VwGH Ro 2016/06/0013

VwGHRo 2016/06/001329.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. H D, 2. E G, 3. F G, 4. E H, 5. I H, 6. H S, 7. F S, 8. J S, 9. E S und 10. F S, alle in M, alle vertreten durch Dr. Franz Riess, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Friedrich-Thurner-Straße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2015, Zl. W225 2016189- 1/3E, betreffend Antrag auf Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abteilung Geoinformation und Liegenschaft, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oö. Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
B-VG Art133 Abs4;
UVPG 2000 §3 Abs7 idF 2013/I/095;
UVPG 2000 §3 Abs7a idF 2013/I/095;
UVPG 2000 §3 Abs7a idF 2016/I/004;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Oktober 2014 wurde der von den revisionswerbenden Parteien nach § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) gestellte Antrag auf Feststellung, dass für das näher bezeichnete Vorhaben des Landes Oberösterreich "Umfahrung M-M, Abschnitt 1 - M" ein Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei, als unzulässig zurückgewiesen.

2 Die gegen diesen Bescheid von den revisionswerbenden Parteien (Nachbarn des genannten Vorhabens) erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 26. März 2015 als unbegründet abgewiesen.

3 Das BVwG erklärt die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig und führte dazu begründend aus, die Frage, ob Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren nach der nationalen Rechtslage Parteistellung hätten oder gar antragslegitimiert seien, sei auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 und der (bisherigen) ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verneinen. Auf Grund der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 2013, 2012/04/0040, dem EuGH vorgelegten Frage zur Vorabentscheidung betreffend die Unionsrechtswidrigkeit der Bindungswirkung eines negativen UVP-Feststellungsbescheides gegenüber Nachbarn sowie des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 2014, 2010/05/0173, betreffend die Aussetzung eines Verfahrens über einen negativen UVP-Feststellungsbescheid sei nach Ansicht des BVwG aber in Zweifel gezogen, ob der Verwaltungsgerichtshof seine bisherige Judikaturlinie fortführen werde. Somit könne vom Vorliegen einer eindeutigen Rechtsprechung nicht mehr ausgegangen werden, weshalb die Revision zuzulassen sei.

4 Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 29. Februar 2016, E 993/2015-12, die Behandlung der von den revisionswerbenden Parteien gegen das Erkenntnis des BVwG vom 26. März 2015 erhobenen Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

5 Gegen das Erkenntnis des BVwG vom 26. März 2015 richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Zu ihrer Zulässigkeit wird darin auf die Ausführungen "der belangten Behörde" (gemeint wohl: des BVwG), die die Revision für zulässig erklärt habe, verwiesen. Ferner wird in der Revision - soweit für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung - im Wesentlichen vorgebracht, die Argumentation "der belangten Behörde", es reiche, wenn die rechtlichen Interessen der revisionswerbenden Parteien auch nur in nachgelagerten Verfahren geprüft würden, sei nicht zutreffend. Die Umsetzung der UVP-Richtlinie in österreichisches Recht entspreche, insbesondere in Bezug auf die Parteienrechte der Nachbarn, nicht den europarechtlichen Vorgaben.

6 Die belangte Behörde beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

7 Entgegen dem Zulässigkeitsausspruch des BVwG und dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision liegen die Voraussetzungen für eine zulässige Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im gegenständlichen Fall nicht vor.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

11 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender (bzw. hier vom BVwG angenommener "nicht eindeutiger") Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. den hg. Beschluss vom 30. August 2016, Ro 2015/06/0015, mwN).

12 Die hier strittige Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt. Nach der hg. Judikatur ergibt sich aus § 3 Abs. 7 und 7a UVP-G 2000 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 95/2013, dass Nachbarn im Feststellungsverfahren weder ein Antragsrecht noch Parteistellung noch ein Beschwerderecht eingeräumt wird. Die Möglichkeit, die UVP-Feststellungsentscheidung im Rahmen eines gegen einen späteren Genehmigungsbescheid eingelegten Rechtsbehelfs anzufechten, stellt einen ungleich geringeren Eingriff in die innerstaatliche Rechtsordnung dar (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 5. November 2015, Ro 2014/06/0078, und vom 18. Mai 2016, Ro 2015/04/0026, sowie den hg. Beschluss vom 4. Juli 2016, Ro 2016/04/0004).

13 Angemerkt wird, dass auch gemäß § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 in der inzwischen geänderten Fassung BGBl. I Nr. 4/2016, mit dem den Nachbarn nunmehr das Recht eingeräumt wird, gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, den Nachbarn ein Antragsrecht auf Durchführung eines UVP-Feststellungsverfahrens nicht zuerkannt wurde (vgl. den hg. Beschluss vom 12. September 2016, Ra 2016/04/0066).

14 Von der Möglichkeit, die behauptete UVP-Pflicht des in Rede stehenden Vorhabens im Rahmen eines gegen einen späteren Genehmigungsbescheid eingelegten Rechtsbehelfs geltend zu machen, haben die revisionswerbenden Parteien im Rahmen des straßenrechtlichen Bewilligungsverfahrens Gebrauch gemacht (vgl. dazu den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2016/06/0068).

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

16 Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Anregung der revisionswerbenden Parteien auf ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Frage der Auslegung des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten.

17 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 18 Abs. 2 Z 1 VwGG Abstand genommen werden.

19 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das auf den Vorlageaufwand gerichtete Mehrbegehren der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht war abzuweisen, weil ein Vorlageaufwand im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Wien, am 29. November 2016

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