VwGH Ro 2017/07/0003

VwGHRo 2017/07/000327.7.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. der G M und 2. des F M, beide in K, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in 2000 Stockerau, Theresia Pampichler Straße 1a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 8. November 2016, Zl. LVwG-AV-1056/001-2016, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustands nach dem WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling; mitbeteiligte Partei: Dr. I C in K, vertreten durch Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Julius Raab-Promenade 2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art102;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §59;
VwRallg;
WRG 1959 §114 Abs3 idF 2011/I/014;
WRG 1959 §114 Abs3;
WRG 1959 §114 Abs4 idF 2011/I/014;
WRG 1959 §114;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §31c Abs5 idF 2006/I/123;
WRG 1959 §31c Abs5 idF 2011/I/014;
WRG 1959 §31c Abs5;
WRG 1959 §31c idF 2006/I/123;
WRG 1959 §31c;
WRG 1959 §34 Abs6;
WRG 1959;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 1. Juli 2008 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Mödling (BH) der mitbeteiligten Partei und Dr. M C die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Erdwärmepumpenanlage mit fünf Tiefensonden auf dem Grundstück Nr. 72/14, KG K, wobei eine Reihe von Auflagen erteilt wurde. Die BH stützte diese Entscheidung auf §§ 31c Abs. 5 WRG 1959, wobei nicht angegeben wurde, auf welche litera dieser Bestimmung sich die Behörde dabei stützte.

2 Nach Ausführung der Anlage wandten sich die revisionswerbenden Parteien an die Wasserrechtsbehörde und brachten vor, dass es im Zusammenhang mit der Errichtung der Wärmepumpenanlage auf dem Nachbargrundstück zu einer Vernässung ihres Grundstückes und zu Feuchtigkeitsschäden an ihren Baulichkeiten gekommen sei.

3 Mit Anbringen vom 22. Februar 2016 begehrten die revisionswerbenden Parteien die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes in Bezug auf die mit Bescheid vom 1. Juli 2008 bewilligte Erdwärmegewinnungsanlage. Sie machten im Wesentlichen die teilweise Nichteinhaltung des in einer Auflage des Bewilligungsbescheides vorgeschriebenen Mindestabstandes von 3 m zur Grundgrenze sowie die mangelhafte Abdichtung der Bohrungen geltend. Sie forderten die Entfernung der im zu geringen Abstand von der Grundgrenze errichteten Bohrung(en) und die ordnungsgemäße Abdichtung.

4 Mit Bescheid vom 9. August 2016 wies die BH den Antrag der revisionswerbenden Parteien vom 22. Februar 2016 auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustands ab und begründete dies mit der fehlenden Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde mangels (weiterer) Bewilligungspflicht für die auf dem Grundstück Nr. 72/14, KG K, errichtete Erdwärmepumpenanlage. Die Anlage sei nicht bewilligungspflichtig, weshalb auch § 138 WRG 1959 nicht mehr zur Anwendung kommen könne, da es sich um keine eigenmächtig vorgenommene Neuerung handle. Die WRG-Novelle 2011 habe auch keine Übergangsbestimmungen vorgesehen, sodass sich aus der davor erteilten wasserrechtlichen Bewilligung für die nun bewilligungsfreie Anlage keine Verpflichtungen aus Auflagen und Bedingungen ergäben.

5 Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG).

6 Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis vom 8. November 2016 änderte das LVwG den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass der Antrag der revisionswerbenden Parteien vom 22. Februar 2016 zurückgewiesen werde (Spruchpunkt A.I.). Die Revision gegen dieses Erkenntnis wurde im Hinblick auf Spruchpunkt A.I. zugelassen (Spruchpunkt A.II.).

Unter Spruchpunkt B) beschloss das LVwG, dass das über den Antrag vom 22. Februar 2016 hinausgehende Beschwerdebegehren zurückgewiesen werde (Spruchpunkt B.I.) und eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen Spruchpunkt B.I. nicht zulässig sei (Spruchpunkt B.II.).

7 In der Begründung beschäftigte sich das LVwG zunächst mit der Frage, ob - wie die BH angenommen hatte - die Erdwärmepumpenanlage aufgrund der WRG-Novelle 2011 nunmehr bewilligungsfrei sei. Die revisionswerbenden Parteien hätten dagegen vorgebracht, die Anlage befinde sich in einem Gebiet mit gespanntem oder artesisch gespanntem Grundwasservorkommen. Das LVwG vertrat die Auffassung, diese Frage könne dahingestellt bleiben, da den revisionswerbenden Parteien ohnehin keine Parteistellung und auch kein Anspruch auf ein Vorgehen nach § 138 WRG 1959 zukomme.

Das Anzeigeverfahren sei als Erleichterung für den Bewilligungswerber (nach § 31c Abs. 5 WRG 1959) vorgesehen. Es sei keine Absicht des Gesetzgebers erkennbar, durch die Einführung einer Verfahrenserleichterung zusätzliche Parteienrechte statuieren zu wollen. Dies gelte auch für die Konzeption des Anzeigeverfahrens selbst, das durch die WRG-Novelle 1997 eingeführt worden sei und bloß der Vereinfachung und Beschleunigung bestimmter Wasserrechtsverfahren dienen solle. Auch durch die Formulierung der Ausnahmetatbestände gleichzeitig mit der Statuierung des Anzeigeverfahrens für sämtliche Tatbestände des § 31c Abs. 5 WRG 1959 im Rahmen der Novelle 2011 werde die Interpretation gestützt, dass sich der Schutzzweck der Norm auf die öffentlichen Interessen beschränke. Gerade der Umstand, dass Erdwärmeanlagen (nur) in bestimmten Gebieten bewilligungspflichtig sein sollten, zeige, dass es (nur) um den Schutz öffentlicher Interessen und nicht um die Wahrung der Rechte Einzelner gehe, die von einer Wärmepumpenanlage eines Nachbarn auch außerhalb solcher spezieller Gebiete in gleicher Weise betroffen sein könnten.

Hätte der Gesetzgeber die Rechte des Einzelnen wahren wollen, wäre es nicht einzusehen, weshalb der Nachbar eines Wärmepumpenvorhabens nur deshalb nicht geschützt sein sollte, weil keine weiteren Nachbarn vorhanden seien, die ein geschlossenes Siedlungsgebiet bildeten. Ebenso, wenn gespanntes Grundwasser zwar den Konsenswerber und seinen Nachbarn beträfen, jedoch nicht die - im Gesetz freilich nicht definierten - Kriterien eines "Gebietes" mit gespanntem Grundwasservorkommen erfülle. Gleiches gelte für den Fall der unbedingten Bewilligungspflicht bei einer Bohrtiefe ab 300 m, erscheine doch die Beeinträchtigung von Rechten Dritter im Bereich geringerer Tiefen viel wahrscheinlicher.

Dementsprechend erscheine der - uneingeschränkte - Verweis auf § 114 WRG 1959 überschießend, sodass eine teleologische Reduktion des § 114 Abs. 3 in Zusammenhang mit § 31c Abs. 5 WRG 1959 dahingehend geboten sei, dass das Bewilligungsverfahren bei den darin angeführten Anlagen (nur) dann durchzuführen sei, wenn eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen zu erwarten sei (denen im ordentlichen Bewilligungsverfahren gegebenenfalls durch die Vorschreibung von Auflagen oder die Abweisung des Antrages Rechnung zu tragen sei).

8 Zusammenfassend bedeute dies, dass die revisionswerbenden Parteien im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend die Wärmepumpenanlage auf dem in Rede stehenden Nachbargrundstück keine Parteistellung gehabt hätten und diese auch heute nicht hätten, selbst wenn die Bewilligungspflicht noch bestehen sollte. Dies bedeute weiters, dass sie auch nicht die Abweichung von einer Bewilligung als Rechtsverletzung geltend machen könnten, weder im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren noch in einem gewässerpolizeilichen Verfahren nach § 138 Abs. 1 WRG 1959. Wenn nämlich kein Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung in einem Bewilligungsverfahren bestehe, könne auch kein Anspruch auf die Beseitigung eines Zustands bestehen, der der Entscheidung im Bewilligungsverfahren widerspreche. Daran ändere es auch nichts, wenn Auflagen zugunsten des Nachbarn bzw. dessen Zustimmung gefordert worden sei. Eine Parteistellung könne nämlich durch derartige Regelungen in einem Bescheid nicht begründet werden.

9 Die Zulassung der Revision begründete das LVwG damit, dass hinsichtlich der Rechtsfragen, ob die Inhaber bestehender Rechte im Sinne der §§ 12 Abs. 2 und 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 im Verfahren nach § 31c Abs. 5 WRG 1959 Parteistellung hätten und ob daher die Inhaber dieser Rechte auch die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 Abs. 1 iVm Abs. 6 leg. cit. begehren könnten, wenn eine derartige Anlage ohne oder entgegen einer Bewilligung errichtet worden sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

11 Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2017 erstattete die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, der Revision kostenpflichtig keine Folge zu geben.

12 Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2017 erstattete auch die BH eine Revisionsbeantwortung; sie beantragte die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Die Revision ist aus den vom LVwG genannten Gründen zulässig. Sie ist auch berechtigt.

17 2. Die Bewilligung für die Wärmepumpenanlage wurde im Jahr 2008 erteilt. Zu diesem Zeitpunkt hatte § 31c WRG 1959 folgenden Wortlaut:

"Sonstige Vorsorge gegen Wassergefährdung § 31c. (1) Unbeschadet der Bestimmungen der §§ 9, 32, 34 und 38 bedarf die Gewinnung von Sand und Kies der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn sie mit besonderen Vorrichtungen erfolgt.

(2) Bei Vorhaben nach Abs. 1, die nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind oder die dem Mineralrohstoffgesetz unterliegen, entfällt die Bewilligungspflicht, wenn das Vorhaben außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete geplant ist.

(3) In den Fällen des Abs. 1 und 2 hat die jeweils zuständige Behörde insbesondere die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung (§ 30) notwendigen und nach dem Stand der Technik möglichen Vorkehrungen zu treffen, die nach Beendigung der Entnahme zu treffenden Maßnahmen aufzutragen sowie darauf zu achten, daß Gemeinden in der Versorgung ihrer Bewohner mit Trinkwasser nicht beeinträchtigt werden. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(4) Auf die in Abs. 1 bis 3 genannten Vorhaben finden die §§ 27 Abs. 4 und 29, soweit es sich um Vorhaben handelt, die der Gewerbeordnung oder dem Bergrecht unterliegen, diese Vorschriften sinngemäß Anwendung.

(5) Die Abs. 1 bis 4 finden sinngemäß Anwendung auf

a) Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in wasserrechtlich

besonders geschützten Gebieten (§§ 34, 35 und 54) und in

geschlossenen Siedlungsgebieten ohne zentrale Trinkwasserversorgung;

b) Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von

Vertikalkollektoren (Tiefsonden);

c) Anlagen zur Wärmenutzung der Gewässer.

Auf Vorhaben gem. lit. b und c ist das Anzeigeverfahren gemäß § 114 anzuwenden. In Abweichung von § 114 Abs. 4 sind Bewilligungen für Tiefsonden mit 25 Jahren ab Einbringung der Anzeige befristet."

18 Schon zu diesem Zeitpunkt war daher für Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von Vertikalkollektoren (Tiefsonden) das Anzeigeverfahren gemäß § 114 WRG 1959 vorgesehen.

19 § 114 WRG 1959 - in der im Jahr 2008 anzuwendenden Fassung - lautete:

"Anzeigeverfahren

§ 114. (1) Bewilligungspflichtige Maßnahmen, für die nach diesem Bundesgesetz oder seinen Verordnungen das Anzeigeverfahren vorgesehen ist, sind der Behörde drei Monate vor Inangriffnahme anzuzeigen. Dabei sind die erforderlichen Projektsunterlagen (§ 103) unter Angabe einer drei Jahre nicht überschreitenden Bauvollendungsfrist anzuschließen.

(2) Unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes kann der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung, sofern es die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse zulassen und öffentliche Interessen (§ 105) nicht entgegenstehen, die Anwendung des Anzeigeverfahrens vorschreiben.

(3) Die Bewilligung gilt im angegebenen Umfang als erteilt, wenn die Behörde nicht innerhalb von drei Monaten ab Einlangen der Anzeige schriftlich mitteilt, daß die Durchführung eines Bewilligungsverfahrens erforderlich ist. Ein Bewilligungsverfahren ist insbesondere dann durchzuführen, wenn auf Grund der vorliegenden Unterlagen sowie unter Berücksichtigung der bestehenden wasserwirtschaftlichen Verhältnisse eine Beeinträchtigung fremder Rechte oder öffentlicher Interessen zu erwarten ist.

(4) Auf eine Bewilligung nach Abs. 3 finden alle Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, die sich auf die wasserrechtliche Bewilligung der Maßnahme beziehen. Solche Bewilligungen sind mit 15 Jahren ab Einbringung der Anzeige befristet."

20 § 31c WRG 1959 wurde durch die WRG-Novelle 2011 geändert und lautet in dieser - nach wie vor gültigen - Fassung:

"Sonstige Vorsorge gegen Wassergefährdung

§ 31c. (1) Unbeschadet der Bestimmungen der §§ 9, 32, 34 und 38 bedarf die Gewinnung von Sand und Kies der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn sie mit besonderen Vorrichtungen erfolgt.

(2) Bei Vorhaben nach Abs. 1, die nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind oder die dem Mineralrohstoffgesetz unterliegen, entfällt die Bewilligungspflicht, wenn das Vorhaben außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete geplant ist.

(3) In den Fällen des Abs. 1 und 2 hat die jeweils zuständige Behörde insbesondere die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung (§ 30) notwendigen und nach dem Stand der Technik möglichen Vorkehrungen zu treffen, die nach Beendigung der Entnahme zu treffenden Maßnahmen aufzutragen sowie darauf zu achten, daß Gemeinden in der Versorgung ihrer Bewohner mit Trinkwasser nicht beeinträchtigt werden. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(4) Auf die in Abs. 1 bis 3 genannten Vorhaben finden die §§ 27 Abs. 4 und 29, soweit es sich um Vorhaben handelt, die der Gewerbeordnung oder dem Bergrecht unterliegen, diese Vorschriften sinngemäß Anwendung.

(5) Die Abs. 1 bis 4 finden sinngemäß Anwendung auf

a) Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in wasserrechtlich

besonders geschützten Gebieten (§§ 34, 35 und 55g Abs. 1 Z 1) und

in geschlossenen Siedlungsgebieten ohne zentrale

Trinkwasserversorgung;

b) Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von

Vertikalkollektoren (Tiefsonden), soweit sie nicht von lit. a erfasst sind, sofern sie eine Tiefe von 300 m überschreiten oder in Gebieten mit gespannten oder artesisch gespannten Grundwasservorkommen. Die Grenzen derartiger Gebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.

c) Anlagen zur Wärmenutzung der Gewässer.

Auf Vorhaben gem. lit. a, b und c ist das Anzeigeverfahren gemäß § 114 anzuwenden. In Abweichung von § 114 Abs. 4 sind Bewilligungen für Tiefsonden mit 25 Jahren ab Einbringung der Anzeige befristet."

21 § 114 WRG 1959 - in der Fassung der WRG-Novelle 2011 -

lautet wie folgt:

"Anzeigeverfahren

§ 114. (1) Bewilligungspflichtige Maßnahmen, für die nach diesem Bundesgesetz oder seinen Verordnungen das Anzeigeverfahren vorgesehen ist, sind der Behörde drei Monate vor Inangriffnahme anzuzeigen. Dabei sind die erforderlichen Projektsunterlagen (§ 103) unter Angabe einer drei Jahre nicht überschreitenden Bauvollendungsfrist anzuschließen.

(2) Unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes kann der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung, sofern es die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse zulassen und öffentliche Interessen (§ 105) nicht entgegenstehen, die Anwendung des Anzeigeverfahrens vorschreiben.

(3) Die Bewilligung gilt im angegebenen Umfang als erteilt, wenn die Behörde nicht innerhalb von drei Monaten ab Einlangen der Anzeige schriftlich mitteilt, daß die Durchführung eines Bewilligungsverfahrens erforderlich ist. Ein Bewilligungsverfahren ist insbesondere dann durchzuführen, wenn auf Grund der vorliegenden Unterlagen sowie unter Berücksichtigung der bestehenden wasserwirtschaftlichen Verhältnisse eine Beeinträchtigung fremder Rechte oder öffentlicher Interessen zu erwarten ist. Teilt die Behörde dem Anzeigenden schon vor Ablauf der Frist schriftlich mit, dass die Durchführung eines Bewilligungsverfahrens nicht beabsichtigt ist, darf mit der Ausführung der Anlage ab diesem Zeitpunkt begonnen werden.

(4) Auf eine Bewilligung nach Abs. 3 finden alle Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, die sich auf die wasserrechtliche Bewilligung der Maßnahme beziehen. Solche Bewilligungen sind mit 15 Jahren ab Einbringung der Anzeige befristet. Bei anzeigepflichtigen Vorhaben entfällt die Überprüfung der Behörde gem. § 121 Abs. 1. Auf anzeigepflichtige Vorhaben findet - sofern in einem allfälligen Bewilligungsbescheid keine anderen Regelungen getroffen werden - die Überprüfung der Ausführung der Anlage entsprechend § 121 Abs. 4 statt."

22 2.1. § 31c Abs. 5 WRG 1959 (in beiden zitierten Fassungen) erklärt § 114 WRG 1959 ohne jede Einschränkung für anwendbar. Ebenso eindeutig ist der Wortlaut des § 114 Abs. 3 WRG 1959 (wiederum in beiden zitierten Fassungen) im Hinblick auf den Schutz fremder Rechte. Ist nämlich eine Beeinträchtigung fremder Rechte zu erwarten, kippt das Anzeigeverfahren in ein "normales" Bewilligungsverfahren. Damit ist eindeutig geklärt, dass im Anzeigeverfahren erforderlichenfalls auch fremde Rechte zu schützen sind.

23 2.2. Das LVwG will diesen eindeutigen Wortlaut im Wege einer teleologischen Reduktion auf den Schutz öffentlicher Interessen beschränken.

24 2.3. Die Rechtsfigur der "teleologischen Reduktion" (oder Restriktion) verschafft der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Voraussetzung ist stets der Nachweis, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Diese Rechtsfigur setzt jedenfalls das Vorliegen einer planwidrig überschießenden Regelung voraus und hätte dann zur Folge, dass die überschießend geregelten Fallgruppen nicht von der Regelung erfasst würden. Im Zweifel ist nicht davon auszugehen, dass die Anwendung einer ausdrücklich getroffenen Regelung vom Gesetzgeber nicht auf alle davon erfassten Fälle beabsichtigt war (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2002, 2002/17/0119, sowie vom 7. Oktober 2013, 2012/17/0063).

25 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor der Einführung des Anzeigeverfahrens für die Fälle des § 31c WRG 1959 hatte im Bewilligungsverfahren nach dieser Bestimmung der Inhaber wasserrechtlich geschützter Rechte keine Parteistellung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 12. März 1971, 1622/69, vom 20. November 1984, 84/07/0207, vom 22. Februar 1994, 93/07/0113, sowie vom 19. Mai 1994, 94/07/0044).

26 Mit der WRG-Novelle 2006 hat der Gesetzgeber für bestimmte Fälle des § 31c WRG 1959 das Anzeigeverfahren eingeführt. Wie bereits dargestellt, ist der Wortlaut des § 31c Abs. 5 und des § 114 Abs. 3 leg. cit. in dieser Hinsicht eindeutig; das heißt, im Anzeigeverfahren sind fremde Rechte zu berücksichtigen.

27 Durch diese Novelle wurde daher der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Grundlage entzogen. Es mag sein - wie das LVwG argumentiert - dass das Anzeigeverfahren grundsätzlich zur Erleichterung des Verfahrens eingeführt wurde. Damit steht aber die Annahme eines gebotenen Schutzes wasserrechtlich geschützter Rechte nicht im Widerspruch.

Im Großteil der Fälle wird eine Anlage im Sinne des § 31c WRG 1959 ohne Berührung fremder Rechte verwirklicht werden können. In diesen Fällen erfüllt das Anzeigeverfahren uneingeschränkt seinen verwaltungsvereinfachenden Zweck. Wenn aber in wenigen Fällen fremde Rechte berührt werden, dann ist es nur konsequent und steht mit dem Zweck der Vereinfachung nicht im Widerspruch, wenn diese fremden Rechte entsprechend geschützt werden.

28 Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen:

Schon vor der Einführung des Anzeigeverfahrens galt der Grundsatz, wonach Inhaber fremder Rechte keine Parteistellung und kein Mitspracherecht hatten, in einem Verfahren nach § 31c WRG 1959 nicht uneingeschränkt. Vielmehr war dieses Prinzip durch § 34 Abs. 6 WRG 1959 durchbrochen, der dem in Betracht kommenden Wasserversorgungsunternehmen oder der in Betracht kommenden Gemeinde Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zusprach, soweit Maßnahmen und Anlagen, die eine Wasserversorgung im Sinne des § 34 leg. cit. beeinträchtigen könnten, den Gegenstand eines behördlichen Verfahrens bildeten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verschaffte § 34 Abs. 6 WRG 1959 auch im wasserrechtlichen Verfahren nach § 31c WRG 1959 Parteistellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, 93/07/0113).

29 Kein Argument für eine teleologische Reduktion lässt sich auch aus dem Hinweis des LVwG gewinnen, dass nur Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme in Form von Vertikalkollektoren, sofern sie eine Tiefe von 300 m überschritten, vom Anzeigeverfahren erfasst seien. Bei Einführung des Anzeigeverfahrens im Jahr 2006 war nämlich diese Beschränkung nicht gegeben.

30 Letztlich gilt Folgendes zu beachten: Hätte der Gesetzgeber nicht gewollt, dass die Bestimmungen des § 114 WRG 1959 über den Schutz fremder Rechte zur Anwendung kommen, hätte er diese wohl eingeschränkt. So hat der Gesetzgeber auch in § 31c Abs. 5 WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 2011 in einem Punkt, in dem ihm die Änderung ein Anliegen war, eine solche Einschränkung vorgenommen ("In Abweichung von § 114 Abs. 4 sind Bewilligungen für Tiefsonden mit 25 Jahren ab Einbringung der Anzeige befristet.").

31 Insgesamt ergibt sich, dass die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des insofern eindeutigen Wortlautes daher nicht gegeben sind.

32 2.4. Ist aber von der Wasserrechtsbehörde bei der Behandlung von Anlagen im Sinne des § 31c Abs. 5 WRG 1959 im Anzeigeverfahren auf den Schutz fremder Rechte zu achten, dann können die Inhaber solcher fremden Rechte auch bei einer - wie im vorliegenden Fall behauptet - abweichend von der Bewilligung ausgeführten Anlage einen Antrag nach § 138 WRG 1959 stellen.

33 Die vor dem LVwG belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die Anlage der mitbeteiligten Partei nach der Novelle 2011 nicht mehr bewilligungspflichtig sei. Falls dies der Fall ist, können die revisionswerbenden Parteien nicht mit einem Antrag nach § 138 WRG 1959 vorgehen.

34 Ob diese Bewilligungsfreiheit zutrifft, wurde aber im Verfahren nicht ausreichend geprüft, weil das LVwG von der unzutreffenden Auffassung ausgegangen ist, dass den revisionswerbenden Parteien auch im Falle einer Anzeigepflicht für das Vorhaben keine Parteistellung und damit keine Befugnis zur Stellung eines Antrages nach § 138 WRG 1959 zukommt.

35 2.5. Dadurch, dass das LVwG ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht die für die Beurteilung des Revisionsfalles erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat (sekundärer Feststellungsmangel), hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. 36 3. Der Kostenantrag der revisionswerbenden Parteien ist

darauf gerichtet, dass das Land Niederösterreich die den revisionswerbenden Parteien durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters zu ersetzen hat.

37 Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG ist der dem Revisionswerber zu leistende Aufwandersatz von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat oder handeln hätte sollen.

38 Die Vollziehung des WRG 1959 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Februar 1996, 96/07/0007). Kostenersatzpflichtiger Rechtsträger iSd § 47 Abs. 5 VwGG wäre daher der Bund. Da daneben keine Kostenersatzpflicht eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf die Inanspruchnahme des Landes Niederösterreich gerichtete Antrag der revisionswerbenden Parteien abzuweisen (vgl. etwa den hg. Beschuss vom 26. März 2015, Ra 2014/17/0029).

Wien, am 27. Juli 2017

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