Normen
Übk Anerkennung Qualifikation Hochschulbereich europ Region
Übk Anerkennung Qualifikation Hochschulbereich europ Region ArtIB
Übk Anerkennung Qualifikation Hochschulbereich europ Region ArtIV1
Übk Anerkennung Qualifikation Hochschulbereich europ Region ArtX1 lita
Übk Anerkennung Qualifikation Hochschulbereich europ Region ArtX1 litb
UniversitätsG 2002 §64 Abs1 Z1
VwGVG 2014 §28
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RO2022100021.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Wirtschaftsuniversität Wien hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin stellte am 27. August 2020 einen Antrag auf Zulassung zum Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Dezember 2020 wurde dem Antrag unter Vorschreibung näher genannter Bedingungen (Ergänzungsprüfungen in drei Fächern) stattgegeben.
3 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde.
4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 7. Mai 2021 hob die belangte Behörde ihren Bescheid vom 16. Dezember 2020 auf und wies den Zulassungsantrag der Revisionswerberin ab.
5 Nach Einbringung eines Vorlageantrages durch die Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde der Revisionswerberin mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 25. April 2022 als unbegründet ab. Die ordentliche Revision erklärte es für zulässig.
6 Das Verwaltungsgericht stellte in der Begründung im Wesentlichen fest, die Revisionswerberin habe im Zeitraum von 2010 bis 2018 die Waldorfschule K, eine in Österreich gelegene Schule, an der eine Reifeprüfung nach österreichischem Schulrecht nicht vorgesehen sei, besucht, wobei sie im Schuljahr 2017/2018 die 12. Schulstufe absolviert habe. Die Revisionswerberin habe sich in der Oberstufe gemeinsam mit acht von neun Mitschülern für den Erwerb des „New Zealand Certificate of Steiner Education“ (im Folgenden: NZCSE) angemeldet. Dabei handle es sich um ein Zertifikatsprogramm, das ‑ voraussichtlich bis Ende 2022 ‑ die allgemeine Universitätsreife in Neuseeland vermittle.
7 Abgesehen vom Fremdsprachenunterricht würden die Teilnehmer an diesem Programm ihre Prüfungsleistungen in deutscher Sprache erbringen, die ‑ wie der zugrundeliegende Unterricht ‑ einem neuseeländischen Moderationsprozess unterzogen würden, wobei die in Neuseeland ansässigen Moderatoren der deutschen Sprache nicht mächtig seien. Prüfungsleistungen würden daher zunächst von den an der Waldorfschule K unterrichtenden Lehrern beurteilt. In weiterer Folge werde in jedem Prüfungsfach ein „Sample“, bestehend aus zumindest sechs Stichproben, nach Deutschland übermittelt, wo eigens ausgewählte und mit den neuseeländischen Vorgaben vertraute Waldorf‑Lehrkräfte die Erfüllung der erforderlichen „learning outcomes“ sowie die in den Stichproben erfolgten Beurteilungen überprüfen und letztere gegebenenfalls auch korrigieren würden. Da in den einzelnen Prüfungsgegenständen nur „Samples“ der in der Klasse erbrachten Leistungen an die externen Moderatoren übermittelt würden, hätten die Prüfungsleistungen der Revisionswerberin nicht immer zu der Gruppe der mindestens sechs extern moderierten Prüfungsleistungen gezählt.
8 Die Revisionswerberin habe sämtliche Prüfungsleistungen in Österreich erbracht, und zwar teils im Unterricht an der Waldorfschule K und teils zu Hause; ein Unterricht in Neuseeland habe nicht stattgefunden. Im Rahmen des NZCSE‑Programms habe die Revisionswerberin Prüfungsleistungen auf Level 3 in den Prüfungsgegenständen „Analysis“, „Chemie“, „Schauspiel“, „Deutsch“, „Die Geisteswissenschaften“, „Sport und Bewegung“, „Physik“, „Praktische Künste und Technologie“, „Fremdsprache Englisch“, „Fremdsprache Französisch“, „Sozialkunde“, „Statistik“, „Die Künste“ und „Die Naturwissenschaften“ erbracht sowie eine vorwissenschaftliche Arbeit angefertigt. Insgesamt seien 49 Prüfungsleistungen in das NZCSE miteingeflossen, darunter auch im Regelunterricht erarbeitete „learning outcomes“. Das Zertifikat sei der Revisionswerberin am 30. Juni 2018 (beglaubigt am 4. Juli 2018) ausgestellt worden. Die Texte, die die Revisionswerberin zu Goethes „Faust“ verfasst habe, würden weder inhaltlich noch strukturell dem Niveau der in Österreich abzulegenden standardisierten Reife- und Diplomprüfung Deutsch entsprechen. Die von der Revisionswerberin erbrachten mathematischen Leistungen seien nicht „adäquat“ zur österreichischen standardisierten schriftlichen Reifeprüfung Mathematik.
9 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, die Revisionswerberin habe eine von der „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Waldorf Schools“ ausgestellte, beglaubigte neuseeländische Urkunde (das NZCSE) vorgelegt, die von der zuständigen neuseeländischen Schulbehörde ‑ zumindest derzeit noch (bis Ende 2022) ‑ als dem offiziellen „National Certificate of Educational Achievement“ (NCEA) gleichwertig erachtet werde und die in Neuseeland die allgemeine Universitätsreife vermittle. Es liege somit ein neuseeländischer Qualifikationsnachweis im formellen Sinn vor. Es sei jedoch fraglich, ob die gegenständliche Urkunde aus Sicht des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens auch einen neuseeländischen Qualifikationsnachweis im materiellen Sinne darstelle, weil Artikel IV.1 des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens auf den Ort des Erwerbs der Qualifikation abstelle. Die Revisionswerberin habe sämtliche Prüfungsleistungen an einer österreichischen Schule erbracht, ohne jemals eine neuseeländische Bildungseinrichtung besucht zu haben. Diese Leistungen seien von den österreichischen Lehrkräften erstbeurteilt, einige davon samt den zugehörigen österreichischen Erstbeurteilungen von „bundesdeutschen“ Waldorf-Lehrkräften kontrolliert worden. Erst nach positiver Gesamtrückmeldung durch diese deutschen Lehrkräfte sei es zur Ausstellung des gegenständlichen Zertifikates durch die „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Waldorf Schools“ gekommen. Aus Sicht des Verwaltungsgerichtes könne daher nicht mehr von einer neuseeländischen Qualifikation im materiellen Sinn gesprochen werden, da die mit dem neuseeländischen „University Entrance“ verbundene Qualifikation letztlich auf eine Art Anerkennungskette zurückgehe: Die „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Waldorf Schools“ habe die zur Gänze in Österreich erbrachten und durch die an der Waldorfschule K unterrichtenden Lehrkräfte erstbeurteilten Prüfungsleistungen teils durch deutsche Waldorf-Lehrkräfte kontrollieren lassen und teils unkontrolliert die Beurteilungen der österreichischen Lehrkräfte übernommen. Das so erlangte NZCSE sei von der neuseeländischen „New Zealand Qualifications Authority“‑ zumindest noch bis Ende 2022 ‑ als gleichwertig mit dem staatlichen NCEA akzeptiert worden. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes liege somit keine originäre neuseeländische Reifeprüfung im materiellen Sinn vor, sodass die Anwendbarkeit des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens nicht (mehr) gegeben sei.
10 Doch selbst wenn man die Anwendbarkeit bejahe ‑ so das Verwaltungsgericht ‑ weiche der von der Revisionswerberin gewählte Weg des Erwerbs des vorgelegten Qualifikationsnachweises ‑ ausgehend von den Empfehlungen des „Lisbon Recognition Convention Committee“ in der „Revised Recommendation on Criteria and Procedures for the Assessment of Foreign Qualifications“, wonach Qualifikationen insbesondere Unterschiede in Bezug auf Inhalt, Profil, Arbeitsbelastung, Qualität und Lernergebnisse aufweisen könnten (§ 36) ‑ in nicht unerheblicher Weise von den einschlägigen österreichischen Rechtsgrundlagen zum Erwerb eines österreichischen Reifeprüfungszeugnisses ab. Als Vergleichsgrundlage sei die „standardisierte kompetenzorientierte Reifeprüfung an AHS“ heranzuziehen. Nach einer Gegenüberstellung der im Rahmen des NZCSE abgelegten Prüfungsleistungen im Vergleich zu den österreichischen Anforderungen im Hinblick auf die zeitliche Lagerung der Prüfungsleistungen und die Modalität der Prüfungen, sowie den Stoffumfang und die Prüfungsanforderungen in den Fächern Mathematik und Deutsch im Speziellen, hielt das Verwaltungsgericht in einer Gesamtbetrachtung fest, dass die von der Revisionswerberin in den Prüfungsgegenständen Mathematik und Deutsch erbrachten Leistungen kein inhaltliches Äquivalent zu jenen Leistungen darstelle, die nach den österreichischen Rechtsvorschriften von Kandidaten der österreichischen Reifeprüfung erwartet würden. Dazu komme eine erhebliche Fülle an formellen Abweichungen in Bezug auf die Durchführung der Reifeprüfung. Das Verwaltungsgericht verkenne nicht, dass das Lissabonner Anerkennungsübereinkommen in seiner Systematik eine deutliche Flexibilität in seiner Anwendung erfordere, dennoch zeige der vorliegende Fall in seiner Gesamtheit ein massives Abweichen vom System der österreichischen Reifeprüfung. Angesichts der Tatsache, dass die Revisionswerberin in zwei zentralen Fächern, die zudem von besonderer Bedeutung für das angestrebte Studium seien, die inhaltlichen Anforderungen nicht einmal in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt habe, könne hinsichtlich der deutlichen Unterschiede bei der Durchführung der Reifeprüfung im Endergebnis keine Nachsicht gewährt werden, sodass ein wesentlicher Unterschied im Sinn des Artikel IV.1 Lissabonner Anerkennungsübereinkommen zwischen der österreichischen Reifeprüfung und dem NZCSE bestehe. Da die Revisionswerberin somit den Nachweis der allgemeinen Universitätsreife nicht erbracht habe, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.
11 Die ordentliche Revision sei zulässig, da es bislang keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage der Anwendbarkeit des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens im Fall einer Art „Anerkennungskette“, wie sie hier vorliege (die zur Gänze in Österreich erbrachten und von den an der Waldorfschule K unterrichtenden Lehrkräften erstbeurteilten Prüfungsleistungen würden teils durch bundesdeutsche Waldorf‑Lehrkräfte kontrolliert, teils unkontrolliert übernommen; in weiterer Folge käme es zur Ausstellung des NZCSE durch die „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Waldorf Schools“; dieses wiederum werde von der neuseeländischen „New Zealand Qualifications Authority“ als gleichwertig mit dem staatlichen NCEA akzeptiert), gebe. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich bislang auch noch nicht zur Frage des Vorliegens eines „wesentlichen Unterschiedes“ im Sinne des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens geäußert.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit auf die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes verweist.
13 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.
14 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Gründen zulässig.
16 Die im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes maßgeblichen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002), BGBl. I Nr. 120/2002 idF BGBl. I Nr. 93/2021, lauten auszugsweise:
„Zulassung zum Studium
§ 60. (1) Das Rektorat hat Personen, welche die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, auf Grund ihres Antrages mit Bescheid zum jeweiligen Studium zuzulassen.
[...]
Zulassung zu ordentlichen Studien
§ 63. (1) Die Zulassung zu einem ordentlichen Studium setzt voraus:
1. die allgemeine Universitätsreife,
[...]
Allgemeine Universitätsreife
§ 64. (1) Die allgemeine Universitätsreife ist durch eine der folgenden Urkunden nachzuweisen:
1. ein österreichisches Reifeprüfungszeugnis, ein österreichisches Reife- und Diplomprüfungszeugnis oder ein österreichisches Zeugnis über die Berufsreifeprüfung, sowie diesen durch völkerrechtliche Vereinbarung gleichwertige Zeugnisse,
[...]
(2) Die allgemeine Universitätsreife kann darüber hinaus durch eine ausländische Qualifikation nachgewiesen werden, wenn kein wesentlicher Unterschied zur allgemeinen Universitätsreife gemäß Abs. 1 Z 1 besteht. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedenfalls nicht, wenn
1. die Qualifikation im Ausstellungsstaat Zugang zu allen Sektoren von Hochschulen vermittelt,
2. die Dauer der Schulzeit mindestens zwölf Jahre beträgt und
3. allgemeinbildende Ausbildungsinhalte überwiegen, was durch die Absolvierung von sechs allgemeinbildenden Unterrichtsfächern (zwei Sprachen, Mathematik, ein naturwissenschaftliches, ein geisteswissenschaftliches sowie ein weiteres allgemeinbildendes Unterrichtsfach) in der Sekundarstufe II nachgewiesen wird.
Beträgt die Schulzeit gemäß Z 2 nur elf Jahre oder fehlen Ausbildungsinhalte gemäß Z 3, kann das Rektorat insgesamt bis zu vier Ergänzungsprüfungen vorschreiben, die vor der Zulassung abzulegen sind.
[...]
Inkrafttreten und Außerkrafttreten von Rechtsvorschriften
§ 143. [...]
(76) Die studienrechtlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021, mit Ausnahme der §§ 76, 76a, 79 Abs. 2, 4 und 5, sind ab dem Studienjahr 2022/23 und die dafür durchzuführenden Aufnahme-, Eignungs- und Zulassungsverfahren und die Zulassungen für Studien für das Studienjahr 2022/23 anzuwenden. Bis dahin sind die studienrechtlichen Bestimmungen in der Fassung des Tages vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021 anzuwenden.
[...]“
17 Das Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (Lissabonner Anerkennungsübereinkommen), BGBl. III Nr. 71/1999, lautet auszugsweise:
„Abschnitt I
Begriffsbestimmungen
Artikel I
[...]
Qualifikation
[...]
B. Qualifikation, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglicht
Jedes von einer zuständigen Behörde ausgestellte Diplom oder andere Zeugnis, das den erfolgreichen Abschluss eines Bildungsprogramms bescheinigt und den Inhaber der Qualifikation berechtigt, hinsichtlich der Zulassung zur Hochschulbildung in Betracht gezogen zu werden (vgl. Bestimmung des Begriffs ,Zugang‘).
[...]
Abschnitt IV
Anerkennung von Qualifikationen, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen
Artikel IV.1
Jede Vertragspartei erkennt für den Zweck des Zugangs zu den zu ihrem Hochschulsystem gehörenden Programmen die von den anderen Vertragsparteien ausgestellten Qualifikationen an, welche die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschulbildung in diesen Staaten erfüllen, sofern nicht ein wesentlicher Unterschied zwischen den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen in der Vertragspartei, in der die Qualifikation erworben wurde, und denen in der Vertragspartei, in der die Anerkennung der Qualifikation angestrebt wird, nachgewiesen werden kann.
[...]
Abschnitt X
Durchführungsmechanismen
Artikel X.1
Die folgenden Gremien überwachen, fördern und erleichtern die Durchführung des Übereinkommens:
a) der Ausschuß für das Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region;
b) das europäische Netzwerk nationaler Informationszentren über akademische Anerkennung und Mobilität (ENIC‑Netzwerk), das durch Beschluß des Ministerkomitees des Europarats vom 9. Juni 1994 und des UNESCO‑Regionalausschusses für Europa vom 18. Juni 1994 errichtet wurde.
[...]“
18 Die „Lissabon‑Empfehlung allgemein“ (Lissabonner Anerkennungsübereinkommen, Erläuternde Bemerkungen und Empfehlungen zur Durchführung, abrufbar über ENIC NARIC AUSTRIA) lautet auszugsweise:
„Die folgenden Erläuternden Bemerkungen haben diejenige Textfassung als Grundlage, die vom Generalsekretär des Europarates und vom Generaldirektor der UNESCO ausgearbeitet und von der Diplomatischen Konferenz vom 8. bis 11. April 1997 in Lissabon zusammen mit dem Entwurf des Übereinkommens angenommen wurde.
Die authentischen Texte sind in englischer, französischer, spanischer und russischer Sprache abgefasst. Der Entwurf für eine deutsche Übersetzung wurde ‑ ebenso wie der Entwurf einer Übersetzung des Übereinkommens ‑ vom Auswärtigen Amt in Bonn bereitgestellt. Dieser Entwurf ist auch für Österreich anwendbar, sofern die Terminologie großzügig betrachtet wird. Wo österreich‑spezifische Erläuterungen oder Termini erforderlich erscheinen, werden diese in den Text in Kursivdruck eingefügt. Weitere Quellenangaben ergeben sich aus den Anmerkungen im Text.
Dieser Text wurde trotz seines großen Umfanges in seiner Gesamtheit dem innerstaatlichen Genehmigungsverfahren zugrunde gelegt, weil einerseits sein fundiert redigierter Stammteil zwischenstaatlich autorisiert ist und somit staatenübergreifend als Auslegungshilfe herangezogen werden kann und andererseits die österreich-spezifischen Einschübe zugleich als interne Durchführungsempfehlungen dienen.
[...]
Abschnitt IV
Anerkennung von Qualifikationen, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen
Artikel IV.1
Der Artikel behandelt allgemeine Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschulbildung, im Gegensatz zu Voraussetzungen für den Zugang nur zu bestimmten Arten oder Programmen der Hochschulbildung (siehe Artikel IV.2). Der wesentliche Grundsatz des Übereinkommens besteht darin, dass Qualifikationen, die dem Inhaber den Zugang zur Hochschulbildung in einer Vertragspartei ermöglichen, ihm dasselbe Recht in anderen Vertragsparteien einräumen sollen. Es wird daran erinnert, dass Zugang die Bewertung der Qualifikationen des Antragstellers im Hinblick auf die Feststellung bedeutet, ob er die allgemeinen Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hochschulbildung erfüllt, dass seine tatsächliche Teilnahme jedoch von der Verfügbarkeit freier Plätze abhängig gemacht werden kann (Zulassung). Zugang ist daher der erste Schritt in Richtung auf die Aufnahme eines Studiums im Hochschulbereich. In einigen Fällen bedeutet Zugang auch automatisch Zulassung, in den meisten Fällen jedoch ist die Zulassung der zweite Schritt in Richtung auf die Aufnahme eines Studiums im Hochschulbereich, und nicht allen Antragstellern, die Zugang erhalten, wird die Zulassung erteilt (siehe Begriffsbestimmungen von Zugang und Zulassung in Abschnitt I).
Eine Vertragspartei kann jedoch die Anerkennung verweigern, wenn sie nachweisen kann, dass es zwischen ihren eigenen allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang und denen der Vertragspartei, in der die betreffende Qualifikation erworben wurde, einen wesentlichen Unterschied gibt. Die Unterschiede können die Inhalte der Primar- und Sekundarschulbildung betreffen; hier einige Beispiele:
● ein wesentlicher Unterschied zwischen der Allgemeinbildung und einer besonderen fachbezogenen Bildung;
● ein Unterschied in der Schuldauer, die den Inhalt des Lehrplans wesentlich beeinflusst;
● das Vorhandensein, Fehlen oder der Umfang bestimmter Fächer, wie erforderliche Grundkurse oder nicht akademische Fächer;
● ein wesentlicher Unterschied bei der Schwerpunktverteilung, wie zwischen einem Programm, das in erster Linie für den Eintritt in die Hochschulbildung gedacht ist, und einem Programm, das vor allem zur Vorbereitung auf die Arbeitswelt dient.
Diese Beispiele zeigen einige ausschlaggebende Bereiche, in denen wesentliche Unterschiede auftreten können. Es ist jedoch hervorzuheben, dass nicht jeder Unterschied in einem dieser Bereiche als wesentlich anzusehen ist.
Als Faustregel sind jedoch die Vertragsparteien und Hochschuleinrichtungen bei der Feststellung, ob es einen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden betreffenden Qualifikationen gibt, dazu angehalten, so weit wie möglich den Wert der einzelnen fraglichen Qualifikation zu prüfen, ohne automatisch die für den Erwerb der Qualifikation benötigten Studienzeiten zu vergleichen. Es obliegt der Vertragspartei oder der Einrichtung, welche die Anerkennung versagen wollen, nachzuweisen, dass die fraglichen Unterschiede wesentlich sind.
Der Begriff ‚von den anderen Vertragsparteien ausgestellte Qualifikationen‘ ist so zu verstehen, dass er auch Qualifikationen umfasst, die zum Bildungssystem einer Vertragspartei gehören, aber in einer Schule oder einer anderen Einrichtung erworben wurden, die sich außerhalb des Hoheitsgebiets der betreffenden Vertragspartei befindet.
[...]“
19 Das Verwaltungsgericht hat ‑ wenn es in der Sache selbst entscheidet ‑ seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Nur in Fällen, in denen die Rechtsvorschriften auf die Rechts- und Sachlage während eines bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Stichtages oder Zeitraumes abstellen, kommt es hingegen nicht auf die Rechts- und Sachlage im Entscheidungszeitpunkt an (vgl. VwGH 16.10.2023, Ro 2021/05/0037).
20 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht demnach seiner Entscheidung die studienrechtlichen Bestimmungen des UG 2002 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021 zugrunde gelegt, weil zu seinem Entscheidungszeitpunkt eine Studienzulassung denkmöglich nur für das Studienjahr 2022/23 zu beurteilen war und § 143 Abs. 76 UG 2002 für Zulassungsverfahren und Zulassungen für das Studienjahr 2022/23 die Anwendung der genannten Fassung festlegt.
21 § 64 UG 2002 wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 93/2021, mit der die Bestimmungen zur allgemeinen Universitätsreife im Sinne der Anpassung an das Lissabonner Anerkennungsübereinkommen völlig neu strukturiert wurden (vgl. ErläutRV 662 BlgNR 27. GP 21), neu gefasst.
22 Gemäß § 64 Abs. 1 Z 1 UG 2002 ist die allgemeine Universitätsreife entweder durch ein österreichisches Reifeprüfungszeugnis, ein österreichisches Reife‑ und Diplomprüfungszeugnis oder ein österreichisches Zeugnis über die Berufsreifeprüfung, sowie diesen durch völkerrechtliche Vereinbarung gleichwertige Zeugnisse nachzuweisen.
23 Eine derartige völkerrechtliche Vereinbarung stellt das ‑ sowohl durch Österreich als auch durch Neuseeland ratifizierte, in Österreich in Gesetzesrang stehende ‑ Lissabonner Anerkennungsübereinkommen dar, nach dessen Artikel IV.1 jede Vertragspartei für den Zweck des Zugangs zu den zu ihrem Hochschulsystem gehörenden Programmen die von den anderen Vertragsparteien ausgestellten Qualifikationen anerkennt, welche die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschulbildung in diesen Staaten erfüllen, sofern nicht ein wesentlicher Unterschied zwischen den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen in der Vertragspartei, in der die Qualifikation erworben wurde, und denen in der Vertragspartei, in der die Anerkennung der Qualifikation angestrebt wird, nachgewiesen werden kann.
24 Das Verwaltungsgericht ging zunächst davon aus, es liege ein neuseeländischer Qualifikationsnachweis im formellen Sinn vor, weil die vorgelegte Urkunde (NZCSE), die von der „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Schools“ ausgestellt worden sei, von der zuständigen neuseeländischen Schulbehörde „als gleichwertig mit dem offiziellen ‚National Certificate of Educational Achievement‘ erachtet“ werde und in Neuseeland die allgemeine Universitätsreife vermittle. Allerdings verneinte das Verwaltungsgericht letztlich das Vorliegen einer neuseeländischen Qualifikation („im materiellen Sinn“) mit der Begründung, es liege eine Art „Anerkennungskette“ vor: Die das Zertifikat ausstellende „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Schools“ habe die zur Gänze in Österreich erbrachten und von den an der österreichischen Waldorfschule K unterrichtenden Lehrkräften erstbeurteilten Prüfungsleistungen teils durch bundesdeutsche Waldorf-Lehrkräfte kontrollieren lassen, teils aber die Beurteilungen der österreichischen Lehrkräfte unkontrolliert übernommen; das auf dieser Grundlage ausgestellte NZCSE werde von der neuseeländischen „New Zealand Qualifications Authority“ als gleichwertig mit dem nationalen (neuseeländischen) NCEA „akzeptiert“.
25 Voraussetzung für die Anerkennung einer den Zugang zu Hochschulbildung ermöglichenden Qualifikation ist nach Artikel IV.1 Lissabonner Anerkennungsübereinkommen erstens, dass eine von einer anderen Vertragspartei ausgestellte Qualifikation vorliegt, die die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschulbildung in diesem Staat erfüllt, und zweitens, dass kein wesentlicher Unterschied zwischen den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen in der Vertragspartei, in der die Qualifikation erworben wurde, und jenen in der Vertragspartei, in der die Anerkennung der Qualifikation angestrebt wird, nachgewiesen werden kann.
26 Die Begrifflichkeit „von den anderen Vertragsparteien ausgestellte Qualifikationen“ umfasst dabei ‑ so die Erläuterungen in der „Lissabon‑Empfehlung allgemein“ (vgl. Rz 18, letzter Absatz) ‑ auch Qualifikationen, die zum Bildungssystem einer Vertragspartei gehören, aber in einer Schule oder einer anderen Einrichtung erworben wurden, die sich außerhalb des Hoheitsgebiets der betreffenden Vertragspartei befindet.
27 Weiters ist diese erstgenannte Voraussetzung vor dem Hintergrund der Begriffsbestimmungen des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens zu lesen: Nach Artikel I B ist unter „Qualifikation, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglicht“, jedes von einer zuständigen Behörde ausgestellte Diplom oder andere Zeugnis, das den erfolgreichen Abschluss eines Bildungsprogramms bescheinigt und den Inhaber der Qualifikation berechtigt, hinsichtlich der Zulassung zur Hochschulbildung in Betracht gezogen zu werden, zu verstehen. „Von den anderen Vertragsparteien ausgestellte Qualifikationen“ ist daher in dem Sinn zu verstehen, dass ein von einer zuständigen Behörde eines anderen Vertragsstaates ausgestelltes Diplom oder anderes Zeugnis vorliegen muss, das den erfolgreichen Abschluss eines Bildungsprogramms bescheinigt und im Ausstellungsstaat die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Hochschulbildung in diesem Staat erfüllt.
28 Das Verwaltungsgericht ist ‑ anhand der getroffenen Feststellungen nachvollziehbar ‑ davon ausgegangen, dass das NZCSE (jedenfalls im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt) die allgemeine Universitätsreife in Neuseeland vermittelt. Warum das von der „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Schools“ ausgestellte NZCSE die Definition eines von einer zuständigen Behörde in Neuseeland ausgestellten Zeugnisses im Sinn des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens erfüllt, wurde hingegen nicht näher beleuchtet. Das Verwaltungsgericht führt dafür allein den Umstand ins Treffen, dass die zuständige neuseeländische Schulbehörde das NZCSE als dem nationalen NCEA „gleichwertig erachte“. Welcher behördliche Akt einer zuständigen neuseeländischen Behörde im Sinne der Begriffsbestimmungen dazu geführt habe, dass von einem von einer zuständigen Behörde ausgestellten Diplom oder anderen Zeugnis gesprochen werden kann, lässt sich mangels Feststellungen zum Status der „New Zealand Federation of Rudolf Steiner Schools“, des von dieser angebotenen Programmes, das zur Verleihung des NZCSE führt, bzw. zur allfälligen formalen Anerkennung (allein) dieses Zeugnisses in Neuseeland nicht nachprüfen.
29 Läge allerdings mit dem NZCSE ein Zeugnis vor, dem ‑ aus noch festzustellenden Gründen ‑ die Wirkung eines von einer zuständigen Behörde ausgestellten Zeugnisses zukäme, wäre in einem zweiten Schritt ‑ die Berechtigung hinsichtlich der Zulassung zur Hochschulbildung in Neuseeland wurde bereits bejaht ‑ zu prüfen, ob im Sinne des Art. IV.1 des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens ein wesentlicher Unterschied zwischen den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen in der Vertragspartei, in der die Qualifikation erworben wurde (im vorliegenden Fall Neuseeland) und jenen in der Vertragspartei, in der die Anerkennung der Qualifikation angestrebt wird (hier also Österreich) nachgewiesen werden kann.
30 Das Verwaltungsgericht führt diesbezüglich zwar zutreffend aus, dass zur Beurteilung der Qualifikation die Empfehlungen des auf der Grundlage von Artikel X.1 lit. a gegründeten Ausschusses für das Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region („Lisbon Recognition Convention Committee“, im Folgenden: Ausschuss) in den „Revised Recommendation on Criteria and Procedures for the Assessment of Foreign Qualifications“ (im Folgenden: Empfehlung) heranzuziehen seien, es ist der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses allerdings nicht entnehmbar, inwieweit sich das Verwaltungsgericht dieser Auslegungshilfe tatsächlich bedient hat. Das alleinige Zitat von § 36 der Empfehlung dahingehend, dass Qualifikationen insbesondere Unterschiede in Bezug auf Inhalt, Profil, Arbeitsbelastung, Qualität und Lernergebnisse aufweisen können, stellt keine Auseinandersetzung mit den einzelnen Kriterien dar.
31 Schon im Hinblick auf das Vorbringen der Revisionswerberin, sie habe eine transnationale Bildung erfahren, indem sie ihre Ausbildung in einem anderen Land als jenem, das die Qualifikation verliehen habe, absolviert habe, wäre eine Auseinandersetzung mit der Empfehlung erforderlich gewesen. Das Verwaltungsgericht bezeichnete nämlich den Umstand der Absolvierung der zu einer neuseeländischen Qualifikation führenden Ausbildung in Österreich, verbunden mit der Besonderheit der in Österreich und in Deutschland erfolgenden Leistungsbeurteilungen, als unzulässige „Anerkennungskette“. Die Empfehlung bezieht sich mehrfach auf transnationale Bildung, worunter im Wesentlichen Bildungsdienstleistungen zu verstehen sind, bei denen sich die Lernenden in einem anderen Land als dem befinden, in dem die auszeichnende Einrichtung ihren Sitz hat (vgl. die Definition im „Code of Good Practice in the Provision of Transnational Education“, der vom Ausschuss schon in der ursprünglichen Fassung am 6. Juni 2001 angenommen wurde, und auf den die Empfehlung mehrfach verweist [z.B. hinsichtlich der Definition in Pkt. II.3.]). Dabei wird etwa neben der Wichtigkeit des Status der Institution und/oder des Programmes, welche/s die Qualifikation verleiht bzw. vermittelt, ebenso betont, dass im Fall transnationaler Bildung der „Code of Good Practice in the Provision of Transnational Education“, der die Empfehlung ergänzt, einzuhalten ist, widrigenfalls eine Anerkennung üblicherweise nicht gewährt würde.
32 Neben den vom Ausschuss angenommenen Auslegungshilfen zu den Prüfkriterien im Sinne des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens kommen auch jene in Betracht, die vom europäischen Netzwerk nationaler Informationszentren über akademische Anerkennung und Mobilität erarbeitet wurden („ENIC‑Netzwerk“, basierend auf Artikel X.1 lit. b).
33 Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Teilbewertung zweier Fächer (Deutsch und Mathematik) ist vor dem Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht die Kriterien der oben genannten Auslegungshilfen nicht zugrunde gelegt hat, nicht überprüfbar.
34 Aber selbst wenn das Verwaltungsgericht unter Einbeziehung der zur Auslegung des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens heranzuziehenden Auslegungskriterien, die seitens des Ausschusses und des ENIC-Netzwerkes veröffentlicht werden, zur Beurteilung gelangt wäre, es läge ein wesentlicher Unterschied im Sinne des Art. IV.1 des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens zwischen der zu beurteilenden Qualifikation NZCSE und dem österreichischen Reifeprüfungszeugnis vor, sodass die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 Z 1 UG 2002 nicht erfüllt wären, hätte es die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 UG 2002 zu prüfen gehabt.
35 In § 64 Abs. 2 UG 2002 in der zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes noch anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 93/2021 ist im Zusammenhang mit der Beurteilung der Eignung von ausländischen Qualifikationen als Nachweis der allgemeinen Universitätsreife normiert, dass eine ausländische Qualifikation dann einen tauglichen Nachweis der allgemeinen Universitätsreife darstellt, wenn kein wesentlicher Unterschied zur allgemeinen Universitätsreife gemäß Abs. 1 Z 1 besteht. Ein wesentlicher Unterschied besteht demnach jedenfalls nicht, wenn 1. die Qualifikation im Ausstellungsstaat Zugang zu allen Sektoren von Hochschulen vermittelt, 2. die Dauer der Schulzeit mindestens zwölf Jahre beträgt und 3. allgemeinbildende Ausbildungsinhalte überwiegen, was durch die Absolvierung von sechs allgemeinbildenden Unterrichtsfächern (zwei Sprachen, Mathematik, ein naturwissenschaftliches, ein geisteswissenschaftliches sowie ein weiteres allgemeinbildendes Unterrichtsfach) in der Sekundarstufe II nachgewiesen wird.
36 Ob das Vorliegen eines wesentlichen Unterschiedes im Sinn des § 64 Abs. 2 UG 2002 zu verneinen war, wurde vom Verwaltungsgericht jedoch nicht untersucht.
37 Indem das Verwaltungsgericht sowohl die Auslegungskriterien des Lissabonner Anerkennungsübereinkommens, insbesondere im Hinblick auf eine Qualifikation aus einem transnationalen Bildungsprogramm, nicht ausreichend berücksichtigt hat als auch die in § 64 Abs. 2 UG verankerte allgemeine Prüfpflicht ausländischer Qualifikationen unberücksichtigt ließ, hat es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
38 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC stehen dem schon deshalb nicht entgegen, weil das Verwaltungsgericht ‑ ein Tribunal im Sinn des Art. 6 EMRK und ein Gericht im Sinn des Art. 47 GRC ‑ eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. VwGH 14.3.2023, Ra 2022/22/0037; 9.7.2021, Ro 2020/05/0012, mwN).
39 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014. Da für den Schriftsatzaufwand (§ 48 Abs. 1 Z 2 VwGG) in der zitierten Verordnung gemäß § 49 Abs. 1 VwGG Pauschalbeträge festgesetzt wurden, in welchen auch bereits die geltend gemachte Umsatzsteuer enthalten ist, war das über den Ersatz der Eingabegebühr und den in der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014 genannten Pauschalbetrag (vgl. § 1 Z 1 lit. a leg. cit.) hinausgehende Mehrbegehren abzuweisen (vgl. VwGH 13.2.2024, Ra 2023/02/0247).
Wien, am 7. November 2024
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