Bundesgesetz, mit dem das EStG 1988 geändert wird (Progressionsabgeltungsgesetz 2024 – PrAG 2024); BGBl I 2023/153, ausgegeben am 22. 12. 2023
(NR 21. 11. 2023, 829/BNR 27. GP ; AB 10. 11. 2023, 2292 BlgNR 27. GP ; RV 27. 9. 2023, 2217 BlgNR 27. GP ; Vortrag an den Ministerrat 15. 9. 2023, BMF: 2023-0.665.456 )
1. Gestaffelte Anpassung der ersten vier Tarifgrenzen
Die im Rahmen der automatischen Inflationsanpassung im Ausmaß von zwei Dritteln bzw um 6,6 % (= 2/3 von 9,9 %) bereits angepassten Beträge wurden bereits in der Inflationsanpassungsverordnung 2024 (BGBl II 2023/251, Rechtsnews 34461) kundgemacht.
Die für die Anwendung der ersten bis vierten Tarifstufe maßgebenden Grenzbeträge sollen nun aber nicht nur um 6,6 %, sondern wie folgt angepasst werden:
- die erste Tarifstufe um in Summe 9,6 % auf € 12.816,-,
- die zweite Tarifstufe um in Summe 8,8 % auf € 20.818,-,
- die dritte Tarifstufe um in Summe 7,6 % auf € 34.513,-,
- die vierte Tarifstufe um in Summe 7,3 % auf € 66.612,-.
(§ 1 Abs 4, § 4 Abs 4 Z 8 lit b, § 33 Abs 1 sowie § 124b Z 437 EStG; anwendbar ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 bzw für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2023 enden)
2. Anpassung der Absetzbeträge und sonstiger Werte im EStG
Die Absetzbeträge samt der Sozialversicherungs-Rückerstattung/des Sozialversicherungs-Bonus sowie mit ihnen in Zusammenhang stehenden Einkommens- und Einschleifgrenzen sollen nun zu 100 % an die Inflationsrate angepasst werden:
Der Alleinverdienerabsetzbetrag soll im Jahr 2024 betragen:
- bei einem Kind € 572,-,
- bei zwei Kindern € 774,-.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind um jeweils € 255,- jährlich. Voraussetzung ist dabei, dass der (Ehe-)Partner Einkünfte von höchstens € 6.937,- jährlich erzielt.
Der Alleinerzieherabsetzbetrag soll im Jahr 2024 jährlich betragen:
- bei einem Kind € 572,-,
- bei zwei Kindern € 774,-.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind um jeweils € 255,- jährlich.
Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, soll im Jahr 2024 ein Unterhaltsabsetzbetrag von € 35,- monatlich zustehen. Leistet ein Steuerpflichtiger für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von € 52,- und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils € 69,- monatlich zu.
Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis sollen im Jahr 2024 folgende Absetzbeträge zustehen:
- Ein Verkehrsabsetzbetrag von € 463,- jährlich.
- Bei Anspruch auf ein Pendlerpauschale erhöht sich der Verkehrsabsetzbetrag auf € 798,-, wenn das Einkommen des Steuerpflichtigen € 14.106,- im Kalenderjahr nicht übersteigt. Der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag vermindert sich zwischen Einkommen von € 14.106 ,- und € 15.030,- gleichmäßig einschleifend auf € 463,-.
- Der Verkehrsabsetzbetrag erhöht sich um € 752,- (Zuschlag), wenn das Einkommen des Steuerpflichtigen € 18.499,- im Kalenderjahr nicht übersteigt. Der Zuschlag vermindert sich zwischen Einkommen von € 18.499,- und € 28.326,- gleichmäßig einschleifend auf null.
Ein erhöhter Pensionistenabsetzbetrag soll im Jahr 2024 zustehen, wenn
- der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt,
- der (Ehe-)Partner Einkünfte von höchstens € 2.545,- jährlich erzielt und
- der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag hat.
Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag soll € 1.405,- betragen, wenn die laufenden Pensionseinkünfte des Steuerpflichtigen € 23.043,- im Kalenderjahr nicht übersteigen. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von € 23.043,- und € 29.482,- auf null.
Liegen die Voraussetzungen für einen erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nicht vor, soll der Pensionistenabsetzbetrag im Jahr 2024 € 954,- betragen. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von € 20.233,- und € 29.482,- auf null.
Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben, eine Einkommensteuer unter null, sind (im Jahr 2024) 55 % der Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 Z 3 lit a EStG (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und des § 16 Abs 1 Z 4 und Z 5 EStG, höchstens aber € 463,- jährlich rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf ein Pendlerpauschale haben, sind höchstens € 579,- rückzuerstatten. Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag haben, ist der maximale Betrag der SV-Rückerstattung um € 752,- zu erhöhen (SV-Bonus).
Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den (erhöhten) Pensionistenabsetzbetrag haben, eine Einkommensteuer unter null, sind (im Jahr 2024) 80 % der Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 Z 4 EStG, höchstens aber € 637,- jährlich, rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs 1 Z 4 lit f EStG.
Der Selbstbehalt bei den außergewöhnlichen Belastungen vermindert sich ua dann um einen Prozentpunkt, wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und der (Ehe-)Partner (im Jahr 2024) Einkünfte von höchstens € 6.937,- jährlich erzielt.
Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn der (Ehe-)Partner (im Jahr 2024) Einkünfte von höchstens € 6.937,- jährlich erzielt, und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag gem § 35 Abs 3 EStG zu.
Der unbeschränkt Steuerpflichtige hat ua dann eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn das Einkommen, in dem keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind, im Jahr 2024 mehr als € 12.816,- betragen hat; liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 Z 1, Z 2, Z 5, Z 6, Z 7, Z 12, Z 13, Z 14 oder Z 15 vor, so besteht Erklärungspflicht dann, wenn das zu veranlagende Einkommen mehr als € 13.981,- betragen hat.
Der in § 42 Abs 2 EStG (Steuererklärungspflicht bei beschränkt Steuerpflichtigen) vorgesehene Grenzbetrag wird im Jahr 2024 auf € 2.331,- angehoben.
Der Abzugsteuer gem § 99 EStG unterliegt der volle Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) oder Gewinnanteile. Mit den Einnahmen (Betriebseinnahmen) unmittelbar zusammenhängende Ausgaben (Betriebsausgaben oder Werbungskosten) können vom vollen Betrag der Einnahmen (Betriebseinnahmen) abgezogen werden, wenn sie ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässiger beschränkt Steuerpflichtiger vor dem Zufließen der Einkünfte dem Schuldner der Einkünfte schriftlich mitgeteilt hat („Nettobesteuerung“). Ist der Empfänger der als Ausgaben geltend gemachten Beträge beschränkt steuerpflichtig und übersteigen die Ausgaben im Jahr 2024 beim Empfänger den Betrag von € 2.331,- ist ein Abzug vom vollen Betrag der Einnahmen nicht zulässig, wenn die steuerliche Erfassung beim Empfänger zur inländischen Besteuerung nicht ausreichend sichergestellt ist.
Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger: Die Einkommensteuer ist bei beschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 33 Abs 1 EStG mit der Maßgabe zu berechnen, dass dem Einkommen im Jahr 2024 ein Betrag von € 10.486,- hinzuzurechnen ist.
(§ 33 Abs 2 bis Abs 6 und Abs 8, § 34 Abs 4, § 35 Abs 1, § 42, § 99 Abs 2 Z 2, § 102 Abs 3 sowie § 124b Z 437 EStG; anwendbar ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 bzw für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2023 enden)
3. Erhöhung des Gewinnfreibetrages (Grundfreibetrages)
Der Gewinnfreibetrag für Selbständige beträgt aktuell bis zu 15 % des Gewinnes. Dieser setzt sich aus einem Grundfreibetrag für Gewinne bis zu € 30.000,- und darüber hinaus einem investitionsbedingten Gewinnfreibetrag zusammen.
Der Grundfreibetrag soll nun auf € 33.000,- angehoben werden. Die Neuregelung soll für Wirtschaftsjahre anzuwenden sein, die nach dem 31. 12. 2023 beginnen. (§ 10 Abs 1 und Abs 2 sowie § 124b Z 438 EStG; erstmalig für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2023 beginnen)
4. Ausweitung der steuerlichen Begünstigung von Überstunden
Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat sind derzeit im Ausmaß von höchstens 50 % des Grundlohnes, insgesamt jedoch bis höchstens € 86,- monatlich, steuerfrei.
Der höchstmögliche steuerfreie Zuschlag für die ersten zehn Überstunden im Monat soll nun auf € 120,- erhöht werden.
Für die Kalenderjahre 2024 und 2025 befristet können zudem für die ersten 18 Überstunden im Monat bis zu € 200,- steuerfrei ausbezahlt werden. Um die Wirkung der Maßnahme zu überprüfen und in Folge die weitere Ausgestaltung der Maßnahme fundiert beurteilen zu können, ist eine Evaluierung der Maßnahme im Lauf des Jahres 2025 vorgesehen. (§ 68 Abs 1 und Abs 2 und § 124b Z 440 EStG; anzuwenden für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2023 enden)
5. Ausweitung der steuerlichen Begünstigung der SEG- und SFN-Zulagen
Die steuerfreien Beträge für Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (SEG-Zulagen) sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (SFN-Zulagen) und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs 1 EStG sollen von € 360,- auf € 400,- erhöht werden. (§ 68 Abs 1 und § 124b Z 440 EStG; anzuwenden für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2023 enden)
6. Unbefristete Verlängerung der Homeoffice-Regelung
Auf Grund der COVID-19-Krise wurden steuerliche Regelungen betreffend Homeoffice-Tätigkeiten von Arbeitnehmern befristet eingeführt (vgl BGBl I 2021/52). Neben dem Homeoffice-Pauschale können auch Kosten für die Anschaffung ergonomischen Mobiliars bei Homeoffice-Tätigkeit in einem hinreichenden Ausmaß geltend gemacht werden.
Auch nach der COVID-19-Krise arbeiten viele Arbeitnehmer zeitweise im Homeoffice. Dementsprechend wird die bis dato bis Ende 2023 befristeten steuerlichen Regelungen betreffend Homeoffice-Tätigkeiten unbefristet verlängert, wobei bei ergonomischem Mobiliar die Deckelung mit € 300,- Maximalbetrag pro Jahr beibehalten werden soll. Darüber hinaus sollen jene Beträge, die den jährlichen Höchstbetrag übersteigen, zukünftig zeitlich unbegrenzt berücksichtigt werden können, während der bisherige beschränkte zeitliche Geltungsbereich der Bestimmung auch eine betragliche Begrenzung im Gesamtausmaß der Abzugsfähigkeit zur Folge hatte.
Das Pauschale von bis zu € 3,- pro Homeoffice-Tag soll unbefristet, inhaltlich aber im Vergleich zur bisherigen Regelung unverändert zustehen. (§ 16 Abs 1 Z 7a lit a und Entfall von § 124b Z 375 EStG)
7. Erhöhung des Kindermehrbetrages
Der Kindermehrbetrag soll ab dem Veranlagungsjahr 2024 erhöht und bei Vorliegen der Voraussetzungen künftig in Höhe von bis zu € 700,- jährlich pro Kind gewährt werden. (§ 33 Abs 7 sowie § 124b Z 437 EStG; anwendbar ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 bzw für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2023 enden)
Hinweis
Aufgrund dieser Erhöhung des Kindermehrbetrages kam es durch das Start-Up-Förderungsgesetz ab 2024 auch zu einer Erhöhung des für volljährige Kinder vorgesehenen Familienbonus Plus auf € 700,08 jährlich.
Auch Wochengeld soll iZm dem Kindermehrbetrag nicht anspruchsschädlich sein, da sehr oft in einem Kalenderjahr Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld bezogen werden.
Beispiel
A bezieht bis 14. 2. 2023 Wochengeld und von 15. 2. 2023 bis zum Jahresende Kinderbetreuungsgeld. Bisher hatte sie auf Grund des Bezuges von Wochengeld keinen Anspruch auf den Kindermehrbetrag, zukünftig steht er ihr zu.
Diese systematische Anpassung soll bereits ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023 anzuwenden sein. (§ 33 Abs 7 sowie § 124b Z 439 EStG; anwendbar ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023 bzw für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2022 enden)
8. Erhöhung des Zuschusses zur Kinderbetreuung und Erweiterung der Betriebskindergärten
Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen davon einen Zuschuss für die Kinderbetreuung gewähren, der unter bestimmten Voraussetzungen derzeit bis zu € 1.000,- jährlich pro begünstigtem Kind steuerfrei ist. Um die Möglichkeit der steuerfreien Förderung der Kinderbetreuung auszuweiten, soll der Höchstbetrag von € 1.000,- auf € 2.000,- pro Kalenderjahr angehoben werden.
Da auch für Kinder nach Vollendung des zehnten Lebensjahres Kosten für die Betreuung anfallen, soll zudem die Altersgrenze für die Steuerbefreiung angehoben werden. Nunmehr soll die Befreiung für Kinder, die zu Beginn des Jahres das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zustehen.
Darüber hinaus soll es, um die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung zu erleichtern, möglich sein, dass der Arbeitnehmer die Kosten der den Voraussetzungen entsprechenden Kinderbetreuung selbst verausgabt und diese (gegen Vorlage der Rechnung, die zum Lohnkonto zu nehmen ist) zumindest teilweise durch den Arbeitgeber ersetzt werden. Dies soll in der Abwicklung ebenso gehandhabt werden wie die Regelung des § 26 Z 5 lit b EStG hinsichtlich der Zurverfügungstellung einer Wochen-, Monats- oder Jahreskarte für ein Massenbeförderungsmittel.
Außerdem soll die Schaffung elementarer Bildungseinrichtungen durch Arbeitgeber attraktiver gemacht werden, indem zukünftig der kostenlose oder vergünstigte Besuch solcher Einrichtungen, wie beispielsweise Betriebskindergärten, auch dann steuerfrei sein soll, wenn diese Einrichtung auch durch betriebsfremde Kinder besucht werden. Dabei soll es weder eine Rolle spielen, wie hoch der Anteil der Kinder von Arbeitnehmern unter den Kindern insgesamt ist, noch, wie hoch die Gebühr für die Nutzung der Einrichtung (sowohl für Arbeitnehmer als auch betriebsfremde Personen) ist, oder ob diese einen Gewinn erwirtschaftet. (§ 3 Abs 1 Z 13 und § 124b Z 437 EStG; anwendbar ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 bzw für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. 12. 2023 enden)