Abgabenänderungsgesetz 2022

GesetzgebungPersonalrechtBleyerJuli 2022

Pauschale Betriebsausgaben bei Öffi-Tickets; Zusammenwirken von Öffi-Ticket und Pendlerpauschale; Übergang vom Zufluss- zum Anspruchsprinzip bei Besteuerung von Reha- und Krankengeld; unbeschränkt Steuerpflichtige mit DBA-befreiten Einkünften – einheitliches Veranlagungsverfahren; Erweiterung der Bemessungsgrundlage für Forschungsprämie; Erhöhung des Jahressechstels bei Kurzarbeit auch 2022; Ausweitung der Umsatzsteuerregelung für Dreiecksgeschäfte; Schaffung einer Umsatzsteuerverzinsung; Möglichkeit einer "Multilateralen Risikobewertung“; Anpassung der Regelung über COVID-19-Risiko-Atteste

Inkrafttreten

1.1.2022

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

19.7.2022

Betroffene Normen

BAO, EStG, GebG, KStG, UStG

Betroffene Rechtsgebiete

Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Verfahrensrecht, Verkehrsteuern & Gebühren

Quelle

BGBl I 2022/108

Bundesgesetz, mit dem das EStG 1988, das KStG 1988, das UmgrStG, das StiftEG, das UStG 1994, das GebG 1957, das ASVG, das KfzStG 1992, das VersStG 1953, das NoVAG, die GewO 1994, das ElAbgG, das MinStG 2022, die BAO, die AbgEO, das BFGG, das ABBG, das PLABG, das FinStrG, das KontRegG, das ZollR-DG, das EU-BStbG, das EU-MPfG und das EU-AHG geändert werden sowie das Bundesgesetz über den verpflichtenden automatischen Informationsaustausch betreffend meldende Plattformbetreiber im Bereich der Besteuerung (DPMG) erlassen werden (Abgabenänderungsgesetz 2022 – AbgÄG 2022); BGBl I 2022/108, ausgegeben am 19. 7. 2022 (586/BNR 27. GP ; AB 1585 BlgNR 27. GP RV 1534 BlgNR 27. GP ; ME 202/ME 27. GP )

1. Überblick

Das Abgabenänderungsgesetz 2022 bringt zahlreiche abgaben- und zollrechtliche Änderungen, die zur Entlastung und Stärkung von Unternehmen, zur Entlastung der Bürger sowie zu Verwaltungsvereinfachungen und Reduzierung der Rechtsbefolgungskosten führen sollen. Weiters werden das nationale Recht an unionsrechtliche Vorgaben angepasst und Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung und Förderung der Steuergerechtigkeit getroffen.

Im Folgenden werden die wichtigsten Maßnahmen zusammengefasst:

2. Änderung des EStG

2.1. Steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung

In § 3 Abs 1 Z 35 EStG wird im Zusammenhang mit der steuerfreien Mitarbeitergewinnbeteiligung gesetzlich klargestellt, dass der einzelne Arbeitnehmer im Kalenderjahr nicht mehr als € 3.000,- an steuerfreier Gewinnbeteiligung erhalten kann. Insbesondere bei mehreren Arbeitgebern im Jahr könnte es zu einer Überschreitung des Maximalbetrages kommen. (§ 3 Abs 1 Z 35 EStG; anwendbar ab 20. 7. 2022). In diesen Fällen ist dann § 41 Abs 1 Z 14 EStG zu beachten und es kommt im Rahmen einer Pflichtveranlagung zu einer Nachversteuerung des übersteigenden Betrages. (§ 41 Abs 1 Z 14 und § 124b Z 403 EStG; anwendbar ab der Veranlagung 2022)

2.2. Steuerfreie Zuwendungen einer SV-OG–Stiftung

Die Befreiungsbestimmung für nach § 718 Abs 9 ASVG errichtete Privatstiftungen wird um jene Gesundheitsförderungsmaßnahmen (zielgerichtete, wirkungsorientierte Gesundheitsförderungen und präventive Maßnahmen), die Arbeitgeber im Rahmen des § 3 Abs 1 Z 13 lit a EStG 1988 steuerfrei erbringen können, erweitert. Diese Maßnahmen sind auch dann steuerbefreit, wenn sie über die Leistungen hinausgehen, die die jeweilige Betriebskrankenkasse am 31. 12. 2018 vorgesehen hat. (§ 3 Abs 1 Z 36 EStG; anwendbar ab 20. 7. 2022)

2.3. Steuerfreie Zuschüsse von Sozialfonds

Zuschüsse oder sonstige Leistungen (zB für Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen) der kollektivvertraglich begründeten gemeinsamen Einrichtungen der Sozialpartner für das Bewachungsgewerbe und für das Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigungsgewerbe (die bestehenden Einrichtungen werden als „Sozialfonds“ bezeichnet), die nach dem 30. 6. 2022 ausbezahlt werden und auf die kein Rechtsanspruch besteht, werden bis zu den im Gesetz festgelegten Obergrenzen im Kalenderjahr des Zuflusses von der Einkommensteuer befreit. Die Beiträge des Arbeitgebers an die Einrichtungen der Sozialpartner dürfen dabei nicht mehr als 0,5 Prozent der allgemeinen Beitragsgrundlage gemäß § 49 ASVG betragen. Wenn in anderen Kollektivverträgen vergleichbare Einrichtungen geschaffen werden, können auch deren Leistungen, soweit sie den weiteren Voraussetzungen genügen, steuerfrei bleiben.

Diese Zuschüsse oder sonstigen Leistungen können aktiven bzw ehemaligen Arbeitnehmern der im Gesetz genannten Branchen steuerfrei gewährt werden. Arbeitslosenunterstützung, Weiterbildungsunterstützung und Krankenstandsunterstützung können in einem Kalenderjahr kumulativ – innerhalb der jeweils geltenden Grenze – in Anspruch genommen werden. Im Todesfall des Arbeitnehmers in Folge eines Arbeitsunfalles können einem Angehörigen Zuschüsse oder sonstigen Leistungen bis zu einem Gesamtbetrag von € 5.000,- im Kalenderjahr steuerfrei gewährt werden. In sachlich begründeten besonderen berufsspezifischen Härtefällen können die Zuschüsse an Arbeitnehmer oder an deren Angehörige bis zu einem Gesamtbetrag von € 5.000,- pro Einzelfall steuerfrei gewährt werden.

Um die Nachvollziehbarkeit der steuerfrei gewährten Zuschüsse sicherzustellen und einen unverhältnismäßigen Aufwand zu vermeiden, werden die Einrichtungen verpflichtet, dem Finanzamt des Empfängers der steuerfreien Leistungen Name, Anschrift und Sozialversicherungsnummer des Empfängers sowie die Höhe der Leistung bis zum 31. 1. des Folgejahres mitzuteilen. (§ 3 Abs 1 Z 38 und § 124b Z 396 EStG; anwendbar ab 1. 7. 2022)

Weiters wird klargestellt, dass die genannten Zuschüsse oder sonstigen Leistungen – im Gleichklang mit der steuerrechtlichen Regelung – für aktive Dienstnehmer im ASVG beitragsfrei sind (Ausnahme vom Entgeltbegriff). (§ 49 Abs 3 Z 32, § 773 ASVG; tritt mit 1. 7. 2022 in Kraft)

2.4. Einkommensteuerbefreiung für kleinere Photovoltaikanlagen

Einkünfte natürlicher Personen aus der Einspeisung von bis zu 12.500 kWh elektrischer Energie aus Photovoltaikanlagen werden von der Einkommensteuer befreit, wenn die Engpassleistung der jeweiligen Anlage die Grenze von 25 kWp nicht überschreitet. Bei Überschreiten der 12.500 kWh kommt eine anteilige Befreiung zur Anwendung (im Sinne eines Freibetrages). Die Einschränkung auf Anlagen mit einer Engpassleistung von 25 kWp (auch bei mehreren Eigentümern) stellt dabei typisierend sicher, dass es sich lediglich um private Anlagen handelt, die primär zur Eigenversorgung und nicht für gewerbliche Zwecke errichtet worden sind.

Der Freibetrag bezieht sich auf den einzelnen Steuerpflichtigen. Wird eine Anlage von mehreren Personen betrieben, steht der Freibetrag somit mehrmals zu. Ist andererseits ein Steuerpflichtiger an mehreren Anlagen beteiligt, steht ihm der Freibetrag nur einmal zu.

Die Befreiung kommt bereits ab der Veranlagung 2022 zur Anwendung. (§ 3 Abs 1 Z 39 und § 124b Z 397 EStG)

2.5. Pauschale Betriebsausgaben bei Öffi-Tickets

Im Lichte der mit dem Klimaticket verfolgten Zielsetzung, die Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu forcieren, wurde mit der steuerfreien Zurverfügungstellung des „Job-Tickets“ für Arbeitnehmer (§ 26 Z 5 lit b EStG) bereits ein steuerlicher Anreiz gesetzt, Netzkarten Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen. Es erscheint daher unter diesem Gesichtspunkt zielführend, Selbstständigen ebenfalls einen steuerlichen Anreiz zu bieten, um im Wege einer Wochen-, Monats- oder Jahresnetzkarte verstärkt den öffentlichen Verkehr an Stelle des Individualverkehrs für betriebliche Zwecke zu nutzen.

Bei Wochen-, Monats- oder Jahresnetzkarten für den öffentlichen Verkehr, die sowohl für betrieblich veranlasste als auch private Fahrten genutzt werden (können), sollen (rückwirkend mit 1. 1. 2022) 50 % der Ausgaben für eine nicht übertragbare Wochen-, Monats- oder Jahreskarte für Einzelpersonen ohne weiteren Nachweis pauschal als Betriebsausgaben abgesetzt werden können, um Steuerpflichtigen Aufzeichnungen über die betriebliche Nutzung zu ersparen und einen Anreiz für eine verstärkte Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu bieten. Aufpreise für Familienkarten, für die Übertragbarkeit der Wochen-, Monats- oder Jahreskarte (Mitnutzung durch andere Personen), für die Mitnahme von Hunden oder Fahrrädern sowie Aufpreise für die Nutzung der 1. Klasse für Einzelfahrten sind von dieser Pauschalregelung allerdings nicht erfasst.

Die Möglichkeit, der Berücksichtigung als Betriebsausgaben die tatsächlichen Kosten für Netzkarten zu Grunde zu legen, bleibt unberührt. In diesem Fall ist – entsprechend der bisherigen Praxis – der betriebliche Nutzungsanteil in Bezug auf sämtliche Kosten zu ermitteln und glaubhaft zu machen. 

Aus umsatzsteuerlicher Sicht muss für den Vorsteuerabzug die tatsächliche unternehmerische Nutzung nachgewiesen werden. Unternehmer können jedoch nach der Rsp des EuGH (EuGH 8. 3. 2001, C-415/98 Bakcsi) gemischt genutzte Leistungen zu 100 % dem Privatvermögen zuordnen, was zur Folge hat, dass dann kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. In diesem Fall sind ertragsteuerlich die Ausgaben inklusive Umsatzsteuer (brutto) maßgebend, sodass bei Inanspruchnahme der Pauschalregelung 50 % der Kosten der Wochen-, Monats- oder Jahreskarte inkl. USt als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Beispiel

A erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit und ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Er kauft sich für das Kalenderjahr 2022:

  • ein Klimaticket Classic Familie um € 1.205,- (das entspricht dem Preis für ein Klimaticket Classic von € 1.095,- und einem Familienaufschlag von € 110,-), das er auch betrieblich nutzt,
  • für Fahrten mit den ÖBB ein Upgrade für die 1. Klasse um € 1.355,-,
  • ein Businessplatz-Abo (Sitzplatzreservierungen) bei den ÖBB für 50 Stück um € 450,-, wobei 30 Stück auf berufliche Fahrten entfallen.

Von der Pauschalregelung erfasst sind die Ausgaben für das Klimaticket Classic iHv € 1.095,- sowie das Upgrade für die 1. Klasse um € 1.355,-. Es sind daher 50 % dieser Ausgaben, somit € 1.225,- ohne Nachweis als Betriebsausgabe absetzbar. Weiters absetzbar sind bei Glaubhaftmachung der beruflichen Veranlassung, die anteiligen Kosten der Sitzplatzreservierungen für 30 Fahrten um € 270,- (€ 9,-/Fahrt * 30).

Die pauschale Abzugsmöglichkeit von 50 % der aufgewendeten Kosten für eine nicht übertragbare Wochen-, Monats- oder Jahreskarte kann auch im Rahmen der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs 1 EStG und der Kleinunternehmerpauschalierung gemäß § 17 Abs 3a EStG als zusätzliche Betriebsausgabe geltend gemacht werden. (§ 4 Abs 4 Z 5§ 17 Abs 1 und Abs 3a und § 124b Z 397 EStG; anwendbar ab der Veranlagung 2022)

2.6. Diverse Unterstützungsleistungen – Übergang vom Zufluss- zum Anspruchsprinzip

Die Besteuerung von Rehabilitationsgeld und Krankengeld ist derzeit so gestaltet, dass es bei längeren Verfahrensdauern und geballten Zahlungen für die Anspruchsberechtigten zu Steuernachzahlungen kommen kann. Aus diesem Grund sind nun das Rehabilitationsgeld sowie das Krankengeld nicht im Jahr des Zuflusses zu besteuern, sondern werden dem Jahr zugerechnet, für das der Anspruch besteht (Anspruchsprinzip). Diese Regelung gilt gleichermaßen für das Wiedereingliederungsgeld.

Da beispielsweise bis zur Entscheidung über das Rehabilitationsgeld in vielen Fällen ein Vorschuss des AMS geleistet wird, gelten auch das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld, das Umschulungsgeld, die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen in dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw für das sie getätigt werden, als zugeflossen.

Die Zurechnung zum Anspruchsjahr gilt ebenso für Rückzahlungen der genannten Leistungen.

Die Änderungen gelten für Zahlungen, Nachzahlungen und Rückzahlungen ab 1. 1. 2022. Um beim Übergang vom Zufluss- zum Anspruchsprinzip steuerliche Nachteile zu vermeiden, wurde für Rückzahlungen eine Übergangsregelung geschaffen. Wenn bei einer Rückzahlung das Kalenderjahr, für das der Anspruch bestand bzw für das die Zahlung getätigt worden ist, nicht mit dem Kalenderjahr der steuerlichen Berücksichtigung der Einnahmen übereinstimmt, kann die Rückzahlung dem Jahr der Versteuerung zugerechnet werden (zB Zufluss 2021 für das Jahr 2020, Versteuerung im Zuflussjahr 2021, Rückzahlung August 2022; ohne Übergangsregelung wäre die Rückzahlung dem Anspruchsjahr 2020 zuzurechnen, aufgrund der Übergangsregelung kann die Rückzahlung dem Jahr der steuerlichen Berücksichtigung 2021 zugerechnet werden). Die Neuregelung ist bei offenen Veranlagungsfällen auch über Antrag des Steuerpflichtigen möglich. Ist lediglich das Jahr des Zuflusses noch nicht rechtskräftig veranlagt, das Anspruchsjahr hingegen schon, stellt die antragsgemäße Umstellung auf das Anspruchsprinzip für die vorangegangenen Jahre ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO dar, sodass dann sämtliche Zahlungen und Rückzahlungen entsprechend der neuen Rechtslage dem Anspruchsjahr zugeordnet werden können. Wenn zB im Jahr 2020 Rehabilitationsgeld für die Jahre 2018 und 2019 nachgezahlt wird, ist ein Antrag auf Anwendung der Neuregelung auch dann möglich, wenn lediglich das Jahr 2020 noch nicht rechtskräftig veranlagt ist. (§ 19 Abs 1 Z 2 und Abs 2 sowie § 124b Z 399 EStG)

2.7. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

Da aufgrund einer Novellierung des Studienförderungsgesetzes 1992 (BGBl I 2022/75) die bisherige Freigrenze iHv € 715,- durch einen Freibetrag iHv € 923,- ersetzt wurde, wird der Verweis in § 22 Z 1 lit a dritter Satz EStG ab dem 1. 9. 2022 angepasst. Stipendien stellen demnach keinen wirtschaftlichen Einkommensersatz dar, soweit sie jährlich insgesamt nicht höher sind als die Studienbeihilfe nach Selbsterhalt gemäß § 31 Abs 4 des StudFG 1992 (Freibetrag; aktuell: € 923,-). Der über diesen Grundbetrag gemäß § 31 Abs 4 StudFG 1992 hinausgehende Teil gilt hingegen als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. (§ 22 Z 1 lit a und § 124b Z 400 EStG; tritt am 1. 9. 2022 in Kraft)

In § 22 Z 1 lit b EStG wurde im Rahmen des Steuerreformgesetzes 2020 normiert, dass freiberufliche Vertretungsärzte, die unter die Pflichtversicherung nach dem Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz (FSVG) fallen, steuerlich Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit beziehen. Dies gilt nunmehr auch für Notärzte, die unter die Pflichtversicherung nach dem FSVG fallen. Die Ergänzung gelangt für alle offenen Veranlagungsfälle zur Anwendung. (§ 22 Z 1 lit b sowie § 124b Z 401 EStG)

Wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer: Mit dem StRefG 2020 wurde § 15 Abs 2 Z 2 EStG erweitert, sodass auch Krafträder und Fahrräder („Jobrad“) der begünstigten Sachbezugsbewertung zugänglich sind. Die parallele gesetzliche Anpassung in § 22 Z 2 EStG wird nunmehr nachgeholt. (§ 22 Z 2 EStG; anwendbar ab 20. 7. 2022)

2.8. Job-Ticket

Es wird klargestellt, dass nicht nur die Übernahme der Kosten für ein Job-Ticket (Wochen-, Monats- oder Jahreskarte) einen nicht steuerbaren Bezug aus nichtselbstständiger Arbeit darstellt, sondern dass das Ticket auch durch den Arbeitgeber nicht steuerbar zur Verfügung gestellt werden kann. Dies entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis. (§ 26 Z 5 lit b EStG; anwendbar ab 20. 7. 2022)

Darüber hinaus ist auch ein Pflichtveranlagungstatbestand für jene Fälle vorgesehen, in denen ein Job-Ticket gewährt wurde, das die gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt oder dem Arbeitnehmer Kosten für ein Job-Ticket in einer nicht zustehenden Höhe ersetzt wurden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber unrichtige Angaben gemacht hat oder mehrere Arbeitgeber für dasselbe Ticket einen insgesamt die Kosten übersteigenden Beitrag geleistet haben. (§ 41 Abs 1 Z 15 und § 124b Z 403 EStG; anwendbar ab der Veranlagung 2022)

2.9. Zusammenwirken von Job-Ticket und Pendlerpauschale

Es wird klargestellt, dass wenn der Arbeitnehmer an der Mehrzahl der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum die Beförderung im Werkverkehr nutzt und – trotz des bestehenden Werkverkehrs – eine bestimmte Wegstrecke zwischen Wohnung und Einstiegsstelle zurücklegen muss, ihm für diese Teilstrecke das Pendlerpauschale zusteht. Kostenbeiträge des Arbeitnehmers für die Beförderung im Werkverkehr stellen Werbungskosten dar, allerdings nur bis zur maximalen Höhe des in seinem konkreten Fall in Frage kommenden Pendlerpauschales der gesamten Strecke von der Wohnung zur Arbeitsstätte. Für jenen Teil der Fahrtstrecke, für den ein Werkverkehr (wenn auch mit einem Kostenbeitrag des Arbeitnehmers) zur Verfügung steht, steht kein Pendlereuro zu.

Weiters wird die Berechnungsweise des Pendlerpauschales für jene Fälle geregelt, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Job-Ticket unentgeltlich zur Verfügung stellt oder einen nicht steuerbaren Zuschuss zur Wochen-, Monats- oder Jahreskarte leistet. Das Pendlerpauschale wird in einem ersten Schritt so berechnet, als ob keine Zurverfügungstellung eines Tickets vorliegt: Ausschlaggebend für die Höhe des Pendlerpauschales ist demnach die zurückzulegende Strecke Wohnung – Arbeitsstätte. Damit es zu keiner ungerechtfertigten Überförderung kommt, ist der vom Arbeitgeber zugewendete Wert des Tickets vom Pendlerpauschale des Arbeitnehmers abzuziehen. Der Wert eines für mehrere Monate gültigen Tickets ist dabei gleichmäßig auf die Monate der Gültigkeit zu verteilen.

Beispiel (den Beispielen sind die Werte ohne die befristete Erhöhung bis Juni 2023, siehe BGBl I 2022/63, zu Grunde gelegt)

A pendelt von ihrem Wohnort Mattersburg an 19 Arbeitstagen zu ihrer Arbeitsstätte in Wien; es steht A laut Pendlerrechner ein kleines Pendlerpauschale iHv € 2.016,- pro Jahr (€ 168,- pro Monat) sowie der Pendlereuro iHv € 142,- pro Jahr zu.

Variante a) Der Arbeitgeber wendet ihr ab Jänner 2023 die Kosten einer Wiener Jahreskarte im Wert von € 365,- zu. Mit der Übernahme der Kosten des Wiener Jahrestickets ist ab Jänner 1/12 (= € 30,42) vom monatlichen Pendlerpauschale abzuziehen (168,- – 365,-/12). Somit erhält A monatlich € 137,58 an Pendlerpauschale. Der Pendlereuro steht hingegen für die gesamte Strecke ungekürzt zu.

Variante b) A erhält von ihrem Arbeitgeber das Klimaticket für das gesamte Bundesgebiet iHv € 1.095,-. Ihr steht daher ein Pendlerpauschale iHv € 921,-/Jahr (= € 2.016,- – € 1.095,-) zu. Der jährliche Pendlereuro iHv € 142,- steht hingegen für die gesamte Strecke Wohnung-Arbeitsstätte zu.

(§ 16 Abs 1 Z 6 lit i und § 124b Z 398; anwendbar ab 2023)

2.10. Unterhaltsabsetzbetrag

Die steuerliche Behandlung von unregelmäßigen bzw nachgezahlten Unterhaltsleistungen wird gesetzlich klargestellt und die bisherige Verwaltungsmeinung aufgenommen (vgl Rz 799 LStR 2002).

Die Tilgungsreihenfolge innerhalb eines Kalenderjahres wird für die Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages – und in Folge des Familienbonus Plus – gesetzlich nun so ausgestaltet, dass zunächst die älteste offene Unterhaltsverpflichtung getilgt wird, danach die nächstälteste usw. Es kommt dabei nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt im Jahr die (Nach-)Zahlungen getätigt wurden. Bei unregelmäßigen Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres ist demnach das Kalenderjahr rechnerisch von Beginn des Jahres bzw von Beginn der Unterhaltsverpflichtung an aufzufüllen.

Beispiel 

A ist verpflichtet € 200,- im Monat an Unterhalt für das Kind an die Kindesmutter B zu zahlen. Er zahlt unregelmäßig, dh in 5 Monaten die vollen € 200,-, in 4 Monaten zahlt er gar nichts, und in 3 Monaten zahlt er nur € 100,-. In Summe zahlt er daher insgesamt im Kalenderjahr € 1.300,- (statt € 2.400,-). Rechnerisch werden die € 1.300,- nun auf die Monate der Unterhaltsverpflichtung angerechnet, dh beginnend ab Jänner erfüllt A seine Unterhaltsverpflichtung für sechs Monate. A steht der Unterhaltsabsetzbetrag in diesem Jahr daher für sechs Monate (Jänner bis Juni) zu.

Dieselbe Systematik gilt für Nachzahlungen nach Ablauf eines Kalenderjahres. Nachzahlungen, mit welchen nach Ablauf des Kalenderjahres offene Unterhaltsverpflichtungen aus dem Vorjahr bzw den Vorjahren bezahlt werden, können daher für den Unterhaltsabsetzbetrag in den Vorjahren nicht berücksichtigt werden.

Beispiel

A zahlt in den ersten Monaten im Jahr 2022 unregelmäßig und nur für drei Monate den vereinbarten Unterhalt an die Kindesmutter B. Im Dezember 2022 zahlt er für weitere drei Monate nach, im Februar 2023 leistet er noch zwei Nachzahlungen.

A steht der Unterhaltsabsetzbetrag im Jahr 2022 für sechs Monate (Jänner bis Juni) zu, entsprechend der sechs in diesem Jahr tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen. Die Nachzahlungen im Februar 2023 können für das Jahr 2022 nicht berücksichtigt werden, diese sind nur in dem Jahr der Zahlung relevant, also für den Unterhaltsabsetzbetrag im Kalenderjahr 2023.

(§ 33 Abs 4 Z 3 EStG; anwendbar ab 20. 7. 2022)

2.11. Pflichtveranlagung

Der Pflichtveranlagungstatbestand hinsichtlich des Pendlerpauschales wird an jenen für den Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge in § 41 Abs 1 Z 5 EStG angepasst, sodass zukünftig in all jenen Fällen, in denen ein Pendlerpauschale zu Unrecht oder in einer falschen Höhe berücksichtigt wurde, eine Pflichtveranlagung durchgeführt wird. (§ 41 Abs 1 Z 6 und § 124b Z 403 EStG; anwendbar ab der Veranlagung 2022)

Weiters wird ein Redaktionsversehen bereinigt: Ein Pflichtveranlagungstatbestand ist auch dann gegeben, wenn das Homeoffice-Pauschale von einem Arbeitgeber in einer insgesamt nicht zustehenden Höhe steuerfrei belassen wurde. (§ 41 Abs 1 Z 13 und § 124b Z 403 EStG; anwendbar ab der Veranlagung 2022)

2.12. Antragslose Arbeitnehmerveranlagung

Aus verwaltungsökonomischen Gründen kann eine antragslose Arbeitnehmerveranlagung unterbleiben, wenn sie zu einer Gutschrift führen würde, die lediglich einen Bagatellbetrag ausmacht. Da § 242 Abs 2 BAO vorsieht, dass Guthaben unter € 5,- nicht von Amts wegen zurückzuzahlen sind, wird dieser Betrag als Untergrenze für die Durchführung einer antragslosen Arbeitnehmerveranlagung herangezogen.

Weiters werden im Rahmen der antragslosen Arbeitnehmerveranlagung auch jene pauschalen Sonderausgaben für die thermisch-energetische Sanierung von Gebäuden und „Heizkesseltausch“ berücksichtigt, für die eine Datenübermittlung gemäß § 40g TDBG 2012 erfolgt. Diese Änderung ist erstmalig bei der Veranlagung 2022 anzuwenden. (§ 41 Abs 2 Z 2 lit a und § 124b Z 403 EStG; anwendbar ab der Veranlagung 2022)

Erhöht eine nachträgliche Übermittlung von Daten betreffend Sonderausgaben, Behinderung oder eines Lohnzettels die Gutschrift aus einer bereits erfolgten antragslosen Arbeitnehmerveranlagung, ist auch dieser Sachbescheid, der an die Stelle des ersten Bescheides aus der antragslosen Arbeitnehmerveranlagung tritt, einer Veranlagung auf Antrag des Steuerpflichtigen innerhalb der Frist von fünf Jahren zugänglich. Diese Änderung ist erstmalig bei der Veranlagung 2022 anzuwenden. 

Beispiel

Der antragslose Bescheid betreffend das Kalenderjahr 2021 ergeht im August 2022. Anfang September 2022 wird der Finanzverwaltung nachträglich eine Spende aus dem Jahr 2021 im Wege einer automatischen Meldung der Spendenorganisation übermittelt. Der antragslos ergangene Bescheid wird aufgrund der nachträglich eingegangenen Meldung im Rahmen der verfahrensrechtlichen Vorschriften durch einen neuen Bescheid ersetzt, der zu einer zusätzlichen Gutschrift führt. Der Steuerpflichtige kann innerhalb der Fünfjahresfrist eine Abgabenerklärung abgeben. In diesem Fall ist der zuletzt ergangene Bescheid aufzuheben und über die Abgabenerklärung zu entscheiden.

(§ 41 Abs 2 Z 2 lit d und § 124b Z 403 EStG; anwendbar ab der Veranlagung 2022)

2.13. Unbeschränkt Steuerpflichtige mit DBA-befreiten Einkünften – einheitliches Veranlagungsverfahren

Für unbeschränkt Steuerpflichtige mit DBA-befreiten Einkünften ist es bisher gesetzlich nicht vorgesehen, die vom Arbeitgeber dafür einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer im Veranlagungswege zu erstatten, da es sich nicht um einbehaltene Steuer, die auf veranlagte Einkünfte entfällt, handelt. Die Steuerpflichtigen müssen daher, um zu viel einbehaltene Lohnsteuer rückerstattet zu bekommen, zwei verschiedene Verfahrenswege (Veranlagungsverfahren gemäß § 39 EStG und Erstattungsverfahren gemäß § 240 BAO) beschreiten.

Mit der Erweiterung des § 46 Abs 1 EStG ist es bei unbeschränkt Steuerpflichtigen künftig möglich, die vom Arbeitgeber einbehaltene Lohnsteuer im Rahmen der Veranlagung gemäß § 39 EStG auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen, auch wenn die dem Lohnsteuerabzug zu Grunde liegenden Einkünfte nicht in die Veranlagung einfließen, da sie aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens oder gemäß § 48 Abs 5 BAO aus der inländischen Steuerbemessungsgrundlage auszuscheiden sind.

Die Ergänzung ist auf alle offenen Verfahren anzuwenden. (§ 46 Abs 1 Z 4 EStG)

2.14. Lohnzettel in Folge einer Lohnsteuerprüfung

Die Übermittlung eines korrigierten Lohnzettels in Folge einer Prüfung der lohnabhängigen Abgaben und Beiträge stellt – unabhängig davon, ob diese durch den PLB, die Gesundheitskasse oder eine Gemeinde durchgeführt wurde – ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar

. Es erhöht für die betroffenen Arbeitnehmer nämlich die Rechtssicherheit, wenn lediglich diejenigen Teile eines bereits erlassenen Bescheides abgeändert werden, die von den Prüfungsergebnissen umfasst waren und nicht der gesamte vorher ergangene Bescheid aufgehoben werden muss. (§ 84 Abs 3 EStG; anwendbar ab 20. 7. 2022)

2.15. Forschungsprämie

Derzeit steht für die Forschungsleistung, die von einem Einzelunternehmer, einem Gesellschafter einer Personengesellschaft oder einem (gänzlich) unentgeltlich tätigen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft erbracht wird, keine Forschungsprämie zu, weil die eigene Forschungsleistung in der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt wird. Das betrifft insbesondere Start-Ups und KMU. Um diese Unternehmer, die nachweislich forschend im Unternehmen tätig sind, besser zu unterstützen, soll in der die Bemessungsgrundlage regelnden Forschungsprämienverordnung vorgesehen werden, dass ein fiktiver Unternehmerlohn berücksichtigt werden kann.

Im zugehörigen Entwurf zur Novelle der Forschungsprämienverordnung wird vorgesehen, dass bei Einzelunternehmern, Mitunternehmern, bei denen Löhne und Gehälter steuerlich einen Gewinnbestandteil darstellen, sowie bei (gänzlich) unentgeltlich tätigen Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft ein Betrag von € 45,- für jede im maßgebenden Wirtschaftsjahr geleistete Tätigkeitsstunde in begünstigter eigenbetrieblicher Forschung und experimenteller Entwicklung, maximal jedoch € 77.400,- für jede Person pro Wirtschaftsjahr berücksichtigt werden können. 

Zudem wird die Antragsfrist für die Forschungsprämie neu geregelt und von der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides entkoppelt. Am Zeitraum für die Prämiengewährung (jeweils das Kalenderjahr) und an der Erfassung der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen in der Bemessungsgrundlage (jeweils das Wirtschaftsjahr) tritt keine Änderung ein. Unverändert beginnt die Antragsfrist mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, dem die in der Bemessungsgrundlage erfassten Aufwendungen (Ausgaben) und Kosten zuzuordnen sind. Sie endet aber – abweichend von der bisherigen Regelung – stets vier Jahre nach dem Beginn. Die Antragstellung hat elektronisch im Wege von FinanzOnline zu erfolgen.

Weiters ist künftig eine Teilauszahlung der Forschungsprämie möglich, wenn einem Prämienantrag nur in Bezug auf ein oder wenige Projekt(e)/Schwerpunkt(e) nicht vollinhaltlich entsprochen werden kann. Es muss somit nicht mehr – wie bisher – der gesamte Antrag entscheidungsreif sein, um über ihn entscheiden zu können. (§ 108c und § 124b Z 405 EStG; erstmalig auf Prämien anzuwenden, die das Kalenderjahr 2022 betreffen und nach dem 30. 6. 2022 erstmalig beantragt werden)

2.16. Steuerbegünstigung für Ärzte

Die mit dem 3. COVID-19-Gesetz (BGBl I 2020/23) und 18. COVID-19-Gesetz (BGBl I 2020/44) eingeführte und mit dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz (BGBl I 2021/3) verlängerte Begünstigungsvorschrift für Ärzte iSd § 36b Ärztegesetz 1998 wird vor dem Hintergrund der andauernden COVID-19-Pandernie abermals verlängert. Die Begünstigung gelangt daher ebenso für Ärzte zur Anwendung, die (auch) im Jahr 2022 während der COVID-19-Pandemie als Ärzte gemäß § 36b Ärztegesetz 1998 tätig werden. (§ 124b Z 351 EStG)

2.17. Erhöhung des Jahressechstels bei Kurzarbeit

Auch im Kalenderjahr 2022 ird für Zeiten der Kurzarbeit – unabhängig davon, wie lange der Arbeitnehmer in Kurzarbeit war – bei der Berechnung des Jahressechstels ein pauschaler Zuschlag von 15 % berücksichtigt. (124b Z 364 EStG)

3. Änderung des UStG

3.1. Grundstücksvermietung durch ausländischen Unternehmer – kein Übergang der Steuerschuld

Durch eine Anpassung von § 19 Abs 1 zweiter Satz UStG 1994 kommt es bei der Vermietung von Grundstücken durch einen Unternehmer, der sein Unternehmen nicht im Inland betreibt, nicht mehr zum Übergang der Steuerschuld und somit nicht zum Vorsteuererstattungsverfahren, sondern zum Veranlagungsverfahren für den vermietenden Unternehmer.

Beispiel

D (Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland) vermietet ein im Inland gelegenes Geschäftslokal an eine Immobilienbetreibergesellschaft und übt die Option zur Steuerpflicht gemäß § 6 Abs 2 UStG 1994 aus.

Lösung: Da es gemäß § 19 Abs 1 zweiter Satz UStG 1994 bei der Vermietung an die Immobilienbetreibergesellschaft nicht zum Übergang der Steuerschuld kommt, hat D die Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären. Vorsteuerbeträge sind ebenfalls im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.

(§ 19 Abs 1 UStG; anwendbar ab 20. 7. 2022)

3.2. 0 %-Steuersatz für Schutzmasken

Aufgrund der anhaltenden COVID-19-Krise wird für die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Schutzmasken der Steuersatz von 0 % bis zum 30. 6. 2023 beibehalten. (§ 28 Abs 54 UStG)

3.3. Ausweitung der Umsatzsteuerregelung für Dreiecksgeschäfte

Die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte findet auch innerhalb von Reihengeschäften mit mehr als drei Personen Anwendung.

Wie bisher kann immer nur einer der am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer potenziell in den Genuss der Vereinfachung für Dreiecksgeschäfte kommen, und zwar der Steuerpflichtige innerhalb der Reihe, der den innergemeinschaftlichen Erwerb tätigt, also der Empfänger der bewegten Lieferung ist. Für Zwecke dieser Bestimmung wird dieser Empfänger als Erwerber bezeichnet. (Art 25 und § 28 Abs 58 Z 2 UStG; anwendbar ab 2023)

4. Änderung des KfzStG und des VersStG

4.1. Befreiung für Elektrofahrzeuge

Die Befreiung für Elektrofahrzeuge wird – analog zur entsprechenden Befreiungsbestimmung in der Normverbrauchsabgabe – technologieneutral angepasst. (§ 2 Abs 1 Z 9, § 11 Abs 1 Z 12 KfzStG 1992; tritt mit 1. 1. 2023 in Kraft) (§ 4 Abs 3 Z 6, § 12 Abs 3 Z 33 VersStG; tritt mit 1. 6. 2023 in Kraft)

4.2. Steuerliche Behandlung von Wohnmobilen

Außerdem erfolgt eine Klarstellung hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von jenen Wohnmobilen, die durch Aufbau auf einem unvollständigen Kraftfahrzeug der Klasse N vervollständigt werden. Die Kraftfahrzeugsteuer und die motorbezogene Versicherungssteuer für Wohnmobile werden künftig ausschließlich nach der Leistung des Verbrennungsmotors in Kilowatt bemessen (und somit unabhängig davon, ob ein CO2-Wert nach WLTP vorliegt). (§ 5 Abs 1 Z 2 lit a§ 11 Abs 1 Z 12 KfzStG 1992, tritt mit 1. 1. 2023 in Kraft) (§ 5 Abs 1 Z 3 lit b und § 6 Abs 3 Z 1 lit b§ 12 Abs 3 Z 33 VersStG; tritt mit 1. 6. 2023 in Kraft)

5. Änderung der BAO

5.1. Digitalisierung

Die aufgrund der COVID-19-Pandemie in § 323c Abs 4 Z 2 bis Z 4 BAO befristet eingeführte Möglichkeit zum Einsatz technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung wird im neu geschaffenen § 48j BAO unbefristet weitergeführt. Es wird allerdings der Anwendungsbereich auf Außenprüfungen und Nachschauen ausgedehnt. Weiters wird der Partei, wenn sie nicht über die entsprechenden technischen Möglichkeiten verfügt – anders als bisher – eine Antragsmöglichkeit eingeräumt, von der Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung Abstand zu nehmen. Wie bisher besteht auch in der Zukunft kein Rechtsanspruch auf eine Amtshandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung; diese anzubieten liegt ausschließlich im Ermessen der Behörde. Diese hat auch die technischen und organisatorischen Voraussetzungen festzulegen, die die Verwendung der angebotenen technischen Einrichtungen erfordert (zB in der Vorladung). (§ 48j und § 91 Abs 1, § 323 Abs 73 BAO; tritt mit 1. 7. 2022 in Kraft)

In § 105 BAO wird die elektronische Kundmachung – anstelle der Veröffentlichung auf der physischen Amtstafel – auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen vorgesehen. (§ 105 BAO, § 323 Abs 73 BAO; tritt mit 1. 1. 2023 in Kraft)

5.2. Compliance

Nationale BAO-Bestimmungen im Zusammenhang mit der „Multilateralen Risikobewertung“ sollen die optimale Umsetzung der Instrumente der OECD bzw der EU zur gemeinsamen Bewertung und Analyse grenzüberschreitender Besteuerungsrisiken durch mehrere Steuerverwaltungen gemeinsam mit dem betroffenen Unternehmen ermöglichen. Das Verfahren wird in einem auf der Webseite der OECD verfügbaren Handbuch umfassend beschrieben. Das Unternehmen gewährt durch die Offenlegung von Unterlagen einen zeitnahen Einblick in seine Tätigkeit und seine Steuergestaltung. Die teilnehmenden Steuerverwaltungen diskutieren ihre jeweiligen Ergebnisse untereinander. Sie erlangen dadurch einen umfassenderen Überblick über das Unternehmen, als dies im Rahmen lediglich bilateraler Verfahren möglich wäre. Ein weiterer Vorteil der multilateralen Risikobewertung ist die zeitliche Nähe des Verfahrens zu den Zeiträumen, in denen die wirtschaftlichen Entscheidungen getroffen werden. Dadurch kann das multinationale Unternehmen allenfalls notwendige Korrekturen umgehend und nicht erst nach vielen Jahren durchführen.

Die Teilnahme erfolgt für alle Beteiligten – somit auch für das Finanzamt für Großbetriebe – auf freiwilliger Basis. Das Verfahren ist insbesondere durch eine straffe zeitliche Gestaltung geprägt, es soll im Regelfall innerhalb von 28 bis 36 Wochen abgeschlossen sein. (§ 118b BAO; anwendbar ab 20. 7. 2022)

5.3. Verfahrens-Beschleunigung vor dem BFG

Eine zeitliche Begrenzung des Berücksichtigungsgebots neuer Tatsachen, Beweise und Anträge im Falle einer durchgeführten mündlichen Verhandlung mit deren Schließung iSd § 277 Abs 4 BAO und somit auch mit der Verkündung des Beschlusses, dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt, soll einen Beitrag gegen verfahrensverschleppende Maßnahmen darstellen. 

Die ausdrückliche Normierung einer für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltenden Verfahrensförderungspflicht in § 270 Abs 2 BAO soll zusätzlich und insbesondere in allen Verfahren, in denen keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, verfahrensbeschleunigend wirken. Dieselbe Regelung findet sich derzeit bereits in § 39 Abs 2a AVG.

Damit einhergehend wird ein nur für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltender spezieller Ablehnungstatbestand für solche Beweisanbote normiert, die der in § 270 Abs 2 BAO normierten Verfahrensförderungspflicht widersprechen. Ein Verstoß gegen die Verfahrensförderungspflicht iSd § 270 Abs 2 BAO liegt (bereits) dann vor, wenn aus objektiver Sicht keine sachlichen Gründe dafür vorliegen, dass im Verfahren eingebrachte Beweisanträge nicht schon bereits in einem früheren Verfahrensstadium, etwa bereits im abgabenbehördlichen Verfahren oder spätestens nach Bekanntgabe des Vorlageberichts (§ 265 Abs 3 BAO) eingebracht hätten werden können. 

Ein im Vorlageantrag gestellter Beweisantrag gilt jedenfalls als rechtzeitig. (§ 183 Abs 3 und § 270 BAO, § 323 Abs 73 BAO; erstmals auf Beschwerdevorlagen bzw Beschwerdeeingänge nach dem 31. 8. 2022 anzuwenden)

5.4. Umsatzsteuerzinsen

Mit der Neuregelung des § 205c BAO wird eine eigenständige Verzinsungsregelung für den Bereich der Umsatzsteuer geschaffen, die den im Urteil EuGH 12. 5. 2021, C-844/19 , postulierten Voraussetzungen entspricht. Die Umsatzsteuerzinsen betragen pro Jahr 2 % über dem Basiszinssatz. Umsatzsteuerzinsen, die den Betrag von € 50,- nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

In § 205c Abs 1 und Abs 2 BAO werden die Tatbestände sowie die Zeiträume (idR Frist von 90 Tagen) geregelt, an welche sich Umsatzsteuerzinsen knüpfen. (§ 3 Abs 2, § 205c und § 323 Abs 75 BAO)

5.5. Erweiterung der Rückerstattungsmöglichkeit aufgrund von DBA

Mit der Neuregelung des § 240 Abs 4 BAO wird explizit die Rückzahlung von Abzugsteuern geregelt, sofern Einkünfte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ganz oder teilweise von einer inländischen Abzugsteuer zu entlasten sind. 

Auf Antrag des Abgabepflichtigen hat die Rückzahlung des einbehaltenen und entrichteten Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist oder zu erfolgen hat. Der Antrag kann ungeachtet allfälliger im Abkommen vereinbarter kürzerer Fristen bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden.

Wurden Abzugsteuern einbehalten und ergibt sich aus einem Verständigungs- oder Schiedsverfahren, dass Österreich kein oder nur ein eingeschränktes Besteuerungsrecht hat, ist die zu viel einbehaltene Steuer im Wege eines Rückzahlungsverfahrens zu erstatten. Dabei gilt nicht die Frist von fünf Jahren gerechnet vom Jahr der Einbehaltung, sondern eine einjährige Frist gerechnet vom Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Bescheides gemäß § 48 Abs 2 oder Abs 4 BAO.

Im Haftungsweg nachgeforderte Beträge sind nur insoweit rückzuzahlen, als sie dem Abzugsverpflichteten vom Abgabepflichtigen ersetzt wurden.

Aufgrund der umfangreichen organisatorischen und IT-technischen Vorarbeiten, die für die Umsetzung der neuen Bestimmung erforderlich sind, soll die Neuregelung erst auf Anträge angewendet werden, die nach dem 31. 12. 2022 erfolgen bzw gestellt werden. (§ 202 Abs 2, § 205 Abs 1 lit c sowie § 240 Abs 4 und § 323 Abs 74 BAO)

6. Änderung des PLABG

Mit den Änderungen im PLABG soll die Verbesserung von organisatorischen Abläufen innerhalb der Finanzverwaltung erreicht und auf Bedürfnisse aus der Praxis Rücksicht genommen werden.

7. Digitales Plattformen-Meldepflichtgesetz (DPMG)

Mit diesem Bundesgesetz soll die Transparenz im Steuerbereich erweitert werden. Die Durchsetzung von Steuervorschriften und die Gewährleistung der Einhaltung der Steuervorschriften gestaltet sich aufgrund der grenzüberschreitenden Dimension von Dienstleistungen und Warenverkäufen, die mithilfe von Plattformbetreibern durchgeführt werden, häufig schwierig. Die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union können mangels ausreichender Informationen Einkünfte aus Geschäftstätigkeiten, die unter Zuhilfenahme digitaler Plattformen ausgeübt werden, in ihrem Land nicht korrekt bestimmen und kontrollieren. Dieses Bundesgesetz legt daher die Pflicht zur Meldung von Informationen über Plattformbetreiber und aktive Anbieter, die die jeweiligen Plattformen für die Ausübung ihrer relevanten Tätigkeiten nutzen, an die österreichische zuständige Behörde innerhalb eines bestimmten Zeitraumes fest und definiert den automatischen Informationsaustausch der eingelangten Meldungen mit den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten.

8. Änderung des ASVG

Aufgrund der Aufhebung des COVID-19-Impfpflichtgesetzes wurden die Regelungen über die COVID-19-Risiko-Atteste überarbeitet. Hinsichtlich der Ausstellung eines positiven COVID-19-Risiko-Attests wurde nunmehr (mit gewissen Anpassungen) wieder die Rechtslage vor Einführung des COVID-19-Impfpflichtgesetzes eingeführt. § 735 Abs 2 Z 2 ASVG wurde dahingehend umgestaltet, dass jene Personen ein COVID-19-Risikoattest erhalten, die bei Zugehörigkeit zur Risikogruppe aus medizinischen Gründen nicht gegen COVID-19 geimpft werden können. Als weitere Voraussetzung wurde hinzugefügt, dass die betroffene Person auch nicht (prophylaktisch) mittels Antikörperpräparaten ausreichend geschützt werden kann. Der vom Bund an die Krankenversicherungsträger zu leistende Kostenersatz für die aufgrund der Ausstellung eines COVID-19-Risiko-Attests zu leistenden Honorare wurde überdies bis 31. 12. 2022 verlängert.

Hinweis
Zur Verlängerung der Freistellung von Arbeitnehmern mit einem COVID-19-Risiko-Attest von 1. 8. 2022 bis zum Ablauf des 31. 10. 2022 siehe BGBl II 2022/293.

 

 



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