VwGH Ra 2019/20/0571

VwGHRa 2019/20/057113.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Dr. Schwarz und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des H M in H, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2019, W242 2185848-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §45 Abs2
AVG §52

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200571.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 27. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass seine Heimatstadt unter der Herrschaft der Taliban stehe. Die Taliban hätten ihn verfolgt, er habe zwei Nächte in deren Herrschaftsgebiet verbracht. Sein Vater sei spurlos verschwunden.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 18. Jänner 2018 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Der Revisionswerber erhob gegen das Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. September 2019, E 2565/2019-7, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

5 In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

 

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 10.9.2019, Ra 2019/14/0258, mwN).

10 Der Revisionswerber bekämpft die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, welches das Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen als unglaubwürdig einstufte. Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts erfülle nicht die nach dem Gesetz vorgesehenen Anforderungen. An entscheidungswesentlichen Stellen habe es eine eigene Begründung unterlassen und pauschal auf nicht beigelegte Länderfeststellungen verwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht habe relevante Beweisanträge des Revisionswerbers und Parteivorbringen ignoriert und die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Klärung des Gesundheitszustandes des Revisionswerbers, insbesondere hinsichtlich seiner posttraumatischen Belastungsstörung und der tatsächlich in Afghanistan durchlebten Misshandlungen durch die Taliban, unterlassen. Weiters sei das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes abgewichen.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 9.10.2019, Ra 2019/20/0476, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, er sei von den Taliban verfolgt worden, auseinandergesetzt und ist nach Durchführung einer Verhandlung im Rahmen einer nicht als unschlüssig zu wertenden Beweiswürdigung mit näherer Begründung zum Ergebnis gekommen, dass dieses Vorbringen unglaubwürdig sei. Der Revision gelingt es mit ihrer pauschalen Behauptung in der Zulassungsbegründung, die Beweiswürdigung sei unschlüssig, widersprüchlich und weise keinen Begründungswert auf, nicht aufzuzeigen, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts unvertretbar wären. 12 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulassungsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 9.9.2019, Ra 2018/01/263, mwN). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften lediglich zu behaupten, sondern ist auch deren Relevanz in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 5.7.2019, Ra 2019/01/0229, mwN). Mit dem allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich Ermittlungs- und Begründungsmängel macht der Revisionswerber völlig unsubstantiiert Verfahrensmängel geltend und unterlässt diesbezüglich eine Relevanzdarstellung.

13 Dem Vorwurf, das Bundesverwaltungsgericht habe insbesondere den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Neurologie nicht berücksichtigt, ist darüber hinaus zu entgegnen, dass das Bundesverwaltungsgericht ohnehin - unter Verweis auf die vorgelegten fachärztlichen Gutachten - festgestellt hat, dass der Revisionswerber unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, diese jedoch im Herkunftsstaat behandelbar sei. Das greift die Revision nicht an. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht fällt aber nicht in das Aufgabengebiet eines Sachverständigen, sondern ist dem Kernbereich der richterlichen Beweiswürdigung zuzurechnen (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/01/0344).

14 Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen Erkenntnissen wiederzugeben oder Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. etwa VwGH 24.1.2017, Ra 2017/05/0005, mwN). Diesen Vorgaben wird mit der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung der gegenständlichen Revision, die nur pauschal ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes behauptet, nicht entsprochen.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß Art. 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 13. Dezember 2019

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