Normen
B-VG Art10 Abs1 Z8
B-VG Art15 Abs1, Abs3
B-VG Art83 Abs2
GewO 1994 §2 Abs1 Z22, §340 Abs3
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
AEUV Art18
B-VG Art10 Abs1 Z8
B-VG Art15 Abs1, Abs3
B-VG Art83 Abs2
GewO 1994 §2 Abs1 Z22, §340 Abs3
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
AEUV Art18
Spruch:
I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der aus Italien stammende und dort niedergelassene Beschwerdeführer meldete am 9. Jänner 2012 bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein gemäß §339 GewO 1994, BGBl 194/1994 idF BGBl I 85/2012, ein freies Gewerbe mit dem Wortlaut "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" für einen Standort in Kufstein an. Der Bezirkshauptmann von Kufstein wies mit Bescheid vom 20. Juni 2012 die Gewerbeanmeldung gemäß §340 Abs3 GewO 1994 als unzulässig zurück, da die Vermittlung von Wettkunden in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz der Länder falle.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde vom Landeshauptmann des Landes Tirol mit Bescheid vom 3. September 2012 als unbegründet abgewiesen. Begründend führte der Landeshauptmann des Landes Tirol aus, dass gemäß §2 Abs1 Z22 GewO 1994 die Bestimmungen der Gewerbeordnung auf die Vermittlung und den Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher) nicht anzuwenden seien. Die Gewerbeanmeldung der "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" sei als Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher zu verstehen. Der Tatbestand des §2 Abs1 Z22 GewO 1994 sei nach Ansicht der Behörde nicht restriktiv zu verstehen, da sich aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungstatbestände (Vermittlung von Wetten/Vermittlung von Wettkunden) ein zwingender rechtlicher Zusammenhang ergebe. Die Regelungen über die Vermittlung von Wettkunden unterlägen deshalb auch nicht der Bundeskompetenz und folglich nicht der Gewerbeordnung. Im Übrigen sei die Nähe zu den öffentlichen Schaustellungen und Belustigungen aller Art gemäß Art15 Abs3 B-VG augenscheinlich, deren Regelung in die Landeskompetenz falle. Diese Rechtsauffassung stehe auch im Einklang mit der Rechtsanschauung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, der in einem Schreiben vom 27. Jänner 2012, ZBMWFJ-30.553/0001-I/7/2012, allen Ämtern der Landesregierung die Rechtsauffassung mitgeteilt habe, dass die Vermittlung von Wettkunden in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz der Länder falle. Hinsichtlich der Behauptung des Beschwerdeführers, dass aufgrund der konstitutiven Wirkung der Gewerbeanmeldung auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellen sei, weshalb die Rechtsmeinung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 27. Jänner 2012 nicht zu berücksichtigen sei, sei entgegenzuhalten, dass der Landeshauptmann die vom Bundesminister vertretene Rechtsauffassung bereits im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung vertreten habe. Im Ergebnis unterliege die angemeldete Tätigkeit "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" nicht der Bundeskompetenz, sondern vielmehr der Kompetenz der Länder, weshalb die Gewerbeanmeldung von den Gewerbebehörden nicht zur Kenntnis genommen habe werden können.
2. In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen und auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG sowie in den durch die Grundrechte-Charta garantierten Rechten auf Berufsfreiheit gemäß Art15 GRC sowie auf unternehmerische Freiheit gemäß Art16 GRC verletzt zu sein. Der Beschwerdeführer begehrt deshalb die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Inhaltlich führt der Beschwerdeführer insbesondere aus, dass er nicht die durch §2 Abs1 Z22 GewO 1994 vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommene Tätigkeit als Gewerbe angemeldet habe, sondern jene der Wettkundenakquisition, das sei "die Vermittlung von Kunden für Totalisateure und Buchmacher". Es handle sich dabei um die Vermittlung eines Vertrags des Kunden, den der Kunde mit einem Totalisateur oder Buchmacher abschließe. Es handle sich deshalb um eine "Privatgeschäftsvermittlung", wie sie in Art10 Abs1 Z8 B-VG genannt sei. So habe das Hofkanzleidekret 1833 die Privatgeschäftsvermittlung und insbesondere auch den Zweig der Wettakquisition für Totalisateure und Buchmacher als einen besonderen konzessionierten Erwerb begründet. Durch die auf der Grundlage des Verwaltungsentlastungsgesetzes 1925 ergangenen Verordnungen sei die Privatgeschäftsvermittlung zunächst als konzessioniertes, dann als freies Gewerbe in die Gewerbeordnung eingeordnet worden. Es sei unerheblich, dass Art10 Abs1 Z8 B-VG neben den "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" sowie den "öffentlichen Agentien" auch die "Privatgeschäftsvermittlung" als Bundeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung nennen würde. Der Gewerbeordnung als Bundesgesetz stehe es nämlich frei, in den Gewerbebegriff auch solche Materien einzubeziehen, die kompetenzrechtlich nicht auf den "Angelegenheiten des Gewerbes", sondern auf anderen, dem Bund zugewiesenen Kompetenztatbeständen beruhten. Die Zurückweisung der Gewerbeanmeldung mit der Begründung des Vorliegens der Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen der Zuordnung der "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" zur Landeskompetenz gemäß Art15 B-VG sei deshalb denkunmöglich gewesen und die belangte Behörde habe die Grundsätze der verfassungskonformen Interpretation missachtet. Da dem Beschwerdeführer als italienischem Staatsbürger dadurch berufliche Tätigkeiten in Österreich verweigert würden, sei er in seinem Recht auf Berufsfreiheit gemäß Art15 GRC und auf unternehmerische Freiheit gemäß Art16 GRC beeinträchtigt.
3. Der Landeshauptmann des Landes Tirol als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der den Behauptungen des Beschwerdeführers wie folgt entgegengetreten wird:
3.1. Die Regelung der Tätigkeit der "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" durch Landesgesetz sei kompetenzrechtlich geboten. In kompetenzwidriger Weise sei diese Tätigkeit über einen begrenzten Zeitraum hinweg als freies Gewerbe zugelassen worden. Es habe sich in der Verwaltungspraxis jedoch schnell gezeigt, dass diese Tätigkeit tatsächlich über das zulässige Maß ausgeübt worden sei und es daher faktisch zu einer Ungleichbehandlung zweier tatsächlich zumindest teilweise gleicher Sachverhalte gekommen sei. Da es sowohl im Rahmen der Tätigkeit eines Totalisateurs als auch jener des Wettkundenvermittlers zu einem Vertragsabschluss mit einem Buchmacher komme und der Vermittler dafür eine Provision vom Buchmacher als Veranstalter erhalte, handle es sich um zwei ähnliche Tätigkeiten. Für die Tätigkeit der Kundenvermittlung habe es bisher keine Regeln oder Schutzbestimmungen bezüglich der speziellen Gefahren des Glücksspielbereiches, der Werbemethoden oder zum Schutz von Kunden (auch Spielsüchtigen) sowie Kindern und Jugendlichen gegeben. Tätigkeiten, die sich teilweise überschneiden würden oder gleich seien, unterschiedlich zu behandeln, führe im Ergebnis zu einer Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte.
3.2. Eine Zuordnung der Vermittlung von Wettkunden zu Buchmachern und Wettbüros zur Privatgeschäftsvermittlung des Art10 Abs1 Z8 B-VG käme nicht in Frage. Zum einen seien die Tätigkeiten der Vermittlung und des Abschlusses von Sportwetten durch Gesetz ausdrücklich geregelt. Außerdem stelle die Privatgeschäftsvermittlung keinen Auffangtatbestand dar. Dieses Recht komme vor dem Hintergrund der föderalistischen Auslegungsmaxime der Kompetenzbestimmungen ausschließlich den Ländern auf Grundlage des Art15 Abs1 B-VG zu. Würde man diese Tätigkeit dem Bund gemäß Art10 B-VG zuordnen, dann unterläge sie der Gewerbeordnung. Es sei unsystematisch und "fremd", diese Tätigkeit, die der Gewerbeordnung von der Systematik entsprechen würde, der Privatgeschäftsvermittlung zu unterstellen. Deshalb sei diese Tätigkeit mit §2 Abs1 Z22 GewO 1994 auch explizit vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen worden. Außerdem richte sich die Kompetenz nach Hauptmaterien und nicht nach einzelnen Tätigkeiten.
3.3. Die Zuständigkeit der Länder zur Regelung der Vermittlung von Wettkunden zu Buchmachern und Wettbüros ergebe sich aus Art15 Abs1 B-VG. Sportwetten seien nur auf Grundlage sportlicher Veranstaltungen möglich. Das Veranstaltungswesen sei seit jeher dem Kompetenzbereich der Länder zuzuordnen gewesen, weshalb es in der Folge "systematisch" sei, den Ländern auch die Nebenrechte daran einzuräumen, nämlich das Wettwesen auf Grund sportlicher Veranstaltungen, soweit es nicht dem Kompetenztatbestand des Monopolwesens zugeordnet worden sei. Die Vermittlung von Wettkunden stelle außerdem eine an die Öffentlichkeit gerichtete Belustigung iSd Art15 Abs3 B-VG dar, weil der Vermittler von Wettkunden eine möglichst große Gruppe von Wetteilnehmern ansprechen wolle. Schließlich sei die Tätigkeit der Vermittlung von Wettkunden jener des Buchmachers oder Totalisateurs vorgeschaltet, was im Ergebnis dazu führe, dass die Buchmacher- oder Totalisateurstätigkeit bisher faktisch ohne Bewilligung ausgeübt habe werden können. Die wettenrechtlichen Vorschriften seien damit unterwandert worden. Es entspreche durchaus einer intrasystematischen Weiterentwicklung des Kompetenztatbestandes, dass er die Ermächtigung dazu gebe, auch für sich neu entwickelnde Tätigkeitsformen entsprechende Regelungen vorzusehen.
3.4. Zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG sowie in den durch die Grundrechte-Charta garantierten Rechten auf Berufsfreiheit gemäß Art15 GRC sowie auf unternehmerische Freiheit gemäß Art16 GRC führt der Landeshauptmann aus, dass es sich im vorliegenden Fall um eine subjektive Zugangsbeschränkung handle. Der Beschwerdeführer könne jedoch die von ihm angestrebte Tätigkeit unter den Voraussetzungen, welche das Tiroler Buchmacher- und Totalisateurgesetz, LGBl 58/2002 idF LGBl 110/2011, vorsehe, ausüben. Ihm werde lediglich mangels Zuständigkeit die Anmeldung eines freien Gewerbes nach der GewO 1994 für diese Tätigkeit verweigert. Darüber sei der Beschwerdeführer auch von der Erstbehörde informiert worden und hätte seinen Antrag bei der zuständigen Behörde, der Tiroler Landesregierung, im Sinne des §12 Abs1 des Tiroler Buchmacher und Totalisateurgesetzes einbringen können.
3.5. Die belangte Behörde habe dem Gesetz auch keinen denkunmöglichen Inhalt unterstellt. Der "Eingriff" der belangten Behörde durch Ausspruch ihrer Unzuständigkeit und durch Zurückweisung der Gewerbeanmeldung sei im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung rechtmäßig gewesen. Es liege im öffentlichen Interesse, dass solch sensible Materien nur durch zuverlässige und verantwortungsbewusste Personen ausgeübt werden dürften, die die Einhaltung von Schutzbestimmungen und qualitätssichernden Maßnahmen garantieren würden. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Antrittsvoraussetzungen sei ebenfalls gegeben, da dem Glücksspiel großes Suchtpotential innewohne. Dies führe auch zur Verhältnismäßigkeit der Regelung und dazu, dass Pflichten und klare Vorgaben für die in diesem Bereich Erwerbstätigen notwendig seien, was wiederum den fairen Wettbewerb fördere.
II. Rechtslage
Die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194/1994 idF BGBl I 85/2012, lauten wie folgt:
"I. Hauptstück
Allgemeine Bestimmungen
1. Geltungsbereich
§1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.
(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.
(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.
(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.
(5) Die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, liegt auch dann vor, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.
(6) […]
§2. (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:
[1. -21. …]
22. die Vermittlung und den Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher);
23. […]
24. den Betrieb der dem Bund zustehenden Monopole und Regalien sowie die Erzeugung von Blatternimpfstoff;
25. […]
[(2) -(16) …]
[…]
2. Einteilung der Gewerbe
§5. (1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§339) ausgeübt werden.
(2) Tätigkeiten im Sinne des §1 Abs1, die nicht als reglementierte Gewerbe (§94) oder Teilgewerbe (§31) ausdrücklich angeführt sind, sind freie Gewerbe. Unbeschadet allfälliger Ausübungsvorschriften ist für diese kein Befähigungsnachweis zu erbringen."
III. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
2. Bedenken gegen die dem Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften wurden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof – aus Sicht des Beschwerdefalls – auch nicht entstanden:
Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 1477/1932 zu den Angelegenheiten des "Totalisateur- und Buchmacherwesens" folgende Feststellungen getroffen:
"Was nun im besonderen das Totalisateur- und Buchmacherwesen anlangt, so hat es nach dem Gegenstande seines Betriebes die größte Ähnlichkeit gerade mit dem im Artikel V, lito, des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung von deren Anwendbarkeit ausgenommenen Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art. Um so mehr ist es nach dem Gesagten am Platze, ihm auch in der Kompetenzfrage die gleiche Behandlung angedeihen zu lassen. In diesem Sinne gilt daher das Gesetz vom 28. Juli 1919, St. G. Bl. Nr 388 – soweit es nicht abgabenrechtliche Vorschriften enthält –, gemäß §4 Ü. G. seit 1. Oktober 1925 als ein Landesgesetz im Sinne des Artikels 15, Absatz 1 B.-V. G. fort."
In diesem Sinne bestehen gegen die Bestimmung des §2 Abs1 Z22 GewO 1994, welche die Vermittlung und den Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher) vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausnimmt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
3. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG, da die Bescheid erlassende Bundesbehörde durch Zurückweisung seiner Gewerbeanmeldung eine Zuständigkeit verweigert habe, die ihr nach der Gewerbeordnung zukomme.
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
3.1. Der Beschwerdeführer begründet die behauptete Verletzung damit, dass die Gewerbebehörde in unrechtmäßiger Weise ihre Zuständigkeit verneint habe, indem sie festgestellt habe, dass die "Vermittlung von Wettkunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" unter den Ausnahmetatbestand des §2 Abs1 Z22 GewO 1994 falle und deshalb nicht vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung erfasst sei. Es ist deshalb vom Verfassungsgerichtshof zu prüfen, ob die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zu Unrecht abgelehnt hat.
3.2. Die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure ist eine der Tätigkeit der Buchmacher und Totalisateure vorgeschaltete Tätigkeit (vgl. auch Stolzlechner, Überlegungen zur kompetenzrechtlichen Abgrenzung von Gewerberecht, "öffentliche Agentien und Privatgeschäftsvermittlungen" sowie Wettenrecht, FS Berka [2013] 627-645 [630]; Stolzlechner, Zur kompetenzrechtlichen Einordnung der selbständigen Tätigkeit der Vermittlung von Wettkunden bzw des Abschlusses von Wettverträgen. Gutachten erstellt im Auftrag des Österreichischen Buchmacherverbandes [2012] 3).
Sie erfolgt mittlerweile vielfach über Wettterminals und das Internet. Der Wettkundenvermittler schließt dabei nicht unmittelbar eine Wette ab oder vermittelt eine solche, sondern vermittelt vielmehr den Wettkunden an den Buchmacher oder den Totalisateur. Der Vermittler nimmt im Namen des Buchmachers oder Totalisateurs die Wetteinsätze ein und zahlt einen allfälligen Gewinn in dessen Namen auch wieder aus.
3.3. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 1477/1932 festgestellt, dass die Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fällt, sondern gemäß Art15 Abs1 B-VG der Landeskompetenz zuzuordnen ist (vgl. oben 2.; vgl. auch VfSlg 14.715/1996).
Der Verfassungsgerichtshof führte im Erkenntnis VfSlg 1477/1932 aus, dass der Begriff "Gewerbe" nicht ausnahmslos jede selbständige und dauernde, im Interesse eines Erwerbes geübte, also auf Gewinn berechnete Tätigkeit erfasst, da die Kompetenzbestimmungen des Art10 B-VG eine ganze Reihe solcher Erwerbsbetätigungen aufzählt. Daraus hat der Verfassungsgerichtshof abgeleitet, dass "das Bundes-Verfassungsgesetz dem Begriff 'Gewerbe' im Sinne des Artikels 10, Absatz 1, Z8, im wesentlichen den in der österreichischen Rechtsordnung ausgebildeten Gewerbebegriff beilegen wollte". Die Sonderbestimmungen decken sich im weitgehenden Maße auch mit den Ausnahmebestimmungen des ArtV des Kundmachungspatentes zur österreichischen Gewerbeordnung (RGBl. 227/1859). Erwerbsbetätigungen, "die ihrem Gegenstande nach, nach dem Sachgebiete, auf dem sie ausgeübt werden, in die Regelung durch gewerberechtliche Vorschriften nicht einbezogen wurden", fallen nicht unter Art10 Abs1 Z8 B‑VG.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes geht aus Art15 B-VG hervor, dass die Bundesverfassung die "Angelegenheiten des Theater- und Kinowesens sowie der öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen" dem Art15 Abs1 B-VG zuordnet (vgl. Art15 Abs3 B-VG) und somit nicht als Gewerbe nach Art10 Abs1 Z8 B-VG ansieht, wenngleich diese Angelegenheiten besonders weitgehende Berührungspunkte mit den der Gewerbeordnung unterliegenden Betätigungen aufweisen. Daraus folgerte der Verfassungsgerichtshof weiters, dass die Betätigungen, die zur Zeit des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenzbestimmungen des B-VG (1. Oktober 1925) nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften nicht als Gewerbe anzusehen gewesen sind, die aber andererseits nicht einer der anderen, im Art10 B-VG bezeichneten Materien untergeordnet werden können, nach Art15 Abs1 B-VG zu beurteilen sind. Das "Totalisateur- und Buchmacherwesen" weist mit den in ArtV lito des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung 1859 aufgezählten und von der Gewerbeordnung ausgenommenen Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen die "größte Ähnlichkeit" auf.
3.4. Die Regelung der Tätigkeit der "Buchmacher und Totalisateure" fällt sohin nicht unter den Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z8 B-VG "Gewerbe und Industrie", sondern verbleibt gemäß Art15 Abs1 B-VG in der Zuständigkeit der Länder. Die einfachgesetzliche Ausnahme in §2 Abs1 Z22 GewO 1994 entspricht der Verfassungsrechtslage.
3.5. Es ist jedoch nicht nur die Tätigkeit eines Buchmachers oder Totalisateurs und die damit im Zusammenhang stehende Vermittlung von Wetten der Landeskompetenz zuzuordnen, sondern auch die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure. Denn auch die letztgenannte Tätigkeit ist im Rahmen eines einheitlichen Lebenssachverhalts der Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher vorgeschaltet und in diesem Sinne untrennbar mit einer Veranstaltung im Sinne der von der Gewerbeordnung ausgenommenen Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art (Art15 Abs3 B-VG) verbunden. Der Behauptung des Beschwerdeführers, dass die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Wettbüros dem Kompetenztatbestand der "öffentlichen Agentien und Privatgeschäftsvermittlung" des Art10 Abs1 Z8 B-VG zuzuordnen wäre, ist Folgendes entgegenzuhalten:
Der Kompetenztatbestand der "öffentlichen Agentien und Privatgeschäftsvermittlung" des Art10 Abs1 Z8 B-VG erfasst verschiedenartige Erwerbstätigkeiten, deren gemeinsames Merkmal "in einer Vermittlung von Geschäften oder in einer bevollmächtigten Geschäftstätigkeit für andere besteht" (Mischler/Ulbrich, Österreichisches Staatswörterbuch I2 [1905] 32), und auch "Einrichtungen, die gewerbsmäßig Geschäfte für andere führen, die nicht durch Gesetz ausdrücklich anderen Personen vorbehalten sind" (Mayer, B-VG4 [2007] Art10 B-VG, 41). Eine sachliche Eingrenzung des Kompetenztatbestandes auf bestimmte Privatgeschäfte kann aus ihm nicht abgeleitet werden. Grundsätzlich kann deshalb jede Art der selbständigen Vermittlung von privaten Rechtsgeschäften vom Kompetenztatbestand der "öffentlichen Agentien und Privatgeschäftsvermittlung" erfasst sein.
Der Verfassungsgerichtshof nannte bereits im Erkenntnis VfSlg 1477/1932 die Tätigkeit der "Führung von öffentlichen Agentien und Privatgeschäftsvermittlungen" des Art10 Abs1 Z8 B-VG als Beispiel für Erwerbsbetätigungen, die zwar in Art10 B-VG genannt werden, die jedoch nicht als Gewerbe, sondern als von der gewerberechtlichen Regelung ausgenommene Erwerbszweige anzusehen sind. Denn bereits ArtV litf des Kundmachungspatents zur Gewerbeordnung 1859 sah vor, dass "alle Unternehmungen von Privatgeschäftsvermittlung in anderen als Handelsgeschäften" von der Gewerbeordnung ausgenommen sein sollten.
Es handelt sich bei diesem Kompetenztatbestand allerdings nicht um einen Auffangtatbestand im Rahmen der Bundeskompetenz. Der bloße Umstand, dass eine Tätigkeit (auch) durch eine Vermittlungstätigkeit charakterisiert wird, führt nicht dazu, dass diese dem Kompetenztatbestand "öffentliche Agentien und Privatgeschäftsvermittlung" des Art10 Abs1 Z8 B-VG zuzuordnen wäre. So kennzeichnet sich beispielsweise die Tätigkeit der Totalisateure, die nach der Rechtsprechung explizit der Kompetenz der Länder nach Art15 Abs1 B-VG zugeordnet wird (VfSlg 1477/1932; siehe oben 3.3.), ebenfalls durch eine Vermittlungstätigkeit, nämlich durch die Vermittlung von Wetten. Dementsprechend kann die Vermittlungstätigkeit kein systematisch entscheidendes Abgrenzungskriterium zu anderen Kompetenztatbeständen wie beispielsweise zur Privatgeschäftsvermittlung darstellen.
Es ist ungeachtet des selbständigen Kompetenztatbestandes daher nicht zwingend, dass Regelungen über die selbständige Tätigkeit der Vermittlung von Privatgeschäften kompetenzrechtlich anders als das Hauptgeschäft einzuordnen sind.
3.6. Im Hinblick auf die Tätigkeit der Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure bedeutet dies, dass die Tätigkeit des Wettkundenvermittlers mit dem Berufsbild der Buchmacher und Totalisateure vergleichbar ist. Beide Berufsgruppen bedienen sich auf Grund neuerer technischer Entwicklungen zu ihrer Tätigkeit vielfach eines Wettterminals oder des Internets. Der Wettkundenvermittler verfolgt unter anderem das Ziel, dass der von ihm vermittelte Wettkunde eine Wette abschließt, um die dafür vereinbarte Vermittlungsgebühr zu erhalten. Da die Tätigkeit des Vermittlers von Wettkunden jener des Buchmachers und Totalisateurs dergestalt vorgeschaltet ist, besteht ein enger, ja untrennbarer systematischer Zusammenhang zwischen diesen Tätigkeiten. Es besteht deshalb nicht nur für die Tätigkeit der Buchmacher und Totalisateure, sondern auch in Bezug auf die Vermittlung von Wettkunden die "größte Ähnlichkeit" zu den von der Gewerbeordnung ausgenommenen Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen (iSd Erkenntnisses VfSlg 1477/1932).
3.7. Die belangte Behörde hat daher entgegen der Behauptung in der Beschwerde ihre Unzuständigkeit zur Gewerbeanmeldung des freien Gewerbes "Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" zu Recht erklärt. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG ist somit nicht verletzt worden.
4. Der Beschwerdeführer behauptet, in seinem Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art6 StGG verletzt zu sein.
4.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ist seinem Wortlaut nach Personen vorbehalten, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Allerdings findet der Staatsbürgervorbehalt im Anwendungsbereich des Unionsrechts keine Anwendung: Das Verbot der Diskriminierung von Unionsbürgern aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art18 AEUV) verlangt, dass im Anwendungsbereich des Unionsrechts Unionsbürger gegenüber Staatsbürgern nicht schlechter gestellt werden dürfen. Eine von einem Unionsbürger erhobene Beschwerde nach Art144 B-VG darf nicht wegen der fehlende Staatsangehörigkeit ab- oder zurückgewiesen werden. Somit ist im Anwendungsbereich des Unionsrechts im Ergebnis von einer Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereiches der Freiheit der Erwerbsbetätigung auf Unionsbürger auszugehen (vgl. VfSlg 19.077/2010).
4.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch einen Bescheid verletzt, wenn dieser einem Staatsbürger oder einem Bürger eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union (Unionsbürger) den Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt, ohne dass ein Gesetz die Behörde zu einem solchen die Erwerbstätigkeit einschränkenden Bescheid ermächtigt, oder wenn die Rechtsvorschrift, auf die sich der Bescheid stützt, verfassungswidrig oder gesetzwidrig ist, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides ein verfassungsmäßiges Gesetz oder eine gesetzmäßige Verordnung in denkunmöglicher Weise angewendet hat (zB VfSlg 10.413/1985, 14.470/1997, 15.449/1999, 17.980/2006).
4.3. Auch dahingehend ist der belangten Behörde kein Vorwurf zu machen (siehe oben 3.). Der Beschwerdeführer kann die Tätigkeit der "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" zwar nicht im Rahmen eines freien Gewerbes nach den Regelungen der GewO 1994 erbringen, es steht ihm jedoch offen, seine Tätigkeit im Rahmen landesgesetzlicher Vorschriften auszuüben. Der Zugang zur Tätigkeit wird dem Beschwerdeführer dementsprechend durch den angefochtenen Bescheid nicht verwehrt, sodass nicht einmal ein Eingriff in das genannte verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht stattgefunden hat.
5. Der Beschwerdeführer behauptet weiters eine Verletzung in den durch die Grundrechte-Charta garantierten Rechten auf Berufsfreiheit gemäß Art15 GRC und auf unternehmerische Freiheit gemäß Art16 GRC. Selbst unter der Annahme der Anwendbarkeit der Grundrechte-Charta kommt eine solche Verletzung mangels Eingriffs in eines der Rechte nicht in Betracht (siehe oben 4.3.).
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B‑VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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