VwGH Ro 2015/12/0006

VwGHRo 2015/12/000627.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der Tiroler Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 7. Jänner 2015, Zl. LVwG- 2014/37/1900-7, betreffend Versagung der Dienstbefreiung für einen Kuraufenthalt, Feststellung der ungerechtfertigten und unentschuldigten Abwesenheit vom Dienst und Einstellung der Bezüge (mitbeteiligte Partei: H M in B, vertreten durch Dr. Andreas Widschwenter, Rechtsanwalt in 6300 Wörgl, Salzburger Straße 1; vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BDG 1979 §64;
BDG 1979 §74;
BDG 1979 §79 Abs1;
BDG 1979 §79 Abs2;
BDG 1979 §79 Abs5;
LBG Tir 1998 §2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
BDG 1979 §64;
BDG 1979 §74;
BDG 1979 §79 Abs1;
BDG 1979 §79 Abs2;
BDG 1979 §79 Abs5;
LBG Tir 1998 §2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligte steht als Fachoberinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol.

Am 21. Jänner 2014 beantragte er die Übernahme der Kosten für eine Kur im Ausmaß von 21 Tagen. Mit Schreiben vom 3. Februar 2014 anerkannte die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes 1998 (BLKUFG 1998), LGBl. für Tirol Nr. 97, die Notwendigkeit des beantragten Kuraufenthaltes in P. für die Dauer von 21 Tagen.

Mit an die Dienstbehörde gerichteter Eingabe vom 19. Februar 2014 beantragte der Mitbeteiligte seine "Dienstbefreiung für Kuraufenthalt vom 19.04.2014 - 10.05.2014".

Hierauf antwortete ihm die Dienstbehörde mit Erledigung vom 24. März 2014 wie folgt:

"Auf Ihr Ansuchen wird Ihnen zur Durchführung einer Kur in P.

für 21 Kalendertage Dienstbefreiung gewährt.

Die Dienstbefreiung gilt als eine durch Krankheit verursachte

Abwesenheit vom Dienst."

(Schreibweise - hier wie im Folgenden - im Original,

Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof)

Nach Einreichung von Rechnungen über den behaupteten

Kuraufenthalt durch den Mitbeteiligten gelangte die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten in ihrer Sitzung vom 22. Mai 2014 zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für einen Kostenersatz nach § 14 Abs. 1 BLKUFG 1998 fehlten. Die Ablehnung eines Kostenersatzes für den absolvierten Aufenthalt wurde mit Schreiben vom 23. Mai 2014 dem Mitbeteiligten mitgeteilt und die Revisionswerberin davon in Kenntnis gesetzt.

In der Folge erließ die Tiroler Landesregierung als Dienstbehörde am 11. Juni 2014 folgenden (dem Mitbeteiligten am 18. Juni 2014 zugestellten)

Bescheid

"1. Nach § 79 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) in der für Landesbeamte gemäß § 2 des Landesbeamtengesetzes 1998 geltenden Fassung wird (dem Mitbeteiligten) die Dienstbefreiung für den Kuraufenthalt im Zeitraum vom 19.04.2014 bis 10.05.2014 versagt.

2. Gemäß § 51 Abs. 1 und 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) in der für Landesbeamte nach § 2 des Landesbeamtengesetzes 1998 geltenden Fassung wird festgestellt, dass (der Mitbeteiligte) in der Zeit vom 19.04.2014 bis 10.05.2014 eigenmächtig, ungerechtfertigt und unentschuldigt vom Dienst abwesend war.

3. Daher werden gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) in der für Landesbeamte nach § 2 des Landesbeamtengesetzes 1998 geltenden Fassung die Bezüge für den Zeitraum vom 19.04.2014 bis zum 10.05.2014 eingestellt."

Begründend führte die Tiroler Landesregierung (die nunmehrige Revisionswerberin) nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage aus, nach Ablehnung der Kostenübernahme bzw. der Leistung eines Kurkostenbeitrages durch die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten fehlten die Voraussetzungen gemäß § 79 Abs. 1 BDG 1979 in der für Landesbeamte nach § 2 LBG 1998 geltenden Fassung, um eine Dienstbefreiung für die Dauer des Kuraufenthaltes zu gewähren. Diese sei daher zu versagen gewesen. Auf Grund des Wegfalls der Erfordernisse für die Dienstbefreiung müsse die Abwesenheit des Mitbeteiligten vom Dienst in der Zeit vom 19. April bis zum 10. Mai 2014 gemäß § 51 Abs. 1 und 2 BDG 1979 in der für Landesbeamte nach § 2 LBG 1998 geltenden Fassung als unentschuldigt qualifiziert werden. Als Folge dieser Entscheidung ergebe sich die zu Punkt 3. des Spruchs festgestellte Einstellung der Bezüge. Gemäß § 13 Abs. 3 Z 2 GehG in der für Landesbeamte nach § 2 LBG 1998 geltenden Fassung entfielen nämlich die Bezüge für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst, wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst ferngeblieben sei, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis behob das Landesverwaltungsgericht Tirol über Beschwerde des Mitbeteiligten diesen Bescheid vom 11. Juni 2014 gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

Begründend ging das Landesverwaltungsgericht davon aus, dass die Dienstbehörde dem Mitbeteiligten mit Schreiben vom 24. März 2014 eine Dienstbefreiung zur Durchführung einer Kur in P. für 21 Kalendertage gewährt habe. Bei der an ihn ergangenen Mitteilung vom 23. Mai 2014, die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten habe in ihrer Sitzung vom 22. Mai 2014 den begehrten Kostenersatz abgelehnt, handle es sich (wie im Einzelnen näher begründet wurde) um einen "Nicht-Bescheid". Die Dienstbehörde habe Spruchpunkt 1. ihres Bescheides vom 11. Juni 2014 auf diesen, dem Mitbeteiligten gegenüber nicht rechtswirksamen Beschluss der Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten gestützt. Ihrem Bescheid fehle somit die rechtliche Grundlage, weil eine rechtskräftige Entscheidung betreffend eine Ablehnung der Übernahme der Kurkosten oder der Leistung eines Kurkostenbeitrages nicht ergangen sei. Damit lägen auch die inhaltlichen Voraussetzungen für die Spruchpunkte 2. und 3. dieses Bescheides, die lediglich Folgen der erstgenannten Entscheidung darstellten, nicht vor.

Zur Zulässigkeit der Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG und Art. 133 Abs. 4 B-VG führte das Landesverwaltungsgericht Tirol aus, es habe sich mit dem Beschluss der genannten Verwaltungskommission vom 22. Mai 2014 auseinandersetzen und klären müssen, ob dieser als Bescheid zu qualifizieren und dem Mitbeteiligten gegenüber rechtswirksam geworden sei. Zu den im Zusammenhang mit den herangezogenen Bestimmungen des BLKUFG 1998 zu lösenden Rechtsfragen fehle es an Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision der Tiroler Landesregierung. Die Revisionswerberin führt - über die Begründung des Landesverwaltungsgerichtes hinaus - zur Zulässigkeit der Revision Folgendes aus:

"Für den Vollzug der verfahrensgegenständlichen Bestimmung des § 79 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979 in der für Landesbeamte nach § 2 des Landesbeamtengesetzes 1998 geltenden Fassung ist für die Dienstbehörde die Klärung der Rechtsfrage, ob für die Entscheidung, dem Beamten auf Antrag für die Dauer eines Kuraufenthaltes Dienstbefreiung zu gewähren ist oder nicht, die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 79 Abs. 1 BDG 1979 in der für Landesbeamte nach § 2 des Landesbeamtengesetzes 1998 geltenden Fassung - selbst wenn nicht auch als Vorfrage - anhand eines durchgeführten Ermittlungsverfahrens, aus dem sich für die Dienstbehörde unzweifelhaft das Bestehen oder Nichtbestehen eines Kostenersatzes für einen Kuraufenthalt ergibt und dieser auf welche Art und Weise auch immer glaubhaft gemacht bzw. nachgewiesen wurde, jedenfalls für eine Entscheidung durch die Dienstbehörde ausreicht und die Entscheidung eben nicht nur ausschließlich auf eine rechtskräftige Entscheidung seitens der Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten gestützt werden kann, auf deren Erlassung die Dienstbehörde mangels Antragslegitimation und Parteistellung in einem Verfahren nach dem BLKUFG 1998 rechtlich keinen Einfluss hat und demzufolge von einem ausdrücklichen Antrag des Beamten auf Feststellung des Bestandes von Ansprüchen nach § 61 Abs. 2 BLKUFG 1998 abhängig wäre und Gefahr laufen würde, ihrer Entscheidungspflicht nicht nachkommen zu können. Insofern kommt dieser Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung zu, die mangels diesbezüglicher Rechtsprechung einer abschließenden Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf."

Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die Revision ist unzulässig:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Bei dieser Beurteilung ist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Auch in einer ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die Gründe der Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er (wie hier) der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. dazu etwa die hg. Beschlüsse vom 28. November 2014, Zl. Ro 2014/06/0077, und vom 17. Dezember 2014, Zl. Ro 2014/06/0066).

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt sowohl nach den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes als auch denen der Amtsbeschwerde nicht vor:

Der im 4. Unterabschnitt des mit "Rechte des Beamten" überschriebenen 6. Abschnittes des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979, BGBl. Nr. 333 in der Stammfassung) in der für Landesbeamte nach § 2 des Landesbeamtengesetzes 1998 (LBG 1998), LGBl. für Tirol Nr. 65, geltenden Fassung eingefügte § 79 Abs. 1 und 2 lautet:

"Dienstbefreiung für Kuraufenthalt

§ 79. (1) Dem Beamten ist auf Antrag für die Dauer eines Kuraufenthaltes Dienstbefreiung zu gewähren, wenn

1. ein Sozialversicherungsträger oder ein Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen die Kosten der Kur trägt oder einen Kurkostenbeitrag leistet und

2. die Kur in der Benützung einer Mineralquelle oder eines Moorbades oder im Aufenthalt in einem vorgeschriebenen Klima oder in der therapeutischen Anwendung von kaltem Wasser (sogenannte 'Kneipp-Kuren') besteht und ärztlich überwacht wird.

(2) Bei der zeitlichen Einteilung der Dienstbefreiung ist auf zwingende dienstliche Gründe Rücksicht zu nehmen."

Diese Bestimmung begründet, soweit im vorliegenden dienstrechtlichen Zusammenhang wesentlich, lediglich Rechte des Beamten, nämlich auf Dienstbefreiung (Entfall der Pflicht, Dienst zu verrichten). Eine derartige Dienstbefreiung gilt gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung als eine durch Krankheit verursachte Abwesenheit vom Dienst.

Hieraus folgt, dass eine Beeinträchtigung der Rechtsposition des Beamten durch eine stattgebende Entscheidung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die Erledigung eines darauf abzielenden Antrages ist somit - vergleichbar etwa der Bewilligung eines Erholungsurlaubes nach § 64 BDG 1979 oder eines Sonderurlaubes nach § 74 BDG 1979 - formfrei (also ohne Notwendigkeit der Erlassung eines Bescheides) möglich und wirksam (vgl. etwa das einen Erholungsurlaub betreffende hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2000, Zl. 97/09/0298).

Fallbezogen ist die antragsgemäße Gewährung einer Dienstbefreiung durch das dem Mitbeteiligten (auch von der Revisionswerberin unbestritten) übermittelte Schreiben der Dienstbehörde vom 24. März 2014 wirksam erfolgt.

Nach dem Vorgesagten hängt die Revision gegen die ersatzlose Aufhebung des den Antrag abweisenden Spruchpunktes 1. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides von den dargestellten Rechtsfragen aber nicht ab. Dieser war nämlich schon deshalb ersatzlos aufzuheben, weil eine nicht bescheidförmige "Gewährung" schon durch die formlose Erklärung der Dienstbehörde erfolgte. Eine neuerliche (erstmalig bescheidförmige) Entscheidung über den Gewährungsantrag hatte daher prozessual keinesfalls mehr zu ergehen. Zu Spruchpunkt 2. und 3. wird keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

Die Revision eignet sich somit wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 27. Mai 2015

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