Normen
AVG §52;
B-VG Art133 Abs4;
FSG 1997 §3;
FSG 1997 §8 Abs2;
FSG 1997 §8;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in Höhe von Euro 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Dem Mitbeteiligten war in den Jahren 2008 und 2010 - jeweils wegen Lenkens eines Kraftfahrzeugs in einem von Suchtgift beeinträchtigten Zustand - die Lenkberechtigung entzogen worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2011 wurde ihm danach eine durch Befristung bis 4. November 2012 und durch näher genannte Auflagen (Vornahme vierteljährlicher ärztlicher Kontrolluntersuchungen; Besuch einer Drogenberatungsstelle) eingeschränkte Lenkberechtigung erteilt. Mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 20. November 2012 wurde ihm neuerlich eine durch Befristung (bis 19. November 2014) und Auflagen (u.a. Beibringung der Ergebnisse von vier ärztlichen Kontrolluntersuchungen durch Harnbefunde auf Suchtmittel nach telefonischer Aufforderung) eingeschränkte Lenkberechtigung erteilt.
2 Am 24. November 2014, also nach Ablauf der bis 19. November 2014 reichenden Befristung, stellte der Mitbeteiligte einen Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung und unterzog sich gleichzeitig einer amtsärztlichen Untersuchung; dabei unterblieb die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung, weil der Mitbeteiligte die Beibringung einer vom Amtsarzt für erforderlich erachteten "Haaranalyse auf Drogenmetabolite" ablehnte.
3 In der Folge wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. März 2015 den vom Mitbeteiligten gestellten Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 FSG ab.
4 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Einvernahme des Mitbeteiligten und der als sachverständige Auskunftspersonen Geladenen (Amtsarzt und vom Mitbeteiligten beigezogener Allgemeinmediziner) - der vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde Folge, gab seinem Antrag vom 24. November 2014 statt und erteilte ihm die Lenkberechtigung uneingeschränkt.
5 Dem legte das Verwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - Folgendes zugrunde:
6 Der Mitbeteiligte sei seit zumindest fünf Jahren abstinent (zu den zweimaligen Fahrten unter Suchtgifteinfluss sei es jeweils wegen eines Todesfalls in der Familie gekommen). Er habe die mit Bescheid vom 21. November 2011 erteilten Auflagen vollinhaltlich eingehalten. Nach Erlassung des Bescheids vom 20. November 2012 habe er am 6. März 2013 einen unbedenklichen Harnbefund vorgelegt; von zwei weiteren Versuchen der belangten Behörde, ihn telefonisch zwecks Abgabe weiterer Harnbefunde zu erreichen, habe er keine Kenntnis erlangt.
7 Mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 13. August 2010 sei der Mitbeteiligte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt worden, die ihm nach Gewährung von Strafaufschub und erfolgreicher Absolvierung einer Therapie mit Beschluss vom 20. September 2011 gemäß § 40 SMG unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Dabei seien ihm zudem die Weisungen erteilt worden, kein Suchtgift zu konsumieren, in zweimonatlichen Abständen Urinproben bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde abzugeben, eine ambulante Nachbetreuung durch eine Drogenberatungseinrichtung in Anspruch zu nehmen und vierteljährlich entsprechende Bestätigungen beizubringen. Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 6. März 2014 seien die (bereits zuvor modifizierten) Weisungen aufgehoben worden, weil der Mitbeteiligte nachweislich einer geregelten Beschäftigung nachgehe, von einem stabilen Privat- und Familienleben auszugehen sei, er sich über einen langen Zeitraum bewährt habe und bei Gericht einen äußerst positiven Eindruck hinterlassen habe. Die Aufrechterhaltung der erteilten Weisungen sei daher aus spezialpräventiven Gründen nicht mehr zweckmäßig und notwendig gewesen.
8 Insgesamt bestünden nach Auffassung des Verwaltungsgerichts somit keine sachlich begründeten Zweifel am Fortbestand der gesundheitlichen Eignung des Mitbeteiligten.
9 In seiner Beweiswürdigung stützte sich das Verwaltungsgericht im Wesentlichen - neben den genannten Entscheidungen des Landesgerichts Wels - auf die als glaubwürdig erachtete Aussage des Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhalt mit der von ihm vorgelegten Stellungnahme des von ihm beigezogenen - gemäß § 34 FSG als sachverständiger Arzt bestellten - Allgemeinmediziners. Der Mitbeteiligte habe nicht nur erfolgreich ein Entzugsprogramm absolviert und eine zumindest fünfjährige Drogenabstinenz eingehalten, sondern auch mehrere negative Harnbefunde (zuletzt auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) vorgelegt und zudem über mehr als fünf Jahre hindurch unauffällig am Verkehr teilgenommen. Vor diesem Hintergrund sei das Verlangen des Amtsarztes nach der Beibringung einer Haaranalyse überschießend.
10 Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass "eine gesicherte höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der alternativlosen Anordnung einer Haaranalyse zum Abstinenznachweis noch nicht vorliegt". Da "derartige Anordnungen im Rahmen der Mitwirkungspflicht auch die Verpflichtung der Betroffenen, sich die Haare in einer entsprechenden Länge wachsen zu lassen, massiv in die Rechtsposition" eingriffen, stelle sich auch die Frage der Verhältnismäßigkeit dieser Art eines Abstinenznachweises. Im Revisionsfall sei das Verwaltungsgericht davon überzeugt, dass dem Mitbeteiligten der Abstinenznachweis hinreichend gelungen sei. Zur Vermeidung einer Rechtsverweigerung sei im Rahmen der Würdigung der ärztlichen Gutachten entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 FSG die gesundheitliche Eignung als gegeben zu erachten gewesen. Mit Blick auf die seitens von Amtsärzten "vermehrt eingeforderten Haaranalysen in Führerscheinverfahren" habe diese Praxis eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Zudem sei "auch die Frage nach der am Sachlichkeitsgebot orientierten verfassungskonformen Gesetzesvollziehung durch die höchstgerichtliche Judikatur sicherzustellen" und die Frage zu klären, ob "eine rechtswidrige Gutachtensverweigerung der Behörde" das Verwaltungsgericht zu einer Sachentscheidung legitimiere.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vom Verwaltungsgericht zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte ordentliche Revision. Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurück- in eventu Abweisung der Revision erstattet.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluss vom 8. September 2016, Zl. Ro 2015/11/0016, mwN).
16 Die vorliegende Revision verweist zur Begründung ihrer Zulässigkeit allein auf die - oben dargestellte - Begründung des Verwaltungsgerichts.
17 Diese zeigt aber nicht auf, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision (nur dann aber wäre die Revision gegebenenfalls zulässig, weil der Verwaltungsgerichtshof für die Lösung abstrakter Rechtsfragen auf Grund einer Revision nicht zuständig ist; vgl. die hg. Beschlüsse vom 12. August 2014, Zl. Ra 2014/06/0015, und vom 22. Juli 2014, Zl. Ro 2014/04/0055) eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten hätte:
18 Das monierte Fehlen einer "gesicherten höchstgerichtlichen Judikatur zur Frage der alternativlosen Anordnung einer Haaranalyse zum Abstinenznachweis" begründet schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil es sich dabei um eine Frage der Beweiswürdigung handelt, somit um eine solche, der regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt (vgl. die hg. Beschlüsse vom 16. Juni 2014, Zl. Ro 2014/11/0069, und vom 25. November 2015, Zl. Ra 2015/11/0095). Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass dem Mitbeteiligten der Abstinenznachweis gelungen sei (er habe eine zumindest fünfjährige Drogenabstinenz eingehalten) und seine gesundheitliche Eignung gegeben sei. Eine Unschlüssigkeit der diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung wird von der Revision nicht aufgezeigt. Ob für die Feststellung der gesundheitlichen Eignung "besondere Befunde" iSd § 8 Abs. 2 FSG "erforderlich" sind (diesfalls wäre das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen), obliegt nicht der Beurteilung des Amtsarztes, sondern derjenigen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2016, Zl. Ra 2014/11/0087, mwN); das Fehlen eines amtsärztlichen Gutachtens steht einer vom Verwaltungsgericht zu treffenden Sachentscheidung daher nicht grundsätzlich entgegen. Schließlich wird auch mit dem Vorbringen, es würden von Amtsärzten vermehrt Haaranalysen gefordert, nicht dargetan, dass im Revisionsfall die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. Februar 2017, Zl. Ra 2016/11/0185, mwN).
19 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher zurückzuweisen.
20 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 21. April 2017
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)