9. COVID-19-Gesetz

GesetzgebungPersonalrechtSabaraJuni 2020

BGBl: ua Klarstellungen im Bereich der arbeitsrechtlichen Freistellung von Risikogruppen wie etwa Entfall der Ausnahme von der Freistellung für Beschäftigte im Bereich der kritischen Infrastruktur, die Definition der Risikogruppen wird durch Verordnung erfolgen; pauschale Reiseaufwandsentschädigung von Sportvereinen weiterhin beitragsfrei; Weiterbezug von Leistungen in der Kranken- oder Pensionsversicherung bis längstens 31. 5. 2020

Inkrafttreten

6.5.2020

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

5.5.2020

Betroffene Normen

ASVG, B-KUVG, BSVG, GehG, GSVG, VBG

Betroffene Rechtsgebiete

Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht

Quelle

BGBl I 2020/31

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken und Unfallversicherungsgesetz, das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (9. COVID-19-Gesetz), BGBl I 2020/31 vom 5. 5. 2020 (AA-32 BlgNR 27.GP AB 120 483/A BlgNR 27.GP )

Durch die mit dem 9. COVID-19-Gesetz vorgeschlagenen Gesetzesänderungen erfolgen insbesondere Klarstellungen im Bereich der arbeitsrechtlichen Freistellung von Risikogruppen (§ 735 ASVG bzw § 258 B-KUVG in der Fassung des 3. COVID-19 Gesetzes, BGBl I 2020/23) .

Das 9. COVID-19-Gesetz sieht va folgende Maßnahmen vor:

1. Verpflichtendes Home-Office oder Freistellung für Risikogruppen

Mit dem 3. COVID-19-Gesetz, BGBl I 2020/23, wurde beschlossen, dass Beschäftigte (Dienstnehmer und Lehrlinge) mit solchen Vorerkrankungen, die bei der Arbeit einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind, einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für eine befristete Zeit haben, außer der Betroffene kann seine Arbeitsleistung in der Wohnung erbringen (Homeoffice) oder die Bedingungen für die Erbringung seiner Arbeitsleistung in der Arbeitsstätte können durch geeignete Maßnahmen so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist; dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen. Mit dem 9. COVID-19-Gesetz kommt es nun in § 735 ASVG zu den folgenden Änderungen bzw Klarstellungen:

In § 735 Abs 1 ASVG werden nun explizit auch geringfügig beschäftigte Personen angeführt, dh auch diese werden über die Zugehörigkeit zur COVID-19-Risikogruppe informiert.

Aus Gründen der Rechtssicherheit soll die Definition der allgemeinen Risikogruppe, die insbesondere schwere Erkrankungen zu berücksichtigen hat und sich aus medizinischen Erkenntnissen und wenn möglich aus der Einnahme von Arzneimitteln herleitet, durch Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erfolgen. Gesetzlich wird vorgesehen, dass die Verordnung rückwirkend mit dem Tag der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft treten kann. Die Verordnung soll als Basis auf den Empfehlungen einer gemeinsamen Expertengruppe aufbauen, die das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend einrichten.

Festgehalten wird weiters, dass die Informationsschreiben an die betroffenen Personen vom Dachverband der Sozialversicherungsträger und nicht vom jeweiligen Krankenversicherungsträger ausgesandt werden. Das konkrete Informationsschreiben an eine betroffene Person hat im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe bloß deklarativen Charakter. Der behandelnde Arzt kann auch ohne ein solch vorangegangenes Informationsschreiben aufgrund der Empfehlungen der Expertengruppe zur Definition der COVID-19-Risikogruppe ein COVID-19-Risiko-Attest ausstellen.

Im 3. COVID-19-Gesetz war noch vorgesehen, dass der Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung nicht für Betroffene gilt, die in Bereichen der kritischen Infrastruktur beschäftigt sind. Diese Ausnahme von der Freistellung für Beschäftigte im Bereich der kritischen Infrastruktur entfällt nun.

Dem Dienstgeber sind neben dem Entgelt inklusive der Zulagen und anteiligen Sonderzahlungen sämtliche Lohnnebenkosten (nunmehr auch Steuern, Abgaben neben den Sozialversicherungs- und sonstigen Beiträgen) zu ersetzen, unabhängig davon, von welcher Stelle diese eingehoben bzw an welche Stelle diese abgeführt werden. Der Anspruch besteht auch unabhängig davon, ob diese Steuern, Abgaben oder Beiträge im konkreten Zeitraum tatsächlich entrichtet wurden oder aufgrund von Stundungen später zu entrichten sind.

Der Dienstgeber hat dazu dem Antrag an den Krankenversicherungsträger die entsprechenden Nachweise beizulegen. Für Landarbeiter ist anstelle des Krankenversicherungsträgers das Land für den Ersatz an die Dienstgeber zuständig. Von diesem Erstattungsanspruch sind politische Parteien und sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts, ausgenommen jene, die wesentliche Teile ihrer Kosten über Leistungsentgelte finanzieren und am Wirtschaftsleben teilnehmen, ausgeschlossen. Dazu zählen auch der Dachverband bzw die Sozialversicherungsträger oder Kammern.

2. Pauschale Reiseaufwandsentschädigungen von Sportvereinen

Pauschale Reiseaufwandsentschädigungen, die Sportvereine (Sportverbände) an Sportler oder Schieds(wettkampf)richter oder Sportbetreuer leisten und welche die Voraussetzungen gemäß § 49 Abs 3 Z 28 ASVG erfüllen, können in Zeiträumen, in welchen aufgrund der COVID-19-Krise die Sportstätten gesperrt sind und daher beispielsweise kein gemeinsames Training oder kein gemeinsamer Wettkampf stattfinden kann, weiterhin an nebenberuflich tätige Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer beitragsfrei bis längstens 31. 12. 2020 ausgezahlt werden. (§ 736 Abs 2 ASVG)

Hinweis

Auch in der Parallelbestimmung im EStG wird mit dem 18. COVID-19-Gesetz (AB 143 BlgNR 27. GP 11Derzeit noch nicht im BGBl veröffentlicht.) festgelegt, dass die pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs 1 Z 16c EStG in Zeiträumen, in welchen aufgrund der COVID-19-Krise im Kalenderjahr 2020 die Sportstätten gesperrt sind, weiterhin steuerfrei sind, sofern sie weiter ausgezahlt werden. (§ 124b Z 352 EStG)

3. Weiterbezug von Leistungen in der Kranken- oder Pensionsversicherung

Derzeit können Leistungsanträge in der Pensionsversicherung wegen mangelnder Begutachtung nur eingeschränkt bearbeitet werden. Zu rechnen ist auch damit, dass nicht sämtliche Begutachtungen unmittelbar nach Ende der COVID-19-Krise abgearbeitet werden können, da die Aufarbeitung der ausständigen Begutachtungen entsprechend Zeit in Anspruch nehmen wird. Dies soll nicht zum Nachteil der Leistungsbezieher führen.

Bei derart verzögerten Anträgen soll der Weiterbezug der bisherigen Leistung (dies betrifft befristete Pensionen, Krankengeld und Rehabilitationsgeld bzw im GSVG die Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit nach § 104a GSVG bzw im Fall einer Zusatzversicherung das Krankengeld nach § 106 GSVG) für die Dauer der COVID-19-Krise bis längstens 31. 5. 2020 erfolgen. Dieser Zeitraum kann bei Fortdauer der Krise durch Verordnung bis längstens 31. 12. 2020 verlängert werden. (§ 736 Abs 4 ASVG, § 378 Abs 1 GSVG)

Hinweis

Durch die Verordnung BGBl II 2020/244 wurde mittlerweile der Zeitraum für den Weiterbezug von Leistungen bis 30. 6. 2020 verlängert.

Die Weitergewährung von nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht mehr zustehendem Krankengeld verursacht Mehraufwendungen der Krankenversicherungsträger, welche vom Bund aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds ersetzt werden. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. 12. 2020 hinaus ist ausgeschlossen. (§ 736 Abs 4 ASVG)

4. Verlängerung der sechswöchigen Schutzfrist in der Krankenversicherung

Die sechswöchige Schutzfrist in der Krankenversicherung nach § 122 ASVG bzw nach den Parallelbestimmungen in den Sondergesetzen wird verlängert, sodass es aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht zu einem Verlust des Anspruches auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit sowie Leistungen der chirurgischen und konservierenden Zahnbehandlung kommt. Die Schutzfrist läuft folglich für die Dauer der COVID-19- Pandemie bis längstens 31. 5. 2020 weiter. Dieser Zeitraum kann bei Fortdauer der Krise durch Verordnung verlängert werden. Die den Krankenversicherungsträgern dadurch entstehenden Mehraufwendungen sind durch den Bund zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. 12. 2020 hinaus ist ausgeschlossen. (§ 736 Abs 5 und 6 ASVG)

Hinweis

Durch die Verordnung BGBl II 2020/244 wurde mittlerweile die Schutzfrist in der Krankenversicherung bis 30. 6. 2020 verlängert.

5. Mitversicherung in der Krankenversicherung und Waisenpension

Die Möglichkeit der Mitversicherung in der Krankenversicherung für Kinder und Enkel als anspruchsberechtigte Angehörige im ASVG und in den Sondergesetzen besteht rückwirkend ab dem 11. 3. 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie und bleibt längstens jedoch bis zum 31. 12. 2020 über das 27. Lebensjahr hinaus (längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten) gewahrt. Dasselbe gilt für die Waisenpension. Diesbezüglich besteht, befristet für die Zeit der COVID-19-Pandemie, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel ebenfalls längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten. (§ 736 Abs 8 ASVG)   

6. Beiträge zur studentischen Selbstversicherung

Abweichend von § 16 Abs 6 Z 2 ASVG schadet die Nichtentrichtung von Beiträgen zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung durch Personen nach § 16 Abs 2 ASVG für die Dauer der COVID-19-Pandemie dem Bestand dieser Selbstversicherung nicht. Dies gilt rückwirkend ab dem 11. 3. 2020, längstens jedoch bis zum 31. 12. 2020. Abweichend von § 76 Abs 1 Z 2 lit b ASVG bleibt für denselben Zeitraum eine Überschreitung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe für die Studienrichtung um das Sommersemester 2020 außer Betracht. (§ 736 Abs 7 ASVG)



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