Normen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RO2019050026.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (Verwaltungsgericht) wurden die Beschwerden des Erstrevisionswerbers und des Zweitrevisionswerbers gegen zwei jeweils sie betreffende Straferkenntnisse des Magistrates der Stadt Wien (belangte Behörde), jeweils vom 8. April 2019, mit denen über den Erstrevisionswerber und über den Zweitrevisionswerber als handelsrechtliche Geschäftsführer und damit als die gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organe der drittrevisionswerbenden Partei jeweils vier Verwaltungsstrafen wegen näher bezeichneter Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 und der Recycling-Baustoffverordnung verhängt worden waren und gemäß § 9 Abs. 7 VStG jeweils die Haftung der drittrevisionswerbenden Partei ausgesprochen worden war, jeweils mit mehreren Modifikationen hinsichtlich der Tatvorwürfe und der Normzitate sowie unter Herabsetzung der verhängten Strafen zu den Spruchpunkten 3) und 4) der bekämpften Straferkenntnisse abgewiesen, die vorgeschriebenen Beiträge zu den Kosten der verwaltungsbehördlichen Strafverfahren neu festgesetzt, betreffend die Spruchpunkte 1) der bekämpften Straferkenntnisse jeweils gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgeschrieben und wiederum jeweils die Haftung der drittrevisionswerbenden Partei gemäß § 9 Abs. 7 VStG ausgesprochen. Unter einem wurde der Spruchpunkt 2) der bekämpften Straferkenntnisse jeweils aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt (Spruchpunkte A. und B.). Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig (Spruchpunkt C.).
2 Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis waren der Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerber sowohl zum angelasteten Tatzeitpunkt als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht handelsrechtliche Geschäftsführer der drittrevisionswerbenden Partei und es war eine dritte, namentlich näher genannte und nicht zum Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen gehörige Person mit Bestellungsurkunde vom 7. Jänner 2013 als verantwortlicher Beauftragter für das gesamte Unternehmen bestellt worden.
3 Eine Revision gegen das angefochtene Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht mit der ‑ alleinigen ‑ Begründung für zulässig, es liege „keine ausdrückliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage vor, ob nach § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG eine ‚andere Person‘ ohne Einschränkung auf einen räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werden“ könne.
4 Gegen dieses Erkenntnis, mit Ausnahme jeweils der Behebung der bekämpften Straferkenntnisse in ihren jeweiligen Spruchpunkten 2) und der Einstellung der diesbezüglichen Verwaltungsstrafverfahren, richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
5 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurück- in eventu als unbegründet abzuweisen.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. für viele etwa VwGH 24.9.2019, Ra 2019/06/0104, oder auch 6.7.2021, Ro 2021/05/0025 bis 0028, jeweils mwN).
10 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 26.4.2021, Ro 2020/05/0020, oder auch nochmals 6.7.2021, Ro 2021/05/0025 bis 0028, jeweils mwN).
11 Reicht die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für deren Zulässigkeit nicht aus oder erachtet der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben, hat der Revisionswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen (vgl. für viele nochmals VwGH 26.4.2021, Ro 2020/05/0020, oder auch 25.9.2019, Ro 2019/05/0013, jeweils mwN).
12 In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihr ‑ hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts ‑ als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (vgl. etwa erneut VwGH 6.7.2021, Ro 2021/05/0025 bis 0028, oder auch 16.11.2017, Ro 2017/07/0027). Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. etwa VwGH 12.12.2018, Ro 2017/19/0002, mwN).
13 Im Revisionsfall legt das Verwaltungsgericht mit seinen allgemeinen Ausführungen zur Zulassung der Revision im angefochtenen Erkenntnis nicht dar, welche konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage, die für das gegenständliche Verfahren von entscheidender Bedeutung wäre, der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über die Revision (erstmals) zu lösen habe. Zweck der Begründungspflicht des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist die Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ro 2020/10/0005, mwN); dass und aus welchem Grund der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte, von welcher das Schicksal der Revision abhängt, wird mit der dargestellten allgemeinen Zulassungsbegründung nicht ausreichend dargelegt (vgl. etwa auch VwGH 19.6.2019, Ro 2019/01/0004, mwN).
14 Die revisionswerbenden Parteien bringen in ihrer Revision zur Zulässigkeit darüber hinaus zunächst vor, es liege keine ausdrückliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Fragen vor, „ob nach § 9 Abs. 2 2. Satz VStG eine ‚andere Person‘ ohne Einschränkung auf einen räumlich abgegrenzten Bereich zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werden“ könne, bzw. „ob nach § 9 Abs. 2 2. Satz VStG eine ‚andere Person‘ ohne Einschränkung auf einen sachlich abgegrenzten Bereich zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werden“ könne.
15 Auch mit diesen pauschalen Zulässigkeitsausführungen wird ein Bezug zum konkreten Sachverhalt des Revisionsfalles nicht hergestellt und schon insofern nicht dargestellt, dass und inwiefern das Schicksal der Revision von den angesprochenen Fragen abhängen sollte, sodass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG bereits aus diesem Grund damit nicht dargetan wird.
16 Wenn die revisionswerbenden Parteien zur Zulässigkeit der Revision darüber hinaus vorbringen, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, und zwar vom Erkenntnis vom 14. Juli 2006, 2005/02/0167, abgewichen, übersehen sie, dass es im genannten Erkenntnis um den Verantwortungsbereich zweier handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit zweier zur Vertretung nach außen Berufener nach § 9 Abs. 2 erster Satz VStG untereinander ging und dieses daher fallbezogen nicht einschlägig ist.
17 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass andere Personen als die in § 9 Abs. 2 erster Satz VStG genannten Personen nur für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens, somit immer nur für Teilbereiche des Unternehmens, nicht aber für das ganze Unternehmen, als verantwortliche Beauftragte bestellt werden können (vgl. VwGH 29.1.2020, Ra 2019/09/0058, oder auch zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 VStG 1950 VwGH 17.5.1988, 87/04/0131).
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
19 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 9. August 2022
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