Änderung des TAG

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrNovember 2023

Gesetzliche Klarstellungen im Bereich der Gastverträge und der Vermittlung von Bühnenarbeitsverhältnisse (ua betr Berechnung des Entgelts der Ensemblemitglieder; Definition des Gastes an Bühnen ohne festes Ensemble; Beseitigung von Auslegungsfragen im Bereich der Vermittlung von Bühnenarbeitsverträgen)

Inkrafttreten

 

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Entwurf

Letzte Änderung

15.11.2023

Betroffene Normen

TAG

Betroffene Rechtsgebiete

 

Quelle

303/ME NR 27. GP

Bundesgesetz, mit dem das Theaterarbeitsgesetz geändert werden soll; Ministerialentwurf 25. 10. 2023, 303/ME NR 27. GP

→ Gesetzwerdung bleibt abzuwarten

1. Geplante Änderungen

Mit der vorliegenden Novelle des Theaterarbeitsgesetzes sollen im Hinblick auf die zwischenzeitigen Erfahrungen aus der Praxis und damit im Zusammenhang stehende (Auslegungs)Fragen gesetzliche Klarstellungen im Bereich der Gastverträge und der Vermittlung von Bühnenarbeitsverhältnisse getroffen werden:

  • Gastverträge:
    Im Bereich der Gastverträge wird textlich klargestellt, dass Grundvoraussetzung für das Vorliegen eines Gastvertrages gemäß § 41 TAG die Mitwirkung bei konkreten Aufführungen ist. Weiters erfolgt einerseits eine Präzisierung der Art und Weise der Berechnung des Durchschnittsbezugs der Ensemblemitglieder wie auch des Entgelts des Gastes; andererseits erfolgt eine „Entkoppelung“ des Gastvertrages vom Typ II (§ 41 Abs 1 Z 2 TAG) vom Erfordernis des Bestehens eines festen Bühnenensembles durch Schaffung einer Entgeltgrenze für den Begriff des Gastes an jenen Bühnenunternehmen, die kein fixes Ensemble haben. Neu ist, dass in einem Teilbereich für Gäste iSd § 41 Abs 1 TAG eine Entgeltfortzahlung bei Arbeitsverhinderung eingeführt wird.
    Die Neuregelungen betreffend Gastverträge sollen mit 1. 9. 2025 in Kraft treten und für nach dem 31. 8. 2025 neu geschlossene Bühnenarbeitsverhältnisse gelten.
  • Vermittlung von Bühnenarbeitsverträgen:
    Im Bereich der Vermittlung von Bühnenarbeitsverträgen erfolgen im Wesentlichen sprachliche Klarstellungen im Hinblick auf bestehende Auslegungsfragen (zB Klarstellung, was unter „Vermittlung“ iSd § 42 Abs 2 TAG zu verstehen ist, wer Schuldner des Vermittlungsentgelts ist oder wann die Ansprüche fällig sind; Einführung einer Höchstgrenze für das Vermittlungsentgelt).
    Die Neuregelung betreffend die Vermittlung von Bühnenarbeitsverhältnissen soll mit dem der Kundmachung des Gesetzes folgenden Tag in Kraft treten und für danach vermittelte Bühnenarbeitsverhältnisse gelten.

2. Allgemeine Feststellungen zum Geltungsbereich

Im Hinblick auf zwischenzeitig aufgetretene Fragen nimmt das BMAW die Novelle zudem zum Anlass, in den Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf folgende allgemeine Feststellungen zum sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des TAG zu treffen:

2.1. Geltung des TAG für temporäre Spielstätten

Nach § 1 Abs 2 TAG ist Theaterunternehmer im Sinne des TAG, wer ein Unternehmen iSd § 1 Abs 2 UGB zur Aufführung von Bühnenwerken betreibt. § 1 Abs 2 UGB definiert das Unternehmen als jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Unter wirtschaftlicher Tätigkeit wird das nach außen für die Allgemeinheit erkennbare Anbieten wirtschaftlich werthafter Leistungen auf einem Markt gegen Entgelt verstanden. Das Kriterium der Dauer bezieht sich nicht so sehr auf die tatsächliche Dauer der Tätigkeit, sondern auf die Planmäßigkeit des unternehmerischen Handelns im Gegensatz zu einer bloß gelegentlichen Wahrnehmung von geschäftlichen Möglichkeiten. Nicht maßgeblich ist, ob die wirtschaftliche Tätigkeit tatsächlich dauerhaft ausgeübt wird, solange nur die planmäßige Absicht auf eine kontinuierliche Tätigkeit gerichtet ist. Eine solche Absicht ist anzunehmen, wenn sie auf eine grundsätzliche offene Zahl von Geschäftsabschlüssen hin ausgerichtet ist, die einen dauerhaften Erwerb ermöglichen, sie sich von Ihrer Intention her also nicht in der Vornahme von Einzelhandlungen oder Gelegenheitsgeschäften erschöpfen.

Unter den Begriff „Theaterunternehmen“ iSd TAG sind damit auch Theaterunternehmen zu subsumieren, die temporär und nicht ganzjährig iSd UGB wirtschaftlich tätig sind (wie etwa Festspiele).

2.2. Zum Vorliegen eines Bühnenarbeitsverhältnisses

Nach § 1 Abs 1 ist das TAG auf Arbeitsverhältnisse von Personen anzuwenden, die sich einem Theaterunternehmen zur Leistung künstlerischer Arbeiten in einem oder mehreren Kunstfächern zur Aufführung von Bühnenwerken verpflichten. Das TAG ist daher nur anzuwenden, wenn ein Arbeitsvertrag iSd § 1151 Abs 1 erster Satz ABGB vorliegt. Die zu erbringende Leistung wird im Arbeitsvertrag nur gattungsmäßig umschrieben, dh es braucht eine Konkretisierung, welche einzelnen künstlerischen Leistungen zu erbringen sind. § 1151 ABGB verlangt für den Arbeitsvertrag die Verpflichtung zur Arbeitsleistung für einen anderen. Darin wird das entscheidende Abgrenzungskriterium zu anderen Vertragstypen gesehen – die persönliche Abhängigkeit, die daraus resultiert, dass die Arbeitsleistung einem anderen zugutekommt und der Arbeitnehmer einem bestimmten Organisationsgefüge untersteht. Der Typusbegriff der „persönlichen Abhängigkeit“ besteht aus einer Reihe von Merkmalen: Einordnung in die Arbeitsorganisation (Bindung hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsabfolge), Gebundenheit an persönliche Weisungen, Kontrollunterworfenheit, disziplinäre Verantwortung des Arbeitnehmers, Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung, Bereitstellung der Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber.

Wer seine künstlerischen Leistungen nicht frei gestalten kann und an bestimmte Vertragsbühnen, an vorgegebene Proben- und Aufführungszeiten, an den Proben- und Stückplan oder an Regelungen, wie er sich bei der Durchführung der Arbeit zu verhalten hat, gebunden ist und sich laufenden Kontrollen über die Einhaltung dieser Regelungen unterwerfen muss, wird idR persönlich abhängig sein. Kann sich das Mitglied aber generell vertreten lassen und hat es das Recht einzelne Arbeiten abzulehnen, wird keine persönliche Abhängigkeit vorliegen. Die Vereinbarung einer generellen Vertretungsbefugnis schließt die persönliche Abhängigkeit und Arbeitnehmereigenschaft aber nur dann aus, wenn dadurch nicht mehr von Arbeitsleistungen in persönlicher Abhängigkeit gesprochen werden kann. Diese Beurteilung käme uU dann in Betracht, wenn das Ablehnungsrecht tatsächlich wiederholt ausgeübt wird oder bei objektiver Betrachtung zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung erfolgt (zur schwierigen Abgrenzung siehe ua auch OLG Wien 28. 8. 2018, 9 Ra 11/18f, ARD 6642/8/2019; OGH 18. 12. 1979, 4 Ob 124/79).

Das TAG ist jedoch nicht anzuwenden, wenn das Mitglied seine künstlerische Tätigkeit im Rahmen eines freien Dienstvertrages oder eines Werkvertrages erbringt. Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall ein Arbeitsvertrag vorliegt, kommt es auf das Überwiegen der wesentlichen Merkmale an, die für eine in Abhängigkeit erbrachte Arbeitsleistung sprechen (vgl zu einer Gesangssolistin OGH 21. 10. 1987, 14 ObA 77/87, ARD 3963/6/88). Dabei ist der Sachverhalt so zu beurteilen, wie er – den Tatsachen, den wirtschaftlichen Vorgängen und Verhältnissen angemessen – rechtlich zu fassen gewesen wäre. Wesentlich ist der Vertragsinhalt bzw die allenfalls davon abweichende tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses. Kein entscheidendes Merkmal ist die Bezeichnung des Vertrages.

Ob im konkreten Einzelfall ein Bühnenarbeitsvertrag iSd § 1 Abs. 1 TAG vorliegt, kann letztlich nur durch das zuständige Gericht endgültig festgestellt werden.



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