VwGH Ra 2019/07/0049

VwGHRa 2019/07/004924.1.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des A G in E, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das am 17. September 2018 mündlich verkündete und mit 10. Oktober 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, Zl. LVwG‑AV‑120/001‑2018, betreffend Abweisung eines Wiederaufnahmeantrages in einer Angelegenheit des Wasserrechtsgesetzes 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1042
AVG §69 Abs1 Z4 idF 2013/I/033
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WRG 1959 §27 Abs3
WRG 1959 §29 Abs3
WRG 1959 §50 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019070049.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Wasserberechtigter des im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk St. Pölten‑Land eingetragenen „Watzek‑Teiches“. Dieses Wasserrecht ist unbefristet erteilt und berechtigt zum Betrieb eines Landschaftsteiches.

2 In der Nähe dieses Teiches befindet sich das Watzek‑Teich‑Aquädukt als Teil der II. Wiener Hochquellwasserleitung. Zwischen dem Teich und dem Aquädukt befindet sich ein Damm und zwischen Damm und Aquädukt eine mit Steinen ausgelegte Mulde. Der Watzek‑Teich und der Damm haben schon vor dem Aquädukt bestanden.

3 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (belangte Behörde) vom 21. April 2017 wurde dem Revisionswerber gemäß § 50 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 lit. a, c und d WRG 1959 aufgetragen, (1.) den Wasserstand im genannten Teich auf ca. 2 m unterhalb des Teichüberlaufes (Betonrohr) abzusenken und (2.) eine Untersuchung des gegenständlichen Dammbauwerkes im Hinblick auf die Standsicherheit unter Betrachtung sämtlicher Lastfälle (auch Überströmen) durchzuführen und diese Untersuchung der belangten Behörde vorzulegen.

4 Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.

5 Mit Eingabe vom 31. Oktober 2017 beantragte der Revisionswerber, gestützt auf § 69 Abs. 1 Z 2 und Z 4 AVG, die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 21. April 2017 abgeschlossenen Verfahrens.

6 Begründend nahm er Bezug auf eine zwischen seinen Rechtsvorgängern im Grundeigentum und der Stadt Wien abgeschlossene Vereinbarung vom 31. März 1960, die ihm im Rahmen einer am 18. Oktober 2017 stattgefundenen Überprüfungsverhandlung der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht geworden sei. Bei richtiger Interpretation sei damals vereinbart worden, dass die Stadt Wien/der Magistrat der Stadt Wien unverzüglich eine Sanierung des Überlaufes im Dammbereich durchführe, während sich die Rechtsvorgänger des Revisionswerbers verpflichtet hätten, den Teich gegenüber der seinerzeitigen Höhe freiwillig etwas abzusenken (was vom Revisionswerber und seinen Rechtsvorgängern stets eingehalten worden sei). Seitens der Stadt Wien seien die zugesagten Maßnahmen erst im Jahr 2007 durchgeführt worden. Die Stadt Wien sei daher ihrer Instandhaltungsverpflichtung nicht nachgekommen. Der gegen den Revisionswerber mit Bescheid vom 21. April 2017 erlassene wasserpolizeiliche Auftrag hätte daher vor allem in Ansehung des Punktes 2. gegenüber der Stadt Wien/dem Magistrat der Stadt Wien erlassen werden müssen.

7 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 2017 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen.

8 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde, in der unter anderem vorgebracht wurde, dass unter „rechtsgültigen Verpflichtungen anderer“ im Sinne des § 50 WRG 1959 auch Privatrechtstitel zu verstehen seien, wurde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit dem am 17. September 2018 mündlich verkündeten und mit 10. Oktober 2018 schriftlich ausgefertigten angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (LVwG) als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

9 Das LVwG hielt im angefochtenen Erkenntnis im Wesentlichen fest, dass die Vereinbarung vom 31. März 1960 keine Regelung einer Instandhaltungsverpflichtung für den Damm des Watzek‑Teiches zu Lasten der Stadtgemeinde Wien (in weiterer Folge: Stadtgemeinde) enthalte.

10 Zu den Voraussetzungen eines Antrags auf Wiederaufnahme führte das LVwG aus, dass das wasserrechtliche Verfahren betreffend die Auferlegung von Instandhaltungsmaßnahmen gegenüber dem Revisionswerber mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 2017 rechtskräftig abgeschlossen und der Antrag auf Wiederaufnahme fristgerecht binnen zwei Wochen ab Kenntnis der Vereinbarung vom 31. März 1960 bei der belangten Behörde eingebracht worden seien. Es seien auch Wiederaufnahmegründe in Verbindung mit dieser Vereinbarung geltend gemacht worden (§ 69 Abs. 1 Z 2 und Z 4 AVG).

11 Maßgeblich sei, ob die am 31. März 1960 zwischen der Stadt Wien und den seinerzeitigen Grundeigentümern der gegenständlichen Liegenschaft abgeschlossene Vereinbarung, auf die sich der Wiederaufnahmeantrag stütze, eine neue Tatsache darstelle, welche zu einem im Spruch des erlassenen Bescheides anders lautenden Ergebnis geführt hätte.

12 Die Vereinbarung enthalte eingangs den Text, dass im Zusammenwirken mit den Grundeigentümern der Teich abgesenkt worden sei und dass dies auch Erfolg gehabt habe. Zweck sei es gewesen, eine weitere Gefährdung der Wasserleitungsanlage (Aquädukt) zu vermeiden.

13 Diese Vereinbarung ‑ so das LVwG weiter ‑ enthalte aber keine ausdrückliche Regelung einer Instandhaltungsverpflichtung. Aus der Textierung lasse sich auch nicht entnehmen, dass zukünftig die Stadtgemeinde zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen herangezogen werden könnte oder sich diese dazu verpflichte. Es befinde sich in dieser Vereinbarung nach Schilderung des Anlassfalles (Missstände durch austretendes Wasser aus dem Dammkörper) eine Vereinbarung hinsichtlich der Neuherstellung eines Überlaufes für den Damm, der Herstellung eines Grundablasses in Eisen und hinsichtlich der Absenkung des Teiches im Winter. Weiters solle der Dammkörper ergänzt und von den Wasserwerken ein Rohr verlegt werden, die wasserseitige Mauer und die luftseitige Böschung sollten hergestellt werden. Nähere Angaben, wer diese Maßnahmen durchführen solle, seien der Vereinbarung ‑ mit Ausnahme betreffend das Rohr ‑ jedoch nicht zu entnehmen. Am Ende der Vereinbarung sei geregelt, dass ein Kostenvoranschlag vom Grundeigentümer einzuholen sei, der dann der Stadtgemeinde vorzulegen wäre. Anschließend solle eine Kostenaufteilung besprochen werden. Daraus lasse sich jedenfalls keine Instandhaltungsverpflichtung der Stadtgemeinde für die Zukunft ableiten. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich um eine schadenersatzrechtliche Regelung handle und sich die Stadtgemeinde an den Kosten der Maßnahmen beteilige. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die eine oder andere Maßnahme (z. B. Herstellung von Ablaufrohren) von der Stadtgemeinde durchgeführt werde oder worden sei. Die einmalige Herstellung von Maßnahmen bedeute nicht automatisch, dass sich daraus eine Instandhaltungsverpflichtung für die Zukunft ableiten ließe.

14 In Punkt 3. der Vereinbarung räume der Grundeigentümer (zu ergänzen: den Organen der Stadt) im Katastrophenfall das Recht ein, dass das Grundstück betreten und die Grundablassschleuse geöffnet werden dürfe. Ebenso dürfe geöffnet werden, wenn die Teichabkehr nicht fristgerecht gemacht werde. Daraus lasse sich ebenso wenig eine Instandhaltungsverpflichtung der Stadtgemeinde ableiten.

15 Zum Vorbringen im Wiederaufnahmeantrag, es seien eigenmächtige Neuerungen durch die Stadtgemeinde vorgenommen worden, hielt das LVwG fest, dass sich daraus keine Instandhaltungsverpflichtung ergeben könne, weil der Anlageninhaber auch für derartiges von dritten Personen konsenslos Vorgenommenes einzustehen habe.

16 Das Vorbringen, es dürfe das ältere Wasserrecht des Revisionswerbers durch den Betrieb der II. Wiener Hochquellwasserleitung nicht benachteiligt werden, richte sich gegen den Genehmigungsbescheid für diese Wasserleitung. Derartige Einwendungen wären daher im entsprechenden Bewilligungsverfahren (von den Rechtsvorgängern) vorzubringen gewesen.

17 Zum Beschwerdevorbringen, seit einem bestimmten Zeitpunkt würden Teile des Dammbauwerkes vom Watzak‑Teich laufend durch die Stadtgemeinde gewartet, hielt das LVwG fest, dass es dafür derzeit keine rechtliche Verpflichtung, zumindest nicht auf wasserrechtlicher Ebene, gebe. Eine derartige Tätigkeit könne auch freiwillig durchgeführt werden, um Problemsituationen zu vermeiden.

18 Der Argumentation, eine Maßnahme wie etwa die Herstellung eines neuen Überlaufes sei ein Ausfluss des Instandhaltens, sei entgegenzuhalten, dass in der Regelung oder Vereinbarung aus 1960 zwar davon die Rede sei, dass ein Überlauf herzustellen sein werde, gegebenenfalls auch durch den Magistrat Überlaufrohre hergestellt würden, aber eine dauerhafte Instandhaltungsverpflichtung lasse sich daraus nicht ableiten. Die bloße Durchführung von Maßnahmen durch die Stadtgemeinde berechtige noch nicht zur Annahme, dass diese eine Instandhaltungspflicht am Damm träfe.

19 Der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG sei daher nicht gegeben.

20 Auch ein Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 4 AVG liege nicht vor. Die erst in der Beschwerde angeführte Begründung, dass die Vereinbarung vom 31. März 1960 einem Bescheid oder einer gerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 4 AVG gleichzuhalten sei, teile das LVwG schon deshalb nicht, weil eine Vereinbarung nicht in Rechtskraft erwachsen könne und daher auch nicht der Tatbestand der entschiedenen Sache eintreten könne. Weiters werde in der Z 4 leg. cit. ein Bescheid oder eine Gerichtsentscheidung als Wiederaufnahmegrund ausdrücklich genannt. Eine Vereinbarung könne diesem Erfordernis nicht entsprechen.

21 Weitere (näher genannte) in der Beschwerde darüber hinaus angeführte und im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegte Unterlagen und Dokumente könnten schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil sie nicht Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages gewesen seien. Dennoch begründete das LVwG, weshalb nach seiner Beurteilung diese nachträglich vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke nicht ausgereicht hätten, im Falle der rechtzeitigen Vorlage mit dem Wiederaufnahmeantrag eine Instandhaltungsverpflichtung der Stadtgemeinde zu begründen.

22 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

23 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

24 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

25 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

26 Sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, haben gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, dass keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.

27 Gemäß § 50 Abs. 6 WRG 1959 finden auf Wasseranlagen, die nicht der Wasserbenutzung dienen, die vorstehenden Bestimmungen dem Sinne nach Anwendung. Der Eigentümer einer solchen Wasseranlage hat diese mangels ausdrücklicher Verpflichtung nur insoweit zu erhalten, als es zur Verhütung von Schäden notwendig ist, die durch den Verfall der Anlage entstehen können. Wird durch die Erhaltung der Anlage fremdes Eigentum gegen Wassergefahren geschützt, findet § 42 Abs. 2 sinngemäß Anwendung.

28 Zur Frage, was unter der Wortfolge „rechtsgültigen Verpflichtungen anderer“ in § 50 Abs. 1 WRG 1959 zu verstehen ist, nimmt die Zulässigkeitsbegründung der Revision auf mehrere Literaturzitate und Judikatur Bezug (vgl. dazu insbesondere die ‑ auch vom Revisionswerber zitierte ‑ zusammenfassende Darstellung in Bumberger/Hinterwirth, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, (nunmehr) 3. Auflage, K 13 zu § 50 WRG 1959). Bei einer Auslegung im Sinne der älteren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne ‑ so der Revisionswerber ‑ nach § 50 Abs. 1 WRG 1959 eine rechtsgültige Verpflichtung Dritter zur Instandhaltung von Wasserbenutzungsanlagen und Wasseranlagen gemäß § 50 Abs. 1 und Abs. 6 WRG 1959 auch durch Privattitel, sohin Vereinbarungen und Übereinkommen, wie jene vom 31. März 1960, begründet werden. Die Frage der Auslegung der genannten Bestimmung sei nicht einheitlich geregelt.

29 Dem ist zu entgegnen, dass sich nach gefestigter Judikatur rechtsgültige Verpflichtungen anderer, die einen Übergang der Instandhaltungspflicht auch in öffentlich‑rechtlicher Hinsicht bewirken, unmittelbar aus dem WRG 1959 (z.B. § 29 Abs. 3 letzter Satz) oder anderen wasserrechtlichen Vorschriften sowie aus Bescheiden und sonstigen Rechtsakten, die ihre Grundlage in wasserrechtlichen Vorschriften haben (z.B. Verpflichtungserklärung nach § 27 Abs. 3 WRG 1959), ergeben können (vgl. VwGH 25.12.2012, 2009/07/0125; 29.10.2015, 2013/07/0136, mwN; 21.10.2021, Ra 2019/07/0055, mwN).

30 Das (allfällige) Bestehen eines zivilrechtlichen Regressanspruchs ändert nichts an der gesetzlichen Erhaltungspflicht des Wasserberechtigten. Dies ist Ausdruck eines Verständnisses von § 50 Abs. 1 WRG 1959 und des darin vorgesehenen Vorrangs „rechtsgültiger Verpflichtungen anderer“, wonach ausschließlich ein im Wasserrecht verwurzelter öffentlich-rechtlicher Titel dazu führt, dass die Wasserrechtsbehörde den aus diesem Titel Verpflichteten zur Instandhaltung heranzuziehen hat. Demgegenüber ist zur Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen, nicht auf das WRG 1959 gegründeten Titels zur Instandhaltung jene Behörde legitimiert, die die betreffende Verwaltungsvorschrift anzuwenden hat. Bei Bestehen einer Instandhaltungsverpflichtung auf Grund eines Privatrechtstitels ist hingegen von der Wasserrechtsbehörde der Wasserberechtigte in Anspruch zu nehmen, dem es überlassen bleibt, entsprechenden Regress zu nehmen (vgl. zum Ganzen erneut VwGH 21.10.2021, Ra 2019/07/0055, mwN).

31 Da es sich im vorliegenden Fall bei der in Rede stehenden Vereinbarung vom 31. März 1960 unstrittig um einen Privatrechtstitel und nicht um einen im Wasserrecht verwurzelten öffentlich-rechtlichen Titel (und somit bereits deswegen um keine von der Wasserrechtsbehörde zu berücksichtigende „rechtsgültige Verpflichtung anderer“ im Sinne des § 50 Abs. 1 WRG 1959) handelt, konnte diese Vereinbarung ‑ selbst wenn man mit dem Revisionswerber davon ausginge, dass sie eine Regelung über die Instandhaltungsverpflichtung enthielte ‑ von Vornherein keine neue Tatsache oder kein neues Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG darstellen, die bzw. das im Verfahren über den gegen den Revisionswerber erlassenen Auftrag zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen gemäß § 50 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 WRG 1959 einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeiführen hätte können.

32 Ferner wird in der Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, zu dem mit der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 in das AVG eingefügten Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 4 AVG existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Diese Bestimmung solle die materielle Rechtskraftwirkung als Sperrwirkung eines Bescheides oder Urteiles schützen. Im gegenständlichen Fall sei allerdings zu berücksichtigen, dass einer Vereinbarung/einem Vergleich ähnliche verfahrensbeendende Wirkung zukommen könne. In der Vereinbarung vom 31. März 1960 sei eine einseitig nicht abänderliche Urkunde zu erblicken.

33 Gemäß § 69 Abs. 1 Z 4 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

34 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, wenn die Rechtslage nach dem klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen eindeutig ist (vgl. VwGH 21.2.2020, Ra 2018/07/0411 bis 0417, mwN). § 69 Abs. 1 Z 4 AVG stellt nach seinem klaren Wortlaut auf das nachträgliche Bekanntwerden eines „Bescheides“ oder einer „gerichtlichen Entscheidung“ sowie auf das Vorliegen einer „entschiedenen Sache“ ab.

35 Weshalb die Ausführungen des LVwG, wonach diese Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 31. März 1960 nicht zuträfen und die Vereinbarung im Verfahren betreffend den in Rede stehenden wasserpolizeilichen Auftrag auch nicht die „Einwendung der entschiedenen Sache“ begründen könne (wie für die Erfüllung der Voraussetzungen des Wiederaufnahmegrundes § 69 Abs. 1 Z 4 AVG gefordert), unzutreffend sein sollten, ist nicht ersichtlich und wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht nachvollziehbar dargelegt.

36 Bereits aus den dargelegten Gründen erweist sich die Revision als unzulässig. Auf das weitere Revisionsvorbringen war daher nicht einzugehen.

37 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Jänner 2022

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