European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017040014.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Mit Eingabe vom 4. September 2014 beantragte die mitbeteiligte Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung einer näher bezeichneten Betriebsanlage in K durch "Aufstellung eines emissionsneutralen Gastanks für flüssigen Stickstoff zum Betrieb einer Kühlkabine (Kryosauna)". 2 Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung wies den Antrag mit Bescheid vom 5. April 2016 zurück.
Dies wurde damit begründet, dass der Gastank ausschließlich der Versorgung einer "Kältesauna" dienen solle, weshalb eine Beurteilung der gesamten Anlage zu erfolgen habe. Bei der beabsichtigten Anwendung handle es sich um eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit, sodass von einer Ausübung der Heilkunde (§ 2 Abs. 1 Z 11 GewO 1994) auszugehen sei. Daher müsse die gesamte projektierte Anlage als nicht der GewO 1994 unterliegend angesehen werden.
3 2. Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei hob das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. März 2017 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft auf (Spruchpunkt I.) und erklärte die ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (Spruchpunkt II.). Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass die mitbeteiligte Partei das freie Gewerbe "Betrieb einer Kältekammer im Wellnessbereich" angemeldet habe. Für die Ausübung eines freien Gewerbes bilde die Anmeldung die Grundlage. Für den Umfang der Gewerbeberechtigung sei der Wortlaut der Anmeldung in Zusammenhang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgeblich. Folglich sei vom genannten Gewerbewortlaut auszugehen, wobei der Betrieb der Kältekammer im "Wellnessbereich" von der mitbeteiligten Partei dahingehend umschrieben worden sei, dass keine Heilbehandlungen an Kranken vorgenommen würden, sondern die Kältekammer ausschließlich bei Sportlern und sonstigen gesunden und fitten Personen zur Anwendung komme, um diesen Personen mehr Wohlbefinden und eine Erhöhung der allgemeinen Vitalität zu ermöglichen.
Der Hersteller der gegenständlichen Kryoanlage bestimme, dass es sich bei der Anlage um kein medizinisches Gerät handle. Es obliege dem Hersteller, den Verwendungszweck festzulegen. Auch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen habe fallbezogen ausgeführt, dass kein ausreichender Bezug zu einer nach dem Medizinproduktegesetz relevanten medizinischen Zweckbestimmung erkannt werden könne.
Der Betrieb der Kältekammer sei daher nicht vom Anwendungsbereich der GewO 1994 ausgenommen, sodass das Vorhaben nach den §§ 74 ff GewO 1994 zu beurteilen sei. Folglich erweise sich die Zurückweisung des Antrages durch die Behörde als rechtswidrig. 4 3. Gegen dieses Erkenntnis erhob die Bezirkshauptmannschaft die vorliegende ordentliche Amtsrevision.
5 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der Revision beantragte.
6 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
8 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 19.6.2018, Ro 2016/06/0011; 24.10.2018,
Ro 2016/04/0047, jeweils mwN).
9 5. Das Verwaltungsgericht begründete die Zulässigkeit der ordentlichen Revision damit, dass keine höchstgerichtliche Entscheidung zur Frage vorliege, ob der "Betrieb einer Kryosauna im Wellnessbereich" eine der GewO 1994 unterliegende Tätigkeit sei oder ob es sich um eine Tätigkeit handle, die den Ärzten vorbehalten sei, weil es in Hinblick auf die Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Personen, die die Anlage in Anspruch nehmen, einer begleitenden medizinischen Aufklärung und Betreuung bedürfe.
10 Die vorliegende ordentliche Revision wiederholt die vom Verwaltungsgericht zur Begründung der Zulässigkeit der Revision als grundsätzlich aufgezeigte Rechtsfrage.
11 6. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründet die Eintragung in das Gewerberegister - soweit dies nicht bereits durch die Anmeldung erfolgt ist - das Recht, das Gewerbe bis zur Rechtskraft eines allfälligen Löschungsbescheides nach § 363 Abs. 4 GewO 1994 auszuüben. Bis zum Eintritt der Rechtskraft eines Bescheides, mit dem die Löschung einer Gewerbeberechtigung aus dem Gewerberegister durch die Oberbehörde verfügt wird, ist die Gewerbebehörde demnach an bestehende Eintragungen gebunden (vgl. VwGH 26.9.2005, 2004/04/0002, VwSlg. 16.721 A/2005; sowie Pöschl, System der Gewerbeordnung (2016) Rz. 231, N. Raschauer, in Ennöckl/N. Raschauer/Wessely (Hrsg.), GewO § 363 Rz. 44, und Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011) § 363 Rz. 14).
Daran hat auch die mit der Novelle BGBl. I Nr. 18/2015 erfolgte technische Systemumstellung vom Gewerberegister auf das Gewerbeinformationssystem Austria - GISA (§ 365 GewO 1994) nichts geändert, weil diese keine materielle Änderung des § 363 Abs. 4 GewO 1994 bewirkte (vgl. VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0119). Das Verwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu Grunde zu legen (vgl. etwa VwGH 28.5.2019, Ra 2018/05/0195, mwN).
12 Das Verwaltungsgericht stellte im vorliegenden Fall fest, dass die mitbeteiligte Partei das freie Gewerbe "Betrieb einer Kältekammer im Wellnessbereich" angemeldet habe und die Gewerbeanmeldung im Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) eingetragen worden sei. In einem (in den Verwaltungsakten befindlichen) Schreiben der Bezirkshauptmannschaft wird die Wirksamkeit der Gewerbeanmeldung mit 2. November 2016 angegeben. 13 Das Verwaltungsgericht war daher an die bestehende Eintragung im GISA gebunden. Eine Prüfung der bestehenden Eintragung und eine allfällige Löschung aus dem GISA stehen gemäß § 363 Abs. 4 GewO 1994 ausschließlich der Oberbehörde zu. 14 Auf die vom Verwaltungsgericht und von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage - nämlich, ob der "Betrieb einer Kryosauna im Wellnessbereich" eine der GewO 1994 unterliegende Tätigkeit sei - kommt es somit fallbezogen nicht an, zumal die Revision auch nicht bestreitet, dass die im gegenständlichen Betriebsanlagenverfahren angegebene gewerbliche Tätigkeit von der bestehenden Gewerbeberechtigung umfasst ist.
Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen auf Grund von Revisionen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht berufen (siehe VwGH 27.4.2018, Ra 2018/04/0091; 8.8.2018, Ra 2018/04/0128, jeweils mwN).
15 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. 16 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am 8. August 2019
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