Normen
EURallg
ORF-G 2001 §1a Z7
ORF-G 2001 §1a Z8
ORF-G 2001 §13 Abs1
ORF-G 2001 §14
ORF-G 2001 §14 Abs1
ORF-G 2001 §14 Abs2
ORF-G 2001 §36 Abs1 Z1 litb
ORF-G 2001 §36 Abs2
62010CJ0052 Eleftheri tileorasi und Giannikos VORAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019030087.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Schreiben vom 23. April 2017 erhob Frau F. bei der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) unter Beilegung von Unterstützungserklärungen gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b ORF‑G Beschwerde gegen die zweitrevisionswerbende Partei (ORF) und begehrte darin die Feststellung mehrerer Rechtsverletzungen durch den ORF.
2 Mit Schreiben vom 8. Mai 2017 ersuchte die KommAustria die GIS Gebühren Info Service GmbH (GIS) um Auskunft darüber, wie viele und welche der Unterstützer der Beschwerde Rundfunkgebühren für Fernseh‑ und Radioempfangseinrichtungen entrichtet hätten oder davon befreit seien sowie welche Personen selbst keine Rundfunkgebühr entrichten, aber mit einer Person im gemeinsamen Haushalt leben würden, die die Rundfunkgebühr entrichte oder von dieser Gebühr befreit sei.
3 Mit Schreiben vom 24. Mai 2017 teilte die GIS der KommAustria das Ergebnis ihrer Prüfung mit.
4 Mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 stellte die KommAustria fest, dass der ORF die Bestimmung des § 13 Abs. 1 zweiter Satz ORF‑G dadurch verletzt habe, dass ein am 4. April 2017 im Fernsehprogramm „ORF 2 Steiermark“ zu einem näher genannten Zeitpunkt gesendeter Beitrag im Rahmen der ausgestrahlten Sendung „Steiermark Heute“ Schleichwerbung zugunsten eines näher genannten Unternehmens enthalten habe (Spruchpunkt 1.). Im Übrigen wies die KommAustria die Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt 2.). Dem ORF wurde aufgetragen, die festgestellte Rechtsverletzung durch Verlesung eines näher bezeichneten Textes im Fernsehprogramm „ORF 2 Steiermark“ zu veröffentlichen (Spruchpunkt 3.) und diese Veröffentlichung der KommAustria nachzuweisen (Spruchpunkt 4.).
5 Die von den revisionswerbenden Parteien gegen die Spruchpunkte 1., 3. und 4. des Bescheids erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
6 Zur Beschwerdelegitimation von Frau F. stellte das BVwG zunächst fest, dass von den 172 Unterstützern der Beschwerde 61 Personen ‑ darunter auch die Beschwerdeführerin ‑ die Rundfunkgebühr für Radio‑ und Fernsehempfangsanlagen entrichten würden. 13 Personen seien von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Radio‑ und Fernsehempfangsanlagen befreit. 14 der angeführten Personen würden nur die Rundfunkgebühr für Radioempfangsanlagen entrichten, eine Person sei von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Radioempfangsanlagen befreit. 46 weitere Unterschriften seien von Personen abgegeben worden, die zwar selbst keine Rundfunkgebühr entrichten, aber im selben Haushalt mit Personen wohnen würden, die Rundfunkgebühr entrichteten oder davon befreit seien. In 37 Fällen habe der Unterzeichner keiner Teilnehmernummer zugeordnet werden können.
7 Die Feststellungen zur Rundfunkteilnehmereigenschaft und dem gemeinsamen Haushalt zwischen den Unterstützern und einem Rundfunkteilnehmer stützte das BVwG beweiswürdigend auf die Auskunft der GIS. Diese habe 46 Personen einer Teilnehmernummer zugeordnet sowie „anderer TN“ dazu vermerkt. Daraus ergebe sich, dass an der angegebenen Adresse die Rundfunkgebühr entrichtet werde oder eine Befreiung erteilt worden sei und die unterstützende Person dort im gemeinsamen Haushalt lebe.
8 Weiters traf das BVwG ‑ in der Revision nicht bestrittene ‑ Feststellungen zum Inhalt des am 4. April 2017 in der Sendung „Steiermark Heute“ ausgestrahlten Beitrags „Zukunftsmacher Energie Steiermark“.
9 In rechtlicher Hinsicht kam das BVwG zum Ergebnis, dass der ORF mit dem ausgestrahlten Beitrag gegen das Verbot der Schleichwerbung nach § 13 Abs. 1 zweiter Satz ORF‑G verstoßen habe. Schleichwerbung setze einerseits die Absicht, einen Werbezweck zu erreichen, und andererseits die Eignung zur Irreführung voraus.
10 Die KommAustria ‑ so das BVwG weiter ‑ sei im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass das Ziel der unmittelbaren Absatzförderung aufgrund der mehrfachen und umfassenden Darstellung des Leistungs‑ und Produktportfolios der E AG bezüglich des Produktes „U Box“ im gegenständlichen Beitrag und damit auch dessen Werblichkeit zu bejahen sei. Für die KommAustria sei vor allem die Vorstellung des konkreten Produktes „U Box“ als eines der Angebote der E AG ab Minute 14:15 Uhr geeignet gewesen, den Absatz entgeltlicher Produkte der E AG zu fördern.
11 Das BVwG schließe sich dieser Ansicht an. Die werbliche Absicht des gegenständlichen Beitrags könne unmittelbar aus dessen Gestaltung abgeleitet werden. Dies werde insbesondere mittels der Aussagen des Moderators (arg. „Und auch hier fühlt man sich wie zuhause.“; „Es geht nicht immer nur um Strom und Co. T. W. und seine Innovationsabteilung haben ein hölzernes Büro-Haus entworfen, in dem verschiedene Kleinfirmen, Start‑Ups oder Einzel ‑ Unternehmer zusammenarbeiten können.“; „Über 50 Anfragen gibt es schon für die intensiv nach Holz duftende U Box. T. macht sich unterdessen schon Gedanken über die nächsten Innovationen, dann zum Thema Lebensenergie.“) erkennbar. Insbesondere die mehrmalig bildlich ansprechende und großflächige Darstellung der „U Box“ und deren Innenräume falle dabei ins Gewicht.
12 Auch mittels der Aussagen des Moderators und des Mitarbeiters der Innovationsabteilung der E AG wie, „Die U Box besteht aus Holz ‑ Modulen, ist an einem Tag aufgebaut und in zwei Wochen einzugsbereit.“ und „Das kann erweiterbar gemacht werden, man kann noch mehrere Module dazu bauen, man kann's aber auch ‑ für Start Ups sehr interessant ‑ auch wieder verkleinern.“, solle der Zuseher dieses Beitrags zum Erwerb der Produkte bzw. zur Inanspruchnahme der Dienstleistungen der E AG, insbesondere zum Erwerb eines dieser hölzernen Büro-Häuser, animiert werden und die Vorzüge gerade dieser hölzernen Büro‑Häuser dieses Unternehmens würden herausgestrichen. Für einen unvoreingenommenen Zuseher wirke die Passage des Beitrags aufgrund der zahlreich eingeblendeten Aufnahmen der „U Box“ und deren Aufbau insgesamt wie ein Werbespot.
13 Dabei werde auch bewusst an die Gefühle der Zuseher appelliert. „Und auch hier fühlt man sich wie zuhause.“ spreche gezielt diese Gefühlsebene an und sei nicht als neutrale Berichterstattung einzuordnen. Die „U Box“ werde als intensiv nach Holz duftend beschrieben, was dem Zuseher ein behagliches Gefühl vermitteln bzw. bei ihm auslösen solle. Gerade dies seien Faktoren, die auch typischerweise in der Werbung eingesetzt würden. Bei der Gestaltung des Beitrags sei zudem mehrfach auf Sequenzen aus dem auf der Webseite der E AG bereitgestellten Image- bzw. Werbefilm zurückgegriffen worden.
14 Darüber hinaus sei auch die Eignung zur Irreführung über den Werbezweck zu bejahen. Gerade die Einbettung der gesamten Passage sowie damit auch der werblichen Botschaften und der Bilder in ein redaktionelles Format sprächen für diese Einordnung. Die KommAustria habe sich in zutreffender Weise auf einen Missbrauch journalistischer Stilformen gestützt, wie etwa die im Zuge des Interviews mit T. W. klar geäußerten Vorteile der „U Box“ und somit des Leistungsangebotes der E AG (arg. „Das kann erweiterbar gemacht werden, man kann noch mehrere Module dazu bauen, man kann's aber auch ‑ für Start Ups sehr interessant ‑ auch wieder verkleinern.“) oder der scheinbar unvoreingenommene Text des Moderators, in welchen neben den allgemeinen Informationen über die „U Box“ gezielt absatzfördernde Aussagen zugunsten der E AG eingebettet würden (arg. „Über 50 Anfragen gibt es schon für die intensiv nach Holz duftende U Box. T. macht sich unterdessen schon Gedanken über die nächsten Innovationen, dann zum Thema Lebensenergie.“), die dazu geeignet seien, den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Zuschauer über den eigentlichen Zweck der Darstellung, nämlich die E AG zu bewerben, in die Irre zu führen.
15 Zwar erwarte der Zuschauer bei dem konkreten in der Nachrichtensendung „Steiermark Heute“ eingebetteten Beitrag mit dem Titel „Zukunftsmacher Energie Steiermark“ gewisse ‑ unter Umständen auch ‑ positive Informationen über das Tätigkeits‑ und Leistungsfeld dieses Unternehmens, jedoch bezögen sich seine Erwartungen bezüglich dieses im Rahmen einer Nachrichtensendung bzw. einer Sendung zur politischen Information ausgestrahlten Beitrags nicht auf eine werbespotartige und spezifisch leistungsfördernde Darstellung der Vorzüge des Unternehmens E AG samt Präsentation der Vorzüge eines durch dieses Unternehmen vertriebenen Produktes.
16 Nachvollziehbar sei in der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden, dass es in diesen Beiträgen darum gehe, Industriebetriebe positiv zu beleuchten. In der konkreten Gestaltung des Beitrags sei allerdings der Zuseher durch die unvermittelte Überleitung zu der „U Box“, ohne konkrete Hinführung auf das beabsichtigte Thema des Beitrags, die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der E AG, in die Irre geführt worden. Gerade auch, dass der Zuseher quasi unvermittelt mit den Mitarbeitern der E AG und deren werblichen Botschaften konfrontiert worden sei, eine Überleitung unterlassen worden sei, sondern auch vom ORF‑Moderator werbliche Botschaften für die „U Box“ getätigt worden seien, sprächen für diese Qualifikation.
17 Folglich werde durch die neutrale Berichterstattung über die E AG zu Beginn des Beitrags „Zukunftsmacher Energie Steiermark“ mittels werbespotartigen, spezifisch leistungsfördernden Darstellungen der Vorzüge der E AG im weiteren Verlauf des Beitrags in „schleichender Weise“ Werbung zugunsten der E AG ausgestrahlt.
18 Für das BVwG bestehe aufgrund des anzulegenden objektiven Maßstabs an der Entgeltlichkeit des in Rede stehenden Beitrags kein Zweifel. Auch im konkreten Fall sei davon auszugehen, dass ein Fernsehveranstalter einem Unternehmen nur dann werbewirksam gestaltete Programmzeit einräumen wird, wenn dafür eine Gegenleistung erfolge. Es handle sich im vorliegenden Fall sohin um Schleichwerbung.
19 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
20 Die KommAustria sah von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung ab.
21 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
22 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
23 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
24 Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Zulässigkeit der Revision vor, das BVwG weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, wenn es die in Rede stehende Berichterstattung als Schleichwerbung einordne. Das BVwG habe nicht beurteilt, ob durch den gegenständlichen Beitrag ein Werbezweck beabsichtigt gewesen sei. Weiters setze sich das BVwG nicht damit auseinander, dass diese Form der Berichterstattung Teil des Konzepts der gegenständlichen Senderreihe sei. So sollen im Rahmen eines Beitrags in der Sendung „Steiermark Heute“ innovative Betriebe samt deren Entwicklungen in der Region vorgestellt werden. Gerade Neuheiten und innovative Projekte, wie die „U Box“, stünden dabei im Fokus der Berichterstattung. Im vorliegenden Fall habe somit eine redaktionelle Notwendigkeit bestanden, über einzelne Produkte und deren Entwicklung zu berichten. Zur spezifischen Frage der redaktionellen Notwendigkeit habe sich der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht im Einzelnen geäußert. Zudem sei die Irreführungseignung zu verneinen. Gerade im Rahmen der regional ausgestrahlten Sendung „Steiermark Heute“ stünden nicht nur Nachrichten über politische Entwicklungen im Fokus, sondern sollen auch die Entwicklungen und Innovationen der Region beleuchtet werden. Dem durchschnittlichen Zuseher einer solchen Sendung sei daher klar, dass es sich um wirtschaftliche Beiträge handle, in denen immer wieder über Unternehmen und deren Produkte berichtet werde. Schließlich habe das BVwG keine Ermittlungen zum Thema der Entgeltlichkeit durchgeführt. Es habe im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Beitrag keinerlei Gegenleistungen gegeben. Darüber hinaus wird in der Revision die Beschwerdelegitimation bestritten, zumal die „bloße Vermutung“ hinsichtlich eines gemeinsamen Haushaltes nicht ausreichend sei. Das BVwG habe weitergehende Ermittlungstätigkeiten dazu, ob tatsächlich von einem gemeinsamen Haushalt auszugehen sei, unterlassen.
25 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
26 Zur (Popular)Beschwerde nach § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b ORF‑G:
27 Gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b ORF‑G entscheidet die KommAustria über die Verletzung von Bestimmungen des ORF‑G aufgrund von Beschwerden eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteilnehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von mindestens 120 solchen Personen oder Personen, die mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, unterstützt wird.
28 Gemäß § 36 Abs. 2 ORF‑G ist die Unterstützung einer Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 1 lit. b leg. cit. durch eine Unterschriftenliste nachzuweisen, aus der die Identität der Personen, die die Beschwerde unterstützen, festgestellt werden kann.
29 Ob die Voraussetzungen einer Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b ORF‑G vorliegen, ist amtswegig zu prüfen (vgl. bereits BKS 1.7.2010, 611.986/0004‑BKS/2010). Im gegenständlichen Fall veranlasste die KommAustria die Überprüfung der Unterschriftenliste durch die GIS.
30 Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass die Beschwerdeführerin die Rundfunkgebühr iSd Rundfunkgebührengesetzes entrichtet und somit ‑ sofern ausreichend zulässige Unterstützungserklärungen vorliegen ‑ zur Erhebung der Popularbeschwerde legitimiert war. Unstrittig ist weiters, dass von den 171 weiteren Unterstützern der Beschwerde 74 Personen ebenfalls die Rundfunkgebühr entrichten, 14 Personen von der Entrichtung der Rundfunkgebühr befreit sind und 37 Personen keiner Teilnehmernummer zugeordnet werden konnten.
31 Strittig ist jedoch, ob die Unterschriften der verbleibenden 46 Personen, welche aus Sicht des BVwG mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, als zulässige Unterstützungserklärungen zu werten sind.
32 Das BVwG stützte seine Feststellung, wonach diese 46 Unterschriften von Personen abgegeben worden seien, die zwar selbst keine Rundfunkgebühr entrichten, aber im selben Haushalt mit Personen wohnen würden, welche die Rundfunkgebühr entrichten oder von dieser befreit seien, auf die Überprüfungsergebnisse der GIS, welche diesen 46 Personen eine Teilnehmernummer zugeordnet sowie „anderer TN“ dazu vermerkt habe. Daraus ergebe sich für das BVwG, dass an der angeführten Adresse bereits Rundfunkgebühren entrichtet würden oder eine Befreiung erteilt worden sei und die unterstützende Person dort im gemeinsamen Haushalt lebe.
33 Von diesen Ermittlungsergebnissen ausgehend, kann dem BVwG nicht entgegengetreten werden, wenn es die besagten 46 Unterschriften als zulässige Unterstützungserklärungen iSd § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b ORF‑G gewertet hat. Die vorliegenden amtswegigen Ermittlungsergebnisse lassen den Schluss zu, dass jene 46 Personen, welche von der GIS aufgrund der Angaben in der Unterschriftenliste einer Teilnehmernummer zugeordnet werden konnten, im selben Haushalt mit einer Person leben, welche die Rundfunkgebühr entrichtet oder von dieser befreit ist. Aus der Unterschriftenliste ist auch die Identität der unterstützenden Personen iSd § 36 Abs. 2 ORF‑G feststellbar.
34 Sofern die revisionswerbenden Parteien monieren, es wären weitere Ermittlungen dahingehend erforderlich gewesen, ob tatsächlich ein gemeinsamer Haushalt vorliege, ist dem zu entgegnen, dass ein bloß pauschales und substanzloses Bestreiten eines gemeinsamen Haushalts ohne konkrete Anhaltspunkte nicht ausreicht, um die gegenständlichen Ermittlungsergebnisse zu entkräften. Ein derartiges allgemeines Vorbringen, das auf Mutmaßungen beruht, würde auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinauslaufen, zu dessen Aufnahme das BVwG nicht verpflichtet ist (vgl. VwGH 3.1.2018, Ra 2017/11/0207, 0208, mwN).
35 Das BVwG hat damit zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b ORF‑G bejaht.
36 Zum Vorliegen von Schleichwerbung:
37 „Schleichwerbung“ bezeichnet gemäß § 1a Z 7 ORF‑G die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen, wenn sie vom Österreichischen Rundfunk oder einer seiner Tochtergesellschaften absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt.
38 Gemäß § 13 Abs. 1 zweiter Satz ORF‑G sind Schleichwerbung und unter der Wahrnehmungsgrenze liegende kommerzielle Kommunikation in Programmen und Sendungen untersagt.
39 Die Erfüllung des Tatbestandes der Schleichwerbung setzt demnach einerseits die Absicht, einen Werbezweck zu erreichen, und andererseits die Eignung zur Irreführung über diesen Werbezweck voraus (vgl. VwGH 14.11.2007, 2005/04/0245; 30.6.2011, 2011/03/0140; 18.9.2013, 2011/03/0156; 18.9.2013, 2012/03/0162, jeweils mwN).
40 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass es bezüglich der Annahme einer Absicht ausreicht, wenn schon aus der Gestaltung des Beitrags auf die Absicht geschlossen werden kann, einen Werbezweck zu erreichen. Damit braucht die gesetzliche Vermutung des § 1a Z 7 letzter Satz ORF‑G nicht in Anspruch genommen werden und es kommt nicht darauf an, ob für die in Rede stehende Bewerbung ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt worden ist (vgl. erneut VwGH 30.6.2011, 2011/03/0140; 18.9.2013, 2011/03/0156).
41 Dem BVwG ist darin zuzustimmen, dass die werbliche Absicht des gegenständlichen Beitrags bereits unmittelbar aus dessen Gestaltung abgeleitet werden kann. Durch die mehrfache bildliche Darstellung eines konkreten Produkts der E AG, nämlich der „U Box“ (samt Darstellung der Innenräume sowie des Aufbaus der „U Box“ im Zeitraffer) in Verbindung mit den Aussagen des Moderators (z.B. „Und auch hier fühlt man sich wie zuhause.“, „Über 50 Anfragen gibt es schon für die intensiv nach Holz duftende U Box.“) sowie des Interviewpartners T. W. („Die U Box besteht aus Holz ‑ Modulen, ist an einem Tag aufgebaut und in zwei Wochen einzugsbereit.“ und „Das kann erweiterbar gemacht werden, man kann noch mehrere Module dazu bauen, man kann's aber auch ‑ für Start Ups sehr interessant ‑ auch wieder verkleinern.“) werden die Vorzüge und Produkteigenschaften gerade dieser hölzernen Büro‑Häuser der E AG hervorgehoben sowie qualitativ‑wertende Aussagen getroffen. Durch den vom Moderator geäußerten Hinweis, dass es bereits über 50 Anfragen für die „intensiv nach Holz duftende U Box“ gebe, soll ein zusätzlicher Anreiz zum Erwerb dieses Produkts geschaffen werden. Ausgehend davon ist dem BVwG beizupflichten, dass die konkrete Darstellung der „U Box“ jedenfalls geeignet war, bislang uninformiertes oder unentschlossenes Publikum für den Erwerb dieses Produkts zu gewinnen, woraus auf das Ziel, den Absatz des Produkts zu fördern, geschlossen werden kann (vgl. zu den Kriterien von Werbung etwa VwGH 21.10.2011, 2009/03/0172; 1.9.2017, Ra 2017/03/0007, 0035; 22.7.2020, Ra 2020/03/0047, jeweils mwN).
42 Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Parteien kommt es dabei auf die Frage des tatsächlichen Erhalts eines Entgelts bzw. einer ähnlichen Gegenleistung nicht an.
43 Der Verwaltungsgerichthof hat ‑ unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 9. Juni 2011, Alter Channel, C‑52/10 ‑ ausgesprochen, dass die Existenz eines Entgelts oder einer ähnlichen Gegenleistung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung ist, dass eine beabsichtigte Schleichwerbung vorliegt (vgl. erneut VwGH 30.6.2011, 2011/03/0140; 18.9.2013, 2011/03/0156).
44 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es zur Beurteilung des Tatbestandsmerkmals der Entgeltlichkeit bei Werbung darauf an, ob für die Ausstrahlung des jeweils konkret zu beurteilenden Hinweises nach dem üblichen Verkehrsgebrauch ein Entgelt bzw eine Gegenleistung zu leisten wäre. Es ist daher grundsätzlich von einem objektiven Maßstab und dem üblichen Verkehrsgebrauch auszugehen; nicht entscheidend ist hingegen, ob tatsächlich ein Entgelt geleistet worden ist (vgl. erneut VwGH 1.9.2017, Ra 2017/03/0007, 0035; sowie im Zusammenhang mit Schleichwerbung erneut VwGH 21.10.2011, 2009/03/0172, jeweils mwN).
45 Unter Anwendung dieses objektiven Maßstabs kann im vorliegenden Fall mit dem BVwG davon ausgegangen werden, dass nach dem üblichen Verkehrsgebrauch für die Ausstrahlung des gegenständlichen Beitrags auch ein Entgelt bzw. eine Gegenleistung zu leisten wäre. Das Revisionsvorbringen der mangelnden Ermittlungen zum Thema der Entgeltlichkeit geht damit mangels Relevanz ins Leere.
46 Schließlich bestreiten die revisionswerbenden Parteien auch die Irreführungseignung des gegenständlichen Beitrags.
47 Von der (grundsätzlich zulässigen) Werbung unterscheidet sich die unzulässige Schleichwerbung durch die Irreführung über den Werbezweck. Ist der Werbezweck einer Sendung bzw. eines Sendeteils offensichtlich und wird der Zuschauer über den Werbezweck nicht irregeführt, so liegt von vornherein keine Schleichwerbung vor. Bei der Beurteilung, ob eine Erwähnung oder Darstellung von Waren und Dienstleistungen über den eigentlichen Zweck, nämlich den Werbezweck, irreführen kann, ist auf den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Zuschauer abzustellen (vgl. erneut VwGH 21.10.2011, 2009/03/0172; 21.10.2011, 2009/03/0183; 18.9.2013, 2011/03/0156, jeweils mwN). Ob eine Irreführungseignung anzunehmen ist, hängt nach der hg. Rechtsprechung aber auch von der jeweiligen Sendungskategorie ab (vgl. zu einer Wettersendung bzw. zu Wirtschaftssendungen VwGH 14.11.2007, 2005/04/0245; zu Informationssendungen VwGH 18.9.2013, 2011/03/0156; 29.2.2008; 2005/04/0275; siehe dazu auch Laiß, Werberegulierung der österreichischen Rundfunkmedien (2007) 131).
48 Im gegenständlichen Fall wurde der in Rede stehende Beitrag im Rahmen der Nachrichtensendung „Steiermark Heute“ ausgestrahlt (vgl. zur Qualifizierung als Nachrichtensendung etwa VwGH 22.7.2020, Ra 2020/03/0041; 13.9.2016, Ra 2016/03/0047). Es ist dem BVwG zuzustimmen, dass der durchschnittliche Zuseher bei dem im Rahmen einer Nachrichtensendung ausgestrahlten Beitrag mit dem Titel „Zukunftsmacher Energie Steiermark“ zwar allgemeine Informationen über das konkret vorgestellte Unternehmen und dessen Tätigkeitsbereiche erwarten wird, wobei auch allgemeine, informative Erwähnungen von Produkten des Unternehmens erwartet werden können. Jedoch muss der durchschnittliche Zuseher im Rahmen eines Beitrags in einer Nachrichtensendung jedenfalls nicht damit rechnen, dass konkrete Produkte des Unternehmens in einer ‑ zum Teil vom Moderator selbst ausgehenden ‑ werblichen, absatzfördernden Art präsentiert und deren Vorzüge herausgestrichen werden. Durch die Einbettung der werblichen Passagen der Präsentation der „U Box“ in einen bis dahin redaktionellen Beitrag konnte der durchschnittliche Zuseher über den Werbezweck des Beitrags in die Irre geführt werden. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Sendungskategorie ‑ hier: eine Nachrichtensendung ‑ kann dem BVwG somit nicht entgegengetreten werden, wenn es fallbezogen die Eignung zur Irreführung über den Werbezweck bejaht hat. Dass es sich im gegenständlichen Fall um eine reine Wirtschaftssendung handeln würde, bei denen nach der hg. Rechtsprechung eine Irreführung nur seltener in Betracht kommt (vgl. erneut VwGH 14.11.2007, 2005/04/0245), ist hingegen nicht zu sehen.
49 Soweit in der Revision schließlich auf die „redaktionelle Notwendigkeit“ dieser Berichterstattung für die gegenständliche Senderreihe hingewiesen wird, ist damit für die revisionswerbenden Parteien nichts gewonnen, zumal ‑ wie bereits ausgeführt ‑ eine informative Vorstellung des Unternehmens und deren Tätigkeitsbereiche für sich genommen nicht zur Bejahung des Tatbestands der Schleichwerbung geführt hat. Dass jedoch die hier erfolgte werbliche, absatzfördernde Darstellung eines konkreten Produkts des Unternehmens für den gegenständlichen Beitrag redaktionell erforderlich gewesen wäre, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.
50 Das BVwG ist daher im gegenständlichen Fall nicht von den in der hg. Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zum Vorliegen von Schleichwerbung abgewichen.
51 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision des Zweitrevisionswerbers war daher zurückzuweisen. Soweit die Revision vom Erstrevisionswerber erhoben wurde, war sie schon mangels Berechtigung zur Erhebung zurückzuweisen, weil nicht erkennbar ist, inwiefern dieser durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten verletzt sein könnte (vgl. VwGH 26.7.2007, 2006/04/0175, sowie VwGH 9.5.2015, Ro 2015/03/0002, jeweils mwN).
Wien, am 30. April 2021
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