VwGH Ra 2019/20/0492

VwGHRa 2019/20/049230.6.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, in der Rechtsache der Revision 1. des J K, und 2. des A K, beide vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. August 2019, Zlen. 1. L512 2145495‑1/34E und 2. L512 2145494‑1/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den

Beschluss

gefasst:

Normen

AsylG 2005 §18
AVG §37
AVG §60
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019200492.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber ist der Vater des minderjährigen Zweitrevisionswerbers. Beide sind Staatsangehörige des Iran und stellten am 20. November 2015 Anträge auf internationalen Schutz. Nach den Fluchtgründen befragt, brachte der Erstrevisionswerber zusammengefasst vor, die Revisionswerber hätten den Iran aufgrund seiner Hinwendung zum Christentum verlassen.

2 Mit den Bescheiden jeweils vom 27. Dezember 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte den Revisionswerbern keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen samt rechtlich davon abhängenden Aussprüchen.

3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen vom 28. August 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab und sprach jeweils aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Mit Beschluss vom 24. Februar 2020, E 4585‑4586/2019‑7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diese Erkenntnisse gerichteten Beschwerde der Revisionswerber ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 In der Folge wurde die gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Soweit sich die Revisionswerber bei der Bezeichnung der Revisionspunkte auf die Verletzung „in ihren gesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein den Verwaltungsverfahrensgesetzen entsprechendes Ermittlungsverfahren und § 37 AVG iVm. § 18 AsylG sowie § 60 AVG (Feststellung und Begründung des maßgeblichen Sachverhalts)“ beziehen, handelt es sich nicht um Revisionspunkte, sondern um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechtes zielführend vorgebracht werden können (vgl. VwGH 6.6.2019, Ra 2018/20/0432). Als tauglich erweist sich die vorliegende Bezeichnung von Revisionspunkten daher nur insoweit, als die Verletzung „in ... Rechten gemäß § 8 AsylG, §§ 55, 57 AsylG und [im] Recht darauf, nicht mit einer Rückkehrentscheidung belegt zu werden“, behauptet wird.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt eine Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes, also des vom Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. VwGH 10.1.2020, Ra 2019/20/0582, mwN). In Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten hängt die Revision daher schon aus diesem Grund von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht ab.

Das zur Zulässigkeit der Revision nach einleitender Wiedergabe von Rechtsprechungszitaten erstattete Vorbringen vermengt in unstrukturierter Weise Fragen der Beweiswürdigung, des Ermittlungsverfahrens und des materiellen Rechts, ohne im Einzelnen konkret und fallbezogen anzuführen, welche Ermittlungen zu Unrecht nicht geführt, welche Feststellungen zu Unrecht nicht getroffen worden seien, inwiefern sich die Beweiswürdigung des BVwG als unvertretbar darstelle, und in welcher Hinsicht dabei jeweils von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen worden sei (oder sonst eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen werde).

10 Im Übrigen entfernen sich sowohl die Behauptung, dass die Revisionswerber im Iran „keine Unterstützung ihrer Familie“ erhalten würden, als auch das Vorbringen fehlender Perspektiven und prekärer Rückkehrverhältnisse für den Erstrevisionswerber als Konvertiten und der unterlassenen Berücksichtigung des Kindeswohls hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers als im Iran völlig entwurzeltes, „christlich erzogenes Kind“, das „in Österreich hervorragend schulisch und sozial integriert“ sei, vom festgestellten Sachverhalt. Die Revisionswerber setzen damit insbesondere den ‑ disloziert getroffenen ‑ Feststellungen des BVwG zur Möglichkeit der Unterstützung der Revisionswerber durch Familienangehörige sowie den Erwägungen, wonach der Erstrevisionswerber lediglich zum Schein konvertiert sei und die Aktivitäten beider Revisionswerber lediglich zur Aufrechterhaltung dieses Anscheins gedient hätten, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass sie im Iran die christliche Religion praktizieren würden oder ihre Kirchenbesuche in Österreich den iranischen Behörden oder Privatpersonen bekannt werden sollten, nichts Stichhaltiges entgegen. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. VwGH 4.2.2020, Ra 2020/20/0025 bis 0030, mwN). Entfernt sich die Revision mit ihren Ausführungen ‑ wie hier ‑ vom festgestellten Sachverhalt, vermag sie eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufzuzeigen (vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0448; 28.11.2019, Ra 2019/20/0549, jeweils mwN).

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juni 2020

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