VwGH Ro 2014/11/0064

VwGHRo 2014/11/006430.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Finanzamts Oststeiermark in 8330 Feldbach, Gnaserstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 23. Jänner 2014, Zl. LVwG 33.15-1308/2014-9, betreffend Übertretungen des AVRAG (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark; mitbeteiligte Partei: R B in B, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk und Dr. Maria Skof, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 11. Oktober 2013 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe als "Verantwortlicher Betriebsinhaber gemäß § 9 VStG" des Unternehmens RB s.p. zu verantworten, dass Organen der Finanzpolizei bei den erforderlichen Erhebungen beim Bauvorhaben VA am 8. Juli 2013 die Unterlagen zur Überprüfung der näher angeführten zwei Arbeitnehmer nicht bereitgestellt werden konnten, obwohl Arbeitgeber jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem Arbeitnehmer nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgeltes erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten hätten. Zum Kontrollzeitpunkt seien auf der Baustelle von den erforderlichen Lohnunterlagen lediglich die Arbeitsverträge der beiden Arbeitnehmer bereitgehalten worden.

Der Mitbeteiligte habe dadurch § 7i Abs. 2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) iVm § 7d Abs. 1 AVRAG verletzt, weshalb über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 3 Tage) verhängt würden.

2 Der vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Berufung gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit Erkenntnis vom 23. Jänner 2014 dahingehend Folge, dass gemäß § 45 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Mitbeteiligten stattdessen eine Ermahnung erteilt wurde. Ansonsten wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Diesen Ausspruch begründete das Verwaltungsgericht damit, dass eine Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes "Lohnunterlagen" iSd § 7d AVRAG fehle.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision, die kein weiterführendes Vorbringen zur Zulässigkeit enthält. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Die maßgebliche Bestimmung des AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993, im Hinblick auf den Zeitpunkt der Begehung der vorgeworfenen Übertretung idF der Novelle BGBl. I Nr. 98/2012, lautet (auszugsweise):

"Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen § 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 haben jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nachweislich zu übermitteln."

Die Bestimmung lautet idF der Novelle BGBl. I Nr. 94/2014 (auszugsweise):

"Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen § 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen."

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage für diese Novelle (319 BlgNR 25. GP , 7) wird betont, es würden in § 7d Abs. 1 erster Satz AVRAG

"die von dem/der Arbeitgeber/in bereitzuhaltenden Lohnunterlagen nun ausdrücklich aufgezählt. Damit wird allfälligen Zweifeln dahingehend entgegengewirkt, ob im Einzelfall das Bereithalten gewisser Lohnunterlagen unter Berücksichtigung des im Verwaltungsstrafverfahren eine besondere Determinierung verlangenden Bestimmtheitsgebots des Art. 18 B-VG von § 7d AVRAG umfasst ist. Durch die ausdrückliche Aufzählung der bereitzuhaltenden Lohnunterlagen ist dem/der Normunterworfenen jedenfalls hinsichtlich sämtlicher Lohnunterlagen das gesollte Verhalten eindeutig erkennbar. Dass dieses Verhalten sich nur auf jene Lohnunterlagen bezieht, welche bereits vorliegen können (so werden etwa Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für eine bestimmte Lohnzahlungsperiode im Regelfall nicht vor deren Ende existieren können), versteht sich schon aufgrund von Natur und Zweck der Unterlagen und deren umfassten Nachweise."

6 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, ist die Revision somit - ungeachtet des Ausspruchs des Verwaltungsgerichts - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

7 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, liegt trotzdem keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 28. Mai 2014, Zl. Ro 2014/07/0053, und vom 3. Juli 2015, Zl. Ra 2015/03/0041, mwN). Durch die Novelle BGBl. I Nr. 94/2014 wurde nun im neuen § 7d AVRAG klargestellt (siehe die zitierten Erläuterungen), welche Dokumente unter den bereitzuhaltenden "Lohnunterlagen" zu verstehen sind, weshalb im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung mehr vorgelegen ist.

8 Überdies sei auf den hg. Beschluss vom 25. November 2015, Zl. Ra 2015/16/0115, mwN, hingewiesen, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stützte, nach der keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO vorliegt, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird.

9 In der Revision werden auch keine weiteren Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 30. Juni 2016

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