Normen
AVG §68 Abs4 Z4;
AVG §68 Abs4;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art15 Abs3;
GewO 1994 §2 Abs1 Z22;
GewO 1994 §363 Abs1;
GewO 1994 §363 Abs4 idF 2015/I/018;
GewO 1994 §363 Abs4 Z2;
GewO 1994 §363 Abs4;
VwRallg;
AVG §68 Abs4 Z4;
AVG §68 Abs4;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art15 Abs3;
GewO 1994 §2 Abs1 Z22;
GewO 1994 §363 Abs1;
GewO 1994 §363 Abs4 idF 2015/I/018;
GewO 1994 §363 Abs4 Z2;
GewO 1994 §363 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (Verwaltungsgericht) wurde im Instanzenzug gemäß § 363 Abs. 4 GewO 1994 die Löschung des im Gewerberegister eingetragenen Gewerbes der Revisionswerberin mit dem Wortlaut "Vermittlung von Kunden an Buchmacher/Wettbüros unter Ausschluss der Tippannahme" in einem näher bezeichneten Standort in B verfügt und ausgesprochen, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
Die Löschung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das angemeldete Gewerbe nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) im Erkenntnis vom 2. Oktober 2013, B 1316/2012, nicht der GewO 1994 zu unterstellen sei. Im Zuge der durchgeführten Interessenabwägung kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass überwiegende öffentliche Interessen an einer Löschung der Gewerbeberechtigung bestünden und eine bei der Ermessensausübung zu berücksichtigende besondere Schutzwürdigkeit der Revisionswerberin nicht gegeben sei.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
3 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
4 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit zunächst vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil die Frage, welche Rechtslage bzw. welches Gesetz auf eine Rechtsbeziehung anzuwenden sei, nicht Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein könne. Auch wenn im Spruch des vom Verwaltungsgericht bestätigten Bescheides "festgestellt" wird, die Gewerbeordnung sei auf den Gegenstand der bestehenden Gewerbeberechtigung nicht anzuwenden, besteht der maßgebliche normative Gehalt der gegenständlichen, auf § 363 GewO 1994 in Verbindung mit § 68 Abs. 4 Z 4 AVG gestützten Entscheidung in der verfügten Löschung der Eintragung in das Gewerberegister. Das von der Revisionswerberin behauptete Abweichen liegt im vorliegenden Fall somit nicht vor.
5 Nach Ansicht der Revisionswerberin fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Bestimmung des § 363 Abs. 4 GewO 1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 18/2015, wonach die "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (...) in Ausübung des Aufsichtsrechtes mit Bescheid die Löschung einer Eintragung in das GISA verfügen" könne, eine taugliche Rechtsgrundlage für die Löschung einer Gewerbeberechtigung aus dem Gewerberegister darstelle. Soweit mit diesem Vorbringen auf das mit der Novelle BGBl. I Nr. 18/2015 eingeführte Gewerbeinformationssystem Austria - GISA (§ 365 GewO 1994) Bezug genommen wird, ist nicht ersichtlich, inwieweit die hier vom Gesetzgeber vorgenommene technische Systemumstellung zu einer materiellen Änderung des § 363 Abs. 4 GewO 1994 geführt haben soll, zumal auch in den Gesetzesmaterialien bloß von einer "redaktionellen Anpassung an den neuen Begriff" die Rede ist (vgl. ErlRV 323 BlgNR 25. GP 2). Erweist sich die gesetzliche Rechtslage als eindeutig, liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auch dann nicht vor, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 3. Juli 2015, Ra 2015/03/0041, mwN).
6 Die Revisionswerberin meint weiters, es sei durch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geklärt, ob ein Gewerbe mit dem Wortlaut "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" dann nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 falle, wenn Kunden auch zum Abschluss von Gesellschaftswetten (oder anderen Verträgen) zu Buchmachern oder Wettbüros vermittelt würden. Jene Gesellschaftswetten, deren "Anlass in die Bundeskompetenz" falle - wie die Wetten auf Nationalratswahlen - unterlägen auch bei allfälliger verfassungskonformer Interpretation des § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 der Gewerbeordnung. Mit hg. Erkenntnis vom 24. November 2014, 2013/04/0134, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Verweis auf die Rechtsprechung des VfGH im Erkenntnis vom 2. Oktober 2013, B 1316/2012, festgehalten, dass ein Gewerbe mit dem Wortlaut "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher) fällt und auf die damit erfassten Tätigkeiten die GewO 1994 nicht anzuwenden sei. Dabei stützte sich der Verwaltungsgerichtshof neben der vom VfGH im obzitierten Erkenntnis angeführten Begründung auf die vom VfGH vorgenommene kompetenzrechtliche Zuordnung des Tatbestandes "Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure" zur Zuständigkeit der Länder gemäß Art. 15 Abs. 3 B-VG sowie die zwischen der Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher und der Vermittlung von Wettkunden an diese bestehende untrennbare Verbindung. Damit ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt, dass ein Gewerbe mit dem Wortlaut "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Z 22 GewO 1994 fällt. Nachdem die Gewerbeberechtigung der Revisionswerberin ebenfalls diesen Wortlaut trägt und für den Umfang der Gewerbeberechtigung der Wortlaut entscheidend ist (vgl. § 29 GewO 1994), kommt der von der Revisionswerberin aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall keine Relevanz zu.
7 Die Revisionswerberin wendet sich schließlich gegen die Ermessensausübung des Verwaltungsgerichts. Dieses habe ein nicht existentes öffentliches Interesse an der Einhaltung der Kompetenzverteilung seiner Beurteilung zugrunde gelegt und die Einhaltung der Jugend- und Wettkundenbestimmungen als öffentliches Interesse an der Löschung aus dem Gewerberegister angenommen. Nachdem die Behörde über Jahre hinweg untätig geblieben sei, habe sich die Revisionswerberin nicht auf die Löschung einstellen können. Ebenso liege ein Eingriff in die Erwerbstätigkeit vor, weil in vielen Ländern die Vermittlung von Wettkunden von einer Bewilligung abhängig gemacht werde, deren Erlangung erfahrungsgemäß über mehrere Monate bzw. Jahre in Anspruch nehmen könne.
Wie die Revisionswerberin zutreffend ausführt, handelt es sich bei der Verfügung einer Löschung im Gewerberegister (bzw. nunmehr im GISA) nach § 363 Abs. 4 GewO 1994 um eine Ermessensentscheidung. Eine Verfügung der Löschung ist gemäß § 363 Abs. 4 Z 2 GewO 1994 nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Nichtigerklärung gemäß § 363 Abs. 1 leg. cit. gegeben sind. Die Nichtigerklärung nach § 363 Abs. 1 GewO 1994 bildet einen Fall der Nichtigkeit nach § 68 Abs. 4 Z 4 AVG, daher ist auch das Verfahren ein solches nach § 68 Abs. 4 AVG (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO3 (2011), Rz 1 zu § 363, mit Verweis auf die Materialien). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine Nichtigerklärung nach § 68 Abs. 4 AVG eine Ermessensentscheidung dar, die auch ausreichend zu begründen ist. Für eine Nichtigerklärung auf Grund ihres Charakters als Ermessensentscheidung reicht es daher nicht aus, dass die Tatbestandsmerkmale des § 68 Abs. 4 AVG erfüllt sind. Vielmehr hat die Behörde darüber hinaus im Zuge der Ermessensausübung die nachteiligen Wirkungen des Bescheides in Bezug auf das öffentliche Interesse, das durch die verletzte Norm geschützt ist, gegen allfällige Nachteile, welche die Nichtigerklärung des Bescheides für die rechtlichen Interessen des Betroffenen, der auf die Rechtssicherheit, das heißt auf den durch die Rechtskraft gesicherten Bestand des Bescheides vertraut, mit sich brächte, abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 2013, 2012/04/0146, mwN).
Dass das Verwaltungsgericht diese Abwägung im vorliegenden Fall nicht vertretbar im Sinn des Gesetzes vorgenommen hätte, vermag die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen.
8 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 23. November 2016
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