VwGH Ro 2018/12/0002

VwGHRo 2018/12/000220.11.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revisionen 1. der E R, 2. der M M R, 3. des P H R, 4. des Ing. A R, 5. des Ing. G A, 6. des J P sowie 7. des H Ü, alle vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50-54, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 12. Oktober 2017,

  1. 1. Zl. LVwG 49.35-1515/2017-16, 2. Zl. LVwG 49.35-1515/2017-17,
  2. 3. Zl. LVwG 49.35-1515/2017-18, 4. Zl. LVwG 49.35-1515/2017-19,
  3. 5. Zl. LVwG 49.35-1515/2017-20, 6. Zl. LVwG 49.35-1515/2017-21 und
  4. 7. Zl. LVwG 49.35-1515/2017-22, betreffend Vergütung von Aufwendungen nach dem Stmk. Gemeinde-Bezügegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Stadtgemeinde Mürzzuschlag), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8 impl;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §21 Abs1 Z4;
VwGG §22;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018120002.J00

 

Spruch:

I. Die Revisionen werden zurückgewiesen.

II. Die von der Stadtgemeinde Mürzzuschlag erstatteten Revisionsbeantwortungen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 20. April 2017 wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Vergütung von Aufwendungen (Kosten der rechtsanwaltlichen Vertretung in einem wegen des Verbrechens der teils versuchten sowie der teils vollendeten Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 3 zweiter Fall StGB, teils in Verbindung mit § 15 StGB, geführten Strafverfahren vor dem Landesgericht Leoben) gemäß § 18 Steiermärkisches Gemeinde-Bezügegesetz (Stmk. GBezG), LGBl. Nr. 72/1997, ab.

2 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wurden die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 18 Stmk. GBezG als unbegründet abgewiesen. Das Landesverwaltungsgericht sprach aus, die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

3 In seiner rechtlichen Begründung führte das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung aus, die betreffenden Anträge seien aus zwei Gründen abzuweisen. Einerseits handle es sich bei den geltend gemachten Barauslagen der Art nach nicht um vergütungsfähige Aufwendungen im Sinn von § 18 Abs. 1 Stmk. GBezG. Andererseits seien die Aufwendungen auch nicht fristgerecht im Sinn von § 18 Abs. 1a Stmk. GBezG. geltend gemacht worden, was nach der zuletzt genannten Bestimmung des Stmk. GBezG. jedenfalls zum Verlust des in Rede stehenden Anspruchs führe.

4 Zur Zulässigkeit der Revision hielt das Gericht fest, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, welche Aufwendungen als erstattungsfähige Barauslagen im Sinn von § 18 Stmk. GBezG. zu qualifizieren seien, und zwar insbesondere zu der Frage, ob die im vorliegenden Fall betroffenen Kosten einer notwendigen Verteidigung in einem Strafverfahren geeignet sein könnten, einen Vergütungsanspruch gemäß § 18 Stmk. GBezG. zu begründen.

5 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden Revisionen, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, der Verwaltungsgerichtshof möge aus den genannten Gründen in der Sache selbst entscheiden, hilfsweise die angefochtenen Erkenntnisse aufheben.

6 Die Revisionen schließen sich betreffend ihre Zulässigkeit der diesbezüglichen Begründung des Landesverwaltungsgerichts Steiermark an und führen aus, die Abweisung der Anträge auf Kostenübernahme widerspreche dem Wortlaut des § 18 Stmk. GBezG., weshalb die Revisionen schon aus diesem Grund zulässig seien, wie das Landesverwaltungsgericht ohnedies zutreffend erkannt habe. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Mürzzuschlag erstattete keine Revisionsbeantwortungen, wohl aber die Stadtgemeinde Mürzzuschlag. Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen aus folgenden Gründen nicht vor:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat auch eine ordentliche Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern sie der Auffassung ist, die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision reiche nicht aus, oder sie andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. u.a. VwGH 20.5.2015, Ro 2014/10/0086).

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zudem die Rechtsansicht vertreten, dass wenn ein angefochtenes Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und im Zusammenhang mit dieser keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird, die Revision unzulässig ist (vgl. VwGH 5.9.2018, Ra 2018/12/0030; 19.10.2016, Ra 2015/12/0081).

12 Selbst wenn die vom Verwaltungsgericht in seiner Zulässigkeitsbegründung dargestellte Rechtsfrage grundsätzlicher Natur ist, das angefochtene Erkenntnis aber auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht, so ist in dieser Konstellation die Rechtsprechung, wonach der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die Gründe ihrer Zulässigkeit gesondert darzulegen habe, auf seines Erachtens im Zusammenhang mit der Alternativbegründung relevante weitere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu übertragen (vgl. VwGH 23.3.2016, Ro 2015/12/0016; 24.5.2016, Ro 2015/01/0015).

13 Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Erkenntnisse nicht nur damit begründet, dass die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 1 Stmk. GBezG. nicht vorlägen, weil die in Rede stehenden Barauslagen schon ihrer Art nach keinen Vergütungsanspruch begründeten. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat vielmehr auch - alternativ und ebenso tragend - ausgeführt, dass die verfahrenseinleitenden Anträge nach Ablauf der in § 18 Abs. 1a Stmk. GBezG. normierten Frist gestellt worden seien, weshalb diesen nicht stattzugeben sei.

14 Das Landesverwaltungsgericht begründete die Zulässigkeit der Revision ausschließlich im Hinblick auf die in den angefochtenen Erkenntnissen dargelegte erste rechtliche Argumentationslinie, welche die grundsätzlich fehlende Ersatzfähigkeit der in Rede stehenden Barauslagen im Sinn von § 18 Abs. 1 Stmk. GbezG. betraf. Der diesbezüglichen Zulässigkeitsbegründung schlossen sich die Revisionen an.

15 Die Alternativbegründung der angefochtenen Erkenntnisse betreffend den Ablauf der in § 18 Abs. 1a Stmk. GBezG. normierten Frist wurde seitens der revisionswerbenden Parteien in den Zulässigkeitsgründen durch Formulierung einer entsprechenden Rechtsfrage nicht in Zweifel gezogen; eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wurde in diesem Zusammenhang daher nicht geltend gemacht. Mit dem bloßen Hinweis (der sich überdies auf die vom Gericht aufgeworfene Frage bezogen haben dürfte) wonach die Abweisung der verfahrenseinleitenden Anträge dem Gesetzeswortlaut widerspreche, wird nicht dargelegt, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung fallbezogen zu lösen wäre. Der Umstand, dass sich Teile der Revisionsbegründungen mit der Alternativbegründung beschäftigen, führt deshalb nicht zum Erfolg, weil die Beurteilung der Zulässigkeit der Revisionen durch den Verwaltungsgerichtshof - wie dargestellt - ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung erfolgt (siehe auch VwGH 5.7.2017, Ra 2015/12/0050).

16 Das rechtliche Schicksal der Revisionen hängt daher weder von der von den revisionswerbenden Parteien geltend gemachten noch von der in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes angesprochenen Rechtsfrage ab.

17 Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die Revisionen mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht-öffentlicher Sitzung zurückzuweisen waren (vgl. VwGH 8.3.2018, Ro 2015/12/0014).

18 Parteien im Verfahren über eine Revision gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG sind neben dem Revisionswerber, der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht sowie in den Fällen des § 22 zweiter Satz VwGG dem zuständigen Bundesminister oder der Landesregierung, gemäß § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG die Personen, die durch eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder eine Entscheidung in der Sache selbst in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte).

19 Die vorliegende Revisionsbeantwortung wurde nicht durch die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde (dem Gemeinderat der Stadtgemeinde Mürzzuschlag), sondern von der Stadtgemeinde Mürzzuschlag erstattet. Der Stadtgemeinde Mürzzuschlag kommen in Bezug auf den hier in Rede stehenden Gegenstand des Verfahrens auch keine eigenen subjektiv öffentlichen Rechte zu. Die von ihr erstatteten Revisionsbeantwortungen waren daher mangels Parteistellung zurückzuweisen (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049; zur Zurückweisung einer Revision in einer vergleichbaren Konstellation vgl. VwGH 27.7.2017, Ra 2017/12/0077).

Wien, am 20. November 2018

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