VwGH Ra 2020/20/0025

VwGHRa 2020/20/00254.2.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision 1. der S H,

2. des M S, 3. der L M, 4. des H S, 5. des E S und 6. des E S, alle in W, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das am 19. August 2019 mündlich verkündete und am 9. September 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis, 1. L518 2178307-1/18E,

2. L518 2178329-1/12E, 3. L518 2178315-1/12E, 4. L518 2178326- 1/9E, 5. L518 2178320-1/9E und 6. L518 2178323-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200025.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien zu 1. bis 5., alle armenische Staatsangehörige, stellten am 10. September 2015 und der Sechstrevisionswerber am 20. Juni 2016 Anträge auf internationalen Schutz. Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter des Zweitrevisionswerbers und Schwiegermutter der Drittrevisionswerberin. Die Viert- bis Sechstrevisionswerber sind die minderjährigen Kinder des Zweitrevisionswerbers und der Drittrevisionswerberin.

2 Mit Bescheiden je vom 12. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diese Anträge ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebungen nach Armenien zulässig seien. In Bezug auf die Erstrevisionswerberin wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und gegen den Zweitrevisionswerber sowie die Drittrevisionswerberin jeweils ein Einreiseverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen. In Bezug auf die Viert- bis Sechstrevisionswerber legte die Behörde die Frist zur freiwilligen Ausreise jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung "mit der Maßgabe", dass die Einreiseverbote behoben wurden, als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Die revisionswerbenden Parteien erhoben gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 28. November 2019, E 3370-3375/2019-7, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 In der Folge wurde die vorliegende Revision eingebracht. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Soweit sich das Zulässigkeitsvorbringen auf einen "Begründungsmangel" des angefochtenen Erkenntnisses beruft, wendet sich die Revision der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des BVwG.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/20/0396, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 26.8.2019, Ra 2019/20/0400, mwN). Die revisionswerbenden Parteien unternehmen mit ihrem Vorbringen letztlich lediglich den Versuch darzulegen, dass es anhand der vorliegenden Beweismittel möglich wäre, auch zur Feststellung eines anderen Sachverhaltes zu kommen. Es wird aber nicht aufgezeigt, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts unvertretbar wären.

11 Sofern die Revision zu ihrer Zulässigkeit weiters vorbringt, bei der Verfolgung des Zweitrevisionswerbers handle es sich um eine politische Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. VwGH 22.12.2016, Ra 2016/20/0351 bis 0354, mwN). Da die Revision mit dem genannten Vorbringen keinen konkreten Bezug zu dem im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt herstellt, wonach nicht festgestellt werden könne, dass die Revisionswerber den behaupteten Gefährdungen ausgesetzt wären, wird mit dem Vorbringen zur Asylrelevanz keine Rechtsfrage aufgeworfen, der grundsätzliche Bedeutung zukäme.

12 Soweit die Zulässigkeitsbegründung eine Befangenheit anspricht, versagt dies als Zulässigkeitsgrund schon deshalb, weil darauf in den Revisionsgründen nicht mehr zurückgekommen wird (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2014/19/0175; 14.3.2019, Ra 2018/20/0387).

13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0550, mwN). Dass das BVwG im gegenständlichen Fall die Interessenabwägung, bei der auch das Kindeswohl berücksichtigt wurde, unvertretbar vorgenommen hätte, vermag die Revision nicht darzutun.

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 4. Februar 2020

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