken ist, dass in der anzuwendenden Rechtslage zwar noch nicht die Verpflichtung für die Führung eines Einlagen-Evidenzkontos bestanden hat, dennoch kommt klar der Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck, dass es letztendlich (bloß) um die entsprechende Beweisführung geht. Wie auch im beschwerdegegenständlichen Fall, hatte auch im Sachverhalt der zitierten VwGH-Entscheidung die Gesellschaft noch keine Gewinne erwirtschaftet, weshalb - auch bei Außerachtlassung von vorgesehenen formalen Handlungen - der Vorgang bloß als Einlagenrückzahlung zu werten sein konnte.
Nachdrücklich bekräftigt der Verwaltungsgerichtshof diese Linie in seinem Erkenntnis vom 11.8.1993, 91/13/0005, in dem er ausführt, dass der Zufluss von rückbezahlten Einlagen der Ertragsbesteuerung entzogen sei. Letztendlich gehe es aber wieder um die Erbringung des Nachweises, dass tatsächlich Einlagen und nicht erwirtschaftete Gewinne den Gesellschaftern zugewendet wurden.
Auch im Erkenntnis vom 22.3.2000, 96/13/0175, führt der Verwaltungsgerichtshof diese Linie fort und betont, dass ohne Einhaltung von Formerfordernissen eben nur in Ausnahmefällen der Beweis erbracht werden könne, dass nicht Gewinn, sondern Kapital zurückgezahlt wurde. Ein derartiger Nachweis müsse "auf welche Weise immer" erbracht werden. Seit Inkrafttreten des Rechnungslegungsgesetzes sei die Nachweisführung erleichtert, da seitdem ohne Schwierigkeiten zwischen erwirtschaftetem Gewinn und von außen zugeführtem Kapital unterschieden werden könne, zumal Einlagen als Kapitalrücklagen auszuweisen seien: "Soweit der ausgeschüttete Teil des Bilanzgewinns nicht in den anderen der in § 231 Abs 2 und 3 HGB angeführten Teilgrößen des Bilanzgewinns (insbesondere Jahresüberschuss, Auflösung von Gewinnrücklagen) Platz findet als in den aufgelösten Kapitalrücklagen, kann eine Einlagenrückzahlung angenommen werden." "Zusammenfassend", so der VwGH wörtlich, sei daher festzuhalten: "Was der Kapitalgesellschaft im Wege einer Einlage, also societatis causa zugewendet wird, führt bei ihr nicht zur Ertragsbesteuerung, beim Gesellschafter aber zu Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Einlagenrückzahlungen sind das Gegenstück, der contrarius actus zu Einlageleistungen der Gesellschafter. Kapitalrückzahlungen sind bei der Gesellschaft nichtsteuerbare Vermögensabflüsse und bewirken beim Gesellschafter eine Minderung der auf die Beteiligung aktivierten Anschaffungs- bzw Herstellungskosten (vgl auch Pokorny, in FS-Bauer, 251, Beiser, SWK 1996, A 339)."
Es ergibt sich somit, dass bei faktischer Rückzahlung von Einlagen an die Anteilsinhaber in steuerlicher Beurteilung von einer grundsätzlich steuerneutralen Einlagenrückzahlung auszugehen ist. Wie ausgeführt, können weder eine unterlassene Abbildung im Evidenzkonto, noch die Nicht-Abgabe einer KESt-Anmeldung, eine abweichende Beurteilung nach sich ziehen.
Letztendlich geht es um die Erbringung des Nachweises, dass den Anteilsinhabern tatsächlich Einlagen und nicht Gewinne zugewendet wurden. Wird der Nachweis erbracht, liegen keine Kapitaleinkünfte (Beteiligungserträge) vor und kann somit keine Kapitalertragsteuer anfallen.
Im beschwerdegegenständlichen Fall konnten nachweislich (mangels vorhandener steuerlicher Gewinne und aufgrund gegebener ausreichend hoher Einlagenstände) bloß Einlagen zugewendet werden, weshalb demnach eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung vorliegen muss und kein KESt-pflichtiger Beteiligungsertrag.
Keine andere Beurteilung bei verdeckter Zuwendung
Nach herrschender Ansicht besteht bei offenen Gewinnausschüttungen ein grundsätzliches Wahlrecht der Organe der Kapitalgesellschaft, eine Ausschüttung beim Empfänger als Beteiligungsertrag oder als Einlagenrückzahlung zu behandeln, sofern ausreichend disponible (evident gehaltene) Einlagen vorhanden sind (nach § 4 Abs 12 idF AbgÄG 2015, anwendbar ab 1.1.2016, ist für ein uneingeschränktes Wahlrecht auch eine entsprechende positive Innenfinanzierung erforderlich bzw war das Wahlrecht im kurzen, hier nicht relevanten, Anwendungszeitraum des § 4 Abs 12 EStG idF SteuerreformG 2015/2016 eingeschränkt).
Demgegenüber geht die Verwaltungspraxis - unter Berufung auf den Einlagenrückzahlungserlass vom 31.3.1998, 06 0257/1-IV/6/98 (bzw auf den ebenfalls in diesem Sinne ergangenen Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass vom 27.9.2017, BMF-010203/0309-IV/6/2017) - davon aus, dass eine verdeckte Ausschüttung stets einen Beteiligungsertrag darstelle, sofern nicht innerhalb des betroffenen Wirtschaftsjahres eine "Umwidmung" erfolgt (siehe zur "Umwidmung" gleich weiter unten).
Auch nach den ErlRV habe die Beschränkung des Einlagenrückzahlungserlasses auf die im Gesetz genannten Formen zur Folge, dass "andere handelsrechtlich unter den Begriff der (unzulässigen) Einlagenrückgewähr fallende Zuwendungen der Körperschaft an ihre Anteilsinhaber unverändert als verdeckte Ausschüttungen" zu erfassen seien (vgl 72 BlgNR 20. GP zu § 4 Abs 12 in der Fassung StrukturAnpG sowie auch 896 BlgNR 25. GP zu § 4 Abs 12 idF AbgÄG 2015, wonach selbst, wenn das Innenfinanzierungskonto negativ ist, eine verdeckte Ausschüttung als eben Gewinnausschüttung ieS zu behandeln sei).
Dementsprechend argumentiert die belangte Behörde auch im gegenständlichen Fall, dass keine Einlagenrückzahlung vorliege. Es sei keine entsprechende Verbuchung der Kapitalrücklage abgebildet worden und keine Abbildung im Evidenzkonto erfolgt; die Darlehensforderung an die US-Gesellschaft sei bei der Gruppenmitglied-GmbH unverändert bilanziell fortgeführt worden. Auch der Umstand, dass kein ausschüttbarer Bilanzgewinn vorliege, ändere nichts an dieser Beurteilung, da das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung, so die belangte Behörde, nicht an das Vorliegen von ausschüttbaren Gewinnen der Kapitalgesellschaft gebunden sei.
Wie oben dargestellt, lässt sich die Auffassung, dass bei verdeckten Ausschüttungen (bzw verdeckten Zuwendungen) auf Ebene des Anteilsinhabers stets eine Gewinnausschüttung ieS (ein Beteiligungsertrag) vorliegen soll, nicht aus dem Gesetz ableiten: Weder § 6 Z 14 EStG noch § § 4 Abs 12 EStG (in der beschwerdegegenständlich anzuwendenden Fassung StruktAnpG 1996) sprechen verdeckte Ausschüttungen bzw verdeckte Zuwendungen überhaupt an. (Bloß § 4 Abs 12 in der nur kurzzeitig anwendbaren und hier nicht relevanten Fassung des SteuerreformG 2015/2016, schrieb vor, dass eine verdeckte Ausschüttung "stets als Einkommensverwendung" gelte).
Auch die gesetzlichen Vorschriften betreffend Kapitaleinkünfte, Beteiligungserträge oder Kapitalertragsbesteuerung geben keinerlei dahingehenden Hinweis, dass eine verdeckte Zuwendung anders als eine offene zu beurteilen sei. Zwar fallen verdeckte Ausschüttungen auf Empfängerseite grundsätzlich unter die "sonstigen Bezüge" des § 27 EStG und würden daher zu den KESt-pflichtigen Kapitalerträgen nach § 93 EStG gehören (vgl VwGH 4.2.2009, 2008/15/0167), doch handelt es sich dabei bloß um die Selbstverständlichkeit, dass eine verdeckte Ausschüttung iS einer Gewinnausschüttung ieS empfängerseitig zu grundsätzlich KESt-pflichtigen Beteiligungserträgen führt. Nicht ist damit angesprochen, dass eine Einlagenrückzahlung, auch wenn sich diese als verdeckter Vorgang darstellt, darunter zu subsumieren wäre.
Weiter ist auch aufgrund der oben dargestellten steuersystematischen Überlegungen einer unterschiedlichen Behandlung von offenen und verdeckten Ausschüttungen/Zuwendungen entgegen zu treten. Tatsächlich dient das Rechtsinstitut der verdeckten Ausschüttung dazu, eine der tatsächlichen Sachverhaltslage entsprechende steuerliche Beurteilung zu erreichen. Das richtige Einkommen einer Körperschaft (und damit faktisch verbunden auch jenes des Anteilsinhabers) soll einer ordnungsgemäßen Besteuerung unterworfen werden. Nicht bezweckt ist hingegen ein Pönalcharakter, vielmehr sollen bloß die eigentlichen Folgen nachgeholt werden (die steuerlichen Einkünfte korrigiert werden), die bei ordnungsgemäßer Vorgehensweise (also etwa bei Darstellung eines Vorganges als offene Gewinnausschüttung oder aber auch bei offener Darstellung als Einlagenrückzahlung) eingetreten wären.
Dass die beschwerdegegenständlich vorgenommene Rückzahlung von Einlagen in verdeckter Weise erfolgte, kann nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht somit nicht zu einer anderen steuerlichen Beurteilung führen, als wenn die Einlagenrückzahlung in formeller, offener Weise, unter Einhaltung aller Formvorschriften, erfolgt wäre.
Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es nicht ausgeschlossen sei, "dass auch eine allenfalls (unternehmensrechtlich) widerrechtliche Rückgewähr von Einlagen eine Einlagenrückzahlung iSd § 4 Abs 12 EStG 1988 darstellen" könne (vgl VwGH 1.9.2015, Ro 2014/15/0002; das Erkenntnis bezieht sich auf das Wirtschaftsjahr 2008, erging also bereits zu § 4 Abs 12 EStG in der beschwerdegegenständlich relevanten Fassung StruktAnpG 1996).
Deklarierung als Einlagenrückzahlung nur im konkreten Veranlagungsjahr?
Die belangte Behörde vertritt - gestützt auf den zitierten Einlagenrückzahlungserlass vom 31.3.1998 sowie auf Rz 666 der KStR 2013 - die Auffassung, dass eine Änderung der steuerlichen Qualifikation nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres (nach Entstehen des Abgabenanspruches gemäß § 4 BAO) nicht mehr möglich sei. Die gegenständlich behördlich festgestellte verdeckte Ausschüttung hätte demnach nur im selben Jahr (2008) rückgängig gemacht werden können, entweder durch Rückführung an die Gesellschaft oder durch eine nachträgliche Anmeldung an das zuständige Finanzamt, in der das Unterbleiben eines KESt-Abzuges mit der Behandlung als Einlagenrückzahlung begründet worden wäre. Eine in einer späteren Periode gesetzte Korrekturhandlung könne eine verdeckte Ausschüttung hingegen nicht mehr beseitigen.
Die Körperschaftsteuerrichtlinien sowie auch der Einlagenrückzahlungserlass vom 31.3.1998 (ebenso auch der zwischenzeitig am 27.9.2017, erlassene Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass, BMF-010203/0309-IV/6/2017) stützen sich auf Erkenntnisse des VwGH (19.5.1987, 86/14/0179; 31.5.2011, 2008/15/0153; 29.1.1998, 96/15/0013) aus welchen sich die Frist bis zum Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres (bzw an anderer Stelle bis eine Woche nach Ablauf des Wirtschaftsjahres) ergebe.
Das Bundesfinanzgericht stellt diesbezüglich zunächst fest, dass sich eine Frist für eine vorzunehmende rechtliche Qualifizierung auf Ebene der Anteilsinhaber (rechtliche Behandlung als Gewinnausschüttung ieS oder Einlagenrückzahlung) aus dem Gesetz nicht ableiten lässt. Zwar schreibt § 96 EStG bei gewissen Kapitaleinkünften die Abfuhr der KESt binnen Wochen-Frist vor bzw hat auch binnen dieser Frist eine Anmeldung zu erfolgen, wenn kein Steuerabzug vorzunehmen wäre, doch kann mit der Verpflichtung zur Abgabe einer KESt-Anmeldung, mit der begründet wird, warum ein KESt-Abzug zu unterbleiben hat - wie oben ausgeführt - nur ein KESt-befreiter Kapitalertrag angesprochen sein, nicht hingegen Einlagenrückzahlungen.
Obendrein kann - selbst wenn man von einer Anmelde-Verpflichtung im Falle einer Einlagenrückzahlung ausginge - eine Verletzung dieser Pflicht nicht eine der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entgegenstehende steuerliche Beurteilung nach sich ziehen. Darauf hinzuweisen ist, dass bei einer verdeckten Ausschüttung (auch im Falle einer Gewinnausschüttung ieS) ohnehin keine Anmeldung durchgeführt wird/werden kann, sondern die KESt von der Abgabenbehörde entsprechend festgesetzt wird.
Abgesehen davon, wird eine verdeckte Ausschüttung, so wie auch im beschwerdegegenständlichen Fall, oft erst im Rahmen einer späteren steuerlichen Prüfungshandlung von der Abgabenbehörde festgestellt und erweist sich häufig als strittig. Wenn die Beschwerdeführerin darauf hinweist, dass sie nicht von einer verdeckten Zuwendung ausgegangen und somit eine KESt-Anmeldung nicht präventiv vornehmen habe können, kann dies nur als schlüssig erachtet werden.
Das Bundesfinanzgericht erörtert, dass sich aus dem bei Gewinnermittlern nach § 5 EStG zur Anwendung gelangenden Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung ein in einem Wirtschaftsjahr vorgenommenes Geschäft nicht durch ein anderes, rückführendes Geschäft, in einem späteren Wirtschaftsjahr rückgängig gemacht werden kann. Gemeint sind damit Tatsachen, also etwa die Rückzahlung des zugewendeten Betrages; nicht können jedoch vorzunehmende rechtliche Beurteilungen gemeint sein. Auch kann eine allenfalls in einer späteren Periode nachgeholte Erfüllung einer Ordnungsvorschrift nicht eine derartige Konsequenz auslösen (die Verletzung einer derartigen Ordnungsvorschrift kann ohnehin [wie oben ausgeführt] keine der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entgegenstehende steuerliche Behandlung auslösen).
Nichts anderes spricht der VwGH in den bezeichneten Erkenntnissen aus, auf die sich die belangte Behörde beruft: Eine "in einem Vorjahr als verdeckte Gewinnausschüttung erfolgte Vorteilsgewährung" könne demnach "durch eine Korrekturhandlung (nachträgliche Aufnahme einer Forderung in der Bilanz des Verkaufsjahres) nicht mehr rückgängig gemacht werden". Es geht dabei eben um die Rückgängigmachung der erfolgten Zahlung, welche nach Rechtsprechung des VwGH nur dann erfolgen kann, wenn die Vermögenszuwendung spätestens am Bilanzstichtag von der Körperschaft zurückgefordert und eine entsprechende Forderung bilanziert wird.
Beschwerdegegenständlich geht es jedoch nicht um eine Rückgängigmachung der Zuwendung, sondern um die rechtliche Qualifizierung einer erfolgten Zuwendung, der die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegensteht.
Ohnehin ergibt sich aufgrund des wiederaufgenommenen Verfahrens und der damit einhergehenden Rechtskraftdurchbrechung, dass - zumal es um zu treffende rechtliche Beurteilungen geht - eine entsprechende Qualifizierung in jede Richtung vorgenommen werden können muss (auf der Tatsachenebene erfolgen ohnehin keinerlei Änderungen).
Das Bundesfinanzgericht, dem gemäß § 279 Abs 1 BAO innerhalb des Gegenstandes des Verfahrens eine Änderungsbefugnis in jede Richtung zukommt, kommt somit zur Beurteilung, dass die rechtliche Qualifizierung als Einlagenrückzahlung, die auch dem tatsächlichen wirtschaftlichen Geschehen entspricht, im gegenständlichen Fall nicht bloß bis zum Ende des Wirtschaftsjahres möglich sein kann.
Bestätigung findet diese vom Bundesfinanzgericht getroffene Beurteilung teilweise auch in der Literatur: Etwa spricht Marschner (Verdeckte Ausschüttungen im Rahmen des § 4 Abs 12 EStG in Handbuch Einlagenrückzahlung sowie Entscheidung über Einlagenrückzahlung oder Gewinnausschüttung, in Marschner, Einlagen in Kapitalgesellschaften) die Thematik an und weist darauf hin, dass verdeckte Ausschüttungen bei Zuwendungsempfängern im Einzelfall auch als Einlagenrückzahlung zu behandeln seien, so lange Einlagen vorhanden seien. Es sei demnach unklar, woher abgeleitet werde, dass eine verdeckte Ausschüttung stets als Gewinnausschüttung zu behandeln sei. Dies sei auch insofern unverständlich, als dem Ertragsteuerrecht ein Grundsatz "in dubio pro fisco" grundsätzlich fremd sei. Die Wahlmöglichkeit bei einer unternehmensrechtlich konform durchgeführten offenen Ausschüttung dürfe nicht eingeschränkter sein, als bei einer unternehmensrechtlich verbotenen verdeckten Ausschüttung.
Kirchmayr (in Kirchmayr/Mayer/Hirschler (Hrsg), Aktuelle Fragen der Konzernbesteuerung, 13) gibt zu bedenken, dass eine Ungleichbehandlung von offenen und verdeckten Ausschüttungen durchaus problematisch wäre.
Lachmayer (in Aktuelle Fragen der Konzernbesteuerung, Die neuen Bestimmungen zur Einlagenrückzahlung nach dem Abgabenänderungsgesetz 2015) weist etwa darauf hin, dass es dem Gesetzestext nicht zu entnehmen sei, dass verdeckte Ausschüttungen stets als Gewinnausschüttungen zu erfassen seien. In Einzelfällen müsste auch eine Qualifikation als Einlagenrückzahlung zulässig sein.
Letztendlich bleibt noch darauf hinzuweisen, dass eine andere, als die vom Bundesfinanzgericht getroffene rechtliche Beurteilung obendrein dazu führen könnte, dass gezielt steuerliche Folgen durch Umgehungshandlungen ausgelöst werden könnten - etwa durch gezielte Konstruktion einer verdeckten Ausschüttung um - bei einer empfangenden Kapitalgesellschaft - steuerfreie Beteiligungserträge zu lukrieren, wenn sonst (etwa bei Rechtslage nach dem AbgÄG 2015 mangels positiver Innenfinanzierung) bloß eine Einlagenrückzahlung möglich wäre.
Nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht liegt beschwerdegegenständlich somit eine Einlagenrückzahlung vor, auch, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, in verdeckter Weise erfolgte. Mangels Vorliegens von Kapitaleinkünften kann keine Festsetzung von Kapitalertragsteuer erfolgen bzw kann keine Haftung für die KESt greifen. Der KESt-Haftungsbescheid war daher ersatzlos aufzuheben.
3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall entspricht die Lösung der Rechtsfrage der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 19.2.1991, 87/14/0136; 11.8.1993, 91/13/0005; 22.3.2000, 96/13/0175; VwGH 1.9.2015, Ro 2014/15/0002).
Wien, am 28. Dezember 2018
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | VwGH 19.02.1991, 87/14/0136 |