VwGH Ro 2014/09/0005

VwGHRo 2014/09/00055.11.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des Dr. BS in G, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport vom 28. November 2013, Zl. 9-DOKS/13, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße nach dem Heeresdisziplinargesetz 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Landesverteidigung und Sport), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
HDG 2002 §6 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
HDG 2002 §6 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1957 geborene Revisionswerber steht als Militärarzt im Rang eines Oberst in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war vom 1. Juni 1988 bis 31. Jänner 2009 als Fliegerarzt (FlArzt) am Heeresspital (HSP) in NE (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) und seit dem 1. Februar 2009 dort als Arzt für fliegermedizinische Eignungsuntersuchungen eingeteilt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Revisionswerber, nachdem die Behörde erster Instanz eine mündliche Verhandlung durchgeführt hatte, wie folgt für schuldig erkannt:

"(Der Revisionswerber) ist schuldig, er hat

1. im Zeitraum Februar 2008 bis August 2010 in seine Zeitkarten an 407 Tagen insgesamt 408 Stunden, in denen er in seiner Privat-Ordination tätig war, als 'Istzeit' (also Dienstzeit) in seiner Zeitkarte eingetragen,

2. im Zeitraum Februar 2008 bis August 2008 seine Zeitkarte dadurch mangelhaft geführt, dass er für Fortbildungsveranstaltungen außerhalb der Sollzeit (an Arbeitstagen nach 1900 Uhr oder an Samstagen, Sonn- und Feiertagen), insgesamt 171,5 Stunden als 'Istzeit' in seiner Zeitkarte eingetragen,

3. im Zeitraum Februar 2008 bis August 2010 Zeiten außerhalb der Rahmendienstzeit (das ist an Arbeitstagen außerhalb von 0600/0630 Uhr bis 1900 Uhr oder an Samstagen, Sonn- und Feiertagen), und zwar für Treffen und Sitzungen, mehrere Flüge mit Privatflugzeugen und Zeiten ohne weitere Erklärung, sowie ohne dienstliche Begründung als Dienstzeit in seine Zeitkarten eingetragen.

Dadurch hat er in den Anschuldigungspunkten 1 bis 3 zumindest fahrlässig gegen die Bestimmung des § 44 Abs 1 BDG 1979 (Befolgung von Weisungen) in Verbindung mit dem Erlass Gleitende Dienstzeit für Militärärzte; Richtlinien - Neufassung, VBl. I Nr. 53/1997 (bis 31. Mai 2010) und dem Erlass Gleitende Dienstzeit für Militärärzte; Richtlinien -Neufassung, VBL. I Nr. 94/2010 (ab 1. Juni 2010) verstoßen und somit schuldhaft Pflichtverletzungen nach § 2 Abs. 1 Z 1 Heeresdisziplinargesetz 2002 (HDG 2002), BGBl. I Nr. 167, begangen.

Über den Revisionswerber wird gemäß § 50 Z 2 HDG 2002 die Disziplinarstrafe Geldbuße in der Höhe von

EUR 510,--

(fünfhundertzehn Euro) verhängt.

Gemäß § 37 Abs 1 HDG 2002 hat der Revisionswerber dem Bund einen Kostenbeitrag in der Höhe von 10 von Hundert der ausgesprochenen Strafe, also EUR 51,-- (einundfünfzig Euro), zu leisten"

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des erstinstanzlichen Verfahrens und der Rechtslage wie folgt aus:

"Die Berufung des Beschuldigten richtete sich gegen den ihn schuldig sprechenden Teil des Disziplinarerkenntnisses und den Strafausspruch.

Von einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte gem. § 77 Abs. 2 Z. 4 HDG 2002 abgesehen und in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden, da der Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und der Beschuldigte in der Berufung keine mündliche Verhandlung beantragt hat. Grundlage für die Entscheidung ist der Disziplinarakt, insbesondere das Erkenntnis der DKS und das Protokoll der mündlichen Verhandlung, sowie die in der Berufung vorgebrachten Gründe.

Nach Ansicht aller Ärzte des HSP waren die Bestimmungen des Erlass vom 24. Februar 1997, GZ 10250/24-1.12/96, Verlautbarungsblatt (VBl.) I Nr. 53/1997, 'Gleitende Dienstzeit für Militärärzte; Richtlinien - Neufassung', (gültig bis 30. Mai 2010) zu einschränkend und entsprächen nicht den Notwendigkeiten des militärmedizinischen Dienstes und den Arbeitsabläufen an der Dienststelle. Auch sei es nicht nachvollziehbar und als ungerecht empfunden worden, dass die Zeitkarte nur von Montag bis Freitag, jeweils von 0630 bis 1900 Uhr 'befüllt' werden durfte, da ein Militärarzt ja auch davor und danach Dienstleistungen erbrachte, die dann verfallen wären. Insgesamt lag eine allgemeine Unzufriedenheit vor. Die jeweiligen Kommandanten versuchten, beginnend in den 1980er Jahren, eine Änderung der Erlasslage zu erwirken, welche jedoch seit zumindest 1997 bis heute nahezu unverändert gültig ist.

Bereits in den 1980er Jahren soll der damalige Kdt des HSP, Bgdr MR Dr. RE beim Leiter S IV, Gen Dr. IR, vorstellig geworden sein um eine Änderung der Vorläufer Zeitordnung zu begehren. In der Folge soll sich ein Durcheinander und 'Wildwuchs' innerhalb der Ärzteschaft bei den Eintragungsmodalitäten in die Zeitkarte ergeben haben.

Zur Vereinheitlichung der Eintragungspraktiken wurde glaublich Mitte der 1990er ein internes Schreiben 'Führung der Zeitkarten' verteilt, welches jedem Arzt zur Kenntnis gebracht wurde. Dr. SA soll als der für den Dienstplan und die Zeitkarten Verantwortliche, auf die Einhaltung der internen Bestimmungen durch alle Ärzte im Jahr 1996 eindringlich hingewiesen haben. Die internen Bestimmungen verstießen schon zum damaligen Zeitpunkt gegen die gültige Erlasslage.

Der Beschuldigte kannte die jeweils gültigen Erlässe.

Im Protokoll zur Leiterbesprechung HSP vom 19. März 2009 weist der Kdt HSP wiederum darauf hin, dass die Zeitkarten entsprechend den geltenden Regeln auszufüllen sind und die Eintragungen selbstverständlich auch der Wahrheit zu entsprechen haben.

Die im HSP geltenden Regeln für die Anrechnung von Fortbildungsstunden wurden bei der Leiterbesprechung am 1. Februar 2006 festgelegt.

Demnach ist es zu Fortbildungszwecken zulässig, täglich eine Stunde im Sinne des Erhalts der praktischen ärztlichen/ medizinischen Fähigkeiten' auf der Zeitkarte für tatsächlich abgehaltene Praxisstunden oder ähnliches einzutragen. Dies ist für jene Bedienstete möglich, die eine Praxis betreiben bzw. Schularzt, Betriebsarzt, medizinischer Sachverständiger oder ähnliches sind. Diese Stunden können auch für eine Woche zusammengefasst werden. Zusätzlich kann- von den zum Sport verpflichteten Bediensteten- auch 1 Stunde Sport verbucht werden. Ebenso galt für sonstige besuchte Fortbildungen (z.B.: DFP- Fortbildungen etc.), dass sie ebenfalls auf die Dienstzeit anrechenbar und (nicht zuletzt zur eigenen Absicherung) mit (Teilnahme‑) Bestätigung oder Ähnlichem zu belegen sind.

Die Ausweitung (und dadurch Nichteinhaltung) der vom BMLV mittels Erlass verfügten Bestimmungen über die Gleitzeit und die damit zusammenhängende Führung der Zeitkarten von Militärärzten erfolgte demnach glaublich am Beginn der 1980er Jahren und betraf die Kommandanten und Militärärzte gleichermaßen.

Damit konnte für das weitere Verfahren außer Diskussion gestellt bleiben, ob es sich bei der ausgeweiteten internen Vorgangsweise bei der Zeiterfassung der Gleitzeit um Anordnungen, Befehle, Duldungen oder Genehmigungen der ehemaligen Kommandanten des HSP handelt; es war jahrelang geübte Praxis, wobei allen Beteiligten die Erlasswidrigkeit bewusst war.

Ansonsten wären die Kdt HSP nicht oftmals bei vorgesetzten Dienststellen um eine Änderung der Richtlinien bemüht gewesen.

Nachdem keine günstigere Regelung, im Sinne der Interessen der Militärärzte, seitens BMLV(S) erlassen wurde, griffen die Kdt zur Selbsthilfe und gewährten den verfahrensgegenständlichen Freiraum.

Zum schuldhaften Verhalten

Die alleinige Zuständigkeit zur Erlassung einer generellen Weisung betreffend der Gleitzeit und Führung von Zeitkarten der Militärärzte obliegt dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport. Diese Aufgabe nimmt für den HBM die Präsidialabteilung wahr. Mittels Erlass vom 24. Februar 1997, GZ 10250/24-1.12/96, Verlautbarungsblatt (VBl.) I Nr. 53/1997, 'Gleitende Dienstzeit für Militärärzte; Richtlinien - Neufassung', (gültig bis 30. Mai 2010) wurden schlüssig und klar die äußeren (und nicht erweiterbaren) Grenzen der Gleitzeit und der Bezug habenden Eintragungen in der Zeitkarte verfügt.

Wenn nun die Kommandanten des HSP und die Militärärzte vermeinten, dass diese Regelungen nicht den militärmedizinischen Bedürfnissen und Notwendigkeiten entsprachen, so waren sie zu keiner Zeit zuständig und berechtigt diese Bestimmungen aufzuweichen, zu erweitern oder abzuändern.

Nur der materiell- rechtlich (also inhaltlich) zuständige Vorgesetzte wäre ermächtigt gewesen für die Personenmehrheit der Militärärzte im HSP Änderungen der Zeitordnung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (§ 48 BDG 1979- Dienstplan) zu verfügen. Der Beamte kann eine Weisung ablehnen, wenn sie von einem unzuständigen Vorgesetzten erteilt wurde, bedeutet, dass er entweder die Nichtbefolgung dieser Weisung mündlich kund tun kann oder sich dazu gänzlich verschweigt und sie in der Folge nicht befolgt.

Befolgt der Normadressat jedoch eine Weisung (Duldung, Genehmigung, Anordnung etc.) eines Unzuständigen (§ 44 Abs. 2 BDG 1979), so handelt er auf eigene Gefahr und kann sich nicht mit 'weisungsgemäßen' Handeln erfolgreich rechtfertigen oder gar exkulpieren.

Dadurch hat er gegen die Bestimmungen des § 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen und schuldhaft Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 HDG 2002, begangen.

Fahrlässig gem. § 6 Abs 1 StGB handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Modellfigur des Fahrlässigkeitsdeliktes ist ein einsichtiger und besonnener Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters. Der Verkehrskreis des Täters umfasst die gesamte Beamtenschaft, zu der auch die Ärzte in den medizinischen Einrichtungen des österreichischen Bundesheeres zählen.

(Der Revisionswerber) ließ die Sorgfalt außer Acht, zu der er als Beamter und Arzt verpflichtet und die ihm nach seinen geistigen Fähigkeiten zuzumuten ist. Der Personenkreis, der die Zeitkarten erlasswidrig ausfüllte ist ein überschaubarer. Daraus lässt sich ableiten, dass es eine Vielzahl von Ärzten in den medizinischen Einrichtungen des österreichischen Bundesheeres gibt, die sich mit der Erlasslage vertraut gemacht haben und die Zeitkarten ordnungsgemäß ausfüllten.

Als Verschuldensgrad wird auf fahrlässige Begehung erkannt.

Zum Faktum 1

Er hat im Zeitraum Februar 2008 bis August 2010 in seine Zeitkarten an 407 Tagen insgesamt 408 Stunden, in denen er in seiner Privat-Ordination tätig war, als 'Ist- Zeit' (also Dienstzeit) eingetragen.

Durch diese rechtswidrigen Eintragungen hat er gegen die Bestimmungen des

Abschnitt III Z 5: 'Fortbildungsveranstaltungen, die im militärmedizinischen Interesse liegen (z.B. Veranstaltungen der medizinischen Fakultäten, der Österreichischen Ärztekammer, der Landesärztekammern, der Bezirksärztevertreter, medizinische Kongresse), zählen als Istzeit im Ausmaß der Sollzeit dieses

Tages................' und des

Abschnitt III Z 6: 'Ärztliche Tätigkeiten und die Abhaltung von Vorträgen im Rahmen einer zu meldenden Nebenbeschäftigung stellen keine Fortbildungsveranstaltung im Sinne der Z 5 dar und gelten auch nicht als gerechtfertigte Abwesenheit im Sinne der Z 4.' verstoßen.

Zum Faktum 2

Er hat im Zeitraum Februar 2008 bis August 2008 seine Zeitkarte dadurch mangelhaft geführt, dass er für Fortbildungsveranstaltungen außerhalb der Sollzeit (an Arbeitstagen nach 1900 Uhr oder an Samstagen, Sonn- und Feiertagen), insgesamt 171,5 Stunden als 'Ist- Zeit' in seiner Zeitkarte eingetragen.

Eintragungen in die Zeitkarte sind nur von Montag bis Freitag jeweils in der Zeit von 0630 bis 1900 Uhr gestattet. Dadurch hat er gegen die Bestimmungen des Abschnitt III Z 1: 'Militärärzte sind berechtigt, täglich selbst zu bestimmen, wann sie ihren Dienst zwischen 0630 und 0800 Uhr (Frühgleitzeit) beginnen und wann sie ihren Dienst zwischen 1300 und 1900 Uhr (Abendgleitzeit) beenden. .................' und Abschnitt II. Z 4: 'Sollzeit = jene Dienstzeit, die sich aus der regelmäßigen Dienstzeit gemäß § 48 Abs. 2 und 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) in Verbindung mit § 2 lit. b der Verordnung der Bundesregierung vom 10. Dezember 1974, BGBl. Nr. 799, ergibt.'

Derzeit gilt für Militärärzte folgender Dienstplan:............

a) Montag und Dienstag von 0800 bis 1630 Uhr, das sind acht Stunden und 30 Minuten pro Tag, Mittwoch bis Freitag von 0800 bis 1600 Uhr, das sind acht Stunden pro Tag................' verstoßen.

Zum Faktum 3

Er hat im Zeitraum Februar 2008 bis August 2010 Zeiten außerhalb der Rahmendienstzeit (das ist an Arbeitstagen außerhalb von 0600/0630 Uhr bis 1900 Uhr oder an Samstagen, Sonn- und Feiertagen), und zwar für Treffen und Sitzungen, mehrere Flüge mit Privatflugzeugen und Zeiten ohne weitere Erklärung, sowie ohne dienstliche Begründung als Dienstzeit in seine Zeitkarten eingetragen.

Über die Begründung der DKS zum AP3 hinaus, welche ausdrücklich zur eigenen erhoben wird, stellt der erkennende Senat fest, dass auf der Zeitkarte nur Eintragungen betreffend der erbrachten Dienstzeit vorzunehmen sind. Die rechtswidrige Gestattung durch den ehemaligen Kommandanten schützt den Beschuldigten nicht vor disziplinären Konsequenzen.

Dadurch hat er gegen die Bestimmungen des Abschnitt III Z 1: 'Militärärzte sind berechtigt, täglich selbst zu bestimmen, wann sie ihren Dienst zwischen 0630 und 0800 Uhr (Frühgleitzeit) beginnen und wann sie ihren Dienst zwischen 1300 und 1900 Uhr (Abendgleitzeit) beenden. ..................' und Abschnitt II. Z 4: 'Sollzeit = jene Dienstzeit, die sich aus der regelmäßigen Dienstzeit gemäß § 48 Abs. 2 und 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) in Verbindung mit § 2 lit. b der Verordnung der Bundesregierung vom 10. Dezember 1974, BGBl. Nr. 799, ergibt.'

Derzeit gilt für Militärärzte folgender Dienstplan:..................

a) Montag und Dienstag von 0800 bis 1630 Uhr, das sind acht Stunden und 30 Minuten pro Tag, Mittwoch bis Freitag von 0800 bis 1600 Uhr, das sind acht Stunden pro Tag...............' verstoßen. Zur Strafbemessung

Gem. § 6 Abs. 1 HDG 2002 ist das Maß für die Höhe einer Disziplinarstrafe die Schwere der Pflichtverletzung. Zur Schwere der Pflichtverletzungen

Die Einhaltung der Arbeitszeit durch einen Beamten, wie der Berufungsführer einer ist, zählt zu den schwerst wiegenden Interessen der öffentlichen Verwaltung, weil bei deren Nichtbeachtung eine funktionierende Verwaltungstätigkeit wohl undenkbar wäre. Ein Soldat mit Beamtenstatus steht in einem besonderen Treueverhältnis zur Republik Österreich sowie zur geltenden Rechtsordnung und hat demnach alles zu unterlassen, was dem Ansehen der Beamtenschaft, der Republik und dem Bundesheer schadet. Die Rechtstellung eines Beamten bringt es mit sich, dass er gewissenhaft und pünktlich seinen Dienst versieht und seine Arbeitskraft vorbehaltlos in den Dienst des Staates und der Öffentlichkeit stellt. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen eigener Regelungen. So ist es Ärzten im Heeresspital, unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, eine Nebenbeschäftigung, wie eine private Ordination, zu betreiben. Die gewissenhafte Versehung des Dienstes schließt nach Ansicht der DOKS mit ein, dass die Zeitkarte ordnungsgemäß, im Sinne der Erlässe vom 24. Februar 1997, GZ 10.250/24-1.1/96, in der Fassung VBl. I Nr. 53/1997 bzw ab 01. Juni 2010 dem Erlass BMLVS vom 20. Mai 2010, GZ S90585/12-Präs/2010, in der Fassung VBL I Nr. 94/2010 auszufüllen ist. Hätte sich der Berufungswerber mit der Erlasslage vertraut gemacht, wäre ihm auch der Widerspruch zu der erlasswidrigen Vorgehens- und Genehmigungsweise des Kommandanten des Heeresspitals aufgefallen.

Die Schwere der Pflichtverletzungen wird in der schuldhaften Verletzung der Verpflichtung zur Befolgung von Erlässen erblickt. Es handelt sich um mittelschwere Verfehlungen.

Auch wenn er ständig mahnend auf die erlasswidrige Vorgehensweise im HSP hinwies, hat er seine Zeitkarte ebenfalls unkorrekt ausgefüllt.

Die Verstöße gegen die Pflicht zur Befolgung von Weisungen, welche die ordnungsgemäße Dokumentation der erbrachten Dienstzeit zum Inhalt haben, stellen grundsätzlich ein pflichtwidriges Verhalten dar. Der Eigenverantwortung des Einzelnen kommt gerade bei einem Militärarzt eine hohe Bedeutung zu. Diese Verantwortung ist nicht nur im Kernbereich der Militärmedizin, sondern auch in den angelagerten allgemeinen Bereichen, wie die ordnungsgemäße Führung der Zeitkarte, selbstständig und korrekt wahrzunehmen.

Die Verbindung des Beschuldigten zu den rechtlich geschützten Werten war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu locker angelegt. Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, das grundsätzlich auf Lebenszeit angelegt ist, ist durch wechselseitige besondere Treue- und Fürsorgepflichten zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber gekennzeichnet. Durch die zur Last gelegte Pflichtverletzungen hat der Beschuldigte zum Ausdruck gebracht, dass er gegenüber der ihn treffenden Verpflichtung zur Befolgung von Erlässen - gemessen an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Offiziers - eine sorgfaltswidrige und fast billigend in Kauf nehmende Einstellung, hatte.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte zu keiner Zeit die Zeitkarte aus betrügerischer Absicht oder zur Erlangung eines persönlichen Vorteils falsch ausgefüllt hat. Sein Interesse galt einem klaren und ordnungsgemäßen Ablauf innerhalb des HSP, welcher im Spannungsfeld 'Zeitordnung' versus 'milmed Interessen' verloren ging.

Mildern wirkt

Erschwerend wirkt

- die Anzahl und die Dauer der Pflichtverletzungen.

Aus spezialpräventiven Gründen wäre ein Schuldspruch ohne Strafe bzw. ein Verweis ausreichend gewesen. Die langen und intensiven Erhebungen des BMLS und der Dienstbehörde Kdo EU, sowie das zweigliedrige Kommissionsverfahren haben dem Beschuldigten Einiges abverlangt, sodass es für den erkennenden Senat gesichert ist, dass (der Revisionswerber) derartige Pflichtverletzungen nicht mehr begehen wird.

Jedoch ist aus generalpräventiven Überlegungen eine Geldbuße zu verhängen. Die ordnungsgemäße Führung der Zeitkarte ist von jedem Soldaten und jeder Soldatin zu fordern. Erst dadurch kann der Nachweis der erbrachten Dienststunden gelingen. Umso mehr müssen Verstöße dagegen deutlich gemacht werden um nicht als 'Kavaliersdelikt' zu gelten.

Durch diese Art der Bestrafung sollen, müssen und werden andere Soldaten von der Begehung gleicher oder ähnlicher Pflichtverletzungen abgehalten.

Der Senat kommt nicht umhin festzuhalten, dass die 'reformatio in peius' (dt. Verschlechterungsverbot) den Beschuldigten vor einer höheren Strafe geschützt hat.

Gem. § 51 Abs. 2 HDG 2002 wird die Bemessungsgrundlage durch die Dienstbezüge des Beschuldigten im Monat der Erlassung der Disziplinarverfügung oder des Disziplinarerkenntnisses der ersten Instanz gebildet. Als Dienstbezüge gelten bei Beamten der nach dem Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, gebührende Monatsbezug. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der DKS hatte der Beschuldigte die besoldungsrechtliche Stellung H1/VIII/09, nächste Vorrückung 1. Jänner 2017.

Die Höhe der Bruttodienstbezüge des Berufungsführers betrug im Juni 2013 (Zeitpunkt der Beschlussfassung der DKS):

Grundbezug

4.899,50 EUR

Dienstzulage GehG §150

163,40 EUR

Truppendienstzulage

99,20 EUR

Bemessungsgrundlage

5.162,10 EUR

Als höchste zu verhängende Geldstrafe (350 %) kommen damit 18.067,35.- EUR in Betracht.

Die verhängte Geldbuße entspricht somit 10 % der Bemessungsgrundlage, ist täterspezifisch und der Schuld angemessen. Unter Berücksichtigung aller Strafbemessungsgründe, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und den persönlichen Verhältnissen ist sie entsprechend ausgelegt."

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage erwogen:

Der Revisionswerber hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil sein Vorgesetzter die verfahrensgegenständlichen Zeiteintragungen ausdrücklich gebilligt habe und über Jahre hinweg keine Kontrollen stattgefunden hätten. Die Eintragungen seien nicht nur bei seiner Zeitkarte sondern auch bei den Eintragungen seiner Kollegen so gehandhabt worden. Dass dies niemandem auffalle und jahrelang keine Kontrollen durchgeführt werden, entspreche nicht dem Gang einer ordentlichen Verwaltung und brauche daher vom einzelnen Betroffenen nicht angenommen zu werden. Es sei daher jedenfalls davon auszugehen, dass den Revisionswerber kein Verschulden treffe. Der Revisionswerber sei verschuldensfrei von einer zulässigen Abweichung vom Erlass ausgegangen. Die Verhängung einer Geldbuße sei daher jedenfalls unberechtigt.

Der Revisionswerber zeigt mit diesen Argumenten letztlich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Der Revisionswerber bestreitet nicht, die verfahrensgegenständlichen Eintragungen auf die ihm vorgeworfene Weise getätigt zu haben, er hält auch die Beurteilung nicht für unzutreffend, dass seine Vorgangsweise entgegen den Bestimmungen des im Spruch des Disziplinarerkenntnisses angeführten Erlasses erfolgte. Unwidersprochen bleibt vom Revisionswerber auch die Feststellung des angefochtenen Bescheides, dass "allen Beteiligten die Erlasswidrigkeit" der geübten Praxis "bewusst war" (sonst wären die Kommandanten des HSP "nicht oftmals bei vorgesetzten Dienststellen um eine Änderung der Richtlinien bemüht gewesen").

Die belangte Behörde durfte daher von einem schuldhaften und vorwerfbaren Handeln des Revisionswerbers ausgehen. Sie hat ohne Rechtsirrtum Fahrlässigkeit angenommen und was die Strafzumessung anlangt, so hat sie zu Recht die geübte Praxis der Zeitkartenregelungen an der Dienststelle des Revisionswerbers und die mangelnde Anleitung durch seinen Vorgesetzten als Milderungsgrund gewertet.

Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 6 Abs. 1 HDG 2002 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Als Ermessensentscheidung unterliegt sie insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser zu prüfen hat, ob die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG). Die Behörde ist verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2011, Zl. 2011/09/0023, und vom 25. Juni 2013, Zl. 2012/09/0157, mwN zur vergleichbaren Regelung des § 93 BDG 1979). Diesen Anforderungen ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nachgekommen. Sie hat die Beurteilung der Schwere der Tat begründet, die spezial- und generalpräventiven Aspekte der Tat dargelegt, die Erschwerungs- und Milderungsgründe beurteilt und einander gegenübergestellt und ausgeführt, warum sie im vorliegenden Fall eine Geldbuße in der Höhe von EUR 510,-- festgelegt hat. Ein Ermessensfehler und eine Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten des Revisionswerbers durch die Bestimmung einer Geldbuße in dieser Höhe ist nicht zu erkennen (vgl. im Übrigen die gleiche Sachverhalte betreffenden hg. Erkenntnisse vom 19. März 2014, Ro 2014/09/0013, und vom heutigen Tage, Ro 2014/09/0039, mwN).

Nach dem Gesagten wurde der Revisionswerber durch den angefochtenen Bescheid sohin nicht in seinen subjektivöffentlichen Rechten verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 5. November 2014

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