Normen
B-VG Art133 Abs6 Z1
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb
VStG §44a Z1
VStG §5 Abs1
VwGG §42 Abs3
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §44
VwGVG 2014 §44 Abs5
VwGVG 2014 §46
VwGVG 2014 §47
VwGVG 2014 §47 Abs4
VwGVG 2014 §48
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020134.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 24. März 2021 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe sich am 26. Februar 2021 um 23:01 Uhr auf einer näher genannten Polizeiinspektion „nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert, [seine] Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass [er] zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt“ habe. Der Revisionswerber habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe in Höhe von € 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurde.
2 2.1. Mit dem am 16. September 2021 mündlich verkündeten und am 29. September 2021 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die vom Revisionswerber gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses erhobene Beschwerde als unbegründet ab, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.
3 2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hob die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes mit Erkenntnis vom 22. Februar 2022, Ra 2021/02/0256, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil das Verwaltungsgericht es verabsäumt habe, Spruchpunkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses in seinem Abspruch um die Fundstellen der der Entscheidung zugrunde gelegten verletzten Verwaltungsvorschrift und Strafsanktionsnorm zu ergänzen.
4 2.3. Im fortgesetzten Verfahren wies das Verwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und bestätigte Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses mit der Maßgabe der Ergänzung der verletzten Verwaltungsvorschrift sowie der Strafsanktionsnorm um ihre Fundstellen. Weiters setzte das Verwaltungsgericht einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und erklärte eine Revision gegen diese Entscheidung für unzulässig.
5 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber sei am 26. Februar 2021 an einem näher genannten Ort einer Lenker‑ und Fahrzeugkontrolle unterzogen worden. Der Revisionswerber habe sich, als er angehalten worden sei, einen Kaugummi in den Mund gesteckt. Aufgrund eindeutiger Alkoholisierungsmerkmale sei beim Revisionswerber ein freiwilliger Alkovortest durchgeführt worden, wobei der Revisionswerber zuvor vom Zeugen F aufgefordert worden sei, den Kaugummi zu entfernen. Der Revisionswerber habe den Kaugummi vor den Augen der Zeugen F und L ausgespuckt. Ein erster Versuch des Vortests habe ein negatives Ergebnis geliefert. Als die Zeugin L dem Revisionswerber das Gerät, mit dem der Alkovortest durchgeführt worden sei, aus dem Mund gezogen habe, habe ein weiterer Kaugummi am Blasrohr geklebt. Nachdem der Revisionswerber vom Zeugen F angewiesen worden sei, den Anordnungen der Polizeibeamten zu folgen und jedes Verhalten zu vermeiden, das das Ergebnis verfälschen könne, insbesondere das Kauen eines Kaugummis, habe der zweite Versuch des Alkovortests ein Ergebnis von 0,62 mg/l Alkohol in der Atemluft geliefert. Der Revisionswerber sei vom Zeugen F zum Alkomattest an einem geeichten Gerät auf der nächstgelegenen Polizeiinspektion aufgefordert worden. Aufgrund des Vorfalles mit dem Kaugummi beim Alkovortest habe der Zeuge F den Revisionswerber erstmals noch vor Verbringung zur Polizeiinspektion sehr genau darüber aufgeklärt, dass er während der gesetzlich vorgesehenen Wartezeit von 15 Minuten zwischen der Aufforderung zum Alkomattest und dem Test selbst nichts zu sich nehmen, also nichts essen, trinken, nicht rauchen und insbesondere keinen Kaugummi kauen dürfe. Er sei zusätzlich darauf hingewiesen worden, dass ein solches Verhalten das Ergebnis des Alkoholtests verfälschen würde. Auch auf der Fahrt zur Polizeiinspektion habe der Zeuge F den Revisionswerber in Anwesenheit der Zeugen L und Z ein weiteres Mal darauf hingewiesen, dass es als Verweigerung der Testung der Atemluft auf ihren Alkoholgehalt gelte, wenn er vor der Testung Kaugummi kaue. Als der Alkomat auf der Dienststelle bereit zur Testung gewesen sei, seien beim Revisionswerber wiederum deutliche Kaubewegungen sichtbar gewesen. Darauf angesprochen habe der Revisionswerber sichtbar geschluckt. Es sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber unmittelbar vor der Testung am geeichten Alkomaten einen weiteren Kaugummi im Mund gehabt und diesen geschluckt habe. In der Folge sei dem Revisionswerber mitgeteilt worden, er habe die Untersuchung seiner Atemluft auf ihren Alkoholgehalt verweigert, und die Amtshandlung sei beendet worden.
6 Weiters legte das Verwaltungsgericht seine beweiswürdigenden Erwägungen offen, wobei es sich insbesondere auf die als glaubwürdig erachteten Aussagen der drei in der mündlichen Verhandlung als Zeugen einvernommenen amtshandelnden Polizeibeamten stützte. Rechtlich führte es zusammengefasst aus, ein Verhalten des Untersuchten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindere, gelte als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, wobei ein solches auch darin zu erblicken sei, dass der Proband ‑ trotz vorheriger Belehrung ‑ ein Verhalten setze, das zu einer Verfälschung der Messergebnisse führen könne. Der Betroffene habe die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen zu befolgen. Werde zumutbaren Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet, bedeute dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich dem besagten Test zu unterziehen. Durch das Kauen des Kaugummis habe der Revisionswerber gegen die Anordnung der einschreitenden Beamten, nichts zu essen, trinken und zu rauchen und im Speziellen keinen Kaugummi zu sich zu nehmen, verstoßen. Selbst wenn der Revisionswerber nicht darüber belehrt worden wäre, dass das Kauen eines Kaugummis vor dem Test am Alkomaten als Verweigerung gelte, sei daraus für den Revisionswerber nichts zu gewinnen. Die einschreitenden Beamten seien nicht verpflichtet, den Revisionswerber zu belehren, weil einem geprüften Fahrzeuglenker die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bekannt sein müssten.
7 Zuletzt erläuterte das Verwaltungsgericht seine Strafbemessung und traf Ausführungen zur Ergänzung der Fundstellen der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Strafsanktionsnorm.
8 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Die Revision erweist sich als unzulässig:
10 4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert -vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 4.2.1. Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG ab. In Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses vom 24. März 2021, der vom Verwaltungsgericht durch Abweisung der Beschwerde übernommen worden sei, werde der Tatort sowohl mit einem der Adresse nach umschriebenen Ort als auch mit einer näher genannten Polizeiinspektion angegeben. Bei einer Alkoholtestverweigerung sei der Tatort jedoch nicht der Ort des Lenkens des KFZ sondern jener der Verweigerungshandlung, sodass der Spruch des behördlichen Straferkenntnisses durch Entfernung des erstgenannten Tatortes vom Verwaltungsgericht richtigzustellen gewesen wäre. Zudem sei dem Revisionswerber lediglich vorgeworfen worden, den Alkotest verweigert zu haben, ohne die konkrete Tathandlung zu benennen.
14 Dem ist entgegenzuhalten, dass der in Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses umschriebenen Tatanlastung entsprechend der hg. Judikatur, wonach es hinsichtlich des Tatortes bei einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO auf den Ort der Verweigerung der Atemluftuntersuchung und nicht auf den Ort des Lenkens des Kraftfahrzeuges ankommt (vgl. VwGH 14.11.1997, 97/02/0431; 23.1.1991, 90/02/0181, jeweils mwN), eindeutig entnommen werden kann, dass dem Revisionswerber vorgeworfen wurde, sich in der angeführten Polizeiinspektion geweigert zu haben, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, sodass die überschießende Anführung des Ortes des Lenkens des Kraftfahrzeuges diesfalls nicht schadet.
15 Hinsichtlich der vermissten Konkretisierung der Tathandlung verkennt der Revisionswerber, dass das eine Verweigerung der Vornahme der Atemluftuntersuchung darstellende Verhalten des Aufgeforderten gemäß § 44a Z 1 VStG nicht in den Spruch des Straferkenntnisses aufgenommen werden muss. Somit war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, Art und Weise der Verweigerung näher zu präzisieren (vgl. hierzu VwGH 5.11.1997, 97/03/0104; siehe auch VwGH 8.9.1995, 95/02/0320; jeweils mwN).
16 4.2.2. Des Weiteren wird in der Revision vorgebracht, zur Erfüllung des Tatbildes wäre es erforderlich gewesen, den Revisionswerber vor Durchführung der Atemluftalkoholuntersuchung dahingehend zu belehren, dass die Einnahme von Speisen und Getränken, das Rauchen und das Kaugummikauen vor Durchführung der Testung nicht nur verboten sei, sondern ein Verstoß gegen derartige Anordnungen auch eine Alkotestverweigerung darstelle, weil in diesem Fall das Messergebnis verfälscht werden könne. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung habe der als Zeuge einvernommene Meldungsleger angegeben, dass es sein könne, dass das Wort „Alkotestverweigerung“ das erste Mal auf der Polizeiinspektion beim Warten auf die Testdurchführung mit dem Alkomaten gefallen sei, als der Meldungsleger bemerkt habe, dass der Revisionswerber einen Kaugummi im Mund habe. Somit sei erst unmittelbar vor Abbruch der Amtshandlung gesagt worden, dass das Kauen eines Kaugummis eine Verweigerung des Alkotests darstelle. Den Revisionswerber treffe somit auch kein Verschulden. Das Verwaltungsgericht habe den entscheidungswesentlichen Aspekt übergangen, weshalb der Revisionswerber hätte wissen müssen, dass das Vorhandensein eines Kaugummis im Mund eine Alkotestverweigerung darstelle.
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass ein Verhalten des Untersuchten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert, als Weigerung gilt, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen. Ein solches ist auch darin zu erblicken, dass der Proband ‑ trotz vorheriger Belehrung ‑ ein Verhalten setzt, das zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann. Der Betroffene hat die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen. Wenn derartigen zumutbaren Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich dem besagten Test zu unterziehen (vgl. VwGH 26.7.2019, Ra 2019/02/0113, mwN).
18 Auch hat der Verwaltungsgerichtshof im Fall eines Revisionswerbers, der sich entgegen der Anordnung des handelnden Organes von jenem Ort, an dem die Untersuchung der Atemluft durchgeführt werden sollte, entfernt hat, ohne ‑ laut Revisionsvorbringen ‑ vom handelnden Organ über die Konsequenzen seiner Entfernung belehrt worden zu sein, unter anderem darauf hingewiesen, dass es nicht erforderlich sei, einen geprüften Fahrzeuglenker über die Rechtsfolgen einer allfälligen Verweigerung der Atemluftprobe zu belehren, weil ihm die Bestimmungen der StVO bekannt sein müssen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/02/0245).
19 Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. November 1997, 97/03/0104, festgehalten, dass es unerheblich sei, ob der Proband gewusst habe, dass er mit der von ihm angewendeten Atmungstechnik den Tatbestand der Verweigerung der Atemluftuntersuchung erfülle, wenn er vom Meldungsleger wiederholt ermahnt worden sei, „normal“ zu atmen und er nicht darauf reagiert, sondern die „Hechelatmung“ beibehalten habe. Auch wenn der Proband nicht darüber belehrt worden sei, dass die „Hechelatmung“ als Verweigerung der Atemluftuntersuchung gelte, könne er sich nicht auf mangelndes Verschulden bzw. das Vorliegen eines entschuldbaren Tatbildirrtums berufen. Zum einen seien Straßenaufsichtsorgane nicht verpflichtet, im Zuge der von ihnen durchgeführten Amtshandlungen rechtliche Aufklärungen zu geben, zum anderen genüge für die Verwirklichung der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO die Schuldform der Fahrlässigkeit. Diese falle dem Probanden jedenfalls zur Last, weil in der Nichtbefolgung der Ermahnungen des Meldungslegers zumindest eine Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt zu erblicken sei (vgl. hierzu auch VwGH 31.1.2014, 2012/02/0012).
20 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt (vgl. VwGH 16.10.2015, Ra 2015/02/0182); den beweiswürdigenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes tritt die Revision nicht substantiiert entgegen.
21 Ausgehend von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt hat der Revisionswerber, der von einem amtshandelnden Polizeibeamten jedenfalls bereits vor der Verbringung zur Polizeiinspektion zur Atemluftuntersuchung darüber aufgeklärt wurde, dass er während der gesetzlich vorgesehenen Wartezeit von 15 Minuten vor Beginn der Messung nichts essen, trinken, nicht rauchen und insbesondere keinen Kaugummi kauen dürfe, dennoch unmittelbar vor der Testung einen Kaugummi im Mund gehabt, sodass das Verwaltungsgericht zu Recht von der Verwirklichung der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO ausgehen durfte. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich daher in diesem Zusammenhang nicht.
22 4.2.3. Auch mit dem weiteren Vorbringen, wonach dem Verwaltungsgericht ein Begründungsmangel unterlaufen sei, weil im mündlich verkündeten Erkenntnis vom 16. September 2021 ausgeführt werde, dass der Revisionswerber während der Fahrt zur Polizeiinspektion darauf hingewiesen worden sei, dass er vor dem Alkotest keine Lebensmittel zu sich nehmen dürfe, in der schriftlichen Ausfertigung vom 29. September 2021 hingegen argumentiert werde, dass er darauf hingewiesen worden sei, dass er keinen Kaugummi kauen dürfe, weil dies als Verweigerung des Alkotests gelte, wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt:
23 Abgesehen davon, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes im ersten Rechtsgang infolge ihrer Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr dem Rechtsbestand angehört (vgl. zur ex tunc Wirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des VwGH etwa VwGH 15.6.2021, Ra 2020/08/0025, mwN), kann auch die behauptete „relevante Diskrepanz zwischen dem mündlich verkündeten und dem schriftlich erlassenen Erkenntnis“ nicht erkannt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich bereits ausgesprochen, dass auch dann gegen die Anordnung des einschreitenden Beamten, nichts bzw. keine Speisen und Getränke zu sich zu nehmen, verstoßen wird, wenn der Proband einen Kaugummi zu sich nimmt. Einer ausdrücklichen Aufforderung, keinen Kaugummi zu kauen, bedarf es nicht, zumal bei verständiger Würdigung der festgestellten Anordnung, nichts bzw. keine Speisen und Getränke zu sich zu nehmen, es selbstverständlich ist, dass darunter auch das Kauen eines Kaugummis zu verstehen ist, von dem nicht auszuschließen ist, dass das Untersuchungsergebnis verfälscht werden kann (vgl. VwGH 24.2.2012, 2011/02/0353).
24 4.2.4. Soweit der Revisionswerber das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtsgang, an der er im Gegensatz zum ersten Rechtsgang teilgenommen hätte und bei der er einvernommen hätte werden können, sowie die fehlende Begründung im angefochtenen Erkenntnis für die Abstandnahme von einer solchen rügt, lässt er außer Acht, dass eine auf Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG gestützte Berechtigung zur Revisionserhebung die Möglichkeit der Rechtsverletzung voraussetzt (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2017/10/0130, mwN).
25 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass eine Partei, die ausdrücklich auf die (Erstreckung einer Verhandlung zur) Verkündung des Erkenntnisses bzw. auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtsgang verzichtet, durch die Unterlassung der mündlichen Verkündung in einer weiteren Verhandlung in ihren Rechten nicht verletzt sein kann (vgl. VwGH 3.3.2022, Ra 2020/02/0241, mwN). Ebenso kann eine Partei durch das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht in ihren Rechten verletzt sein, wenn diese ausdrücklich auf die Durchführung der zuvor beantragten Verhandlung verzichtet (vgl. VwGH 13.7.2022, Ra 2022/02/0100, mwN).
26 Aus der Niederschrift zur Verhandlung am 16. September 2021, der der Revisionswerber unentschuldigt ferngeblieben ist, lässt sich entnehmen, dass es aus Sicht des Vertreters des Revisionswerbers „nicht notwendig ist, den Beschwerdeführer einzuvernehmen und die Verhandlung aus diesem Grund zu vertagen“. Infolge dieses Verzichts auf seine Einvernahme gelingt es dem Revisionswerber vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur nicht, im Zusammenhang mit der Abstandnahme von der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtsgang eine mögliche Rechtsverletzung aufzuzeigen.
27 4.2.5. Der Revisionswerber erachtet schließlich einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz für gegeben, weil durch die „ex tunc wirkende Aufhebung“ des im ersten Rechtsgang erlassenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes durch den Verwaltungsgerichtshof „das Verfahren in jenes Stadium zurückgetreten [sei], in welchem es sich nach Einbringung meiner Beschwerde gegen das behördliche Straferkenntnis“ befunden habe, sodass die Verwertung der Zeugenaussagen der in der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtsgang einvernommenen Polizeibeamten ihre Verlesung bzw. bei Unzulässigkeit der Verlesung eine erneute Beweisaufnahme im Rahmen einer Verhandlung im zweiten Rechtsgang vorausgesetzt hätte.
28 Nach dem gemäß § 48 VwGVG für das verwaltungsgerichtliche Verfahren normierten Unmittelbarkeitsgrundsatz darf das Verwaltungsgericht, soweit es eine Verhandlung durchführt, bei seiner Entscheidung nur auf die in der Verhandlung selbst vorgekommenen Beweise Rücksicht nehmen (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/09/0034, mwN). Nach der Aufhebung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes durch den Verwaltungsgerichtshof ist jedoch gemäß § 42 Abs. 3 VwGG lediglich der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten, als ob das aufgehobene Erkenntnis oder der aufgehobene Beschluss von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. erneut VwGH 15.6.2021, Ra 2020/08/0025, mwN). Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die vom Verwaltungsgericht im ersten Rechtsgang gesetzten Ermittlungsschritte und durchgeführten Beweisaufnahmen so zu betrachten sind, als ob sie nie erfolgt wären (zur Qualifikation einer mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtsgang als Fortsetzung der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtsgang vgl. wiederum VwGH 3.3.2022, Ra 2020/02/0241).
29 Somit war es dem Verwaltungsgericht nicht verwehrt, sich im Rahmen seiner Beweiswürdigung primär auf die Aussagen der drei amtshandelnden Polizeibeamten, die bei der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtsgang vom Verwaltungsgericht (in Anwesenheit des Vertreters des Revisionswerbers) einvernommen wurden, zu stützen, zumal es sich bei den Zeugenaussagen um Beweise handelt, die entsprechend § 48 VwGVG in einer durchgeführten Verhandlung aufgenommen worden waren (vgl. abermals VwGH 17.12.2019, Ra 2019/09/0034, mwN).
30 5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 8. August 2022
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