VwGH Ra 2020/11/0113

VwGHRa 2020/11/011329.6.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz‑Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der R GmbH in W, vertreten durch die Backhausen Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Lugeck 7/20, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. April 2020, Zl. VGW‑106/087/14389/2019‑4, betreffend Verlegung eines Ambulatoriums nach dem Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 (Wr. KAG) (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

KAG Bgld 2000 §5 Abs2 Z2
KAG Slbg 2000 §6 Abs2
KAG Stmk 2012 §4 Abs7 Z1
KAG Wr 1987 §5 Abs2 Z4
KAKuG 2001
KAO Krnt 1999 §8 Abs2
StGG Art6
VwGG §42 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020110113.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 25. September 2018 zeigte die Revisionswerberin bei der belangten Behörde I. die freiwillige Betriebsunterbrechung der Krankenanstalt „Röntgeninstitut F“, 1150 Wien, gemäß § 62 lit. h Wr. KAG an und stellte II. gleichzeitig den Antrag auf Bewilligung der Verlegung der Krankenanstalt „Röntgeninstitut F“ nach 1050 Wien, gemäß § 7 Abs. 3 Wr. KAG sowie III. den Antrag auf Bewilligung der Änderung der Bezeichnung der Krankenanstalt in „Röntgeninstitut M“ gemäß § 8 Abs. 1 Wr. KAG.

2 Mit Bescheid vom 18. September 2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Bewilligung der Verlegung der Krankenanstalt (II.) ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Krankenanstalt „Röntgeninstitut F“ bereits im Dezember 2017 aufgelassen worden sei. Die angezeigte Betriebsunterbrechung könne neun Monate im Nachhinein nicht zur Kenntnis genommen werden, weshalb die beantragte Verlegung abzuweisen sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Verlegung der verfahrensgegenständlichen Krankenanstalt gemäß § 7 Abs. 3 iVm. § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG abgewiesen werde. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung ‑ aus, das 1994 bewilligte selbständige Ambulatorium sei zuletzt bis Dezember 2017 unter dem Namen „Röntgeninstitut F“ von der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin in 1150 Wien betrieben worden. Den letzten Wechsel des Rechtsträgers habe die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. Jänner 2018 gemäß § 8 Abs. 1 Wr. KAG bewilligt. Erst am 25. September 2018 habe die Revisionswerberin bei der belangten Behörde die gegenständlichen Anträge gestellt und die Betriebsunterbrechung angezeigt.

5 Die Revisionswerberin betreibe derzeit eine Gruppenpraxis an drei Standorten in Wien und bestehe aus vier RadiologInnen, welche alle Gesellschafter der Revisionswerberin seien. Die Revisionswerberin sei weiters Trägerin zweier Krankenanstalten, einerseits des gegenständlich zu verlegenden „Röntgeninstituts F“, andererseits des „CT‑Instituts M“, eines selbständigen Ambulatoriums, das mit Vertrag vom 5. Juli 2018 von einer Gesellschafterin der Revisionswerberin in deren Gesellschaft eingebracht worden sei. Die Übertragung dieser Krankenanstalt sei mit Bescheid vom 6. August 2018 bewilligt worden. Die Gesellschafter der Revisionswerberin seien strafrechtlich unbescholten, und es lägen keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen betreffend gesundheits- bzw. krankenanstaltenrechtliche Vorschriften vor.

6 An der Adresse in 1050 Wien, an die das „Röntgeninstitut F“ verlegt werden solle, befinde sich das Fspital, welches zum Bereich der intramuralen Gesundheitsversorgung zähle. In dessen Räumlichkeiten eingemietet befinde sich ein Standort der Gruppenpraxis der Revisionswerberin und ‑ bereits seit vielen Jahren ‑ das „CT‑Institut M“. Die Gruppenpraxis erbringe ambulante Röntgenleistungen, wogegen das „CT‑Institut M“ ambulante CT‑Leistungen erbringe. Das „CT‑Institut M“ sei weder räumlich noch organisatorisch oder personell von der Gruppenpraxis getrennt. Zwar habe das „CT‑Institut M“ kürzere Öffnungszeiten als die Gruppenpraxis, erbringe aber bei Bedarf Leistungen auch außerhalb dieser Zeiten.

7 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, entgegen der Ansicht der belangten Behörde und unter Zugrundelegung des hg. Erkenntnisses vom 20. September 2017, Ro 2014/11/0082, sei der Betrieb der Krankenanstalt „Röntgeninstitut F“ nicht aufgelassen und die Errichtungsbewilligung somit weiterhin aufrecht. Es sei somit zu prüfen, ob sämtliche Voraussetzungen für eine Verlegung erfüllt seien.

8 Der gegenständliche Verlegungsantrag der Revisionswerberin falle unter § 7 Abs. 3 Wr. KAG, da die Krankenanstalt an einen anderen Betriebsort verlegt werden solle. Da die §§ 4, 5, 6 und 6a Wr. KAG sinngemäß anzuwenden seien, sei zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 5 Wr. KAG (Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums) erfüllt seien. Im gegenständlichen Fall bestünden gegen die Revisionswerberin Bedenken im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG.

9 Zunächst habe die Revisionswerberin durch die um mehr als neun Monate verspätete Anzeige der freiwilligen Betriebsunterbrechung gemäß § 62 lit. h Wr. KAG eine Verwaltungsübertretung gemäß § 67 leg. cit. begangen, welche mit bis zu 2.100,‑‑Euro zu bestrafen sei. Die belangte Behörde habe lediglich verabsäumt, ein diesbezügliches Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten.

10 Darüber hinaus bestünden Bedenken aufgrund der von der Revisionswerberin in 1050 Wien geführten Gruppenpraxis unter gleichzeitigem Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums (des „CT‑Instituts M“) am selben Standort. Ziel des § 52a ÄrzteG 1998 sei es, die Tätigkeit der GmbH oder OG nicht über jene hinausgehen zu lassen, die sich aus der Berufsberechtigung der Gesellschafter unmittelbar oder in deren direktem Zusammenhang ergebe. Keinesfalls umfasse eine solche Berufsberechtigung nach dem ÄrzteG 1998 die Berechtigung zum Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums, da hierfür gerade eine gesonderte Bewilligung nach den krankenanstaltenrechtlichen Vorschriften erforderlich sei.

Auch sei die konkrete Ausgestaltung des Betriebs einer Gruppenpraxis und einer Krankenanstalt am selben Standort unzulässig, weil andere rechtliche Vorgaben für Ordinationen als für Krankenanstalten, andere Gesetzgebungs- und Vollziehungszuständigkeiten aufgrund der Kompetenzverteilung in Art. 10 und Art. 12 B‑VG sowie unterschiedliche Verantwortlichkeiten des behandelnden Arztes und des dahinterstehenden Rechtsträgers bestünden. Es werde nicht übersehen, dass sich am Standort in 1050 Wien seit Jahren eine Ordination und ein selbständiges Ambulatorium an derselben Adresse befänden und auch der Betrieb eines CT‑Gerätes durch einen extramuralen Betreiber in einer intramuralen Einrichtung (Fspital) im für verbindlich erklärten Großgeräteplan vorgesehen sei, jedoch seien dabei die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten, die eine strikte Trennung von Ordination und Krankenanstalt geböten. Mangels Einhaltung dieser Trennung bestünden Bedenken gegen die Revisionswerberin iSd. § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG, sodass die sonstigen Voraussetzungen für eine Verlegung nicht mehr zu prüfen gewesen seien.

11 Dagegen richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, zu der die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde keine Revisionsbeantwortung erstattete.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

13 Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 (Wr. KAG), LGBl. Nr. 23/1987 idF LGBl. Nr. 19/2020, lauten (auszugsweise):

§ 1

...

(3) Krankenanstalten im Sinne der Abs. 1 und 2 sind:

...

5. selbständige Ambulatorien, das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist. Die Durchführung von Hausbesuchen im jeweiligen Einzugsgebiet ist zulässig;

6. ...

(4) Einrichtungen, die eine gleichzeitige Behandlung von mehreren Personen ermöglichen und deren Organisation durch die Anstellung insbesondere von Angehörigen von Gesundheitsberufen und von Ärztinnen, Ärzten, Zahnärztinnen oder Zahnärzten eine Dichte und Struktur aufweisen, die insbesondere im Hinblick auf das arbeitsteilige Zusammenwirken und das Leistungsvolumen eine Anstaltsordnung erfordern, sind nicht als Ordinationsstätten von Ärztinnen und Ärzten oder Zahnärztinnen und Zahnärzten anzusehen. Sie unterliegen den krankenanstaltenrechtlichen Vorschriften.

...

§ 2

Als Krankenanstalten im Sinne des § 1 gelten nicht:

...

e) Gruppenpraxen;

...

Errichtung von selbständigen Ambulatorien

§ 5

(1) ...

(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs. 1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn insbesondere

1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Gruppenpraxen und selbständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärztinnen, Zahnärzte, Dentistinnen, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und

b) zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,

2. das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen sind,

3. das für die Unterbringung der Anstalt geplante oder bereits vorhandene Gebäude den hinsichtlich der Aufführung oder Verwendung solcher Gebäude vorgesehenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht und

4. gegen die Bewerberin oder den Bewerber keine Bedenken bestehen.

...

Änderung von Krankenanstalten

§ 7

(1) Jede geplante räumliche Veränderung einer Krankenanstalt ist der Landesregierung anzuzeigen.

(2) ...

(3) Die Verlegung einer Krankenanstalt an einen anderen Betriebsort bedarf einer Bewilligung der Landesregierung. Im Verfahren darüber sind die §§ 4, 5, 6 und 6a sinngemäß anzuwenden.

...

Verpachtung, Übertragung, Bezeichnungsänderung

§ 8

(1) Der Bewilligung der Landesregierung bedürfen ferner die Verpachtung einer Krankenanstalt, ihre Übertragung ‑ auch eines Teils ‑ auf einen anderen Rechtsträger und jede Änderung ihrer Bezeichnung (§ 4 Abs. 2 lit. d bzw. § 5 Abs. 2 Z 4). Die Bewilligung kann nur erteilt werden, wenn dagegen keine gewichtigen Bedenken bestehen.

...

§ 62

Für die Errichtung und den Betrieb privater Krankenanstalten gelten die Bestimmungen des I. Abschnittes (§§ 1 bis 24). Von den Bestimmungen des II. Abschnittes (§§ 25 bis 60) sind auf private Krankenanstalten folgende anzuwenden:

...

h) selbständige Ambulatorien haben die freiwillige Betriebsunterbrechung oder ihre Auflassung vorher der Landesregierung anzuzeigen;

...

§ 67

Übertretungen der Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Verordnungen und sonstigen behördlichen Anordnungen werden, sofern die Handlung oder Unterlassung nicht gerichtlich oder nach einer anderen Vorschrift mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Magistrat mit einer Geldstrafe bis zu 2 100 Euro oder mit Arrest bis zu einem Monat bestraft. Liegen besonders erschwerende Umstände vor, so können Geld‑ und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden.“

14 Das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 23/2020, lautet auszugsweise:

§ 2. (1) Krankenanstalten im Sinne des § 1 sind:

...

5. selbständige Ambulatorien, das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist. Die Durchführung von Hausbesuchen im jeweiligen Einzugsgebiet ist zulässig;

...

(2) Als Krankenanstalten im Sinne des § 1 gelten nicht:

...

e) Gruppenpraxen;

...

(3) Einrichtungen, die eine gleichzeitige Behandlung von mehreren Personen ermöglichen und durch die Anstellung insbesondere von Angehörigen von Gesundheitsberufen eine Organisationdichte und -struktur aufweisen, die insbesondere im Hinblick auf das arbeitsteilige Zusammenwirken und das Leistungsvolumen eine Anstaltsordnung erfordern, sind nicht als Ordinationsstätten von Ärzten oder Zahnärzten anzusehen. Sie unterliegen den krankenanstaltenrechtlichen Vorschriften.

...

Zulassungsverfahren für selbstständige Ambulatorien

§ 3a. (1) ...

(2) Die Bewilligung zur Errichtung darf nur erteilt werden, wenn insbesondere

...

4. gegen den Bewerber keine Bedenken bestehen.

...“

15 Das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 26/2020, lautet (auszugsweise):

„Zusammenarbeit im Rahmen von Gruppenpraxen

§ 52a. (1) Die Zusammenarbeit von Ärzten, insbesondere zum Zweck der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung, kann weiters auch als selbstständig berufsbefugte Gruppenpraxis in der Rechtsform einer

1. offenen Gesellschaft im Sinne des § 105 des Unternehmensgesetzbuches (UGB), BGBl. I Nr. 120/2005, oder

2. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) im Sinne des GmbH‑Gesetzes (GmbHG), RGBl. Nr. 58/1906, erfolgen.

(2) In der Firma der Gruppenpraxis sind jedenfalls der Name eines Gesellschafters und die in der Gruppenpraxis durch die Gesellschafter vertretenen Fachrichtungen anzuführen. Gesellschafter von Gruppenpraxen sind ausschließlich Mitglieder der Ärztekammern in den Bundesländern

(3) Eine Gruppenpraxis darf keine Organisationsdichte und ‑struktur einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 KAKuG aufweisen. In diesem Sinne gelten folgende Rahmenbedingungen:

1. Der Gruppenpraxis dürfen als Gesellschafter nur zur selbstständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte angehören.

2. Andere natürliche Personen und juristische Personen dürfen der Gruppenpraxis nicht als Gesellschafter angehören und daher nicht am Umsatz oder Gewinn beteiligt werden.

3. Die Übertragung und Ausübung von übertragenen Gesellschaftsrechten ist unzulässig.

4. Die Berufsbefugnis der Gruppenpraxis ergibt sich aus der Berufsberechtigung der an der Gruppenpraxis als Gesellschafter beteiligten Ärzte.

5. Die Tätigkeit der Gruppenpraxis muss auf die

a) Ausübung von Tätigkeiten im Rahmen der Berufsbefugnis der Gruppenpraxis einschließlich Hilfstätigkeiten und mit der Berufsbefugnis der Gruppenpraxis im direkten Zusammenhang stehende Tätigkeiten von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe sowie

b) Verwaltung des Gesellschaftsvermögens

beschränkt werden.

6. Jeder Gesellschafter ist maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung in der Gesellschaft verpflichtet.

7. Unzulässig ist die Anstellung von Gesellschafterinnen/Gesellschaftern.

8. Eine Anstellung von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe ist nur in einem Ausmaß zulässig, das keine Regelung in einer Anstaltsordnung erfordert. Wenn das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und den Vollzeitäquivalenten der angestellten Angehörigen anderer Gesundheitsberufe, ausgenommen Ordinationsgehilfen, die Verhältniszahl 1:5 übersteigt oder wenn die Zahl der angestellten Angehörigen anderer Gesundheitsberufe, ausgenommen Ordinationsgehilfen, die Zahl 30 übersteigt, wird das Vorliegen eines selbständigen Ambulatoriums vermutet. Bei Sonderfächern mit hohem Technisierungsgrad wie Medizinische und Chemische Labordiagnostik, Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation sowie Radiologie tritt auch bei Übersteigen der genannten Zahlen die Vermutung des Vorliegens eines selbständigen Ambulatoriums solange nicht ein, als die ärztliche Verantwortung für die ärztliche Leistung für einen bestimmten Behandlungsfall bei einem bestimmten Gesellschafter liegt.

9. Die Berufsausübung der Gesellschafter darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden.

10. Über Fragen der Berufsausübung entscheiden ausschließlich die entsprechend berufsberechtigten Gesellschafter. Gegen den Willen jener Gesellschafter, die über die den Gegenstand einer Entscheidung überwiegend betroffene Berufsberechtigung verfügen, darf keine Entscheidung getroffen werden.

11. Für die Patienten ist die freie Arztwahl unter den Gesellschaftern derselben Fachrichtung zu gewährleisten.

(4) Eine Gruppenpraxis darf im Bundesgebiet nur einen Berufssitz haben, der zugleich Berufssitz der an ihr beteiligten Ärzte ist. Darüber hinaus darf eine Gruppenpraxis in Form einer Vertragsgruppenpraxis unter nachfolgenden Voraussetzungen mehrere in die Ärzteliste einzutragende Standorte im Bundesgebiet haben:

1. Die Anzahl der Standorte darf die Anzahl der an der Gruppenpraxis beteiligten Gesellschafter nicht überschreiten.

2. Einer der Standorte muss zum Berufssitz der Gruppenpraxis erklärt werden.

3. Jeder Gesellschafter darf zwar unbeschadet des § 45 Abs. 3 an sämtlichen Standorten der Gruppenpraxis seinen Beruf ausüben, in diesem Fall jedoch keinen sonstigen Berufssitz haben.

4. Es kann eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden.

(5) Im Gesellschaftsvertrag ist zu bestimmen, ob und welche Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt sind. Zum Abschluss von Behandlungsverträgen für die Gesellschaft ist jeder Gesellschafter berechtigt. Die vorübergehende Einstellung oder Untersagung der Berufsausübung bis zur Dauer von sechs Monaten hindert Ärzte nicht an der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, wohl aber an der Vertretung und an der Geschäftsführung.

(6) Jeder Gesellschafter ist, insbesondere durch eine entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrags, zur Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere der Anmeldungspflicht nach § 29 Abs. 1 Z 7 einschließlich der Vorlage des Gesellschaftsvertrages und gegebenenfalls des Bescheids über die Zulassung als Gruppenpraxis gemäß § 52c verpflichtet. Jeder Gesellschafter ist für die Erfüllung seiner Berufs- und Standespflicht persönlich verantwortlich, diese Verantwortung kann weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch Beschlüsse der Gesellschafter oder Geschäftsführungsmaßnahmen eingeschränkt oder aufgehoben werden.

(7) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Ärzte, Ärzte für Allgemeinmedizin, approbierte Ärzte oder Fachärzte abgestellt wird, sind die jeweiligen Bestimmungen auf Gruppenpraxen gegebenenfalls anzuwenden.“

16 Im Revisionsfall versagte das Verwaltungsgericht die Bewilligung zur Verlegung des „Röntgeninstituts F“, ausschließlich deshalb, weil es Bedenken gegen die Bewerberin iSd. § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG hegte.

17 Die Revision wendet sich im Wesentlichen gegen die Interpretation des § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG durch das Verwaltungsgericht und bestreitet, dass die im angefochtenen Erkenntnis dargelegten Umstände, welche überdies zum Teil bestritten werden, Bedenken im Sinne dieser Bestimmung auslösen konnten.

18 Die Revision ist aus diesen Gründen zulässig. Sie ist auch begründet.

19 Während das Wr. KAG ebenso wie das KaKuG keine Anhaltspunkte dafür bietet, wann Bedenken gegen einen Bewerber bestehen (auch den jeweiligen Gesetzesmaterialien ist dazu nichts Näheres zu entnehmen), stellen die meisten Landesgesetze iW auf (gerichtliche oder verwaltungsstrafrechtliche) Bestrafungen nach krankenanstalten- oder gesundheitsrechtlichen Vorschriften sowie wegen bestimmter Wirtschafts- und Finanzdelikte ab (vgl. die Beispiele bei Stöger, Krankenanstaltenrecht [2008], 520 ff.).

20 Das Verwaltungsgericht begründete seine Bedenken zunächst mit dem (unbestrittenen) Verstoß gegen § 62 lit. h Wr. KAG, weil die im Dezember 2017 erfolgte Betriebsunterbrechung des „Röntgeninstituts F“ nicht im Vorhinein angezeigt worden war. Unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 1982, 0899/80 (= VwSlg. 10682 A/1982), führte das Verwaltungsgericht aus, die im Wr. KAG aufgestellte Forderung, dass gegen den Bewerber um die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt keine Bedenken bestehen dürfen, müsse in erster Linie dahingehend verstanden werden, dass die Person des Rechtsträgers einer Krankenanstalt Gewähr dafür biete, dass insbesondere die Bestimmungen der in Betracht kommenden Krankenanstaltengesetze beachtet würden. Dem zitierten hg. Erkenntnis lag ein Fall zugrunde, in dem die Beschwerdeführerin bereits dreimal wegen Übertretung des Ärztegesetzes bestraft worden war.

21 Der Revisionsfall unterscheidet sich davon bereits dadurch, dass ‑ nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ‑ sämtliche Gesellschafter strafrechtlich unbescholten sind und keine einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen iZm. gesundheits- oder krankenanstaltenrechtlichen Vorschriften aufweisen. Überdies erfolgte keine Bestrafung wegen der Übertretung des § 62 lit. h Wr. KAG.

22 Zwar bestehen ‑ worauf das Verwaltungsgericht hinweist ‑ nach den einschlägigen Landesgesetzen Bedenken vereinzelt auch dann, wenn „sonstige Umstände“ vorliegen, die die Eignung des Bewerbers ausschließen (zB § 4 Abs. 7 Z 1 StKAG, § 8 Abs. 2 K‑KAO), oder wenn bei juristischen Personen die Erwartung fehlt, dass ein den gesetzlichen Erfordernissen entsprechender Betrieb der Krankenanstalt gewährleistet ist (§ 5 Abs. 2 Z 2 Bgl. KAG, § 6 Abs. 2 SKAG). Allerdings sind Bestimmungen, die Gründe für die mangelnde Eignung bzw. Verlässlichkeit normieren, von der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht in einer das Gebot der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in die Erwerbsfreiheit (nach Art. 6 StGG) berücksichtigenden Weise anzuwenden (vgl. etwa VwGH 24.9.2019, Ra 2019/03/0022, mwN). Im Krankenanstaltenrecht werden aus Gründen der Verhältnismäßigkeit daher nur solche Eingriffe in die Erwerbsfreiheit zulässig sein, die zum Schutz eines geordneten Krankenanstaltenbetriebs, insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit von Patienten und Personal, erforderlich sind (vgl. Stöger, aaO, 521). Unter Bezugnahme auf diese Literaturstelle führt das Verwaltungsgericht aus, die „schwerwiegende Folge des Verlusts der Verlässlichkeit“ solle nur dort eintreten, wo dies zum Schutz eines geordneten Anstaltsbetriebs „erforderlich und verhältnismäßig ist“. Dass die im Revisionsfall erfolgte Verspätung der Anzeige der Betriebsunterbrechung ‑ welche von der belangten Behörde im Übrigen nicht einmal geahndet wurde ‑ gravierend genug wäre, um Bedenken gegen die Verlässlichkeit der Bewerberin iSd. § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG auszulösen, und deshalb die Abweisung des Verlegungsantrags verhältnismäßig wäre, ist vorliegend nicht zu erkennen.

23 Das Verwaltungsgericht stützte seine „Bedenken“ im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG überdies darauf, dass die Revisionswerberin gegen § 52a ÄrzteG 1998 verstoßen habe, weil sie eine Gruppenpraxis nach dem ÄrzteG 1998 und eine Krankenanstalt („CT‑Institut M“) am selben Standort betreibe.

24 Die Übertragung des „CT‑Instituts M“ in 1050 Wien, durch eine Gesellschafterin der Revisionswerberin auf die Gesellschaft, die bereits seit 2012 am selben Standort eine Gruppenpraxis betreibt, war von der belangten Behörde mit Bescheid vom 6. August 2018 bewilligt worden. Es kann dahinstehen, ob diese Bewilligung zu Recht erfolgte. Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist nämlich ein mit dieser Bewilligung im Einklang stehendes Verhalten der Revisionswerberin nicht geeignet, Bedenken gegen ihre Verlässlichkeit iSd. § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG auszulösen.

25 Da das Verwaltungsgericht somit zu Unrecht davon ausging, die Voraussetzung des § 5 Abs. 2 Z 4 Wr. KAG sei im Revisionsfall nicht erfüllt, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

26 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG iVm. der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. Juni 2023

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