VwGH Ro 2017/07/0005

VwGHRo 2017/07/000528.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Landeshauptmannes von Salzburg gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 31. Oktober 2016, LVwG-1/343/18-2016, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: W GmbH in P, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017070005.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg (LH) vom 5. November 2014 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Wasserkraftwerkes an der P im Gemeindegebiet von U nach Maßgabe näher genannter Projektunterlagen unter Auflagen erteilt. Die Einwendung bzw. Forderung eines Fischereiberechtigten nach Errichtung eines Fischaufstieges bei der Wasserfassung wurde abgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Entschädigung des Fischereiberechtigten festgesetzt.

2 Der gegen diesen Bescheid vom Fischereiberechtigten erhobenen Beschwerde wurde mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 28. Juli 2015 hinsichtlich der Formulierung eines Auflagenpunktes Folge gegeben; im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und, soweit es sich um Vorbringen im Zusammenhang mit der Zustandsbeurteilung der gegenständlichen Wasserkörper und dem "Verschlechterungsverbot" handelte, als unzulässig zurückgewiesen.

3 Noch vor Erlassung des genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 28. Juli 2015 wurde in dem mit Bewilligungsansuchen vom 8. Juni 2015 eingeleiteten (hier gegenständlichen) Verfahren mit Bescheid des LH vom 9. Juli 2015 dem Wasserverband O, der Wassergenossenschaft O, der Wassergenossenschaft S, der T Gesellschaft m.b.H., der S GmbH, der S Gesellschaft m.b.H., der O Gesellschaft m.b.H. & Co KG, der K GmbH, der S Gesellschaft m.b.H. und der S GmbH & Co KG die wasserrechtliche Bewilligung für 16 "Sofortmaßnahmen" im Rahmen des Wassermanagementplanes Obertauern erteilt.

4 Die mitbeteiligte Partei hatte in dem diesem Bescheid vom 9. Juli 2015 vorausgegangenen Bewilligungsverfahren Einwendungen erhoben; dies gestützt auf die ihr mit Bescheid des LH vom 5. November 2014 erteilte wasserrechtliche Bewilligung und mit dem Vorbringen, zwar sei dieser Bewilligungsbescheid von einem Fischereiberechtigten angefochten worden, es sei jedoch aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Beschwerdeverhandlung in Kürze mit der Abweisung dieser Beschwerde zu rechnen.

5 Diese von der mitbeteiligten Partei erhobenen Einwendungen wurden im bereits genannten Bescheid des LH vom 9. Juli 2015 mangels Parteistellung zurückgewiesen.

6 Begründend führte der LH dazu aus, aufgrund einer vom Fischereiberechtigten gegen die mit Bescheid des LH vom 5. November 2014 der mitbeteiligten Partei erteilten wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines Wasserkraftwerkes erhobenen Bescheidbeschwerde sei dieser erstinstanzliche Bescheid nicht rechtskräftig geworden. Da das Verwaltungsgericht im Zeitpunkt der Erlassung des Bewilligungsbescheides des LH vom 9. Juli 2015 noch nicht über die Beschwerde des Fischereiberechtigten (im anderen Bewilligungsverfahren) entschieden habe, verfüge die mitbeteiligte Partei somit nicht über ein aufrechtes Wasserrecht und sei daher keine Partei des gegenständlichen Verfahrens. Aber auch wenn der mitbeteiligten Partei in diesem Verfahren Parteistellung zugekommen wäre, "wäre sie eher nicht durchgedrungen" (wird näher ausgeführt).

7 Gegen den Bescheid des LH vom 9. Juli 2015 erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde.

8 Mit dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 31. Oktober 2016 wurde dieser Beschwerde stattgegeben, der Bescheid des LH vom 9. Juli 2015 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neues Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an den LH zurückverwiesen. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt.

9 In seinen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dem Fischereiberechtigten komme gemäß § 15 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) nur das Recht zu, Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu begehren, nicht jedoch das Recht auf Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung. Diese eingeschränkte Parteistellung des Fischereiberechtigten, die es möglich mache, dass ein Vorhaben trotz entgegenstehender Forderungen nach Maßnahmen zum Schutz der Fischerei bewilligt (und der Fischereiberechtigte gegebenenfalls entschädigt) werde, spreche dafür, dass der Ausspruch der Bewilligung und der Ausspruch "über Forderung" des Fischereiberechtigten jedenfalls trennbar seien. Die eingeschränkte Parteistellung des Fischereiberechtigten sei bestimmend für die "Sache im Beschwerdeverfahren", aus der sich wiederum die Reichweite der behördlichen Entscheidungsbefugnis ergebe. Prozessgegenstand im Verfahren des Verwaltungsgerichtes seien daher die Einwände des Fischereiberechtigten und nicht die grundsätzliche Bewilligung des Vorhabens gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass die mitbeteiligte Partei im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides des LH vom 9. Juli 2015 Inhaberin von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 gewesen sei und ihr somit Parteistellung zugekommen sei.

10 Gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 31. Oktober 2016 erhoben der Wasserverband O, die Wassergenossenschaft O, die Wassergenossenschaft W, die Wassergenossenschaft S, die L GmbH, die G GmbH, die T Gesellschaft m.b.H., die S GmbH, die S Gesellschaft m.b.H., die O Gesellschaft m.b.H. & Co KG, die K GmbH, die S Gesellschaft m.b.H. und die S GmbH & Co KG in einem gemeinsamen Schriftsatz Revision an den Verwaltungsgerichtshof, die in weiterer Folge mit Eingabe vom 27. September 2017 zurückgezogen wurde (vgl. dazu den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ro 2017/07/0006).

11 Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 31. Oktober 2016 richtet sich auch die vorliegende Amtsrevision des LH, mit der im Primärantrag die Aufhebung des Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

12 Die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Amtsrevision.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

16 Das Verwaltungsgericht hat die ordentliche Revision mit der Begründung zugelassen, es fehle spezielle Rechtsprechung hinsichtlich des Bestandes eines Wasserechtes im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG 1959 im Fall einer Beschwerde des Fischereiberechtigten gegen den Bescheid, mit welchem das Wasserrecht eingeräumt werde.

17 In der vorliegenden Amtsrevision wird zu ihrer Zulässigkeit auf die zitierte Begründung des Verwaltungsgerichtes verwiesen. Darüber hinaus wird geltend gemacht, dass der Inhalt des angefochtenen Beschlusses von der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Wasserbauvorhaben prinzipiell ein unteilbares Ganzes sei, welches nur als solches bewilligt oder abgelehnt werden könne, abweiche, indem es Teilrechte noch vor Rechtskraft eines Bewilligungsbescheides konstruiere, was eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter Bescheidbeschwerden schaffen würde.

18 Die Zulässigkeit einer Revision ist nur dann gegeben, wenn die geltend gemachte Rechtsfrage für die Entscheidung über die Revision von Relevanz wäre (vgl. etwa VwGH 16.11.2017, Ra 2017/07/0076, mwN). Die Entscheidung über die vorliegende Revision hängt jedoch von der Lösung der - hier vom Verwaltungsgericht und vom Revisionswerber - aufgeworfenen Fragen nicht ab.

19 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, und VwGH 19.5.2015, Ra 2015/05/0017, mwN; zu den Fällen einer Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrages vgl. VwGH 28.5.2015, Ro 2014/07/0096, VwGH 28.1.2016, Ra 2015/07/0070, und VwGH 25.10.2017, Ro 2017/07/0020, 0021, jeweils mwN). Gleiches gilt auch für den Fall, dass ein Verwaltungsgericht nicht "in der Sache selbst" entscheidet, zumal andernfalls die für einen solchen Fall angeordnete Bindung der Verwaltungsbehörde an die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung konterkariert würde (vgl. nochmals VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; vgl. dazu ferner VwGH 30.5.2017, Ra 2016/12/0076, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/03/0051, jeweils mwN).

20 Eine nach der hg. Judikatur eine andere Betrachtungsweise gebietende Fallkonstellation - etwa weil gemäß der im konkreten Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschriften darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. dazu VwGH 24.3.2015, Ro 2014/09/0066, und VwGH 23.2.2017, Ro 2015/07/0008, mwN) - liegt gegenständlich nicht vor.

21 Das Verwaltungsgericht hatte daher schon wegen der in der hg. Judikatur bereits erläuterten Bindungswirkung seiner Entscheidung für die Verwaltungsbehörde bei der Beurteilung, ob die mit Bescheid des LH vom 9. Juli 2015 erfolgte Zurückweisung der Einwendungen der mitbeteiligten Partei mangels Parteistellung rechtens war, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung anzuwenden.

22 Unbestritten wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 28. Juli 2015, mit dem die Beschwerde des Fischereiberechtigten gegen den Bewilligungsbescheid des LH vom 5. November 2014 (neben der Formulierung einer Auflage) teilweise abgewiesen und teilweise zurückgewiesen wurde, der mitbeteiligten Partei am 4. August 2015 (und dem LH am 3. August 2015) zugestellt. Weder dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 31. Oktober 2016 noch der vorliegenden Amtsrevision ist ein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vom 28. Juli 2015 beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten (und einer Beschwerde bzw. Revision gegebenenfalls die aufschiebende Wirkung zuerkannt) oder dass diese Entscheidung vom 28. Juli 2015 später aufgehoben worden wäre. Ferner ist der Revisionswerber den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei, wonach gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vom 28. Juli 2015 keine Revision erhoben worden sei, nicht entgegengetreten.

23 Demzufolge war aber die mitbeteiligte Partei im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 31. Oktober 2016 jedenfalls Inhaberin der wasserrechtlichen Bewilligung und damit von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959. Der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass diese Rechte grundsätzlich geeignet sind, der mitbeteiligten Partei im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung zu verschaffen, wird vom Amtsrevisionswerber nicht entgegengetreten.

24 Auf die in der Zulässigkeitsbegründung der Amtsrevision aufgeworfenen Fragen kommt es somit nicht mehr an. Die Revision war daher zurückzuweisen.

25 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. März 2018

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