VwGH Ro 2015/09/0001

VwGHRo 2015/09/000117.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des J G in S, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 13. Mai 2014, Zl. LVwG 33.12-574/2014-45, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litc;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litd;
AuslBG §28 Abs1 Z2 lite;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litf;
AuslBG §28 Abs1 Z4;
AuslBG §28 Abs1 Z5;
AuslBG §28a Abs1;
AVG §8 impl;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §21 Abs1 Z2;
VwGG §22;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

I.) Die Revision wird zurückgewiesen.

II.) Die Revisionsbeantwortung der "Finanzpolizei Juristischer Dienst für das Finanzamt Judenburg-Liezen" wird zurückgewiesen.

Begründung

1.) Mit dem im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der

S GmbH in S als Arbeitgeberin zu verantworten, dass diese Gesellschaft sechs näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige am 9. Juni 2011 beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Revisionswerber habe dadurch sechs Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden sechs Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.700,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen) verhängt.

Diese Entscheidung begründete das Verwaltungsgericht -auf das Wesentliche zusammengefasst - mit zwei Argumentationslinien:

A) Einhelligkeit in der Rechtsprechung bestehe darüber, dass von der vertraglichen Regelung auszugehen und zu prüfen sei, wie weit sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werde. Das Werk müsse schon im Vertrag eindeutig abgrenzbar sein und dürfe nicht erst an Ort an Stelle festgelegt werden.

Das behauptete "Werk" sei aber "nicht einmal ansatzweise abgegrenzt".

B) Uneinheitlich sei die Rechtsprechung zur Unterscheidbarkeit bzw. Nichtunterscheidbarkeit des Werks des Werkunternehmers von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG. Das vom "Werkunternehmer" hergestellte Werk "Fassadenarbeiten" sei vom Unternehmensgegenstand der S GmbH umfasst, allerdings sei nicht schon allein dadurch das Kriterium des § 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG "als voll erfüllt anzusehen".

Das Verwaltungsgericht ließ die Revision zu, weil die Rechtsprechung im Hinblick auf das Kriterium des § 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG uneinheitlich sei.

2) Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 22. September 2014, E 653/2014-4, ihre Behandlung ab und trat sie über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Sodann erhob er die gegenständliche Revision.

Die "Finanzpolizei Juristischer Dienst für das Finanzamt Judenburg-Liezen" erstattete für die "Mitbeteiligte Partei:

Finanzamt Judenburg-Liezen" eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

2.1) Der Revisionswerber schließt sich zunächst in der Frage der Zulässigkeit der Revision der Begründung des Verwaltungsgerichtes an und ergänzt:

"2. ...

Die Revision ist im gegenständlichen Verfahren auch deshalb zulässig, weil das Landesverwaltungsgericht - wie im Folgenden genauer aufzuzeigen wird - eklatant gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.

Diese Verstöße sind überdies für das angefochtene Erkenntnis von Relevanz, da bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften das Landesverwaltungsgericht ein anders lautendes Erkenntnis erlassen hätte.

Gerade angesichts der 'Jugend' der Verwaltungsgerichte besteht ein gesteigertes allgemeines Interesse, derartige Verfahrensfehler zu unterbinden.

3. Eine weitere Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt darin, dass seitens des Landesverwaltungsgerichts die Regelungen von internationalen Übereinkommen bzw. Gemeinschaftsrecht nicht beachtet bzw. unrichtig angewendet wurden (zur vergleichbaren zivilprozessualen Rechtslage: Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 502 ZPO Rz 40 mwN)."

In der folgenden Begründung behauptet der Revisionswerber mehrfache Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Verlesung von Aktenteilen betreffend (Zeugen‑)Aussagen.

3.) Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage "abhängt". Im Zulassungsvorbringen ist daher konkret darzutun, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juli 2014, Zl. Ro 2014/04/0055).

4.) Entscheidend ist im folgenden Fall allerdings bereits die Argumentation des Landesverwaltungsgerichtes zu A).

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die im Vorhinein genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

Im Sinne der Abgrenzung gemäß § 4 Abs. 1 AÜG ist die Lösung der Frage, ob nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt überhaupt ein Werkvertrag zwischen der S GmbH und der C KFT vorliegt, entscheidend (vgl. aus vielen das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/09/0183).

Das Landesverwaltungsgericht hat die Frage, ob überhaupt ein Werkvertrag vorliegt, im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes basierend auf der "Auftragsbestätigung" vom 19. Mai 2011 und im Akt einliegende Unterlagen zur Ausschreibung der Leistung vom 16. Mai 2011sowie Rechnungen zu Recht in dem Sinne gelöst, dass keine im Vorhinein genau umrissene Leistung, damit kein "gewährleistungstauglicher Erfolg" und daher kein von der C KFT zu erbringendes Werk vorliege.

Auf die rein theoretische Frage, was rechtens wäre, wenn doch ein Werkvertrag vorläge - nur dann wäre auf die Abgrenzungskriterien des § 4 Abs. 1 Z. 1 bis 4 AÜG noch weiter einzugehen - kommt es daher gegenständlich nicht an.

5.) Die Verfahrensrügen des Revisionswerbers betreffend Verlesung von (Zeugen‑)Aussagen sind nicht relevant, weil das Landesverwaltungsgericht zur Abgrenzung, ob überhaupt ein Werk vorliegt, nicht auf (Zeugen‑)Aussagen, sondern auf die (dem Revisionswerber sogar in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 20. März 2014 von seinem Vertreter vorgehaltene) Auftragsbestätigung vom 19. Mai 2011, die Unterlage zur Ausschreibung der Leistung vom 16. Mai 2011 sowie Rechnungen (alle genannten Schriftstücke liegen im Akt ein und sind in der mehrfach erstreckten mündlichen Verhandlung vorgekommen) abgestellt hat.

6.) Das Vorbringen zur Nichtbeachtung internationaler Übereinkommen ist völlig unbestimmt und schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BV-G aufzuzeigen.

7.) Beruht (wie gegenständlich) das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung und liegt dieser keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zugrunde (vgl. den hg. Beschluss vom 24. April 2014, Zl. Ra 2014/01/0010) und erweist sich auch das übrige Zulassungsvorbringen des Revisionswerbers als nicht relevant, so ist die Revision unzulässig.

Die vorliegende Revision war daher zurückzuweisen.

8.) Zu II.:

Parteien im Verfahren über eine Revision gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG sind neben dem Revisionswerber, der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht sowie in den Fällen des § 22 zweiter Satz VwGG dem zuständigen Bundesminister oder der Landesregierung, gemäß § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG die Personen, die durch eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder eine Entscheidung in der Sache selbst in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte).

Auch wenn § 28a Abs. 1 AuslBG der Abgabenbehörde in Verwaltungsstrafverfahren nach § 28 Abs. 1 Z 1, 4 und 5, nach § 28 Abs. 1 Z 2 lit. c bis f AuslBG dann, wenn die Übertretung die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch die Abgabenbehörde betrifft, Parteistellung einräumt und sie dazu berechtigt, Beschwerden gegen Bescheide sowie Einspruch gegen Strafverfügungen zu erheben, kommen ihr in Bezug auf den hier in Rede stehenden Gegenstand des Verfahrens keine eigenen subjektiv öffentlichen Rechte zu. Die von ihr erstattete Revisionsbeantwortung war daher mangels Parteistellung in einem Verfahren über eine Revision des wegen einer Übertretung des AuslBG Bestraften vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen.

Wien, am 17. Februar 2015

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