VwGH Ro 2015/15/0005

VwGHRo 2015/15/000526.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Revision des Finanzamtes Innsbruck in 6021 Innsbruck, Innrain 32, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 3. November 2014, Zl. RV/3100562/2014, betreffend Rückerstattung von Immobilienertragsteuer (mitbeteiligte Partei: Verein S in I, vertreten durch die Halpern & Prinz Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgesmbH in 1090 Wien, Wasagasse 4), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §201;
BAO §34 Abs1;
BAO §39;
BAO §42;
EStG §30 Abs3;
EStG §30a Abs1;
EStG §30b Abs3;
BAO §201;
BAO §34 Abs1;
BAO §39;
BAO §42;
EStG §30 Abs3;
EStG §30a Abs1;
EStG §30b Abs3;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (Spruchpunkt 1 des Erkenntnisses) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist ein iSd §§ 34 ff BAO gemeinnütziger sowie iSd § 4a Abs. 2 Z 3 EStG 1988 spendenbegünstigter Verein.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2013 ("Rückerstattungsantrag gemäß BAO") beantragte die mitbeteiligte Partei, "für die Fälle, in welchen Immobilienertragsteuer bezahlt wurde oder in der kommenden Zeit bezahlt werden wird, (...) die bezahlte Immobilienertragsteuer rückzuzahlen oder dem Steuerkonto (der mitbeteiligten Partei) gutzuschreiben". Zur Begründung wurde auf die Bestimmung des § 21 KStG 1988 hingewiesen. Dieser Rückzahlungsantrag beziehe sich auch auf kommende Abfuhren, weil die mitbeteiligte Partei nicht in allen Fällen davon unterrichtet sei, wann und von wo aus in Österreich die Immobilienertragsteuer bezahlt werde.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom 23. Oktober 2013 wurde der Antrag betreffend Rückzahlung bezahlter Immobilienertragsteuer abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, am 27. Juni 2013 sei auf dem Abgabenkonto der mitbeteiligten Partei Immobilienertragsteuer in Höhe von 272 EUR gebucht worden. Die dazugehörige Zahlung sei am 18. Juni 2013 erfolgt. Andere Buchungen betreffend Immobilienertragsteuer seien nicht erfolgt. Da eine Rückzahlung im Fall der Immobilienertragsteuer nicht vorgesehen sei, sei der Antrag abzuweisen. Eine etwaige Korrektur habe im Rahmen der Veranlagung zu erfolgen.

Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit Schreiben vom 26. März 2014 beantragte die mitbeteiligte Partei, die am 27. Juni 2013 verbuchte Immobilienertragsteuer von 272 EUR gemäß § 201 Abs. 2 BAO mit 0 EUR festzusetzen.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom 8. Mai 2014 wurde dieser Antrag zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Verpflichtung zur Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer treffe gemäß § 30c Abs. 2 Z 2 EStG 1988 unmittelbar den Parteienvertreter. Diese Verpflichtung trete automatisch auf Grund des Gesetzes ein, wenn der Parteienvertreter für den Erwerber als dessen Vertreter die Grunderwerbsteuer berechne. Der Parteienvertreter handle somit nicht als Bevollmächtigter des Abgabenschuldners. Die Immobilienertragsteuer sei eine Abfuhrabgabe wie die Kapitalertragsteuer, der Parteienvertreter werde somit als "Abzugspflichtiger gegenüber dem Veräußerer" tätig. Der Steuerpflichtige sei daher mangels Verpflichtung zur Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer nach § 30c Abs. 2 EStG 1988 gemäß § 201 BAO nicht antragslegitimiert.

Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und beantragte gemäß § 262 Abs. 2 BAO, die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Die Beschwerde langte am Finanzamt am 4. Juni 2014 ein. Mit Vorlagebericht vom 22. Juli 2014 legte das Finanzamt die Beschwerde - ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen - dem Bundesfinanzgericht vor.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 23. Oktober 2013 Folge und änderte diesen Bescheid dahin ab, dass die am 8. April 2013 in Höhe von 272 EUR selbstberechnete Immobilienertragsteuer (für die Veräußerung eines näher genannten Grundstückes) mit 0 EUR festgesetzt werde (Spruchpunkt 1). Die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 8. Mai 2014 wies das Bundesfinanzgericht als unbegründet ab (Spruchpunkt 2). Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Begründend führte das Bundesfinanzgericht nach Schilderung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, die am 20. Mai 2011 verstorbene P (Erblasserin) habe der mitbeteiligten Partei das in ihrem Eigentum stehende Grundstück zu einem 1/36-Anteil vermacht. Wie im Kaufvertrag vom 25. März 2013 ausgeführt sei, hätten sämtliche "Erben" des Grundstücks bedingte Erbantrittserklärungen abgegeben. Das Grundstück werde namens der Verlassenschaft, vertreten durch die Erben, um 280.000 EUR an einen Dritten veräußert. Die Grunderwerbsteuer sowie die am 3. April 2013 entstandene Immobilienertragsteuer (ImmoESt) von 9.252 EUR für die gesamte Liegenschaft seien von einem berufsmäßigen Parteienvertreter (Notar) selbstberechnet worden. Die Selbstberechnung und Anmeldung der Grunderwerbsteuer sowie der ImmoESt seien am 8. April 2013 erfolgt. Weitere Selbstberechnungen von ImmoESt seien für den Monat April 2013 (Anmeldezeitraum) nicht erfolgt.

Die auf die mitbeteiligte Partei entfallende anteilige ImmoESt von 272 EUR sei am 11. Juni 2013 auf das Abgabenkonto der mitbeteiligten Partei entrichtet und am 18. Juni 2013 als Gutschrift verbucht worden. Da die Zahlung keine Verrechnungsweisung enthalten habe und daher saldowirksam verbucht worden sei, sei das Abgabenkonto der mitbeteiligten Partei mit Buchung vom 27. Juni 2013 mit dem Betrag von 272 EUR (Fälligkeit 17. Juni 2013) belastet worden.

Die testamentarische Zuwendung des Grundstücksanteils an die mitbeteiligte Partei enthalte zwar keine ausdrückliche Zweckwidmung im Sinne einer Verwendung etwa für ein bestimmtes - näher bezeichnetes - Projekt. Dennoch sei davon auszugehen, dass die Erblasserin eine Zuwendung an den unentbehrlichen Hilfsbetrieb der mitbeteiligten Partei - und nicht an deren "allgemeine Vereinssphäre" - habe bewirken wollen. Auf Grund der Gesamtumstände des Falles sei davon auszugehen, dass der Wille der Erblasserin darauf gerichtet gewesen sei, der mitbeteiligten Partei - aus der Veräußerung des Grundstücksanteils stammende - finanzielle Mittel zur Verfolgung ihrer Zwecke im Rahmen des von ihr betriebenen Sozialwerks zur Verfügung zu stellen.

Das Verhalten der mitbeteiligten Partei sei darauf gerichtet gewesen, dem Willen der Erblasserin nach Möglichkeit zu entsprechen. Der zugewendete Grundstücksanteil sei umgehend veräußert worden, um dem unentbehrlichen Hilfsbetrieb der mitbeteiligten Partei die zur Aufrechterhaltung der laufenden Tätigkeit in großem Umfang benötigten Gelder zeitnah zuführen zu können. Eine entsprechende Verwendung des Erlöses ergebe sich u. a. aus dem Rechenwerk der mitbeteiligten Partei. Die Zuwendung der Erblasserin sei widmungsgemäß in den unentbehrlichen Hilfsbetrieb erfolgt. Sie sei auch objektiv geeignet gewesen, dem Betriebserfolg dieses Geschäftsbetriebs unmittelbar zu dienen.

Einkünfte aus der Veräußerung eines Grundstückes seien dann steuerfrei, wenn sie dem begünstigten Rechtsträger im Rahmen eines unentbehrlichen Hilfsbetriebes zuzurechnen seien. Derartig zuzurechnende Einkünfte lägen vor, wenn das Grundstück dem Betriebsvermögen dieses Betriebes zuzurechnen sei. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die Zuwendung des Grundstücksanteils an den unentbehrlichen Hilfsbetrieb der mitbeteiligten Partei erfolgt sei. Der Inhalt der Zuwendung sei unter Bedachtnahme auf die Zweckwidmung der Erblasserin, die Besonderheiten der betrieblichen Tätigkeit der mitbeteiligten Partei sowie die - offenkundig auch der Erblasserin bekannte - Vorgangsweise der mitbeteiligten Partei im Falle von Grundstücksspenden dem unentbehrlichen Hilfsbetrieb zuzurechnen gewesen. Die Veräußerung des Grundstücks sei unmittelbar aus dem Zweckverwirklichungsbetrieb der begünstigten Körperschaft erfolgt, sodass die Steuerbefreiung des § 21 Abs. 2 Z 3 KStG 1988 anzuwenden gewesen sei.

Selbst wenn man der Ansicht wäre, dass die Zuwendung nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des unentbehrlichen Hilfsbetriebs der mitbeteiligten Partei gerechnet werden könnte, wäre vom Vorliegen von gewillkürtem Betriebsvermögen auszugehen. Bei der mitbeteiligten Partei handle es sich um einen "großen" Verein, der aufgrund § 22 Vereinsgesetz 2002 zur Rechnungslegung verpflichtet sei und im Rahmen seines Hilfsbetriebs - bei angenommener Steuerpflicht - Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen würde. Die mitbeteiligte Partei habe sich zur Aufnahme einer Forderung in Höhe des ihr mitgeteilten Zuwendungsbetrags in ihre Bücher entschieden, was zur Folge gehabt habe, dass die Zuwendung - dem Willen der Erblasserin entsprechend - dem Betriebsvermögen gewidmet worden und im Ergebnis wie notwendiges Betriebsvermögen zu behandeln gewesen sei.

§ 30c Abs. 2 Z 2 EStG 1988 knüpfe an Parteienvertreter an, die eine Selbstberechnung gemäß § 11 GrEStG 1987 vorgenommen hätten. Diese Vertreter seien weder Schuldner der Grunderwerbsteuer noch Schuldner der ImmoESt. Sie müssten am Erwerbsvorgang auch nicht beteiligt sein oder an diesem mitgewirkt haben. Voraussetzung einer Selbstberechnung der ImmoESt sei nur, dass der Parteienvertreter die Grunderwerbsteuer freiwillig selbst berechnet habe.

Sei die Grunderwerbsteuer durch einen Parteienvertreter selbst berechnet worden, habe er auch die ImmoESt selbst zu berechnen, und zwar auf Grund der Angaben des Steuerpflichtigen (Veräußerers). Eine Verpflichtung zur Selbstberechnung der ImmoESt mit Hilfe eines Parteienvertreters bestehe nur dann, wenn auch eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer vorgenommen worden sei. Die Selbstberechnung der ImmoESt erfolge nicht durch den Parteienvertreter in eigenem Namen, sondern in Vertretung des Steuerpflichtigen. Erfolge im Einzelfall keine Selbstberechnung der ImmoESt durch einen Parteienvertreter, habe der Steuerpflichtige dennoch - zur Vermeidung eines Liquiditätsvorteils - eine besondere Vorauszahlung zu leisten.

Aus den verfahrensbezogenen Bestimmungen des EStG 1988 könne nur geschlossen werden, dass eine Veranlagung zu erfolgen habe, wenn keine ImmoESt selbst berechnet worden sei oder keine Abgeltungswirkung iSd § 30b Abs. 2 EStG 1988 eingetreten sei. Dass eine Berichtigung bzw. Geltendmachung der ImmoESt ausschließlich in einem Veranlagungsverfahren erfolgen dürfe, lasse sich weder den Bestimmungen der §§ 30 ff EStG 1988 noch jenen der BAO entnehmen.

Die Möglichkeit einer Festsetzung der ImmoESt iSd § 201 BAO erweise sich auch im vorliegenden Fall als geboten. Sei eine Steuerbefreiung bei der Selbstberechnung des Parteienvertreters nicht wahrgenommen worden, erscheine es nicht sachgerecht, den Abgabepflichtigen bis zu einer Veranlagung zu vertrösten. Es erscheine nicht angebracht, den Steuerpflichtigen mit den Folgen einer vorerst nicht bekämpfbaren Selbstberechnung des Parteienvertreters zu belasten.

Die ImmoESt sei auch keine Abfuhrabgabe wie die Kapitalertragsteuer. Gläubiger des Veräußerungserlöses sei der Veräußerer (und nicht der Parteienvertreter). Den Parteienvertreter treffe zwar auch die Verpflichtung zur Berechnung und zur Entrichtung der ImmoESt. Es stehe ihm aber - anders als zB dem haftungspflichtigen Schuldner von Kapitalerträgen - ohne Ermächtigung des Veräußerers kein Zugriffsrecht auf den Veräußerungserlös des Grundstücks zu.

Stelle der Abgabepflichtige nach Selbstbemessung einer Abgabe einen Antrag auf Rückerstattung, der mit der Unrichtigkeit der Selbstbemessung begründet werde, sei dieser Antrag zunächst als Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten. Da eine Festsetzung von ImmoESt vor der Veranlagung des Steuerpflichtigen möglich sei und die Veräußerung des Grundstücks als steuerbefreit anzusehen sei, habe eine Festsetzung der ImmoESt mit null EUR zu erfolgen.

Da sohin bereits der Antrag vom 7. Juni 2013 als ein Begehren auf Festsetzung der ImmoESt zu verstehen gewesen sei, wobei der Beschwerde gegen den Bescheid vom 23. Oktober 2013 Folge zu geben gewesen sei, habe dem explizit auf § 201 Abs. 2 BAO gestützten Antrag vom 26. März 2014 nicht neuerlich entsprochen werden können. Der Spruch des Bescheides vom 8. Mai 2014, mit dem der Antrag vom 26. März 2014 zurückgewiesen worden sei, erweise sich sohin im Ergebnis als rechtmäßig.

Gegen dieses Erkenntnis - inhaltlich nur gegen Spruchpunkt 1 -

wendet sich die ordentliche Revision des Finanzamtes insoweit, als das Bundesfinanzgericht die Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei für die Festsetzung der ImmoESt gemäß § 201 BAO für gegeben erachtet; sowie als das Bundesfinanzgericht die Veräußerung von Grundstücken, die der mitbeteiligten Partei vererbt wurden, unter die Steuerbefreiung des § 21 Abs. 3 Z 4 iVm Abs. 2 Z 3 KStG 1988 subsumiert habe, indem das Bundesfinanzgericht davon ausgehe, dass die geerbten Grundstücke dem unentbehrlichen Hilfsbetrieb der mitbeteiligten Partei zuzurechnen seien. Das Finanzamt vertritt die Rechtsansicht, dass die Verpflichtung zur Selbstberechnung der ImmoESt unmittelbar den Parteienvertreter treffe und ein Antrag auf Festsetzung der ImmoESt nicht von der mitbeteiligten Partei, sondern vom Parteienvertreter gemäß § 202 BAO gestellt werden müsste. Weiter geht das Finanzamt davon aus, dass die Veräußerung von an die mitbeteiligten Partei vererbten Grundstücken nicht dem unentbehrlichen Hilfsbetrieb der mitbeteiligten Partei, sondern der allgemeinen Vereinssphäre zuzurechnen sei, sodass für diese Veräußerungen gemäß § 21 Abs. 3 Z 4 KStG 1988 die Bestimmungen für private Grundstücksveräußerungen gemäß §§ 30 ff EStG 1988 anzuwenden seien.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Z 6 KStG 1988 sind Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 KStG 1988, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen, von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht befreit.

Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 KStG 1988, soweit sie (u.a.) nach § 5 KStG 1988 von der Körperschaftsteuerpflicht befreit sind, sind gemäß § 1 Abs. 3 Z 3 KStG 1988 mit ihren Einkünften im Sinne des § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988 beschränkt steuerpflichtig.

§ 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 135/2013) lautet auszugsweise:

"(2) Bei beschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 2 und 3 erstreckt sich die Steuerpflicht auf Einkünfte, bei denen die Steuer durch Steuerabzug erhoben wird. Dies gilt nicht

(...)

3. für Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, für Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen im Sinne des § 27 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 und für Einkünfte aus Derivaten im Sinne des § 27 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes 1988, die (...)

- einem von der unbeschränkten Steuerpflicht befreiten Steuerpflichtigen im Rahmen eines ebenfalls steuerbefreiten Betriebes (beispielsweise § 45 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung) nachweislich zuzurechnen sind. (...)

(3) Bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 2 und 3 erstreckt sich die Steuerpflicht auch auf: (...)

4. Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 des Einkommensteuergesetzes 1988. Abs. 2 Z 3 und die §§ 30b und 30c des Einkommensteuergesetzes 1988 sind sinngemäß anzuwenden."

Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 112/2012) sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören.

§ 30a Abs. 1 EStG 1988 sieht für Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen einen besonderen Steuersatz vor, wobei nach Abs. 2 leg. cit. auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden kann (Regelbesteuerungsoption).

§ 30a Abs. 3 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 112/2012) lautet:

"Die Abs. 1 und 2 gelten auch für betriebliche Einkünfte aus der Veräußerung, der Zuschreibung oder der Entnahme von Grundstücken. Dies gilt nicht:

1. Wenn das Grundstück dem Umlaufvermögen zuzurechnen ist. Wurde das veräußerte Grundstück in das Betriebsvermögen eingelegt, sind hinsichtlich des Unterschiedsbetrages zwischen dem Teilwert im Einlagezeitpunkt und den niedrigeren Anschaffungs- oder Herstellungskosten Abs. 1 und 2 anzuwenden; für Grund und Boden, der zum 31. März 2012 nicht steuerverfangen war, ist § 30 Abs. 4 anzuwenden, wobei an die Stelle des Veräußerungserlöses der Teilwert im Einlagezeitpunkt tritt.

2. Wenn ein Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit in der gewerblichen Überlassung und Veräußerung von Grundstücken liegt.

Z 1 zweiter und dritter Satz gelten entsprechend.

3. Soweit der Buchwert durch eine vor dem 1. April 2012 vorgenommene Teilwertabschreibung gemindert ist.

4. Soweit stille Reserven übertragen wurden, die vor dem 1. April 2012 aufgedeckt worden sind."

Sonderregelungen für die Besteuerung von Grundstücken des Betriebsvermögens finden sich insbesondere in § 4 Abs. 3a EStG 1988.

Nach Abs. 1 des mit "Immobilienertragsteuer" überschriebenen § 30b EStG 1988 ist für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen im Falle der Selbstberechnung gemäß § 30c Abs. 2 EStG 1988 eine Immobilienertragsteuer zu entrichten. Mit der Entrichtung der selbstberechneten Immobilienertragsteuer durch Parteienvertreter gilt nach § 30b Abs. 2 EStG 1988 die Einkommensteuer für Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 als abgegolten. Dies gilt jedoch nicht, wenn die der Selbstberechnung zugrunde liegenden Angaben des Steuerpflichtigen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Nach § 30b Abs. 3 EStG 1988 sind die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen, für die eine selbstberechnete Immobilienertragsteuer entrichtet wurde, auf Antrag mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a EStG 1988 zu veranlagen (Veranlagungsoption). Dabei ist die Immobilienertragsteuer auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten.

Abs. 2 und 3 des § 30c EStG 1988 ("Mitteilung und Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer durch Parteienvertreter") lauten auszugsweise:

"(2) Parteienvertreter, die eine Selbstberechnung gemäß § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 vornehmen, haben gleichzeitig

1. dem für den Steuerpflichtigen zuständigen Finanzamt mitzuteilen, wenn aus dem zugrundeliegenden Erwerbsvorgang Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 oder 7 erzielt werden, und diesfalls

2. die Immobilienertragsteuer gemäß § 30b Abs. 1 auf Grund der Angaben des Steuerpflichtigen selbst zu berechnen. Dabei hat der Steuerpflichtige dem Parteienvertreter die für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erforderlichen Unterlagen vorzulegen und deren Richtigkeit und Vollständigkeit schriftlich zu bestätigen.

Die Mitteilung gemäß Z 1 hat die am Veräußerungsgeschäft beteiligten Parteien unter Angabe ihrer Steuernummer und die für die Selbstberechnung der Steuer notwendigen Daten zu enthalten.

(3) Die Parteienvertreter haben die selbstberechnete Immobilienertragsteuer gemäß § 30b Abs. 1 zu entrichten und haften für deren Entrichtung. Ist die Fälligkeit noch nicht eingetreten, erlischt die Verpflichtung zur Entrichtung nach einem Jahr ab Vornahme der Mitteilung nach Abs. 2 Z 1. Zusätzlich haften die Parteienvertreter für die Richtigkeit der Immobilienertragsteuer nur, wenn diese wider besseren Wissens auf Grundlage der Angaben des Steuerpflichtigen berechnet wird."

Die Neuordnung der einkommensteuerlichen Behandlung der Immobilienveräußerung (Ausdehnung der Steuerpflicht auf sämtliche Vorgänge, Selbstberechnung einer Immobilienertragsteuer durch Parteienvertreter; Steuersatz von 25%) erfolgte mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1680 BlgNR 24. GP 13 f) wurde hiezu u.a. ausgeführt (Hervorhebung nicht im Original):

"Immobilienertragsteuer; Mitteilung und Selbstberechnung durch den Parteienvertreter

Künftig soll die Erhebung der ESt für private Grundstückveräußerungen in erster Linie im Wege der Immobilienertragsteuer erfolgen. Dazu soll im Rahmen der neu gestalteten Besteuerung von Grundstücksveräußerungen ergänzend ein an das Grunderwerbsteuergesetz angelehntes Mitteilungs- und Selbstberechnungssystem vorgesehen werden. (...)

Die Immobilienertragsteuer soll sowohl für private als auch für betriebliche Grundstücksveräußerungen, soweit der besondere Steuersatz auf den gesamten Veräußerungsgewinn anwendbar ist, geleistet werden. Wird die Immobilienertragsteuer durch den Parteienvertreter korrekt berechnet und entrichtet, sind damit die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 grundsätzlich abgegolten (§ 30b Abs. 2).

Die Entrichtung der Immobilienertragsteuer durch den Parteienvertreter entfaltet allerdings (analog zum KESt-Abzug für Substanzgewinne und Derivate iSd § 27 Abs. 3 und 4) dann keine Abgeltungswirkung, wenn das veräußerte Grundstück einem Betrieb zuzurechnen ist. Die Grundstücksveräußerung ist in diesen Fällen daher jedenfalls in die Steuererklärung aufzunehmen und in der Veranlagung zu berücksichtigen. In diesem Fall ist die Immobilienertragsteuer gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen. (...)

Wird durch den Parteienvertreter eine Immobilienertragssteuer berechnet und entrichtet, entfaltet diese grundsätzlich Abgeltungswirkung. Es besteht allerdings in diesen Fällen die Möglichkeit auf Antrag eine Veranlagung des Grundstücksgeschäftes vorzunehmen (§ 30b Abs. 3). Diese Veranlagungsoption bewirkt im Unterschied zur Regelbesteuerungsoption eine Veranlagung unter Anwendung des besonderen Steuersatzes gemäß § 30a Abs. 1. Dies wird insbesondere dann zielführend sein, wenn im Zuge der Selbstberechnung die Geltendmachung von abzugsfähigen Aufwendungen (zB Instandsetzungsaufwendungen im Falle der Einkünfteermittlung gemäß § 30 Abs. 3) unrichtigerweise unterblieben ist oder in einem Kalenderjahr mehrere Grundstücksveräußerungen vorgenommen wurden, und dabei auch ein Verlust entstanden ist."

Die einkommensteuerliche Erfassung privater Grundstücksgeschäfte iSd § 30 EStG 1988 erfolgt idR in der Weise, dass der Parteienvertreter die Immobilienertragsteuer berechnet und dem Finanzamt abführt. Wird die Immobilienertragsteuer durch den Parteienvertreter korrekt berechnet und entrichtet, sind damit die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30b Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich abgegolten. Die ErlRV zum

1. StabG 2012 nehmen ausdrücklich auf den Fall Bedacht, dass die Immobilienertragsteuer mit einem zu hohen Betrag an das Finanzamt abgeführt worden ist, und sehen für diesen Fall den Antrag nach § 30b Abs. 3 EStG 1988 auf Veranlagung der privaten Grundstücksgeschäfte vor. Die ErlRV nennen hier als Beispiele, dass bei Berechnung der Immobilienertragsteuer die Bemessungsgrundlage nicht um abzugsfähige Werbungskosten gekürzt worden ist oder dass mehrere Grundstücksgeschäfte getätigt worden sind, wobei bei einem ein Verlust entstanden ist.

Bei der Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) handelt es sich um eine Steuer, die grundsätzlich im Wege der Veranlagung des Jahreseinkommens erhoben wird. Zu beachten ist auch, dass Umstände, die andere Einkünfte des Jahreseinkommens betreffen (zB AfA, Instandsetzungsaufwendungen), bei der Bemessungsgrundlage der privaten Grundstücksveräußerungen zu berücksichtigen sind (vgl. § 30 Abs. 3 EStG 1988). Dem entsprechend sieht § 30b Abs. 3 EStG 1988 als Verfahren, mit welchem der steuerpflichtige Grundstücksveräußerer das bescheidmäßige Absprechen über die Höhe der Steuer für private Grundstücksveräußerungen bewirken kann, den Antrag auf Veranlagung (zum besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988) vor. Es entspricht sohin dem Konzept des Gesetzgebers, dass - anders als im Bereich der Grunderwerbsteuer, die keine Jahresveranlagung kennt - die Korrektur des vom Parteienvertreter selbstberechneten Betrages an Immobilienertragsteuer im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat. Wie den ErlRV zum 1. StabG 2012 zu entnehmen ist, soll es gerade diese spezielle Regelung des Veranlagungsantrags nach § 30b Abs. 3 EStG 1988 sein, mit welcher der Bezieher der Einkünfte aus dem privaten Grundstücksgeschäft die Festsetzung der Steuer (zum besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988) erwirken kann. Solcherart entspricht es dem Gesetz, dass ihm die Möglichkeit, eine Festsetzung der Immobilienertragsteuer nach § 201 BAO zu erwirken, verschlossen bleibt.

Nichts anderes gilt für betriebliche Grundstücksgeschäfte. Dies erschließt sich zum einen daraus, dass die ErlRV zum 1. StabG auch für solche Geschäfte kein anderes Verfahren als die Veranlagung vorsehen, mit welchem der Steuerpflichtige das bescheidmäßige Absprechen über die Abgabenhöhe erwirken kann. Das ergibt sich aber vor allem aus systematischen Überlegungen: Der Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks des Betriebsvermögens stellt als Sondergewinn einen Teil des Gewinnes aus dem betreffenden Betrieb dar. Damit kann die Höhe der auf die Veräußerung des Betriebsgrundstücks entfallenden Steuer von Vorgängen betreffend andere Grundstücke des Betriebes (zB Teilwertabschreibung, Zuschreibung, Entnahme), aber auch von Umständen betreffend das einzelne Grundstücksveräußerungsgeschäft (zB Übertragung stiller Rücklagen) oder den Betriebsgewinn als solchen (zB Gewinnfreibetrag) abhängen (vgl. Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 216, 220/13 und 23), die erst bei der Veranlagung abschließend beurteilt werden oder hinsichtlich derer der Steuerpflichtige noch im Rahmen der Veranlagung Wahlrechte ausübt. Damit ergibt sich die Höhe der auf das betriebliche Grundstücksgeschäft entfallenden Einkommensteuer erst bei der Veranlagung. Dazu kommt, dass die Veräußerung einer Liegenschaft, selbst wenn sie bei der Veräußerung zur Gänze dem Betriebsvermögen zugehört, teilweise zu einem privaten Veräußerungsgeschäft und zum anderen Teil zu einem betrieblichen Sondergewinn führen kann (vgl. Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 220/88).

Wie im Übrigen gerade der vorliegende Revisionsfall zeigt, kann die Steuerpflicht aus der Grundstücksveräußerung auch davon abhängen, ob der Veräußerer die Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO erfüllt und ob das Grundstück zum Vermögen seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nach § 45 Abs. 2 BAO gehört. Dabei ist auf die gesamte Betätigung der veräußernden Körperschaft abzustellen (vgl. § 34 Abs. 1, § 39, § 42 BAO). Durch die Entscheidung des Gesetzgebers, dass der Steuerpflichtige nur im Wege der Veranlagung den bescheidmäßigen Abspruch über die Besteuerung der Grundstücksveräußerung erwirken kann, wird dieser Komplexität Rechnung getragen.

Für den gegenständlichen Fall folgt somit: Es kann dahingestellt bleiben, ob das Grundstück, das Gegenstand des Grundstücksgeschäftes der mitbeteiligten Partei war, zum Vermögen eines ihrer wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe gehört hat. Das Verfahren nach § 201 BAO stand der mitbeteiligten Partei nicht zur Festsetzung der Immobilienertragsteuer zur Verfügung.

Durch die Möglichkeit einer Veranlagung ist im Übrigen auch ein Vorgehen nach § 240 Abs. 3 BAO ausgeschlossen.

Das angefochtene Erkenntnis war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 26. November 2015

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte