Normen
BAO §188
EStG 1988 §1 Abs1
EStG 1988 §30b
EStG 1988 §30b Abs3
EStG 1988 §39
EStG 1988 §4
EStG 1988 §42
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019150016.J00
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Erkenntnis wird dahin abgeändert, dass es lautet:
Der Bescheid des Finanzamts vom 16. Juni 2016 wird ersatzlos aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 In einer Abgabenerklärung betreffend Grunderwerb wurde u.a. ausgeführt, die Revisionswerberin, eine Kommanditgesellschaft, habe aufgrund eines Tauschvertrags vom 28. September 2015 eine Liegenschaft veräußert. Im Rahmen dieser Erklärung wurde die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 geltend gemacht. Eine Abfuhr von Immobilienertragsteuer erfolgte nicht.
2 Aufgrund eines Ergänzungsersuchens des Finanzamts teilte die Revisionswerberin mit, drei Grundeigentümer (die Revisionswerberin, die M KG sowie Frau B) hätten am 28. September 2015 Grundstücksflächen im Rahmen eines Tauschvertrages („Ringtausch“) getauscht, um insgesamt eine bessere Gestaltung von Bauland im Sinne der Raumplanung der Gemeinde X zu erreichen. Die Gemeinde X habe die drei Grundeigentümer durch ihre hoheitliche Raumplanung zu diesem Ringtausch angeleitet, um eine optimale Abstimmung des Baulandes mit dem öffentlichen Verkehr auf Schipisten zu erreichen. Der Ringtausch sei das Ergebnis langwieriger Verhandlungen der Gemeinde mit den Grundeigentümern gewesen, um eine optimale Abstimmung des Baulandes mit Pisten- und Verkehrsflächen zu erreichen. Die Gemeinde habe dazu das Instrument der hoheitlichen Raumplanung nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz gezielt eingesetzt. Der Ringtausch wäre ohne die hoheitlichen Raumplanungsmaßnahmen der Gemeinde nicht zustande gekommen.
3 Mit Bescheid vom 16. Juni 2016 setzte das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin die Immobilienertragsteuer für das Jahr 2015 mit 34.265 € fest. Das Finanzamt begründete die ‑ von der Erklärung abweichende ‑ Festsetzung im Wesentlichen damit, für die Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 sei nicht bloß ein dokumentiertes öffentliches Interesse erforderlich, sondern auch das Fehlen von entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften. Das Vorarlberger Raumplanungsgesetz stelle aber eine entsprechende landesgesetzliche Rechtsquelle dar, die ‑ in seinem V. Hauptstück (§§ 41 ff) ‑ die bessere Gestaltung von Bauland regle. Diese Regelung sei nicht zur Anwendung gekommen. Aufgrund des Vorliegens entsprechender landesgesetzlicher Regelungen sei die Befreiungsbestimmung im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
4 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Darin wurde die festgesetzte Immobilienertragsteuer im Hinblick auf die geltend gemachte Befreiungsbestimmung dem Grunde nach bestritten; bekämpft wurde weiters die Höhe der Bemessungsgrundlage.
5 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. Juli 2016 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
6 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab.
8 Das Bundesfinanzgericht führte nach Wiedergabe des Verfahrensgangs im Wesentlichen aus, ein Baulandumlegungsverfahren nach den §§ 41 ff Vorarlberger Raumplanungsgesetz sei nicht erfolgt. Die Gemeinde X habe die Vertragsparteien angeleitet, um eine optimale Abstimmung des Baulandes mit dem öffentlichen Verkehr auf Schipisten zu erreichen.
9 Durch den Grundstückstausch sollten die bestehenden Baugrundstücke der M KG und von Frau B von der bestehenden Schipiste abgerückt werden. Die Schipiste sei aufgrund von Verbauungen in den letzten Jahren in diesem Bereich sehr eingeengt worden. Der Raumplanungsausschuss der Gemeinde X habe daher eine Verschiebung der bestehenden Baugrundstücke im öffentlichen Interesse befürwortet, da dadurch die Schipistensituation in diesem Bereich durch eine Verbreiterung habe verbessert werden können. Im Zuge dieses Grundstückstausches seien bisherige Freiflächen (Landwirtschaft) in Bauland umgewidmet worden. Die Umwidmungszusage durch die Gemeinde X sei vor Abschluss des Tauschvertrages gemacht worden.
10 Es liege kein Hinweis vor, dass die Grundeigentümer von der Behörde durch eine Maßnahme, der sie sich nicht hätten entziehen können, so unter Druck gesetzt worden seien, dass es ihnen nicht mit Erfolg möglich gewesen wäre, die Errichtung des in Rede stehenden Tauschvertrages zu verweigern.
11 Die getauschten Flächen seien wertgleich.
12 Nach Zitierung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG führte das Bundesfinanzgericht aus, im vorliegenden Fall sei eine Umwidmung für den Fall versprochen worden, dass die Grundeigentümer den Grundstückstausch durchführen, um die Schipistensituation in diesem Bereich durch eine Verbreiterung verbessern zu können. Die durchgeführte Umwidmung sei keine behördliche Maßnahme, durch die das Eigentumsrecht an einem Grundstück unmittelbar als Rechtswirkung derselben erworben worden sei. Durch die Umwidmung werde keine Eigentumsübertragung bewirkt.
13 Zudem habe der Hauptzweck des Tauschvertrages nicht in der besseren Gestaltung von Bauland, sondern in der besseren Gestaltung der Schipistensituation bestanden.
14 Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorgangs sei der Zustand eines Grundstückes maßgebend, zu dem es erworben werden solle. Im vorliegenden Fall sollten Baugrundstücke getauscht werden. Es sei daher der Wert von Bauland der Bemessungsgrundlage zu Grunde zu legen. Da die getauschten Flächen wertgleich seien, habe das Finanzamt mit Recht von einer gleich hohen Bemessungsgrundlage gegenüber allen Beteiligten ausgehen dürfen.
15 Eine ordentliche Revision sei zulässig, weil es zu § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe.
16 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
17 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 Bei allseitiger rechtlicher Prüfung der zulässigen Revision ist zunächst zu berücksichtigen, dass es dem Konzept des Gesetzgebers (im Zusammenhang mit der Einführung der Immobilienertragsteuer) entspricht, dass die Korrektur des vom Parteienvertreter selbstberechneten Betrages an Immobilienertragsteuer im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat (vgl. VwGH 26.11.2015, Ro 2015/15/0005, mwN). Insbesondere die Ergebnisse betrieblicher Grundstücksgeschäfte sind stets in der Einkommen(Körperschaft)steuer-Erklärung (bzw. in der Erklärung für die Feststellung nach § 188 BAO) anzugeben; sie werden im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt (vgl. Doralt u.a., EStG17, § 4 Tz 215 und 220/46 aE).
20 Die Immobilienertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, 1680 BlgNR 24. GP 13: „[...] Erhebung der ESt für private Grundstücksveräußerungen in erster Linie im Wege der Immobilienertragsteuer [...]“. Personengesellschaften sind im Ertragsteuerrecht zwar Einkünfteermittlungssubjekt, nicht aber Steuersubjekt (vgl. VwGH 20.12.2016, Ro 2015/15/0020). Damit ist aber die Festsetzung von Immobilienertragsteuer (als Einkommensteuer) gegenüber einer Personengesellschaft rechtswidrig.
21 Das angefochtene Erkenntnis, mit dem die Festsetzung von Immobilienertragsteuer gegenüber der revisionswerbenden Kommanditgesellschaft bestätigt wurde, erweist sich bereits aus diesem Grund als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet (§ 42 Abs. 2 Z 1 VwGG).
22 Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Verwaltungsgerichtshof konnte daher in der Sache selbst entscheiden und den rechtswidrigen Bescheid des Finanzamtes ersatzlos aufheben.
23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 3. September 2019
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