Änderung von MSchG, VKG ua

GesetzgebungPersonalrechtSabaraOktober 2023

Änderungen iZm der Dauer der Elternkarenz und der Elternteilzeit; eine Begründungspflicht bei Ablehnung von Elternteilzeit, Pflegefreistellung und bestimmten Teilzeiten und Karenzen; Lockerungen der Voraussetzungen für Pflegefreistellungen; Motivkündigungsschutz; Hemmung von Verjährungs- und Verfallsfristen; Erhöhung des Familienzeitbonus; Änderungen beim Kinderbetreuungsgeld; Erweiterung des Diskriminierungsschutzes

Inkrafttreten

1.11.2023

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

12.10.2023

Betroffene Normen

ABGB, AngG, AVRAG, FamZeitbG, GlBG, KBGG, LAG, MSchG, UrlG, VKG

Betroffene Rechtsgebiete

Arbeitsrecht, Sozialrecht

Quelle

BGBl I 2023/115

Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021, das Kinderbetreuungsgeldgesetz sowie das Familienzeitbonusgesetz geändert werden; BGBl I 2023/115 vom 12. 10. 2023 (NR-Beschluss 801/BNR BlgNR 27. GP ; Abänderungsantrag AA-338 BlgNR 27. GP ; AB 2181 BlgNR 27. GP ; Initiativantrag 3478/A BlgNR 27. GP )     

Begründungspflicht, Diskriminierung, Diskriminierungsschutz, Elternkarenz, Elternteilzeit, Familienzeitbonus, geteilte Karenz, Hemmung, Karenz, Kinderbetreuungsgeld, Motivkündigung, Motivkündigungsschutz, Mutterkarenz, Pflegefreistellung, Väterkarenz, Verfallsfrist, Verjährung, Verjährungsfrist

1. Überblick

Die RL (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 6. 2019 [zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der RL 2010/18/EU ] war grundsätzlich bis 2. 8. 2022 im nationalen Recht umzusetzen. Dies wird nun vollzogen und führt zu Änderungen in mehreren Gesetzen.

Die gesetzlichen Änderungen treten großteils mit 1. 11. 2023 in Kraft. Die Änderungen im MSchG und im VKG iZm der Karenz sind auf Mütter bzw Väter (Adoptiv- oder Pflegemütter bzw -väter) anzuwenden, deren Kinder ab diesem Tag geboren (adoptiert oder in unentgeltliche Pflege genommen) werden. Die Bestimmungen iZm der Elternteilzeit treten ebenfalls mit 1. 11. 2023 in Kraft und sind auf Elternteile anzuwenden, die die Absicht der Elternteilzeit ab dem 1. 11. 2023 ihrem Dienstgeber bekannt geben. Die Änderungen im KBGG treten mit 1. 11. 2023 in Kraft und sind auf Geburten nach dem 31. 10. 2023 anzuwenden. Die Erhöhung des Familienzeitbonus gilt für Geburten ab 1. 8. 2023, die restlichen Änderungen im FamZeitbG sind für Geburten ab 1. 11. 2023 anwendbar.

Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen durch die Gesetzesnovelle zusammengefasst.

2. Änderungen iZm der Elternkarenz

2.1. Dauer der Elternkarenz

Aus Art 5 Abs 2 der RL (EU) 2019/1158 geht hervor, dass mindestens 2 Monate des Elternurlaubs ausschließlich dem einzelnen Elternteil zustehen und der Gesamtanspruch bei Teilung länger sein muss als bei Inanspruchnahme durch einen Elternteil, weshalb die geltende Regelung zu ändern ist. Daher wird der Grundanspruch der Karenz im Fall der ausschließlichen Inanspruchnahme durch einen Elternteil künftig um 2 Monate reduziert und besteht bis zum Ablauf des 22. Lebensmonats des Kindes (§ 15 Abs 1 MSchG, § 2 Abs 1 VKG). Nach den Erwägungsgründen der RL zielen die Bestimmungen darauf ab, die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern sowie die gerechte Aufteilung von Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Männern und Frauen zu unterstützen und auf diesem Wege auch die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern zu schließen. Um diesem Ansatz gerecht zu werden, wurde von einer Verlängerung der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Karenz für beide Elternteile über den 2. Geburtstag hinaus abgesehen. Auch die Schaffung einer gleichzeitigen Karenz im Umfang von 2 Monaten würde dem Ziel der RL nicht entsprechen.

Anspruch auf Karenz bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats des Kindes besteht gemäß § 15 Abs 1a MSchG bzw § 2 Abs 1a VKG dann, wenn der Karenz in Anspruch nehmende Elternteil im Zeitpunkt der Meldung alleinerziehend ist. Dies ist der Fall, wenn kein anderer Elternteil vorhanden ist (Z 1) oder der andere Elternteil nicht im gemeinsamen Haushalt lebt (Z 2). Der erste Punkt umfasst den Tod des anderen Elternteils bzw ist kein anderer Elternteil feststellbar (Nachweis durch Sterbeurkunde oder den fehlenden Eintrag des anderen Elternteils in der Geburtsurkunde). Als Nachweis für den fehlenden gemeinsamen Haushalt kommt es auf die tatsächlich gelebten Verhältnisse an; die polizeiliche Meldung des Wohnsitzes gilt nur als Indiz.

Die Voraussetzung des nicht vorliegenden gemeinsamen Haushalts muss im Zeitpunkt der Meldung einer Karenz bis zur Vollendung des 2. Lebensjahres des Kindes vorliegen. Bei Verlängerung einer Karenz muss die Voraussetzung bei Meldung der Verlängerung vorliegen. Der jeweilige Elternteil hat das Vorliegen der Alleinerziehendeneigenschaft zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu bestätigen. Falsche Angaben stellen einen Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar.

Nach der derzeitigen Rechtslage gibt es für Eltern, bei denen der andere Elternteil keinen Karenzanspruch hat (zB Selbstständige), einen zweiten Meldezeitpunkt der Karenz. Damit sich der Karenzanspruch von Eltern, die den zweiten Meldezeitpunkt in Anspruch nehmen, bei einer geteilten Betreuung auf das 24. Lebensmonat des Kindes ebenfalls verlängert, ist nun geregelt, dass, wenn der unselbstständig erwerbstätige Elternteil seinen Karenzantritt frühestens 2 Monate nach dem Ende des absoluten Beschäftigungsverbots nach der Geburt (bzw nach der Frist gemäß § 2 Abs 3 VKG) meldet, davon auszugehen ist, dass der andere Elternteil das Kind bis zum Karenzantritt betreut hat. Die Karenz verlängert sich daher für den unselbstständigen Elternteil bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats des Kindes. (§ 15 Abs 3a MSchG, § 2 Abs 5a VKG)

Hinweis
Kommt es zu einer Teilung der Karenz zwischen Mutter und Vater, so steht den Elternteilen wie bisher ein Karenzanspruch grundsätzlich bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats des Kindes zur Verfügung, der sich im Fall der gleichzeitigen Karenz in der Dauer eines Monats um diesen Überlappungsmonat verkürzt. (§ 15a Abs 1 und Abs 2 MSchG, § 3 Abs 1 und Abs 2 VKG)

2.2. Aufgeschobene Karenz

Im Zusammenhang mit der aufgeschobenen Karenz sind insbesondere die folgenden Änderungen hervorzuheben:

  • Die bestehende Regelung zur aufgeschobenen Karenz wird um die Verpflichtung der Arbeitgeber zur schriftlichen Begründung einer Ablehnung einer Vereinbarung über den Karenzaufschub erweitert. Die Begründung der Ablehnung hat binnen 2 Wochen ab dem Zeitpunkt zu erfolgen, an dem der Elternteil die Absicht, Karenz aufzuschieben, bekannt gibt. Desgleichen besteht die Verpflichtung zur Begründung der Ablehnung des konkreten Antrittszeitpunktes der aufgeschobenen Karenz 2 Wochen ab Bekanntgabe des gewünschten Zeitpunktes durch den Elternteil. (§ 15b Abs 3 und 4 MSchG, § 4 Abs 3 und 4 VKG)
  • Die aufgeschobene Karenz wird außerdem durch einen Motivkündigungsschutz abgesichert. Eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen aufgeschobenen Karenz kann bei Gericht angefochten werden. Der Dienstgeber hat auf ein schriftliches Verlangen des Dienstnehmers eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Der Dienstnehmer muss die schriftliche Begründung bei sonstigem Ausschluss des Rechts auf Ausstellung binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung verlangen, der Dienstgeber muss dieses binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens ausstellen (entsprechend § 902 Abs 1 ABGB wird der Tag der Kündigung bzw der Tag des Zugangs des Verlangens für den Beginn der jeweiligen Frist nicht mitgezählt). Wird eine schriftliche Begründung nicht übermittelt, ist dies für die Rechtswirksamkeit der Beendigung allerdings ohne Belang. (§ 15b Abs 7 MSchG, § 4 Abs 6a VKG)

3. Änderungen iZm der Elternteilzeit

3.1. Rahmenzeitraum und Dauer der Elternteilzeit

Die Elternteilzeit ist als „flexible Arbeitsregelung“ iSd Art 9 der RL (EU) 2019/1158 anzusehen. Für solche Maßnahmen sieht Art 9 Abs 1 der RL vor, dass der Anspruchszeitraum bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes vereinbart werden kann – der äußerste Zeitrahmen für die Elternteilzeit wird daher vom 7. auf das 8. Lebensjahr des Kindes ausgeweitet.

Die Höchstdauer der Elternteilzeit beträgt dabei 7 Jahre bei der Anspruchsvariante (= Rechtsanspruch auf Elternteilzeit). Vom Höchstausmaß sind die tatsächliche Dauer des Beschäftigungsverbotes nach der Geburt des Kindes sowie die Dauer der von beiden Elternteilen für dasselbe Kind in Anspruch genommenen Elternkarenz abzuziehen. Zu diesem Höchstausmaß ist der Zeitraum zwischen der Vollendung des 7. Lebensjahres und dem späteren Schuleintritt des Kindes hinzuzurechnen. (§ 15h Abs 1 MSchG, § 8 Abs 1 VKG)

Bei der vereinbarten Elternteilzeit (= Elternteilzeit ohne Rechtsanspruch) ist zwar ein Höchstalter des Kindes – und zwar der Ablauf des 8. Lebensjahres (also der 8. Geburtstag) –, jedoch kein Höchstausmaß vorgesehen. Weiters wird klargestellt, dass Arbeitnehmer, die ihren Anspruch auf Elternteilzeit bis zum Ausmaß von 7 Jahren bereits ausgeschöpft haben, für das 8. Lebensjahr Elternteilzeit vereinbaren können. (§ 15i MSchG, § 8a VKG)

3.2. Begründungspflicht bei Ablehnung

Bei der vereinbarten Elternteilzeit ist die Ablehnung der Teilzeit schriftlich zu begründen. Dies wird nicht als Anspruch geregelt, den Arbeitnehmer geltend machen müssen, sondern als absolute Verpflichtung der Arbeitgeber. Der Grund ist lediglich allgemein anzugeben, zB Unmöglichkeit von organisatorischen Ausgleichsmaßnahmen. (§ 15l Abs 1 MSchG, § 8d Abs 1 VKG)

3.3. Motivkündigungsschutz: Begründungspflicht der Kündigung

Dauert die Elternteilzeit länger als bis zum Ablauf des 4. Lebensjahres des Kindes oder beginnt sie nach dem Ablauf des 4. Lebensjahres des Kindes, kann eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Teilzeitbeschäftigung bei Gericht angefochten werden. Es gilt auch hier, wie bereits unter Punkt 2.2. bei der aufgeschobenen Karenz ausgeführt, dass der Dienstgeber auf ein schriftliches Verlangen des Dienstnehmers eine schriftliche Begründung der Kündigung ausstellen muss. Der Dienstnehmer muss die schriftliche Begründung bei sonstigem Ausschluss des Rechts auf Ausstellung binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung verlangen, der Dienstgeber hat die schriftliche Begründung binnen 5 Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens auszustellen. (§ 15n Abs 2 MSchG, § 8f Abs 2 VKG)

4. Pflegefreistellung

4.1. Gelockerte Voraussetzungen

In § 16 Abs 1 UrlG wird Art 6 der RL (EU) 2019/1158 umgesetzt. Dadurch wird das für die Freistellung zur Pflege naher Angehöriger erforderliche Tatbestandsmerkmal des gemeinsamen Haushalts gestrichen. Darüber hinaus sind in den Kreis der erkrankten Personen, für die eine Pflegefreistellung zusteht, auch jene aufzunehmen, die mit dem Arbeitnehmer im gemeinsamen Haushalt leben – unabhängig davon, ob sie nahe Angehörige iSd § 16 UrlG sind. (§ 16 Abs 1 Z 1 und Z 4 UrlG)

4.2. Motivkündigungsschutz

Auch bei der Pflegefreistellung wird ein Motivkündigungsschutz und das Recht des Arbeitnehmers normiert, im Fall der Kündigung seitens des Arbeitgebers eine schriftliche Begründung zu verlangen (§ 16 Abs 5 UrlG). Es ist auch hier auf die in Punkt 2.2. und 3.3. genannten Ausführungen zu verweisen (Verlangen der schriftlichen Begründung binnen 5 Kalendertagen etc). Zweck der Begründungspflicht ist es, dass die Arbeitnehmer abschätzen können, ob eine Klage Erfolg haben könnte.

5. Änderungen im AVRAG

5.1. Begründungspflicht bei Ablehnung bestimmter Teilzeiten und Karenzen

Der Arbeitgeber muss eine sachliche und schriftliche Begründung abgeben, wenn er folgende Wünsche bzw Anträge des Arbeitnehmers ablehnt oder aufschiebt:

  • Herabsetzung der Normalarbeitszeit nach § 14 Abs 1 Z 2 AVRAG bei einem Arbeitnehmer, der einen nahen Angehörigen nicht nur vorübergehend betreuen möchte (Betreuungsteilzeit),
  • Pflegekarenz nach § 14c AVRAG, sofern kein Rechtsanspruch auf Pflegekarenz besteht,
  • Pflegeteilzeit nach § 14d AVRAG, sofern kein Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit besteht.
5.2. Begleitung schwersterkrankter Kinder

Bei der Pflege eines Angehörigen darf es nicht darauf ankommen, ob ein gemeinsamer Haushalt mit dem zu pflegenden Angehörigen vorliegt. Dies ist in § 14a AVRAG bereits umgesetzt, dh als Voraussetzung bei der Herabsetzung, Änderung der Lage der Normalarbeitszeit oder Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen ist ein gemeinsamer Haushalt nicht erforderlich. Nunmehr wird das Tatbestandsmerkmal des gemeinsamen Haushalts auch bei der Begleitung schwersterkrankter Kinder gemäß § 14b AVRAG gestrichen. Somit ist auch ein vom Kind getrennt lebender Elternteil anspruchsberechtigt.

5.3. Begründungspflicht bei Kündigungen

Gemäß § 15 Abs 1 AVRAG kann eine Kündigung, die wegen der Ablehnung einer Vereinbarung nach § 13a AVRAG (Wiedereingliederungsteilzeit) oder wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Maßnahme nach den §§ 11 bis 14, 14c und 14d AVRAG (ua Bildungskarenz, Bildungsteilzeit, Betreuungsteilzeit, Pflegekarenz, Pflegeteilzeit) ausgesprochen wird, bei Gericht angefochten werden. Diese Bestimmung wird nun dahingehend ergänzt, dass bei der Betreuungsteilzeit, Pflegekarenz und Pflegeteilzeit der Arbeitgeber auf ein schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen hat. Es gelten sinngemäß die Ausführungen unter Punkt 2.2. bzw Punkt 3.3. (Frist von 5 Kalendertagen etc).

6. Hemmung von Verjährungs- und Verfallsfristen

In mehreren Gesetzen ist nunmehr geregelt, dass der Ablauf von laufenden gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs- und Verfallsfristen betreffend Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die der Arbeitnehmer zu Beginn bestimmter Freistellungen, Karenzen bzw Dienstverhinderungen hatte, bis zum Ablauf von 2 Wochen nach Ende der jeweiligen Freistellungen, Karenz bzw Dienstverhinderung gehemmt wird. Durch diese Frist wird ermöglicht, dass die Ansprüche nicht bereits am ersten Tag nach Rückkehr, an dem andere Angelegenheiten im Vordergrund stehen werden, geltend gemacht werden müssen.

Es kommt nun zu einer Ablaufhemmung von Ansprüchen, die der Arbeitnehmer zu Beginn der folgenden Zeiten bereits erworben hat:

7. Gleichbehandlungsgesetz

In der Zielsetzung des I. Abschnittes des GlBG wird in § 2 GlBG neben der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt auch die Ermöglichung der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben von Eltern sowie pflegenden Angehörigen genannt. Das GlBG ist künftig außerdem auch auf Diskriminierungen anzuwenden (§ 5a GlBG), bei denen zwar der Diskriminierungsgrund Geschlecht nicht vorliegt, eine Diskriminierung jedoch vorliegt wegen

  • Elternkarenz, Elternteilzeit sowie Änderung der Lage der Arbeitszeit nach dem MSchG oder dem VKG sowie Papamonat nach § 1a VKG;
  • Freistellung nach § 8 Abs 3 des AngG bzw § 1154b Abs 5 ABGB, bei dringenden familiären Dienstverhinderungsgründen, wenn eine Erkrankung oder ein Unfall die unmittelbare Anwesenheit erfordern;
  • Pflegefreistellung iSd § 16 Abs 1 bis 4 UrlG;
  • den sich aus §§ 14 Abs 1 Z 2 bis 14d AVRAG ergebenden Rechten (dh Betreuungsteilzeit, Familienhospizkarenz, Pflegekarenz, Pflegeteilzeit).

Im Fall einer Diskriminierung aufgrund der angeführten Tatbestände gelten die Rechtsfolgen des § 12 GlBG. Außerdem ist die Zuständigkeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Gleichbehandlungskommission gegeben.

8. Kinderbetreuungsgeld

8.1. Änderungen iZm der Anspruchsberechtigung

Bei den Anspruchsvoraussetzungen kommt es insbesondere zu den folgenden Änderungen:

  • Grenzgänger-Familien mit Wohnsitz in Österreich soll bei Erfüllung aller weiteren Anspruchsvoraussetzungen das Kinderbetreuungsgeld samt Krankenversicherungsschutz wieder gewährt werden können; dh Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil für sein Kind auch dann, wenn für dieses Kind nur deswegen kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, weil Anspruch auf eine gleichartige Leistung aus einem EU/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz besteht und diese tatsächlich bezogen wird. (§ 2 Abs 1 Z 1 KBGG; gilt rückwirkend ab 1. 2. 2023)
  • Bei einem 91 Tage übersteigenden Krankenhausaufenthalt des Kindes wird bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch den jeweiligen Elternteil im Mindestausmaß von durchschnittlich 2 Stunden täglich ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt mit diesem Elternteil angenommen. (§ 2 Abs 6 KBGG)
  • Die Meldefrist für die Hauptwohnsitzmeldung des Kindes beträgt nunmehr 17 Tage ab Unterkunftnahme (14 Tage Frist aus dem KBGG und 3 Tage Frist aus dem MeldeG). (§ 2 Abs 6 KBGG)
  • Auslandsbeamte mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig werden, sowie deren Ehegatten, sofern die Eheleute in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben, können bei einem Anspruch auf Familienbeihilfe für ihr haushaltszugehöriges Kind auch Kinderbetreuungsgeld für dieses Kind beziehen. (§ 2 Abs 9 KBGG)
8.2. Antragsfrist beim Partnerschaftsbonus

Beim Partnerschaftsbonus wird die Antragsfrist gegenüber der geltenden Rechtslage verlängert. Der Antrag ist spätestens binnen 124 Tagen ab dem letzten Tag der höchstmöglichen Anspruchsdauer für beide Elternteile (bislang: ab Ende des letzten Bezugsteils) beim Krankenversicherungsträger zu stellen. (§ 5b KBGG)

8.3. Bezugsverlängerung in Härtefällen

Um allen Eltern, unabhängig vom gewählten Kinderbetreuungsgeld-System (Pauschal- bzw Einkommensersatz-System) eine finanzielle Unterstützung in jenen Härtefällen zu gewährleisten, in denen ein Elternteil aus bestimmten schwerwiegenden Gründen durch den Wegfall des gemeinsamen Haushaltes mit dem Kind am Bezug des Kinderbetreuungsgeldes verhindert ist, gebührt dem anderen Elternteil auch im Einkommensersatz-System eine Bezugsverlängerung. Diese Verhinderungsverlängerung kann in einem Zeitraum von maximal 61 Tagen in Höhe der Sonderleistung gemäß § 24d Abs 1 KBGG in Anspruch genommen werden. (§ 24d Abs 3 KBGG)

9. Familienzeitbonus

9.1. Familienzeitbonus bei Krankenhausaufenthalt

In § 2 FamZeitbG kommt es zu folgenden Änderungen:

  • Der Familienzeitbonus gebührt als Ausnahme auch dann, wenn aufgrund eines medizinisch erforderlichen Krankenhausaufenthaltes des anderen Elternteils (zB aufgrund von Komplikationen infolge der Geburt) kein gemeinsamer Haushalt des anderen Elternteils mit dem Vater und dem Kind vorliegt. Dafür muss der Vater den anderen Elternteil in Anwesenheit des Kindes im Durchschnitt von mindestens 2 Stunden täglich persönlich pflegen und betreuen (Haushaltsfiktion), weiters müssen alle anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden. Der Vater hat das Ausmaß der Pflege und Betreuung des anderen Elternteils durch ihn im Beisein des Kindes durch Bestätigungen des Krankenhauses beim Krankenversicherungsträger nachzuweisen.
  • Auch bei der bereits bestehenden Regelung betreffend den medizinisch erforderlichen Krankenhausaufenthalt des Kindes genügt eine durchschnittlich 2-stündige tägliche Pflege und Betreuung durch den Vater und den anderen Elternteil (bisher: 4 Stunden).
9.2. Erhöhung des Familienzeitbonus

Der Familienzeitbonus wird auf € 47,82 Euro pro Tag angehoben, das entspricht einer Verdoppelung des Wertes aus 2023 (€ 23,91), um mehr Vätern die Familienzeit zu ermöglichen. Die Erhöhung des Familienzeitbonus gilt für Geburten ab 1. 8. 2023. (§ 3 Abs 1 KBGG)

9.3. Einmalige Änderung und Verlängerung der Antragsfrist

In § 3 Abs 3 FamZeitbG kommt es zu den folgenden Änderungen:

  • Nach der geltenden Rechtslage kann die Anspruchsdauer (28, 29, 30 oder 31 Kalendertage) nicht verändert werden, sie kann also nicht verlängert, verkürzt, verschoben, aufgeteilt, vorzeitig beendet etc werden. Künftig ist innerhalb einer Frist von 182 Tagen ab der Geburt eine einmalige Änderung der Variante möglich. Eine vorzeitige Beendigung ist weiterhin nicht möglich.
  • Die Antragsfrist für den Familienzeitbonus wird verlängert, dh der Antrag muss (statt wie bisher am 91. Tag) spätestens am 121. Tag nach der Geburt beim Krankenversicherungsträger einlangen (es gilt das Datum des Eingangsstempels).



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